Freitag, 26. März 2010

Zur Situation im Antiquariat



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In diesem Blog, dessen letzten Beitrag Sie heute lesen, haben wir manchen Kampf ausgefochten. Im Rückblick bin ich über Form und Inhalt nicht sehr glücklich.

Manche Aktionen waren nützlich, hatten auch Spaß gemacht, etwa wenn es über das unsägliche Geschmiere und die gesammelten Ungeschicklichkeiten mancher Bücherdatenbanken ging oder wenn ich zu klagen hatte über nach meiner Einschätzung ebenso eingebildete wie uninspirierte Akteure ("ich mach was mit Büchern"), über sträflich verpaßte Chancen, etwa das flott aus der Taufe gehobene, aber inzwischen nahezu verhungerte Kindlein des RFMeyerschen "Angebots-Bündnisses", über das seit Jahren, wiederum nach meiner Einschätzung, unter einem fast schon magisch anmutenden Unstern stehende Prolibri-Datenbankprojekt, über krasse Unmöglichkeiten in der Branche wie etwa das Verhehlen und Verhökern der Auktionsergebnisse mit dem Segen eines hier nicht zu nennenden Berufsverbandes.

Es gab auch Grenzfälle zuhauf, wo es mir besser angestanden hätte, kürzer zu treten. Dies gilt besonders für jenen seltsamen uralten Judaica-Beitrag Björn Biesters, den dieser selbst ausgegraben hatte und den beide Teile vernünftigerweise hätten mit Schweigen übergangen haben sollen. Andere Themen sind nach wie vor aktuell und ticken als brandgefährliche Zeitbomben unter den Trümmern, das gilt etwa für das Amazon-Abebooks-Zukunftsszenario, auf Deutschland bezogen; auch für Spezialthemen wie die Gesetzgebung zur Jugendpornographie, mit deren konsequenter Anwendung immer noch jedes zweite Antiquariat zur tagelangen Durchsuchung offenstände, oder, man verzeihe mir die Schlichtheit der Überlegung, für die mit Sicherheit kommende Abschaffung des Büchersendungsportos.

Bevor ich die in der Überschrift versprochene Geburtsanzeige einreiche, nutze ich die Gelegenheit zu einer Übersicht über die aktuelle Lage des Antiquariats aus meiner Sicht.

Ich glaube es war Kollege Hohmann in Stuttgart, übrigens ein grundgescheiter Antiquar, welcher seine Texte nur leider eher verbirgt als veröffentlicht, der anschaulich von Antiquaren berichtet, die ihre Krankenversicherung nicht mehr bezahlen können. Wir haben in allen Foren Kollegin Rathjen vom Dienst, die jedem, der lesen kann, schonungslose Einblicke in eine Sonderwelt des Antiquariats vermittelt. Es gibt Vertreter unseres Gewerbes, die mit Rezepten aus der Mottenkiste der Betriebswirtschaft anrücken, siehe den Kollegen Weinbrenner, um den es recht still geworden ist. Betriebswirtschaftliche Überlegungen sind sinnvoll im Bereich des "Gebrauchtbuchs", das meist neueren und neuesten Datums ist und das ähnlich wie Damenstrümpfe oder Medikamente beschrieben und ausgeliefert werdenkann. Sie haben sich ansonsten im Antiquariat nicht bewährt.

Noch mehr enttäuschen uns die Theoretiker, aus deren Reihen sich unlängst Kollege Helmer Pardun geäußert hat, er kommt wie ich aus der Hauptfach-Soziologie und so kann ich einigermaßen sachkundig nur mit dem Kopf schütteln und ihn bitten, das Theoretisieren im Stil seines "Partizipativen Antiquariats" lieber zu unterlassen. Das sind Holzwege, nicht nur weil keiner, der nicht Soziologe ist, ihn überhaupt verstehen kann.

Das wirkliche Hindernis für einen Fortschritt im Bereich unseres Gewerbes liegt heute offener zutage als noch vor einigen Jahren: "Les extrèmes se touchent" , die inneren Gegensätze sind dramatisch groß.

Dem kleinen Kistenschieber, der rührend bemühten Hausfrau (nicht nur) aus dem wilden Osten unserer Republik, leicht zu ermitteln im ZVAB anhand der unsäglichen Stichworte "Hardcover, berieben, Autorenkollektiv", steht der saturierte, wohlgeordnete, arrondierte Kollege des oberen Mittelfelds gegenüber. In aller Regel gescheite, sachkundige Leute mit ordentlicher Steuererklärung, mit Frau und Kind und mehreren Verbandsmitgliedschaften, gut gefülltem Lager und hart erarbeiteter Kundenkartei. Darüber dann der Olymp jener 40-50 Spitzenantiquare, die unter sich bleiben und mit dem Volk der gewöhnlichen Antiquare nur nach Bedarf Kontakte unterhalten.

Was ich hier anekdotisch aufzähle, hat in Wahrheit katastrophale Folgen für die Gesamtsituation des Antiquariats - heute mehr denn je zuvor.

Fast alle Berufs- und Zukunftsfragen stellen sich für die drei Schichten im Antiquariat unterschiedlich dar:

- Kistenschieber, Gebrauchtbuchlieferanten, überwiegend zur Versorgung solcher Kunden, die das Buch vom Sachthema her oder als Ersatz für (zu) teure Neutitel kaufen,

- Rundum-Antiquare, ob mit Laden und/oder Versand, die das ganze Spektrum bearbeiten, thematisch, vom Buchwert her, was die Vertriebswege betrifft, die Kunden vom Edelsammler bis zum Billigbuchstudenten beliefern,

- Spitzenantiquare, die ganz überwiegend gehobene Fachgebiets- und Allgemeinsammler als Kunden haben.

Das ist offenkundig, jeder kann sich Beispiele ausdenken, und natürlich gibt es viele Zwischenformen und Kombinationen. Was aber doch zu beobachten bleibt, ist die erstaunliche Verschiedenheit der Interessen, wenn es um wichtige Diskussionen geht.

Wie wollen wir derart unterschiedlich interessierte Leute denn zusammenbringen zu gemeinsamem Handeln für "ihre Interessen", wenn die einen Messefragen in Dubai oder Zürich diskutieren, die anderen den Absatz von guterhaltenen Werken der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft über Amazon oder Booklooker, zu 5 Euro oder doch lieber zu 4,99 Euro?

Locker vom Hocker herab formuliert - die Redensart geht vom alten Bibliothekaren-Steh-Stühlchen aus und paßt hier - läßt sich sagen:

- die Spitzenantiquare können ihre exquisite Fach- und Allgemeinsammlerkundschaft nur sehr begrenzt erweitern. Für sie spielen Konjunkturfragen eine Rolle: Was ist gerade in Mode, wieviel freies Geld hat die Kundschaft, nimmt sie Wertanlagen vor, kommen Bibliotheken und Archive wieder zu Ankaufsetats für teure Titel, wie steht der Dollarkurs, und dergleichen Fragen mehr, die im unteren Feld gar nicht, im Mittelbereich eher wenig interessieren.

- das untere Antiquariat belegt mit seinen Sorgen ein uns klassischen Antiquaren sehr ungewohntes Feld, das des reinen Versandhandels. Lagerhaltung, Ankauf, Verkaufs- und Gewinnmargen müssen dort sehr nüchtern, sehr hart diskutiert werden.

- das mittlere Antiquariat, man ist versucht zu sagen, das "normale" Antiquariat, hat eine seltsame Spagatstellung inne. Es muß sich sowohl um den Sachbereich der Spitzenantiquare kümmern als auch die Niederungen des unteren Versandgeschäfts mit bearbeiten.

Wer immer bisher versucht hat, eine Aktion für "die Antiquare" auf die Beine zu stellen, ist mehr oder minder jämmerlich gescheitert. Das gilt bei näherem Hinsehen auch für die - an sich so löblichen - Schulungsversuche des Börsenvereins, von den lächerlichen "Kammerprüfungen" unseres Gewerbes ganz zu schweigen. Auch meine etwas schief geratene Kritik am neuen Konzept des Börsenblatts hatte als Hintergrund die Vorstellung, es müsse aus Frankfurt ein Diskussions-, Nachrichten- und Bildungsforum geben für "die Antiquare".

Ich sehe auch bei dem nun allerdings wirklich ärgerlichen und peinlichen Schicksal des RFMeyerschen "Webseitenverbunds" als Ursache die Eingrenzung auf viel zu eng gefaßte Typen bestimmter Versandantiquariate. Daß die Genossenschaft auf keinen grünen Zweig kam, liegt ähnlich begründet - die Eintrittshürde war viel zu hoch gelegt worden, nicht nur finanziell. Und in der Abschottung des Verbands gegenüber den kleinen und mittleren Kollegen liegt ein gutes Maß, wie ich glaube, gewollter Geheimniskrämerei und Distanzierung. Anders ist etwa der ILAB-Skandal nicht erklärbar.

An dieser Stelle der Überlegungen darf ich nun zur versprochenen Geburtsanzeige kommen.

Formal betrachtet ist es notwendig, einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, der für alle Schichten unseres Gewerbes sinnvoll, wichtig und nützlich sein kann.

Wir wissen, daß im unteren und mittleren Feld eine dramatische Absatzschwäche seit einer Reihe von Jahren zu beklagen ist. Wir sitzen auf Millionen von Titeln, die anscheinend dauernd unverkäuflich sind. Ich spreche nicht von "Boehn, der Tanz" oder "Ludwig, Goethe" und anderen Schrecknissen, sondern von einem nach Millionen zählenden Berg an sich ordentlicher, nicht allzu häufiger, im mittleren Rahmen ausgepreister und halbwegs vernünftig beschriebener Bücher.

Heute können wir davon ausgehen, daß der Standardverdacht aller Antiquare, die unzulängliche Gestaltung und Verbreitung der Bücher-Verkaufsdatenbanken sei Schuld an unseren nicht abgetragenen Bücherbergen, keine große Rolle mehr spielt. Der Kunde, der übers Netz einen Titel finden will, hat sehr einfache und schnell zugängliche Informations- und Kaufmittel. Dies und das wäre nachzubessern, aber zentral ist die Datenbankfrage nicht mehr. Vor drei, vier Jahren sah das noch anders aus.

Wir brauchen auch nicht unbedingt bessere Titelaufnahmen, auch Fotos/ Scans sind vom Zeitaufwand her kaum kalkulierbar und für Durchschnittsware nur von begrenzter Nützlichkeit. Alles das sind hübsche Sächelchen zur Beruhigung und Beschäftigung der Antiquare - - aber keine Lösungen.

Kernthese:
Wir müssen das Sammeln alter Bücher generell, auf breiter Ebene, mit großem Propagandaaufwand wieder populär machen, besonders auch bei jüngeren Leuten. Altbuchsammeln muß einerseits als Modebewegung "in" werden, zum anderen aber brauchen wir eine gründlicher und tiefer angelegte Motivierung der Leute zur Erweckung einer "Liebe" zum alten Buch.

