Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Freitag, 5. August 2011
Google als Partner der Antiquare im deutschen Sprachraum
Wenn wir uns die Überlegungen der letzten Wochen noch einmal durch den Kopf gehen lassen, dann zeichnet sich nun der Königsweg zu deren Lösung ab. Ich bin mir bewußt, daß wir dabei die Rechnung ohne den Wirt machen, aber man kann es ja mal - - versuchen.
Als Fanatiker des Ankaufs im Antiquariat eilt mir ohnehin der Ruf voraus, daß ich - wie die alten Trödeljuden am Oberrhein vor der Zeit der großen Verfinsterung - "zur Gartentür wieder hereinkomme, wenn ich zur Haustür hinausgeworfen worden bin". Interessante Bücher bekomme ich auch in schwierigsten Fällen eigentlich immer (dagegen kann ich leider gar nicht verkaufen).
Sammeln wir zunächst einige Fakten ein.
1.
Google etabliert zur Zeit ein eigenes Bezahlsystem als Konkurrenz zu Paypal, "Google Checkout" genannt. Es ist sehr gut konzipiert, bedarf aber gerade im deutschen Raum noch massiver Propaganda, hierzulande ist es fast unbekannt. Ich habe es getestet und bin hellauf begeistert davon.
2.
Google Books tut sich noch recht schwer damit, zusammen mit oder parallel zum Worldcat und koordiniert mit seinen Bücherscans ein universelles Katalogsystem für Bücher aufzubauen. Das hakt an allen Enden, ist inkonsequent geplant und erfreut Google vermutlich zur Zeit gar nicht.
3.
Die heute zur Verfügung stehenden Wiki-Systeme ermöglichen ohne weiteres auch sehr große Datenbanken, an denen ausgewählte Teilnehmerkreise Ergänzungen und Veränderungen ausführen dürfen, während sie sich für die übrige Öffentlichkeit als stabile unveränderbare Systeme darstellen. Es ist also nicht wie beim ZVAB, bei Amazon usw. nur ein Einspeisen fertiger Datensätze durch die Händler möglich und denkbar, sondern auch das direkte Eintragen und Redigieren von Titeldatensätzen durch jeden eingetragenen Antiquar.
4.
Die deutschen, österreichischen und schweizerischen Bücherdatenbanken der öffentlichen Hand sind sehr kooperativ und ganz freizügig in der Frage einer Weitergabe ihrer Titeldaten, die ja mit staatlichen Geldern erstellt worden sind. Dies gilt besonders dann, wenn auch sie - die Bibliothekssysteme - sich von dem System, an das sie ihre Daten weitergeben, brauchbare Rückmeldungen erwarten dürfen (was hier unbedingt der Fall ist).
5.
Daß in der Konzentration des Internet-Absatzes der deutschen Bücher auf Amazon/ ZVAB / Abebooks in e i n e r Hand eine gewisse Monopolgefahr liegt, die den Antiquaren Angst macht, liegt auf der Hand, ob das nun zur Zeit (ohne Ebay) 90 oder 80 % sein mögen. Jeder Ausweg aus dieser Monopolgefahr ist nützlich und sollte versucht werden.
6.
Unsere bestehenden Altbuchportale sind durch die mehrfache Wiederholung von fast oder ganz identischen Titeleien sehr schwer lesbar. Überdies wird so die kontinuierliche Verbesserung, wird der Ausbau und die Ergänzung unserer älteren Titelsätze unmöglich gemacht und ein Ausbau der so wichtigen Verschlagwortung ist nicht möglich.
Wenn die Punkte 1-6 zusammen betrachtet werden, dann ergibt sich fast zwingend folgender
*Vorschlag an Google:
Google möge eine zentrale Datenbank für alte Bücher einrichten, in der zusammengefaßt werden:
* Titeldaten und zugehörige Schlagwörter/ Stichwörter (die in einem Wikisystem durch die Autopsie des besitzenden Antiquars kontinuierlich verbessert und ergänzt werden können)
* zum Verkauf stehende Exemplare des jeweiligen Buchs mit Angabe des anbietenden Antiquars und einer direkten Warenkorb-Möglichkeit zum Google-Checkout-Konto des Händlers
wobei im Sinne eines referierenden Systems der Titel nicht wiederholt wird, sondern lediglich Einbandart, Besonderheiten, Zustand und andere Kommentare des Antiquars u n t e r dem Generaltitel, farblich abgehoben, notiert werden.
Damit verbunden sollte ferner direkt sein, sofern urheberrechtlich möglich, der Zugang zum Scan. Dagegen halte ich eine Verzeichnung der Bibliotheksbestände für nicht sinnvoll, das erledigt KvK besser.
Die Antiquare hätten damit ein allein von Google getragenes System, das sich über Checkout finanziert und, sofern man Google auf mittlere Sicht vertrauen will, monopolunabhängig ist.
Die Interessen von Google und die der Antiquare würden sich in idealer Weise ergänzen.
Weitere Fragen wie die Einbindung von Bildern wären elegant lösbar. Bedienung und Performance wären im Google-Standard perfekt schnell. Die Gebühren von Google Checkout sind sehr christlich. Das Wiki-System zur Ergänzung der Titeldaten macht, sind sie erst einmal auf den Geschmack gekommen, gerade erfahrenen Antiquaren Spaß.