Freitag, 5. August 2011

Unsere Datenbank der a k t i v e n Bibliotheks- Desiderata



Unsere Datenbank der  a k t i v e n  Bibliotheks-
Desiderata im Abwehrkampf gegen die Amazon-
Abebooks-ZVAB-Monopolkrake




1.
Die Antiquare verhalten sich angesichts der Tatsache, daß  ein einziger Monopolist, A m a z o n, gut 90 % des Internetabsatzes der Antiquare im deutschen Sprachbereich kontrolliert, wie furchtsame Kaninchen gegenüber der riesigen Schlange - sie ducken sich regungslos in Schockstarre.

Sie wissen, daß es wohl keinen Ausweg mehr gibt, also trösten sie sich mit irgendwelchen Kinkerlitzchen im Messewesen und durch Verbesserung ihrer persönlichen Webseiten. Beides kann die Hand der Amazon-Entscheider aber nicht am quälend langsamen Zuziehen der Garrotte hindern. Der Weg kann nur mit der wirtschaftlichen Versklavung der vom ZVAB  an Amazon schmählich und unter Bruch etlicher Zusagen  v e r k a u f t e n  Antiquare enden, entweder durch ein Franchisesystem mit Scheinselbständigkeit der Antiquare oder durch noch raffiniertere Systeme, die, darauf verwette ich meinen Hut,  bei Amazon in Vorbereitung sind - Momox läßt grüßen.

Am Beispiel des sprachlich abgeschotteten deutschen Antiquariatsmarkt, dem der Export als Ausweg praktisch verschlossen bleibt, kann Amazon nun beispielhaft durchexzerzieren, wie es sich die Eroberung des Buchweltmarktes vorstellt.

Amazon entwickelt sich zum  G o o g l e  des deutschen Antiquariats. Unter freundlichem Säuseln und Einlullen wird jeder Altbuchhändler zur Marionette des ZVAB-Abebooks-Amazon-Verbunds niedergeführt.

Wer mithilft, dieses fürchterliche Marktgeschehen zu vertuschen, zu verschweigen, der macht sich mitschuldig an der wirtschaftlichen Entmündigung, die dem deutschen Antiquariat unmittelbar bevorsteht. Hier klage ich neben der Genossenschaft, die in letzter, entscheidender Stunde in ganz grotesker Weise versagt, auch das Börsenblatt an. Es wird unter Redakteur Dr. Biester seiner Verantwortung nicht gerecht. Verschweigen ist auch eine Form des Vertuschens.

2.
Wir Alemannen im alten Südwesten des Reichs geben aber so schnell nicht auf. Unsere Dickschädel halten manches aus, was Preußen und Bayern zu Angsthasen macht. Das war schon immer so. Deshalb rege ich an, daß wir - wenn es schon zu größeren Aktionen nicht reicht - wenigstens eine beharrliche und zähe Politik der kleinen Schritte versuchen.

Dazu gehört zum Beispiel die Einrichtung einer berufseigenen Datenbank der Suchgebiete unserer Bibliotheken, Archive, Museen und anderen staatlichen Einrichtungen, auch der Länder, Städte, Universitäten, privaten Forschungsreinrichtungen usw.

Die Ansätze zu Datenbanken und Registern gesuchter Bücher sind, soweit sie mir seit 30 Jahren untergekommen sind, allemal und ohne Ausnahme töricht, ungenügend, stümperhaft und weitgehend unwirksam geblieben. Auch die privat organisierten Suchdienste, Besorgungsunternehmen usw. waren und sind im Lichte der technischen Entwicklung inzwischen tölpelhaft. Weshalb?

Es geht vor allem darum, die Bibliotheken, Archive, Museen usw. dazu zu bringen,

- ihre Sammelgebiete nach einer vorgegebenen Gliederung, die mindestens 100 Sachgruppen umfassen sollte, darzulegen  u n d, was fast noch wichtiger erscheint,

- mitzuteilen, welche der Gruppen  a k t i v  gesucht wird (und was als Suchgebiet zur Zeit eher nicht gepflegt werden kann).

Früher hatten sich die Bibliotheken, nicht ohne Grund, mitunter geweigert, solche Erwerbungswünsche publik zu machen, da sie befürchten mußten, dann besonders teure Angebote zu erhalten. Dieser Grund fällt mit der Nivellierung der Preise durch das Internet, verbunden mit einer fast perfekten Preistransparenz im Antiquariatsmarkt, inzwischen weg.