Beides möchte ich nicht voneinander trennen wollen. Wir dürfen uns, um das oben gesagte zu wiederholen, nicht zu schade sein, auch "Trends" zu einem m o d i s c h e n Sammeln alter Bücher anzuregen, zugleich aber haben wir sehr ernsthafte Gründe und Motive zur L i e b e zum alten Buch zu erwecken.

Dabei können wir (fast) keine Anleihen machen bei der allgemeinen Betriebswirtschaft. Auch helfen uns soziologische Regelwerke nicht weiter, schon gar nicht führt uns die in Zeiten der Ratlosigkeit immer so gern bemühte Tante "Statistik" da auf den rechten Weg. Wir brauchen eine I m a g e w e r b u n g, die die positiven, wünschbaren Aspekte des Altbuch-Sammelns hervorhebt. Das werden in der Regel alte, ja sogar uralte Motive sein, die wir ins Moderne, in die Gegenwart übertragen müssen:

W a s bitte genießt denn der Sammler, der abends ans Regal geht und seine Reihe alter Bücher mustert? Das, mit Verlaub, Gesäusel mancher Blogger in dieser Hinsicht läßt sich hier für einmal gut verwerten - "erschauert" der Sammler wirklich bei bestimmten Titeln, wenn er die Inkunabel in der Hand hält, wenn sich das Inselbändchen, das langgesuchte, findet? Wir werden Anregungen vom Briefmarkensammeln her aufgreifen und etwa im "Namen der Rose" Ideen für modernste Altbuchliebe entdecken.

Es handelt sich also darum, das Altbuchsammeln

*in allen seinen Wert- und Sachgruppen, bezogen auf

*alle Bildungs-, Berufsgruppen,

zu erfassen und in Verbindung zu bringen etwa zur

*Wohnkultur, zur

*Sammelleidenschaft, zur

*Freizeitgestaltung.

Dieses B ü n d e l neuer Altbuch-Sammel-Images sollten wir nun gemeinsam entwerfen und diskutieren.

Soweit die Geburtsanzeige - der Absatz im Antiquariat soll angekurbelt werden durch ein neues I m a g e des Altbuchsammelns. Das kann auch ein Image-Bündel sein, muß aber immer (auch) eine bestimmte Botschaft transportieren.





Für das Bild danken wir wieder einmal der VS Krems-Lerchenberg, der die Urheberrechte gehören

Donnerstag, 18. März 2010

Das neue börsenblatt.net - enttäuschend (Teil 2)

A.

Es sei mir gestattet, zur Verdeutlichung meiner zunächst ja formalen Kritik an börsenblatt.net (siehe den vorhergehenden Beitrag) hier noch zwei Webseiten vorzustellen, die - jede auf ihre unterschiedliche Art - ähnliche Aufgaben zu erfüllen haben wie börsenblatt.net. Von der Organisation her stellen sie weit auseinanderliegende Außenposten dar, einmal die moderne, tagesaktuelle New York Times, zum anderen die aktuelle Homepage des FBI.
Beide halte ich, jede auf ihre Weise, für nahezu perfekt. Dies gilt für alle Aspekte, von Farben, Schrift, Graphik bis hin zur Taktik und Technik des Aufrufens der Berichte.

Besonders wertvoll erscheint mir die NYT bezüglich ihrer geschickten, für den Leser erträglichen Nutzung als Werbeträger.

Ich habe die Abbildungen jeweils in drei Stufen angeordnet - zunächst die Leit- oder Hauptseite, dann untergeordnete Leitseiten und schließlich das Bild des Einzelberichts.

Dazu sage ich nun weiter nichts - ich lade Sie ein, sich die beiden zunächst so unterschiedlichen Seiten in Ruhe anzusehen und sich dann näher einzulassen auf Farbe, Graphik usw.


B.
Daß es zu einer solch vernichtenden Gesamtnote kam, mag zunächst verblüffen. Ich habe angedeutet, es seien vor allem inhaltliche, nicht etwa (nur) formale Mängel, die das neue börsenblatt.net abwerten.

Was für Aufgaben hat der Netzdienst des Börsenblatts wahrzunehmen?

Zunächst, man darf das nicht vergessen, ist er das Aushängeschild und Sprachrohr einer ehrwürdigen Institution, hinter der nicht nur - im Verlegersektor besonders deutlich - enorme Umsätze stehen, sondern in der auch ein hoher kultureller Anspruch vertreten wird. Die Form muß dieser Repräsentationspflicht Rechnung tragen, auch wenn es hier natürlich nicht um die eigentliche Homepage des Börsenvereins geht.

Diese Aufgabe wird vom neuen börsenblatt.net überhaupt und ganz und gar nicht eingelöst, die neue Seite wirkt "billig" und beliebig.

Dann hat der Börsenblatt-Netzdienst Aktuelles zu vermelden und darüber zu informieren. Die Meldepflicht wird eingelöst (auch wenn von der Sache her wirklich Aktuelles in einem tieferen Sinn eher selten auftritt) - mit der Einschränkung, daß die fehlende Übersichtlichkeit, die verwirrende und für den Nutzer mühselige Durchsicht des Materials nervt und behindert.

Ganz und gar nicht eingelöst wird aber die wichtigste Verpflichtung,

für die gesamte Branche ein wertvolles Referenz-, Nachschlage-, Denk- und Rezepthandbuch zu sein.

Vor allem fehlt die Einbindung eines lebendigen, moderierten Dialogs, in erster Linie über Fachfragen. Dieser Dialog muß technisch in engster Verbindung zu den aktuellen Berichten und zu den archivalisch-lexikalischen Fachinformationsmitteln stehen, die börsenblatt.net anbieten sollte - eigentlich...

Es ist auch nicht für 5 Pfennige der Versuch gemacht worden, über die geschmäcklerisch-äußerliche "Modernisierung" des Webauftritts hinaus eine inhaltliche Reorganisation zu unternehmen.

Die gesamte neuzeitliche, berufsbezogene Informations- und Dokumentationspraxis ist verschlafen worden. Es wurde im Vorfeld nicht analysiert, nicht richtig gedacht, - noch immer ist ein geschickt vernetztes Informations-, Melde-, Diskussions- und Nachschlagemedium nicht in Sicht.

Das ist enttäuschend. Deshalb die Abwertung.





Die Neugestaltung von börsenverein.net



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Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder. Eine Webseite, die veröffentlicht wird, die sich dem Leser zumutet, darf und soll auch durch ihr Opfer, den Leser, beurteilt werden.




A.
Nota: Ausgegangen wurde hier von der Situation nach dem Aufruf der Registerkarte "Nachrichten"

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1.
Bisher langweilte uns die Börsenblatt-Webseite als trockenes, womöglich allzu vertrautes, übersichtliches Informationsmittel. Die alte Tante börsenblatt.net wurde zwar im Lauf der Zeit aufgehübscht, es gab Wort-Wolken, die uns überraschende, freilich auch blödsinnige Informationen vermittelten über die Zusammenhänge zwischen Statistik und Sinn im Arbeitsbereich des Buchhandels, allerlei Seltsames wurde versucht, etwa die stolze Präsentation mehr gutgemeinter als ausgereifter Schülerarbeiten an prominenter Stelle als eine Art verunglückter Wiki, ein fast nie benutztes Dialogsystem hoffte, sich eines Tages zum Dialogforum zu entwickeln, in Farbe und Gestus überwiegend peinlich zurechtgemotzte Fotos gab es, zwang- und sieghaft lächelnde, optimistische und manipulierende Portraits - aber das ganze war doch übersichtlich, seriös, von Ausnahmen abgesehen gescheit formuliert und in einem tieferen Sinn anständig - kurzum: Eine vernünftige, keineswegs nur mittelmäßige, in ihrer Art durchaus liebenswerte Informationsseite.

Ich habe sie täglich besucht und mußte dies kaum einmal bedauern.

Dergestalt liebgewonnene Plätze möchte man nicht gern verändert wissen. Wenn eine altgewohnte Webseite dann aber doch von Grund auf umgebaut wird, dann schauen wir genau hin, probieren die neuen Stühle aus und prüfen den Kaffee aus der neuen Maschine mit Bedacht.

2.
Das neue börsenblatt.net ist, gemessen an den stillen Revisionswünschen des Lesers, eine Katastrophe.

Mit diesem Urteil könnte man es bewenden lassen. Es mag sich aber lohnen, einige Gründe aufzudröseln. Ans Werk.

Im Kopf werden wir mit 19 (neunzehn) fett und prominent gedruckten Registerkarten beglückt, dazu kommen, wir befinden uns immer noch im Seitenkopf, 9 graphisch etwas zurückgenommene zusätzliche Register-Taben. Noch ehe wir zum Lesen des ersten Artikels gelangen, quält sich unser Auge durch 28 anklickbare, auszuwählende Bereiche.

Über ein Drittel der gesamten Webseitenfläche beim ersten Aufruf der (stets ja doch als erste angeklickten) Registerkarte "Nachrichten" ist so durch Titel und Registertaben verschenkt, zugemüllt, vertan.

Man kann mit der Methode des "Anreißens" arbeiten, also mit kurzen Appetithäppchen den Inhalt der Meldungen erst einmal in Kurzform hersetzen und darauf vertrauen, daß der Leser diejenigen Beiträge, die ihn persönlich interessieren, zum weiteren Lesen anklicken und aufrufen wird. Wer gewillt ist, sich als Redakteur eine Minute Zeit zu nehmen, wird den Inhalt oder Gehalt des Artikels in Kurzform herüberbringen - wem auch das noch zuviel Aufwand erscheint, wendet gar jenes quälende Verfahren an, einfach den Anfang des Textes mechanisch zu bringen, garniert mit den ominösen drei Pünktchen und dem Hinweis "zum Weiterlesen bitte hier klicken". Hier wird eine mildere Form solcher Quälerei angewendet - stur ist nämlich jedem Beitrag eine Zusammenfassung vorangestellt, seltsam ungeschickt, wie im Deutschaufsatz mit der Vorgabe "Jeder Schüler soll am Anfang seines Aufsatzes in zwei Sätzen den Inhalt zusammenfassen. Erst dann darf mit dem Beitrag begonnen werden".

Das kann man so machen, wenns denn sein muß. Aber durch die übergroßen roten Überschriften wird solch übersichtliches, wenn auch langweiliges und stures Vorgehen konterkariert. Der Vorteil solcher "teaser" soll doch die Möglichkeit einer *schnellen* ersten Information, eines Überblicks sein! Wenn ich aber durch Anwendung völlig absurder Typographie und Graphik nur gerade einmal mit 2 (zwei) Artikeln auf der ersten Bildschirmseite beim Leser anklopfe, dann führe ich mein System ad absurdum.

Überhaupt ist graphisch alles im Eimer. Natürlich kann ich mit hochweißem oder leicht angegrautem, sehr hellem Hintergrund arbeiten, der alten Seite hat das gut zu Gesicht gestanden. Dann muß ich dieser etwas aufdringlichen Helligkeit aber eine relativ kompresse Typographie entgegensetzen, es soll ja nicht alles hell erscheinen. Die Grundgesetze unseres Auges sind bei der neuen Webseite gröblich mißachtet worden - es ist, auch wegen der vielen hellen Freiräume,

alles seltsam flatterhaft, verflatternd, ungefähr geraten,

wie einzelne weiße Fähnchen, deren Beschriftung längst verblaßt ist, wir sehen aufdringliche rote Überschriften-Teile und einen zusammenhanglosen blassen Textteil, genauer - Fragmente, Textstummel.

Das alles immer unter dem prominenten, aufdringlichen Gerüst der 28 Registerkarten.

Man kann in solch optisch ganz unbefriedigenden Situationen zu einem letzten Mittel greifen und durch straffe Linien- und Kästchengestaltung Stützen in das baufällige, sieche Gebilde einziehen. Dieses Verfahren ist hier durch potthäßliche Verunstaltung ad absurdum geführt worden: Durchgezogene Linien wechseln mit jenen gefürchteten gepunkteten Linien, die schnittmustergleich fast immer irritierend wirken, was man bei manchen Bücherdatenbanken sehr schön beobachten kann.

Die Grundgliederung in eine breitere linke und eine schmalere rechte Spalte wirkt seltsam unharmonisch, keine Rede von goldenem Schnitt. Die beiden Spalten sind zu nah, zu hart aneinandergesetzt, seltsame, geradezu manisch angeordnete Grau-Unterlegungen (natürlich im Leichenhallen-Violetthellgrau) verschlimmern das optische Chaos noch. Hier durften sich die Kinder im Vorschulgarten austoben - oder wie soll der Leser den Wechsel von roten und schwarzen Überschriften in den beiden Spalten anders interpretieren?

"Service" und "Navigationsübersicht" am Fuß der Seite sind dann nur noch peinlich - formal und inhaltlich schlechteste Schusterei, mies unter aller Kritik.

Wir wissen schon, was der Unglückswurm sich bei der Konzeption gedacht hat. Durch eine "bunte Mischung" der Beiträge soll die Seite werbefreundlich gestaltet werden, soll der Leser die Seite als bunten Fleckerlteppich empfinden, in dem er sich gern aufhält. In dieser Seite aber hält er sich nicht auf, er ergreift die Flucht.

3.
Hier sollte sich eine inhaltliche Analyse der neuen Webseite anschließen, wir kenne ja nun die vielfältigen Arbeitsbereiche des Börsenvereins ganz gut und wissen aus jahrelanger Lektüre, was für Arten von Informationen und Beiträgen zu welchem Thema wie oft zu erwarten sind. Gemessen an der Gewichtung der praktischen Arbeit der Buchhändler, Verleger, Antiquare usw. sind die ärgsten Mängel des neuen Konzepts auf der inhaltlichen Seite zu suchen, im Bereich der sachlichen Anordnung, der thematischen Gestaltung, kurz der Fachinformation.

Hieran vor allem wird das neue Seitenkonzept gemessen. Der fachbezogene Leser will jene ehrliche, übersichtliche Information, die ihm formal und thematisch die alte Webseite geboten hatte.

Mein Gesamturteil lautet: Formal geschmäcklerisch, graphisch eine Zumutung, journalistisch seltsam kindlich und unbeholfen, verwirrend. Thematisch und in der sachlichen Gliederung, bezogen auf die Nutzung durch Fachleute, eine einzige Ungeschicklichkeit.


B.

Bei der Darstellung, bei Lesen einzelner Berichte, wenn der Leser also sozusagen am Ziel angekommen ist, fallen ins Auge die folgenden Punkte:

a)
Auch wenn eine gemäßigte Form des seit den diversen Eurobuch-Sünden bestgehaßten "arteriellen Blut-Rot" angewendet wird, es bleibt doch eine aufdringliche Warnfarbe, die in dieser Art völlig unangemessen erscheint. Die roten Überschriften stehen, wie es nun einmal im Antiquariatsbereich der Fall ist, in aller Regel über recht drögen, eher langweiligen, sachlichen Themen, die alles vertragen, nur nicht die "Aufwertung" durch blutrote Überschriften.

b)
Der allzu reichliche Zeilenabstand läßt den Nutzer scrollen, was dieser eher nicht liebt, vor allem aber muß das Mausrädchen für Fachtexte bemüht werden, die gut und gern in einem Blick, auf einer Bildschirmseite gelesen werden könnten und sollten. Vor allem auch deshalb, weil die meisten Meldungen, daran scheint sich nichts geändert zu haben, zu knapp, zu kurz, zu wenig ausführlich sind, siehe etwa die Seite zu den Schweizer Digitalisierungen. Dieses Thema ist doch für unsere Tagesarbeit und (leider) auch für die Strategie unseres Gewerbes hochwichtig als *Prinzip* - aus diesem Thema kann und muß sehr viel gelernt werden für das Antiquariat.

c)
Wirklich quälend ist hier nun, beim Lesen des Einzelberichts, die beibehaltene Drittelung der ganzen Seite. Ich bin durch die rechts stehenden Zusatzangaben - für sich genommen sind sie ja durchaus nützlich - nur gestört. Das muß ganz anders gelöst werden. In der jetzigen Form

*verliert sich das Auge beim Lesen des Beitrags

nach rechts, beständige Bemühung ist erforderlich, um den Lesefluß des Beitrags links einzuhalten. Wobei wieder rechts, wir sagten es schon, die Manie des "freien Raumes", das Zuviel an weiß, stört. Hätten wir rechts z.B. einen eng gesetzten dunklen Text (wovor uns Gott behüten möge), wäre die Störung beim Lesen des linken Textes dennoch weniger lästig als eben durch die weißen Felder rechts.

d)
Die Gleitwerbung oben ist frech. Ich konnte sie bisher nicht besprechen, weil ich einen Werbeblocker benutze. Was, bitte, soll in dem armen Leser vorgehen, der unter raffiniert gleitender und zuckender Werbung den Sachbeitrag lesen will? Überhaupt wirkt jede Werbung, auch das kleine Kästchen für den Kollegen Reiss, auf der hochweißen Einfarbigkeit sehr störend, aufdringlich, unanständig. Natürlich muß Werbung sein, in dieser graphischen Situation aber eher fein dosiert.





Für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos "Gestern in Frankfurt - Die neue Webseite ist fertig!" danken wir dem Schweizer Fernsehen, das die Urheberrechte daran besitzt.

Freitag, 12. Februar 2010

Im Kabuff


Guten Abend,

aus gegebenem Anlaß darf ich feststellen, daß es nicht meine Art ist, anonym oder pseudonym Beiträge oder Antworten zu verfassen. Ich habe solches immer nur dann getan, wenn aus den vorhergegangenen Umständen jedem Leser klar sein konnte, mit einem Augenzwinkern: Klar, dahinter steckt der Mulzer.

Das gilt besonders für zwei Foren bzw. Dienste, aus denen ich - soweit mein Wissen auf der Höhe der Zeit ist - herausgeworfen worden bin: Aus der Xing-Gruppe, weil der Verantwortliche, immer nach meiner persönlichen Einschätzung, nicht mehr ganz nüchtern war, wenn ich es so zart andeuten darf - - aus dem Börsenblatt, weil die Zwistigkeiten mit dem niederrheinischen Vorbild und Leuchtstern unserer Branche tatsächlich ein unerträgliches Maß erreicht hatten.

Solang ich von diesem Zustand ausgehen muß, bleibe ich dann auch draußen. Ich mogle mich nicht (wie man z.B. aufgrund der letzten beiden Postings des Börsenblatts vermuten könnte) unter Vorwänden in Medien ein, die mich lieber vor der Tür sehen als in ihren heiligen Hallen. Und ebenso wie ein hochangesehener Berliner Kollege lehne auch ich es grundsätzlich ab, von den Beiträgen eines vor der Öffentlichkeit sorgsam geheimgehaltenen Forums Kenntnis zu nehmen, selbst dann nicht, wenn sie mir (was mehrfach geschehen ist) von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden.

Da ich an einer Webseite bastle, die sich an die Kunden des Antiquariats, am Rande auch an die Antiquare selbst wendet, setze ich den Blog einstweilen nicht fort, hätte also durchaus Zeit und auch Anlaß, munter zu diskutieren, über meine eigenen Arbeiten und die Sorgen der werten Kollegen.

Aber dann muß man mir das freistellen. Vorderhand sitze ich, zur Freude der meisten Kollegen, im Kabuff.

(Professor Unrat mal wieder lesen...)

Montag, 1. Februar 2010

Weinbrenners Xing-Gruppe: Ein notwendiger Untergang?

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http://www.boersenblatt.net/355940/template/b4_tpl_antiquariat/



Nun ist sie also vorbei, die Herrlichkeit. Ich hatte dem Unternehmen von Herrn Weinbrenner - als Kollegen kann ich ihn nicht so recht bezeichnen - von Anfang an nicht getraut. nicht etwa, weil Weinbrenner aus der Apothekenwerbung kam, oder so ähnlich, auch nicht wegen der geradezu erschütternden Naivität seiner ersten Titelaufnahmen. Geld verdienen darf und soll man, auch über die düsteren Umwege, die XING eröffnet, ein Kommunikationssystem, dem vor einigen Monaten endlich der institutionalisierte Klau des Verwendungsrechtes a l l e r dort veröffentlichten Texte gerichtlich untersagt worden ist, wenn ich mich nicht irre.

Nein, auch nicht jener cholerische Wesenszug, der das mitmenschliche Verhalten Weinbrenners trüben mußte, weil er eben nicht mit der liebenswürdigen, ausgleichenden Freundlichkeit aufwarten konnte, die impulsive Schreiber sonst auszeichnet - er war wirklich harsch und ungnädig.

Auch das darf man sein, aber man sollte dann nicht auf die Idee kommen, ein Forum zu leiten.

Schwerer wiegt für mich, daß Weinbrenner, der seine Xing-Gruppe durchaus offen zugänglich hätte einrichten können, auf den scheußlichen, ganz verfehlten Holzweg geraten war, die Gesprächsrunde zu sekretieren, sie "geheim" einzurichten, Google außenvorzulassen. Eingeschriebene Mitgliedschaften in Ehren, das erleichtert die (sehr aufwendige) Moderatorentätigkeit und ist nicht zu verwerfen. Was aber des Teufels ist: Man darf Gruppen, die dem allgemeinen Fortschritt einer ganzen Branche dienen sollen, nicht von der Öffentlichkeit total abschotten wollen.

Über Mechanismen, zu denen viel zu sagen wäre, läuft dann ein Abwürgemechanismus, ein Austrocknen der Diskussion - und auch die Hochzüchtung innerer, interner Konflikte, denen die Öffentlichkeit als natürliches Regulativ ganz fehlt.

Dazu kommt die besondere Struktur unserer Berufsgruppe. Bei bestimmten Komplizierungen, bei einer "Übermoderation", bei Überkontrolle und paranoider Verheimlichung bleibt in unseren Berufsforen immer nur ein ganz kleiner aktiver Kern, der mitdiskutiert, als Prototyp würde ich den geschätzten Kollegen Kretzer benennen wollen. Das ist an sich schön, und alle lesen sowas gern, aber die aktive Mitarbeit der anderen erlahmt, wenn nicht Transparenz, Demokratie, Offenheit und, vor allem Öffentlichkeit g e w a g t wird.