Die nachsuchende Bibliothek kann also darauf rechnen, daß sie marktkonforme, korrekte Angebote aus dem Antiquariat erhält.

Ich muß mich nun etwas unhöflich ausdrücken: Die Informationspolitik im Bereich

I u D (Informations- und Dokumentationsprogramm der Bundesregierung) und

S d D (Sammlung deutscher Drucke)

ist himmelschreiend schlecht. Ich habe zwei Aktenordner mit den Unterlagen kopiert und verkünde ex kathedra, daß  k e i n  Antiquar wirklich und praktisch verstehen kann, und wohl auch nicht verstehen soll, was dieser theoretische Wust eigentlich für seine praktische Arbeit bedeuten mag.

Denn wenn man als bibliothekarischer Laie schließlich mit Hilfe der (inzwischen auch schon mehrere tausend Seiten umfassenden) Universitäts- und Institutslisten, mit den SdD- und IuD-Unterlagen sich ein kompliziertes Angebotsprofil erstellt hat, nach dem man vorgehen könnte - da stürzt man in einen peinlich-lächerlichen Abgrund, der schlimmer und blöder nicht gedacht werden kann: Man erfährt jetzt erst durch Einzelanfrage, welches dieser zugewiesenen oder für sich postulierten/reklamierten Sachgebiete qua laufendem Etat wie und unter welchen (oft absurden) Voraussetzungen und Bedingungen überhaupt  a k t i v  ist als Ankaufswunsch. In der großen Mehrzahl der Fälle sind für den anbietenden Antiquar die Suchgebiete nur noch deklamatorisch und das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt worden sind.

Besonders ärgerlich ist dies dann, wenn sich der Antiquar die Mühe gemacht hat, selber Lücken im elektronisch erfaßten Bestand der suchenden Institution ausfindig zu machen. Er unterbreitet dem Sachreferenten quasi das Papier, das jener hätte erarbeiten müssen, schon fertig zum Gebrauch. Was ist die Folge? - Ablehnung mit kurzen Verlegenheits-Emails, die Arbeitszeit des Kollegen ist vertan. Ärger auf breiter Front!

Weil sich daran in nächster Zeit wenig ändern wird, müssen wir zu  a k t i v e n  Suchwünschen der Bibliotheken, Archive, Sammelstellen kommen. Will sagen, daß die Einrichtung mitteilt - und ihre Mitteilungen auch pflegt - , was sie wie unter welchen Bedingungen und Einschränkungen anzukaufen gewillt ist, womöglich teilt sie noch die Erfasssungstiefe ihrer elektronischen Nachweise mit, damit der Antiquar selber forschen kann.

Diese Datenbank muß, das ist zwingend, standardisiert geordnet werden. Irgendwelche Wischiwaschi-Suchwünsche, wie sie etwa die großen Buchportale aufzunehmen pflegen, sind in der Praxis kaum brauchbar. Auch sollten gesuchte Einzeltitel nur als Ausnahme vermerkt werden, viel nützlicher sind Suchgebiete, seien sie auch noch so eng gefaßt.

Diese Datenbank müssen wir als Grundmaske zur Verfügung stellen und sie dann aktiv andienen. Ich habe vor Jahren schon eine provisorische Liste größerer Fachbibliotheken, Archive usw. bei der Zahl 500 abgebrochen, in dieser Größenordnung werden auch die Einladungsschreiben versandt werden müssen.

Ich verspreche mir davon

- einen kleinen Beitrag zur Eingrenzung der Amazon-Abebooks-ZVAB-Krake im deutschen Antiquariat,
- einen Anstoß zu aktiverem Gedankenaustausch zwischen Bibliothek und Antiquariat,
- eine Unterstützung der Bibliotheken zur Überwindung ihrer grauenvollen Etatbeschränkungen, die gerade den Ankauf antiquarischer Titel ins Herz treffen,
- eine Gewöhnung des Antiquariats an gemeinsame, solidarische Projekte, die allen gratis zur Verfügung stehen.

Es ist Pfingstsonntag früh 3 Uhr, ich breche den Gedankengang hier ab. Nun steht der Samstagskrimi nachträglich auf dem Programm, per Festplatte mein geliebter Wilsberg.


Das Foto (Dank ans Bundesarchiv) zeigt Antiquare beim Bereitstellen eines neuen Angebots an die Inkunabelabteilung er Staatsbibliothek Pr.KB Berlin