Da man von mir offene Worte erwartet, halte ich auch nicht hinterm Berg mit meiner persönlichen Einschätzung: Herrn Weinbrenners Projekte waren mir nie ganz koscher vorgekommen; man sollte versuchen, ein berufliches Forum möglichst nicht mit pekuniären Interessen zu verknüpfen.

Die unkommentierte Meldung heute im Börsenblatt ist, die Kritik sei gestattet, in dieser Form äußerst mager. So brisante Themen derart schäbig und knapp abzuhandeln, erinnert mich an die Deutschaufsätze gewisser Mitschuüler, die - mit Recht - trotz gutem Stil nie über ein "ausreichend" hinausgekommen sind. Redakteur Biester sollte vermeiden, daß sich die interessanten Sätze schließlich ganz in die Kommentare verlagern.

Dem "Antiquariats-Anzeiger" von Stormchen, freundlichen Andenkens, habe ich eine kleine Träne nachgeweint. Weinbrenners Xing-Zwangsanstalt dagegen hat ihr Ende verdient. So geht das nicht.

Wie aber dann? Darüber wird nachzudenken sein.


Nachtrag:
(Zitat aus der Feder von bookmarathon im Börsenblatt:) "Für mich habe ich erkannt, dass Gruppen usw. völlig sinnlos sind. Letztendlich entscheidet das Geschick jedes Einzelnen über wirtschaftlichen Erfolg oder Untergang. Informationen gibt genug im Netzt, dafür braucht kein Mensch mehr irgendeinen Antiquar seine "Geheimnisse" zu entlocken." (Ende Zitat)

Solang, unwidersprochen, im Kommentateil des Bösenblatts derartiger Unfug, so blödsinniger Schwachsinn geäußert werden kann, ohne daß Kollegen energisch widersprechen, bedarf unsere Branche der Aufklärung und Gruppenbildung mehr denn je.


Das Foto gehört "Titanic Adventure Slide". Wird auf einfache Anforderung hin entfernt.

Vom Elend unserer Edeltitelbeschreibungen, Klappe 001


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1.
Die Grundgesetze, Schwächen und Reformmöglichkeiten im unteren und mittleren Antiquariat könnten auch von außen, durch Laien, denen das alte Buch eher fern steht, untersucht werden.

Weil ich mittelfristig auf massive Unterstützung meiner Thesen durch die Volks- und Betriebswirtschaft rechne (auch durch die Buch- und Bildungsforschung übrigens), lag es für mich nahe, den Antiquariatsmarkt in den letzten Blogs von unten her aufzurollen und nicht mit den Edelkollegen zu beginnen.

Zwar dürfte der wirklich getätigte wertmäßige Umsatz an Altbüchern der Unter- und Mittelklasse nur bei etwa 50-60 % des Gesamtumsatzes im Antiquariat liegen, aber die ganz unglaubliche Menge an praktisch unverkäuflichen älteren Titeln, die jedem Kollegen im Nacken sitzt, die teils verhehlte, verschwiegene und umgefälschte, in anderen Branchen so niemals mögliche Absatzblockierung ließ es sinnvoll erscheinen, die Oberklasse der Altbücher erst einmal links liegen zu lassen.

Wir haben ja auch in den letzten Tagen hier gesehen, wie einfach und einleuchtend Reformen im Unter- und Mittelbereich unserer Altbücher im Internetabsatz durchgeführt werden können. Die Gründe liegen zu Tage, jeder kennt sie "eigentlich", aber niemand kommt auf die Idee, sie anzusprechen - und in der Konsequenz dann auch umzusetzen.

Ich gestehe, daß es noch einen anderen Grund gibt für mich, eher zögerlich an Reformüberlegungen zur Edelware heranzugehen.

- Während (vermeintlich oder tatsächlich) an gewöhnlichen Titeln oder gar Konvoluten nur spärlich Geld zu verdienen ist, stürzt sich bei allem, was mit Edelware zusammenhängt, ein gieriger Schwarm von Geiern auf jede Idee, die man äußert, und setzt sie flugs um. Es macht Spaß, im unteren und mittleren Feld durch Reformüberlegungen zu helfen - dagegen ist es ein widerliches Geschäft, gewinngeilen Internetunternehmern auch noch gratis Ideen zu liefern.

- Noch schwerer wiegt aber, in welchem verheerenden Ausmaß das Elend, die Katastrophe unserer Titelaufnahmen oder präziser Titelbeschreibungen bei unserer Edelware deutlich wird. Im Bereich der Spitzentitel müssen wir in Zukunft ganz andere - o Unwort vom Niederrhein - "Qualitätskriterien" einfordern als bei gewöhnlichen Titeln. Hier gestattet die Gewinnmarge einen vernünftigen Zeitaufwand, hier haben wir es in der Regel mit hochqualifizierter Kundschaft zu tun, hier lohnt es sich auch geistig-kulturell für den ermittelnden Antiquar selbst, Autor, Thema, Druckausführung, Rezeptionsgeschichte usw. kennenzulernen und darzustellen.

Jener fürchterliche Bleiwüstenunfug, jenes Monument der Verhältnisblödsinnigkeit unserer führenden Edelantiquare, jenes archaisches Untier zur Verjagung und Verhinderung neuer Kundenschichten im besseren Antiquariat, jener Quack-Sammelkatalog also unseligen Angedenkens, führt uns das ganze Elend, die Verkommenheit, das M i ß v e r s t ä n d n i s unserer Titelbeschreibung im gehobenen Sektor vor.

Da mir die Zeit fehlt und, ich sagte es schon, auch die rechte Lust, anhand von Beispielen und methodisch hergeleitet dieses Thema jetzt schon zu beackern, darf ich es im Folgenden allgemein sagen, als Denkanstoß.

Wir passen unsere Edeltitel-Beschreibungen nicht den Recherchemitteln des Internets an. Anders als noch vor zehn Jahren ist es heute mit einiger Übung möglich, so gut wie jeden wichtigeren Namen, jede Idee, jede Neuerung im geistig-kulturellen, im technischen, im kirchlichen, jurstischen, im Verlags- und Druckwesen usw.

*sekundenschnell zu ermitteln,

oft auch in Kurzform direkt zu übernehmen. Das ist zuerst einmal, wie ich angesichts der üblichen philosophischen Verstiegenheit unserer Edelkollegen mit Vergnügen feststelle, schlicht und ergreifend eine Frage der reinen

*Arbeitstechnik.

Kein Platz also für gehaltvolles philosophisches Geraune. A r b e i t s t e c h n i k !

Dann natürlich auch eine Frage der geistigen Reife und des immensen Sachwissens in Zusammenhängen, das der Edelantiquar haben muß, das er zwingend braucht, sonst wirds nichts. Dieser Satz gilt auch dann, wenn wir in gewissem Maß "türken" können mit den heutigen Netzmitteln, so tun als ob wir den großen Durchblick haben würden.

Die Umsetzung der modernen Recherchemöglichkeiten hinein in die Titelbeschreibungen, jetzt besser: Titeleinschätzung, Titelbewertung ("Wert" in tieferem Sinn), darum geht es im Kern.

Sie wird überhaupt nicht beherrscht. Mein Zorn gegen die Nachbeter der alten Wendt-Tradition, überhaupt mein E k e l vor jener Mischung aus Verblasenheit, Dünkel, Borniertheit und - Dummheit, die manche Titeleinbeschreibungen im Spitzenbereich auszeichnet, ist ganz spontaner Natur. Ich kann dann einfach nicht weiterlesen, das ist mitunter unerträglich in jeder Hinsicht.

Zu beheben ist dies, ich sags ein drittes Mal, vorwiegend durch den geschickten, planmäßigen Einsatz der neuen Netzrecherchemöglichkeiten. Durch neue Arbeitstechnik und ihre Umsetzung auch graphisch.

Notwendig ist die Diskussion, Verabschiedung und allgemeine Einführung n e u e r Prinzipien in der gehobenen Titelaufnahme und Titeleinschätzung. Wie es nicht gemacht werden darf, formal-graphisch und formal-taktisch, können wir nirgends besser sehen als im Quack-Erlemannschen Gebilde.

N e u e formale Titelbeschreibung (siehe übrigens auch die zwingend zu fordernde Fotostrecke für jeden Edeltitel), n e u e Ermittlung des kulturellen, drucktechnischen, graphischen Werts, weitere n e u e Wertkriterien. Ob sich damit neue Käuferschichten erreichen lassen, wie durch unsere anstehende Generalreform im Unter- und Mittelfeld, das bezweifle ich.

Aber wäre es nicht schon ein Gewinn, wenn die unsägliche Qual, die das Lesen der meisten Edelkataloge von heute bereitet, ein Ende findet, wenn Antiquar und Bücherliebhaber sich auf moderner, neuer, entspannter Grundlage begegnen?

Nachschrift 1)

Schon wegen der Fotostrecke für jeden Titel (3-4 exzellente Scans, vergrößerungsfähig) kann es Kataloge in Zukunft nur noch in engster Kombination mit zugehöriger Webseite geben. W i e die Verzahnung von Katalog mit zugehöriger Webseite aussehen muß, damit sie praktisch nutzbar wird, darin liegt eines der Geheimnisse, denen wir uns in Zukunft widmen sollten.

Schludrige Umsetzung nach System w+h (o buchhai, o) wird hier mehr schaden als nützen.

Nachschrift 2)
In Zukunft müssen wir mit Verlinkungen aus der Titelaufnahme heraus arbeiten (in/ aus den Kommentaren sowieso). Wir markieren also Wiki-, NDB-, BBKL- und andere Fundstellen farblich als Links auch dann, wenn sie Titelbestandteil sind. Das darf der Kunde erwarten (auch wenn ers selber ergooglen könnte). Schon mit diesem einen, zugegebenermaßen bescheidenen, Mittel würde unsere verstaubte Titelerfassung im Edelbereich revolutioniert. Wobei auch das Linksetzen gekonnt und sinnvoll geschehen muß, auch farblich und technisch alles stimmen muß dabei (o Buchhai, o).

Für das Edel-Käsefoto danken wir blogtasteofcheese, denen das Bild gehört. Wird auf formlose Anforderung hin entfernt.

Sonntag, 31. Januar 2010

Die Umstellung des Edelantiquariats auf Versteigerungsportale


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Jene faszinierende Saalatmosphäre, die wir alle aus den großen Versteigerungen kennen




Wir sahen in den blogs der letzten Tage, daß dem mittleren und unteren Antiquariat durchgreifende Veränderungen bevorstehen. Durch das Aufstechen der Eiterblase der absurden Mondpreise für mittlere und einfache Titel, durch das Entlarven des lächerlichen Eiertanzes um den Fetisch der Einzeltiteldarstellung in den Verkaufsdatenbanken wird zwar eine schmerzliche Wertabsenkung unserer Bestände erfolgen, dafür aber eine Neubelebung des Absatzes in ungeahnter Weise.

Man verzeihe den Vergleich: Es handelt sich um eine Kur zur Verbesserung unseres Stoffwechsels. Die Antiquare werden auf die Kurpromonade nach Marienbad eingeladen, schreckliche Verstopfungen werden abgebaut, der gesamte Organismus wird neubelebt, man ist danach ein neuer Mensch.

Dies betrifft freilich nicht unsere Edel- und Spitzenantiquare. Ich bin dafür bekannt, die erlauchten Kreise unserer Messe-, Versteigerungs- und Zimelienkollegen mit äußerst wacher Kritik und viel Mißtrauen zu betrachten. Dafür habe ich gute Gründe, auf die ich um des lieben Friedens willen hier nicht eingehen mag. Jedenfalls kann man nur noch im Antiquitäten- und Kunsthandel eine ähnliche Ansammlung von Tücke, Bosheit, Geldgier, Heuchelei und Verdrängungsbrutalität beobachten wie in den Spitzen- und Edelkreisen unseres Altbuchgewerbes. Sapienti sat.

Wer mich kennt, weiß, daß ich, der stillen Liebe zum einfachen, unteren Antiquariat ungeachtet, meine bescheidenen Brötchen seit jeher mit versteigerungsfähiger Ware verdiene. Wovon einer leben muß, darüber macht er sich kundig, und so bin ich im Grunde selber ein Vertreter des "oberen" Antiquariats von der Ware und den Arbeitsmethoden her.

Diese Vorrede ist notwendig, denn es gibt nichts Peinlicheres als den Verdacht, daß da jemand über eine Sache schreibt, von der er nichts versteht. Das ist bei mir hoffentlich nicht der Fall, ausgestattet mit der entsprechenden Handbibliothek, begabt mit der notwendigen Zeit, traue ich mir zu, notfalls mittlere Versteigerungen selbständig zu bearbeiten - was ich freilich niemals tun würde, weil mir die Käuferschicht dieser Ware au fond unsympathisch ist. Gegen Abneigungen soll man von einem bestimmten Alter ab nicht mehr ankämpfen, sie sitzen zu tief.

1.
Wenn die Datenbank-Bücherpreise des mittleren und unteren Antiquariats fast ausnahmslos Mondpreise sind, wenn also die E i t e r b e u l e unserer schwindulösen "Bücherwerte" aufgestochen werden muß auf breiter Front, damit eine Heilung unseres Absatzes stattfinden kann, dann sind die entsprechenden Korrekturen auf der Ebene der "versteigerungsfähigen Titel" einfacher zu leisten. Hier wird die durchschnittliche Werthöhe nicht auf einen Bruchteil reduziert werden müssen, der Durchschnittswert der Ware wird nach der Kur in etwa gleichbleiben, sich womöglich sogar erhöhen - - aber eine andere Weise der Wertermittlung wird zum Regelfall gekürt werden.

Das Antiquariat im Spitzenbereich muß, in mehrfacher Hinsicht, von Ebay lernen. Die Preise müssen vom Markt bestimmt werden. Damit das funktionieren kann, ist es unerläßlich, ein Verkaufsinstrument einzurichten, das - ähnlich wie Ebay -

*universell bekannt und akzeptiert wird und *rigide Transparenz-Regeln als Standard einfordert.

Was ich meine, ist jedem Nutzer jener mehr oder minder verunglückten Edeldatenbanken nach ILAB-Vorbild sofort klar, und wer die Netzdarstellungen unserer großen Versteigerungshäuser aufmerksam durcharbeitet, kommt zum gleichen Ergebnis:

In geradezu wahnwitziger, strohdummer, sträflich blöder Weise wird bisher die Chance des Internets zur D a r s t e l l u n g unserer Edelware (also über ca. 100 Euro und/oder aus gefragten Sammelgebieten) mißachtet und verdummt. Mir ist eine derart peinliche Blindheit in Sachen Internetnutzung aus keinem anderen Sachbereich bekannt. Das Spitzenantiquariat hat äußerst dicke Bretter vor dem Kopf, es ist in diesem Punkt mit seltener Dümmlichkeit begabt.

Warum soll man es anders sagen? Höflichkeit unter Kollegen ist generell schädlich, besonders in so intriganten, verhuschten und allseits mißtrauischen Berufsgruppen. Nur offene Worte führen weiter.


2.
Ebay als Vorbild in zweierlei Hinsicht.

Zunächst brauchen wir für Edelware bessere Darstellungsformen.

Diese Bücher können und müssen jeweils in einer glasklaren, vergrößerungsfähigen Fotostrecke abgelichtet werden, immer und ohne Ausnahme. Damit ist natürlich nicht (nur) der Deckel gemeint. Der Antiquar weiß recht gut, welche Seiten für den Käufer instruktiv sein können - er braucht ja nur dem Kunden auf der Messe am Stand und im Geschäft auf die Finger zu schauen. Der "erste Blick" und das "Prüfen" des Kunden findet etwas anders statt als das des Antiquars beim Erwerb der Ware, solches muß man auch mal diskutieren (und nicht immer nur als "Berufsgeheimnis" hüten). Klare, vergrößerungsfähige Fotoserien zu jedem "besseren" Titel müssen zwingend angefertigt werden, wobei wieder meine Forderung nach Einsatz eines schnellen A3-Scanners aufzustellen ist (Digitalfotos nur in Ausnahmefällen). Sie meinen, das seien Äußerlichkeiten? Ich möchte fast alle "Abbildungen" in unseren Bücherportalen den Machern um die Ohren hauen. Hier muß in Zukunft besser gearbeitet werden!

Prolibri schickt sich gerade an, wir hören es mit Schrecken, unter dem menschlich sympathischen, in der Sache aber allzu konservativen Kollegen Erlemann ein weiteres Exemplar seines Edelwaren-Gesamtkatalogs, sprich Bleiwüste für masochistische Büchersammler, auf den Markt zu werfen. Sie lernens nie...

Nirgends kann man das Elend der bisherigen Praxis der Bücherbeschreibungen besser studieren als in den Erlemannschen Folterkammern. So geht das nicht! Was der Kunde nicht wissen will, das wird quälend breit dargestellt, was er aber gern wissen möchte, das wird ihm verhehlt. Eine Bücherbeschreibung soll das Buch e r s c h l i e ß e n, in jeder Hinsicht, sie soll nicht Sekundärliteratur dazu herbeiziehen. Aber dieses weite Feld muß ein andermal beackert werden.


3.
Was im unteren und mittleren Warenbereich nur bedingt oder gar nicht anzuraten ist, nämlich die Versteigerei, das muß in Zukunft für Spitzenware (über 100 Euro und/oder aus den besonders beliebten Sammelgebieten) die absolute R e g e l werden. Spitzenware sollte nach etwas modifizierten Ebay-Regeln den Gesetzen des Sammlermarktes unterworfen sein.

Das bedeutet zweierlei. Einmal geht es nicht an, mehrere oder gar viele nette kleine Datenbänklein für die Versteigerung von Spitzenware zu haben. Vielmehr darf es nur e i n e geben, notfalls auch zwei, denn die Versteigerung hochwertiger Ware ist nur möglich und sinnvoll, wenn eine hohe Marktdurchseuchung (hätte ich fast formuliert) gewährleistet ist. Wer einmal in der Experimentierzeit des Versteigerus, 1980-1990, persönlich auf kleinen, relativ unbekannten Versteigerungen, mit sehr guter Ware bestückt, anwesend war und die fürchterlichen dort erzielten Preise miterleben durfte, der vergißt nie mehr jene Regel, die da eine hohe Marktdurchdringung als Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Versteigerungen einfordert.

Zum anderen bedeutet es einen Generalangriff auf das Gewerbe des Versteigerers. Wenn strenge "Qualitätsanforderungen" an die Person der Einlieferer angelegt werden, wenn ein Regelwerk Mindeststandards setzt für Abbildung und Beschreibung, dann kann die neue Datenbank, das "Ebay für bessere Antiquariatsware" sich in kürzester Zeit etablieren. Wäre ich Versteigerer, hätte ich Angst davor.


4.
Ich gehe ungern in die Details, weil ich nicht die Hausaufgaben für Datenbankfachleute machen möchte. Nach über 3000 Ebay-Verkäufen alter Bücher habe ich natürlich Erfahrungswerte, gerade auch für teure Titel, die gewisse entscheidend wichtige *Korrekturen* am Ebay-System, maßgeschneidert für bessere alte Bücher, nahelegen.

Wir sahen an dem verunglückten Hamburger Experiment, im Börsenblatt kann mans ja ausgraben, wie man es schon gar nicht machen darf. Und jeder, der Ebay im Altbuchsektor als Käufer nutzt, kennt auch den Rattenschwanz von Mühseligkeiten und Fehlern, die das Ebay-System aus zwei Gründen nicht loswerden k a n n , einmal, weil es aus den USA kommt, in Grenzen kompatibel sein muß zu den anderen Schauplätzen, dann aber vor allem, weil es für alle Waren- ja sogar Dienstleistungsarten geeignet bleiben muß.


5.
Ich sage oben schon, daß das allgemeine Preisniveazu durch die Umstellung auf Versteigerungsabsatz im Bereich der Spitzenware sich im Durchschnitt nicht verändern wird, wohl aber en détail. Die Umstellung dient hier nicht der Preiskorrektur wie im unteren und mittleren Altbuchbereich, sondern es dient allein zur *Herstellung der Saal-Atmosphäre des Versteigerers im Internet.

Dieses Je-ne-sais-quoi der Saalversteigerung ist uns allen ja gut bekannt, Spannung, auch Autonomie, Macht- und Angstgefühle sind dort wichtig, vor allem auch der menschliche (männliche?) Spieltrieb. Das Internet ist die ideale Plattform für dieses Erleben der Saalatmosphäre, wenn, ja wenn das richtig organisiert wird.




Unser Dank für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos gilt der Landeskorrespondenz Niederösterreich, der das Bild gehört

Samstag, 30. Januar 2010

Vom Abriß und Neuaufbau unserer Bücherdatenbanken


...

...
rechter Hand > sehen wir Ingrid Steeger in typischer Vermeidungshaltung während ihres Praktikums in einer renommierten Zürcher Altbuchhandlung



Jeder von uns kann feststellen, daß für 90 % des antiquarischen Buchmaterials, das wir zur Zeit in den Bücherportalen anbieten, ein betriebswirtschaftlich auch nur von ferne sinnvoller Absatz nicht möglich ist.

In den vorhergehenden Blogbeiträgen wurde begründet, weshalb das so ist, warum es so sein m u ß. Der Wahn des Einzeltitel-Einstellens - außerhalb teurer und/oder vom Sammelgebiet her sehr gesuchter und/oder zum Sammelgebiet eines Fachantiquars gehörender Titel - der Irrsinn der Buchvereinzelung wider jede Vernunft also lähmt unsere ganze Branche, treibt hunderte mittlerer und kleiner Antiquare an den Rand des Wahnsinns, erniedrigt sie zu hilflosen Lemmingen der Bücherdatenbanken und raubt ihnen das Wichtigste: Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung.

Sie können diesen Satz nur nachvollziehen, wenn Sie meine letzten drei Blogbeiträge, man verzeihe mir die oberlehrerhafte Forderung, wirklich s t u d i e r t und durchdacht haben. Glauben Sie nicht, Sie könnten sich die Mühe sparen.

Nun kommen wir zu einigen recht spannenden Schlußfolgerungen.

1.
Die *echten* Fachantiquare (für die betonenden Sternchen gibt es gute Gründe) werden ihre Fachkataloge und Fachlisten natürlich weiterhin ins Netz stellen und drucken. Ein Fachantiquariat gleich welcher Richtung ist so schwierig zu betreiben, bedarf zwingend so umfassender Sachgebietskenntnisse, daß dieser kleine Sonderbereich unseres Gewerbes unverändert weiterarbeiten kann und soll. Fachantiquare genießen Artenschutz im Rahmen der Überlegungen, die wir hier anstellen.



2.
Dies gilt nicht für die Edel- und Messeantiquare. Sie widmen sich, wir erinnern uns an die Definition, den "versteigerungsfähigen" Titeln und/ oder den besonders geschätzten, sammelintensiven Sondersachgebieten. Sie sind in ihren Werbe- und Verkaufsmethoden, Gott seis geklagt, äußerst unbeweglich, methodenkonservativ und oft seltsam unbeholfen. Ich möchte von den Edelantiquaren fordern, daß sie einen neuen Typ Bücherdatenbank/ Bücherportal aufbauen, der sich durch

*intensiven, konsequenten Einsatz reichhaltiger und detailscharfer Bildstrecken
auszeichnen muß. Die Datenbank der Edelantiquare soll einen Ersatz für den Messerundgang bieten, soll mit allen Mitteln v i s u a l i s i e r e n, soll genußvoll zu besuchen sein und sich durch ausgefeilte *Ästhetik* auszeichnen.

oben > Wölkis neue Belegschaft zur Herstellung von Mega-Konvoluten, Betriebsstätten Berlin-Marzahn, Bremen-Neue Fahr und München-Hasenbergl


Weil ich diese neue Datenbank für Edelware immer vor Augen habe, bin ich so enttäuscht von dem namenlos schlechten ILAB- und ABA-Murks, bin ich angeekelt von ästhetischen Gräueln jener Sorte, die uns gerade Prolibri in so reichem Maß beschert. In einem Punkt, nämlich in der ausgezeichneten Bebilderung (würde sie denn nur genutzt...) , hat Prolibri allerdings Vorreiterfunktion.

Noch viel wäre zu sagen zum Neubau der kommenden Datenbank für Edelware. Jenes weitgehend verunglückte Hamburger Edelwaren-Datenbänklein, man erinnert sich, hatte manches doch richtig erkannt und verwirklicht.

3.
Ich kann mich kurz fassen, was das Pflichtenheft für die neue Datenbank betrifft, die Fachgebiets-Konvolute aufnehmen wird. Kein Strukturierungsterror mehr, durchgehende Suchfunktion, reichhaltige Bildmöglichkeiten, angepaßte typographische Gestaltung.

Eines erscheint mir wichtig und auch spannend: Nichts wäre reizvoller als die *Vernetzung* der Antiquariate dieser vier bis fünf Gruppen, und würde RF Meyer sich gelegentlich um sein steckengebliebenes Geisteskind kümmern, dann würde seine Grundidee einer Webseitenvernetzung nun zu neuer Blüte gelangen können.


oben > Das legendäre philosophische Kaffeekränzchen in Berlin bei RFMeyer, man beachte die angeregte Diskussion


Es geht ja doch darum, unter einen Hut zu bringen - dem K u n d e n gegenüber -

a) die Edelantiquare,
b) die *echten* Fachantiquare,
c) die Konvoluthersteller (so ziemlich alle unteren und mittleren Kollegen),
d) die Einzelanbieter teurer und/oder sammelintensiver Titel (das sind praktisch alle mittleren und höheren Antiquare)

Außen vor bleiben übrigens in dieser Betrachtung die reinen und ausschließlichen Ladenantiquare - aber gibt es die noch? Außen vor bleiben ferner jene Kollegen, die die Sachgebietseinteilung und den korrekten, schnellen Titeltransfer nicht leisten - und folglich keine Konvolute herstellen können.

Das werden viel mehr sein, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Ich gehe davon aus, daß 200-300 Antiquare der unteren und mittleren Ebene Konvolute nicht bilden können oder wollen. Das ist ziemlich tragisch, denn damit fallen sie mittelfristig heraus (was immer das nun heißen mag)..


Sachgebietseinteilung, erster Tag, beim Kollegen Heinsius in Kötschenbroda


Die neue Datenbank hat für Edelware, für Fachkataloge, für besonders beliebte Sammelgebiete und natürlich für Konvolute

*gleichzeitig und mit denselben Aufruf-, Finde- und Darstellungsmitteln

dazusein. Das muß sie leisten können. Der Begriff der "Vernetzung" wird hier ganz neu eingebracht werden müssen. Das sind echte Chancen.

Von den geschätzten "echten", also nicht irgendwie getricksten 10-12 Millionen deutschsprachiger Titel in den Verkaufsdatenbanken werden etwa 9 Millionen durch das Konvolutsystem sofort wegfallen. Die Antiquare werden in kurzer Zeit einen massiven Anschub im Verkauf erleben, dafür freilich Mondpreise und Wertphantasien in Sachen ihrer Altbestände opfern müssen.

Ich brauchs ja doch nicht auszuführen, jenes böse Erwachen, das sich schon seit längerer Zeit immer dann ergibt, wenn Kollegen-Buchbestände, durchaus auch auch von ordentlicher, mittlerer Qualität, im Zuge von Todesfällen usw. an den Mann gebracht werden sollen - ein fürchterliches Trauerspiel! Nur hat bisher niemand dieses erschreckende Phänomen weitergedacht. Wir haben das gestern und heute in diesem Blog versucht.



Freundlicher Dank für das Bücher-Triagebild gebührt der "Presse", der das Foto gehört; wir entschuldigen uns weiterhin bei der Stadtbücherei Wilhelmshaven... und beim Schweizerischen FKK-Verband, Sektion Zürich

Tutorial : Beispiel eines Konvolutangebots































































































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Hier folgt nun ein typisches Konvolut-Angebot, das Thema ist "ältere Sittengeschichte", die Titel sind mit wenigen Ausnahmen im Netz öfter vorhanden und einzeln zu den üblichen Apothekenpreisen völlig unverkäuflich.

Die Erstellungszeit der Liste einschließlich Vorsortierung betrug 45 min
., ich ließ einige verhunzte Datensätze (Staatsbibliothek Berlin, DB Leipzig) unkorrigiert stehen. Das kann man so machen, vorausgesetzt daß dies Ausnahmen bleiben.

Die Scans kommen hier in der umgekehrten Reihenfolge, in einer Datenbank sollte aber die Reihenfolge der Titelaufnahme dann auch der Scan-Reihenfolge in etwa entsprechen. Zwei Werke wurden, aus Gründen, die der Kenner kennt (hm), nicht mit eingescannt. - Die Herstellung der Scans dauerte exakt 10 min. Die Bücher liegen von der Titelaufnahme her ja noch in der richtigen Reihenfolge. - Die Bildqualität ist sehr gut (200 dpi) und sollte auch, wegen der -hoffentlichen- Vergrößerungsmöglichkeiten in -kommenden - Bücherdatenbanken so sein. Sie können später nicht noch bessere Scans nachholen. - Sie brauchen, ich hab das schon öfter gesagt, einen sehr guten A3-Scanner. Ich empfehle EPSON GT-15000, aus Firmenrückläufen immer für rd. 400 Euro im Netz zu kaufen. Ein Traum!

Ich möchte betonen, daß diese Titelaufnahmen formal das absolute Minimum dessen darstellen, was wir bieten müssen. Der Konvolutverkauf hat also nichts mit "Ramsch" zu tun, er kann nur durch qualifizierte Kräfte durchgeführt werden.

Die ziemlich störenden Zeilenabbrüche in den nun folgenden Titelaufnahmen sind allein dem Google-Blogsystem geschuldet. Sie zu unterdrücken würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich rechne auf Ihre optisch-graphische Phantasie: In einer Verkaufsdatenbank sehen die Titelaufnahmen weitaus besser aus.

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1)
Mantegazza, Paolo
Die Physiologie der Liebe / von Paul Mantegazza. Aus dem Ital. ins
Deutsche übertr., bearb. u. mit Vorw. versehen von Karl Kolberg. -
Leipzig : Zenith-Verl. Stolpe, 1927. - 273 S.
In Fraktur.

2)
Henel, Hans Otto:
Eros im Stacheldraht : siebzehn Liebes- und Lebensläufe / Hans Otto Henel. -
11. - 20. Tsd. - Hamburg : Fackelreiter, 1931. - 206 S.

3)
Spannungen : Ein neues Wort zur sexuellen Not / Traugott Mann
Autor: Mann, Traugott
Erschienen: Woltersdorf bei Erkner : Jugendbund-Buchhandlg, 1928
Umfang: 75 S.
Schlagwörter: Sexualethik

4)
Docteur Neumann:
Ewige Flitterwochen (Die Glücksehe)
Paris: La Culture, 1937
179 S., Ln.
*an keiner deutschen Bibliothek nachweisbar! In der Tschechoslowakei gedruckt. Schön erhalten

5)
Pearson, Hesketh:
Oscar Wilde : sein Leben und Werk / Hesketh Pearson. [Einzig autor. Übertr.
aus d. Engl. von René Koenig] - Bern : Scherz, 1947. - 381 S. : mit Abb. ; 8
Einheitssachtitel: Oscar Wilde

Schlagwörter:
*Wilde, Oscar

6)
Die moderne Ehe / Wilhelm Stekel
Verfasser:
Stekel, Wilhelm
Basel : Wendepunkt-Verlag, 1931. 151 S. ; 8
Gesamttitel: Wendepunktbücher ; Nr 15

7)
Wilsmann, Aloys Christof:
Karussell der Liebe : ein kurioser Bummel durch das verliebte Menschenherz /
Aloys Christof Wilsmann. Mit Zeichnungen von Rudolf Wedermann - Nürnberg :
Willmy, 1942. - 125 S. : Ill. ; 18 cm
(Die kuriosen Bücher ; 5)
*Buchschnitt etwas stockfleckig

8)
Weininger, Otto:
Geschlecht und Charakter : eine prinzipielle Untersuchung ; mit dem Faksimile
aus einem bisher unveröffentlichten Briefe Weiningers an Dr. Hermann Swoboda
über Peer Gynt / von Otto Weininger. - Im ersten und zweiten Teil vollst.,
ledigl. im Anh. gekürzte Volksausg. ; 1. bis 9. Tsd. dieser Ausg. - Wien
[u.a.] : Braumüller, 1926. - XVI, 336 S. : graph. Darst.
*schön erhalten

9)
Lloyd, J. William:
Karezza-Praxis Liebe als Austausch magnetischer Kräfte : die Kunst ehelicher
Liebe ; der Liebende als Künstler der Berührung / von J. William Lloyd. Aus
dem englisch-amerikanischen übers. von Werner Zimmermann. - 26. Tausend. - Zielbrücke-Thielle : Die Neue Zeit Verl., 1951. - 164 S.

10)
Titel: 99 Liebesspiele / von Andre Duval
Verfasser: Duval, André
Ausgabe: 15. Aufl.
Verleger: Wiesbaden : Reichelt
Erscheinungsjahr: [circa 1965]
Umfang/Format: 94 S. ; 19 cm
*mit dem (wild) illustrierten Schutzumschlag

11)
Hodann, Max:
Geschlecht und Liebe in biologischer und gesellschaftlicher Beziehung -
Rudolstadt/Thüringen : Greifenverlag, 1928. - 275 S., 5 Bl. : mit 19 Abb.

12)
Hausenstein, Wilhelm:
Der nackte Mensch in der Kunst aller Zeiten / Wilhelm Hausenstein. - 6.
durchges. Aufl., 39. - 43. Tsd. - München : Piper, 1924. - VIII, 231 S. :
Ill. ; 24 cm
Schlagwörter:
Aktdarstellung
*Vortitel und Griffkante leicht stockfleckig

13)
Velde, Theodor Hendrik van de van de:
Die Erotik in der Ehe : ihre ausschlaggebende Bedeutung / Th. H. van de
Velde,. - 7. Aufl. - Stuttgart [u.a.]: Konegen, (1928). - 93 S. ; 8°
Ersch. gleichzeitig holländ. u.d.T.: Velde: De erotiek in het huwelijk
*Der blau gedruckte Titel leicht verfärbt, sonst tadellos

14)
Reitzenstein, Ferdinand Frh. von:
Liebe und Ehe im alten Orient / von Ferdinand Freiherrn v. Reitzenstein. - 2.
Aufl. - Stuttgart : Franckh, 1909. - 187 p. : ill. ; 21 cm
(Bilder aus der Kulturgeschichte der Liebe und Ehe ; Bd. 3/4)
Includes index
Schlagwörter:
Marriage / History ; Civilization, Oriental
*Griffkante etwas staubig

15)
Erttmann, Paul
Die Magie der Liebe und des Sexuallebens / von Paul Erttmann. -
Leipzig : Altmann, 1926. - 148 S.
*selten!

16)
Reitzenstein, Ferdinand von:
Entwicklungsgeschichte der Liebe. - 9. Aufl. - (1908)
(Kulturgeschichte der Ehe (3/4 ff.: Bilder aus der Kulturgeschichte der Liebe
und Ehe) ; 2)
108 S., Pp.
*Griffkante leicht angestaubt

17)
Reitzenstein, Ferdinand von:
Liebe und Ehe in Ostasien und bei den Kulturvölkern Altamerikas. - 2. Aufl. -
(1910)
(Kulturgeschichte der Ehe (3/4 ff.: Bilder aus der Kulturgeschichte der Liebe
und Ehe) ; 9)
108 S., Ln.

18)
Zeidler, Hans:
akt art 2
Bickenbach: Schroeder, 1968.
42 S., etwa in A5
Mit vielen Fototafeln
[Schlagwörter: Akt / Nude; Photographie - Fotografie / Photography]
*ordentlich erhalten

19)
Titel: Ist lieben Sünde? : Lockung u. Verlockung in Liebe u. Ehe /
Alexander Barrantay
Verfasser: Barrantay, Alexander
Ausgabe: 13. Aufl.
Verleger: München : Schmitz
Erscheinungsjahr: 1958
Umfang/Format: 138 S. : mit Abb. u. 6 Bl. Abb. ; 8
Gesamttitel: Weltmacht Sex Appeal ; Bd. 2

20)
Reitzenstein, Ferdinand v.:
Liebe und Ehe im europäischen Altertum / von Ferdinand v. Reitzenstein. - 6.
Aufl. - Stuttgart : Franckh, 1910
106 S., Ln.
(Kulturgeschichte der Ehe (3/4 ff.: Bilder aus der Kulturgeschichte der Liebe
und Ehe) / Ferdinand v. Reitzenstein ; 5)
*Griffkante etwas staubig

21)
Müller, J. P.:
Geschlechtsmoral und Lebensglück : ein populär gehaltener Beitrag zur Lösung
der sexuellen Frage / von J. P. Müller - Kopenhagen : Tillge, 1909. - 397 S.
: Ill.
Schlagwörter:
Sexualität
*neuwertig erhalten

22)
Blei, Franz:
Die Lust der Kreatur / Franz Blei - Berlin : Rowohlt, 1931. - 372 S. ; 8"
*frisch

23)
Michelet, Jules:
Die Liebe / von J. Michelet. - 5. Aufl., dt. autor. Ausg. / übers. von
Friedrich Spielhagen - Leipzig : Reclam, [1889]. - 304 S. ; 14 cm
(Universal-Bibliothek ; 2523/2525)
Einheitssachtitel: L'amour

*hübsches Reclam-Leinen (blau)

24)
Reitzenstein, Ferdinand von:
Urgeschichte der Ehe : ihre Bildung und ihr Entwicklungsgang - Stuttgart :
Franckh, 1908. - 115 S. : Ill.
(Kulturgeschichte der Ehe (3/4 ff.: Bilder aus der Kulturgeschichte der Liebe
und Ehe) ; Bd. 1)
in Fraktur

25)
Lucka, Emil:
Die drei Stufen der Erotik / Emil Lucka. - 16. Aufl. - Berlin :
Schuster & Loeffler, 1924. - 293 S.
Schlagwörter:
Erotik / Sexualverhalten / Quelle
*Vorsätze etwas staubig

26)
Wagner, Helmut:
Geschlecht und Gesellschaft / Helmut Wagner - Jena : Urania-Verl.-Ges., 1928.
- 80 S. : Ill. ; 8°
(Urania : Buchbeigabe ; Jg. 1927/28, 4)

27)
Kuehner, August:
Was Mann und Weib vom Geschlechtsleben wissen müssen : Intime ärztl.
Aufklärungen u. Ratschläge f. junge Männer, reifere Mädchen, Braut- u.
Eheleute / von Dr. A[ugust] Kühner, Arzt, u. Dr. Maria v. Thilo, Frauenärztin
- Oranienburg : W. Möller, [1907]. - 225 S. ; 8"
[F.]

28)
Cunow, Heinrich:
Liebe und Ehe im Leben der Völker / von Heinrich Cunow - Berlin : Der
Bücherkreis, (1929). - 259 S. : Ill. ; 8°
*frisch erhalten

29)
Titel: Die Peitsche der Artemis / Felice Tino Malfatti.
[Zeichngn: Jan Hendriks]
Verfasser: Malfatti, Felice Tino
Verleger: München : Hönscheid
Erscheinungsjahr: 1971
Umfang/Format: 368 S. ; gr. 8
Einband/Preis: Geb. : DM 38.-
Verfügbarkeit Frankfurt: nur in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig
vorhanden
*äußerst seltener Hönscheid-Titel. - Mit dem illustr. Schutzumschlag

30)
Die Klöster der Christenheit: Barbara Ubryk (oder die Klostergräuel zu
Krakau) : historisch-romantische Schilderungen des Lebens und Treibens in
Mönchs- und Frauenklöstern - Pressburg, 1900
224 S.
*Mit dem illustrierten Schutzumschlag. Durfte aus Zensurgründen nur in der KuK-Monarchie ungekürzt gedruckt werden

31)
Mantegazza, Paolo:
Die Hygiene der Liebe / von Paul Mantegazza. - Neue dt. Ausg. / von Karl
Kolberg - Berlin : Rothgießer & Possekel, 1924. - VIII, 264 S. ; 8"
([Bücherei Volksgunst])
Einheitssachtitel: Igiene dell' amore


32)
Aktstudien
Untertitel 89 ausgewählte Meisterfotos
Verfasser/Urheber Hellmuth Burkhardt
Ort [Halle a. d. Saale]
Verlag Fotokinoverl.
Jahr Vorlage [19]65
Jahr 1965
Umfangsang. 113 S. : überwiegend Ill.
1. Schlagwortkette LinkAktphotographie /
LinkBildband /
*ordentlich erhalten, nur Deckelbild mit leichten Kratzspuren

33)
In indischen Liebesgassen : Aus d. Tagebuch e.
Schiffsarztes / Erwin Rosenberger
Verfasser: Rosenberger, Erwin
Ausgabe: Verm. Neu-Ausg.
Verleger: Wien [I., Fichtegasse Nr 1a] : Schworella & Heick
Erscheinungsjahr: 1924
Umfang/Format: 232 S. ; 8
*Rückenkante links locker

34)
Wagner, Helmut:
Das Wesen der Geschlechtsliebe / von Helmut Wagner - Jena :
Urania-Verl.-Ges., 1930. - 79 S. : Ill.
(Urania : Buchbeigabe ; Jg. 1929/30, 1)

35)
Fischer-Dückelmann, Anna:
Das Geschlechtsleben des Weibes : eine physiologisch-soziale Studie mit
ärztlichen Ratschlägen / von Anna Fischer-Dückelmann. - 15. verb. Aufl. -
Berlin : Bermühler, 1912. - VIII, 240 S. : Ill. + 1 Beil. gef.
Schlagwörter:
Quelle / Frau / Sexualverhalten
*auch das Chromomodell tadellos

Antiquar sucht Fahrrad - das Rätsel der Konvolutangebote


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Mit der Einführung des Konvolutsystems auf breiter Grundlage ist für uns Antiquare auch eine Neugestaltung der praktischen Arbeit verbunden.

(Kuriose Beobachtung an Rande: Es findet da ein Rückschritt statt zu den Arbeitsmethoden des durchschnittlichen Antiquariats vor 40 - 50 Jahren. - Ich habe vor genau 50 Jahren meinen ersten selbständigen Buchankauf bei Privatleuten getätigt, einen Kartoffelsack mit Büchern auf der Schulter, das ganze per Fahrrad. Daß die Verkäuferin, eine nette ältere Dame in einem Nobelviertel Freiburgs, dann ausgerechnet die leitende Kulturredakteurin unserer Zeitung war, hat mir zu einer Glosse verholfen, "junger Antiquar aus der Obersekunda mit Kartoffelsack" oder so ähnlich. Damals gabs ja noch echte lange Feuilletons, eine inzwischen fast verschwundene Kunst. Verspottet wurde ich dann noch weit bis in die Studentenzeit damit, denn die paar Freiburger Antiquare kannten mich natürlich. - Waren aber schöne Bücher, expressionistische Literatur, Erstausgaben und so. Gezahlt hatte ich 60 DM. Ende der Umleitung.)

Der Antiquar sortiert den Neuankauf in der Eingangsstufe genau wie damals. Schon immer hatten wir die "Versteigerungstitel" ausgesondert. Das waren damals "die für den Glasschrank", an den nur die guten Kunden im Laden durften. Und weil jeder Antiquar, auch der kleinste Ladenkollege, vom Katalogmachen träumte, wurden auch ein oder zwei "besondere Arbeitsgebiete" aussortiert, jetzt nicht nach Wert, sondern nach Thema. Das Listen- und Katalogemachen war damals eine prestigeträchtige Sache, wer d a s fertigbrachte, der stieg im Ansehen bei Kunden wie Kollegen, und tatsächlich war es, ehe es die ersten Schreibmaschinen mit schüchternen Composer-Funktionen gab, eine mühsame Angelegenheit. Vom Geld her wegen des Drucksachenportos aber durchaus machbar.

Versteigerungsfähige Titel und besonderes Fachgebiet sind aussortiert. Jetzt geht es beim Antiquar, wir sind immer noch bei der Eingangssortierung der Neuankäufe, nicht anders zu als in der "Verwurfabteilung" einer Brief- oder Päckchensortieranlage alten Stils - wir haben eine Billy-, besser Sten-Regalanlage so umgebaut, daß wir von einem kleinen Sortiertisch aus unsere 50-80 Sachgruppen-Ablageplätze in Reichweite haben. Dazu konstruiert man aus den - solide miteinander verschraubten - ganzen Regalen um den Arbeitstisch herum Drei- oder Vierecke (auf die Bodenbelastung achten). Wahrscheinlich wird jeder lieber im Stehen sortieren, deshalb sollte der Arbeitstisch hier nur klein sein. Jedes "Sortierfach" sollte für 10-15 Titel Raum bieten. Bei Billy oder Sten 2-3 Sachgebiete je Brett, also je Regal rd. 15 Sachgebiete, 5 Regale sollten es insgesamt schon sein.

Ist das jeweilige "Fach" voll, wird der Bestand in ein "Rücksortierfach" getragen, das ist dann weiter entfernt und so bemessen, daß es Platz für 40-50 Titel eines Sachgebiets hat. Die Regalplätze markieren wir in der Versuchsphase, bis wir feste Regeln erprobt haben, b e w e g l i c h, und zwar mit A4-Blättern, die wir in der kürzeren Kante einer Seite etwa 2 cm einknicken (die Dicke der Billy- und Sten-Bretter), wir beschriften sie in dieser entstandenen 2cm-Klappe mit Nummer und Sachgruppe, etwa "72 Jagd, Forst, Hund, Pferd".

Wer seiner Druckschrift nicht traut, schreibt und druckt die Zettel mit Arial fett 24 Punkt über Laser aus (wegen der Wasserfestigkeit), die erste Ordnungsstufe mit hellgelben, die zweite (Rücklager-)Stufe mit lindgrünem A4-Papier. Umknicken wie erwähnt, die Bücher liegen auf dem Ordnungspapier.

Sind von einem Gebiet 15 - 25 - 30 Titel beisammen, dann fertigt man ein Konvolut. Manches entfällt, anderes ist doppelt und wird zum nächsten Konvolut geschlagen. Auch wird man verschiedene Auflagen desselben Werks nicht in ein Konvolut tun. Die Konvolut-Zusammenstellung erfordert, wir sagten das im letzten Aufsatz schon, große Sachkenntnis und Fingerspitzengefühl. Eine geschickte und vor allem sachlich richtige Zusammenstellung entscheidet über den Verkauf, weist den Antiquar bezüglich seiner Sachkenntnis oder Blödheit sehr schnell aus.

Ich habe es, von Verdachtsfällen abgesehen, aufgegeben, die Einzelwerte der Titel zu notieren und zu addieren. Das stellt man Pi mal Daumen zusammen, rechnet 30 % vom ZVAB-Wert im Kopf, ganz grob, fertig ist der Konvolutpreis.

Ein ernstes Wort zum Zustand der Titel. Beim neuen System ist der Kunde in weit höherem Maß als bisher angewiesen auf die Ehrlichkeit und den klaren Blick des Antiquars bezüglich des Zustands. Echte Mängelexemplare bietet man deshalb besser nicht im Konvolut an. Besonders schöne oder auch leicht mangelhafte Titel versieht man mit knappen Stummelsätzchen wie *ladenfrisch erhalten" oder "zu Anfang etwas stockfleckig" - mehr nicht, und in der Regel kommentiert man den Titel gar nicht.

Fortlaufende Numerierung der Titel im Angebot ist notwendig. Die nach meinem 45-Sekunden-System, siehe den Aufsatz von vorgestern, über GVK usw. einzukopierenden Titelaufnahmen sind, anders als früher, in aller Regel exzellent. Die wenigen Ausnahmen erkennt man fast immer am Fehlen der Seitenzahl, dann schreibt man auch mal selber. - Nicht gut sind die Titelaufnahmen der Staatsbibliothek Berlin, noch schlechter die der Deutschen Bücherei Leipzig, aber diese beiden können wir ohnehin nicht nutzen. Die Titelaufnahmen im ZVAB sind zwar oft ausführlicher und informativer als die nüchternen Regelaufnahmen im GVK usw., aber sie sind weitgehend regellos, ungeordnet, in sich meist ein Greuel für d e n Nutzer, der schnell klare Titelaufnahmen überfliegen will.

Ich habe ein Scan-System entwickelt, das auf der Verwendung eines schnellen A3-Scanners beruht. In Schräglage (schräg zu den rechten Winkeln, ansonsten natürlich flach aufliegend!) können so 4-5 Titel (Deckel) auf einmal und in einem Bild teilweise bzw. ganz gescannt werden. Näheres hierzu in einem weiteren Tutorial. Wie auch immer, es sollte, auch mit Bildvergrößerung, j e d e r Titel im Rahmen von Gruppen-Scans für den Kunden in der Aufsicht deutlich zu erkennen sein. Aber 3-4 in einem Zug mit einem schnellen Scanner zu "erledigen". Keine Fotos! Nur so funktioniert das neue System!

Zurück zur Ordnung und Lagerung. Früher kamen die Titel nach der Grundordnung direkt ins Sachgebiet im Laden, mehr oder minder auch nur annähernd geordnet, man wollte ja nicht dauernd "schieben". Was nun wichtig ist: Der Kunde kaufte damals überwiegend nicht Einzeltitel (wir sprechen von billigeren Büchern), sondern eben - - Konvolute! 4, 5, auch 10 Titel in der Tasche, die bekam er dann teils mit großem Rabatt.

Früher war der Konvolutkauf im mittleren und kleineren Antiquariat nicht die Ausnahme, sondern die Regel!

Wir kehren also mit unserer neuen Methode zu einer Verkaufstechnik zurück, die im alten Ladenantiquariat bis vor etwa 40 Jahren absolut üblich war.

Fazit: Konvolutkäufe entsprechen sehr wohl der Mentalität des typischen Büchersammlers, w e n n eine Reihe von Grundbedingungen dabei eingehalten werden.



Dank für die Verwendungsmöglichkeit des 2. Bildes geht an www.library-mistress.net, denen das Foto gehört.

Freitag, 29. Januar 2010

Umbau der Bücherportale: Revolution unseres Absatzes durch Konvolutangebote

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Antiquarinnen aus Kiel und anderswo beim Ermitteln von Mondpreisen





Der folgende Text ist nüchtern und unfreundlich. Das läßt sich kaum anders machen angesichts des Themas.




1.
Was ich darlegen möchte, geht auf eine ganze Batterie von Versuchen zurück. Als gelernter Soziologe weiß ich halbwegs, wie trickreich und vielfältig man Experimente im Sozialbereich planen muß, wo die notorischen Fallen und Untiefen lauern und wie man das riskante Hilfmittel der Statistik vernünftig einsetzt. Sie werden mir das zutrauen, ich erspare Ihnen also die genaue Darlegung der Versuchsabläufe, die den folgenden Überlegungen zugrundeliegen, und komme flugs zu den Ergebnissen.


Zunächst einige notwendige Abgrenzungen. Wir sprechen im Folgenden n i c h t von Titeln, die von ihrem Wert her versteigerungsfähig sind. Bei vorsichtigem Ansatz schließen wir also Titel über 100 Euro aus.

Ebenso grenze ich Titel aus besonders attraktiven, gesuchten Sachgebieten aus, auch dann, wenn ihr Wert weit geringer als 100 Euro sein sollte. Jedes Buch, das etwa zum Thema Heraldik, Eisenbahnpraxis, Heidegger oder ältere bayerische Ortskunde eingeordnet werden kann, genießt als weißer Rabe Sonderrechte. Leider sind das bestenfalls 2-3 % unserer Bücher. Möglicherweise sollten auch Bücher, die vom Druckdatum her jünger als etwa 10 Jahre sind, ausgenommen werden, freilich habe ich da meine Zweifel. Ganz gewiß ausgenommen von den folgenden Betrachtungen ist der Bestand unserer *echten* Fachantiquare mit ausgewiesenen Fachbeständen.

Was dann übrig bleibt, wenn wir alle diese Ausnahmen anwenden, sind mindestens noch 90 % unseres Bestandes.

2.
Für diese 90 % gilt, daß ihr Absatz über die Bücherdatenbanken zur Zeit in beschämender, ja in erschreckender Weise gering ist. Je weiter das Druckdatum zurückliegt, desto schäbiger ist die Verkaufsquote. Bei solide bibliographierten und dargestellten, sorgsam im unteren Preisniveau angesiedelten Titeln mittlerer Sachgebiete vor 1933 sinkt der Absatz auf unter 1 %. (Für die dunklen Jahre 1933-1945 gelten, man weiß das, komplizierte Sonderregeln, was den Absatz betrifft.)

Eine Absatzmarge von unter 1 % für die oben eingegrenzten 90 % unserer Buchbestände ist ganz einfach grauenhaft! Diese Tatsache macht das Einstellen, die Titelaufnahme und das Verwalten unserer Ware nicht nur betriebswirtschaftlich sinnlos, nein, weit ärger - sie macht uns zu lächerlichen, dummen, genasführten Halbdebilen, zu Idioten der Volkswirtschaft, zu naiven Hansele vom Land. Denn jede Regeldetri-Rechnung führte uns das Sinnlose solchen Tuns vor Augen, wenn wir nur hinsehen w o l l t e n. Aber was geschieht? Durch Querfinanzierung, also durch Verrechnen mit den Erträgen aus den oben benannten 10 %, vernebeln wir uns selber den Blick auf die Realitäten.

Unsere poetischen Kollegen Plocher und Wimbauer beim Nachdenken über Mondpreise

Ich wollte das zunächst einfach nicht glauben, zumal man von Kollegen, aus mehreren Gründen, einfach keine klaren Auskünfte dazu bekommt - die Scham, sich in die Karten blicken zu lassen, zuzugeben, daß man sich selber was vormacht, dürfte das Hauptmotiv für solche Verschwiegenheit sein. Also schob ich mehrere Versuche nach, ließ es auch an Fotos nicht fehlen, kontrollierte die Preise noch schärfer - gleiches Ergebnis.

In Klammern: Wenn die Datenbanken ihre Umsätze veröffentlichen, die ja doch recht beachtlich sind, dann verschweigen sie, daß es sich fast ausschließlich um Verkäufe aus den oben erwähnten 10 % des Gesamtbestands handelt. Alles andere liegt wie Blei, und das schon seit Jahren.

3.
Was ist der Grund hierfür?

Es kann sich nicht darum handeln, daß unsere Bücherportale "unbekannt" seien. Etwa das ZVAB ist, trotz seines hirnrissigen Kürzelnamens, bestens bekannt unter vielen bücherkaufenden Menschen. Auch ist der Erwerb von Büchern übers Internet bei Neubüchern so selbstverständlich geworden, daß ein "Fremdeln" vor diesem Vertriebsweg bei Altbüchern nicht der Grund sein kann. Auch nicht der "hohe Preis", denn immer wieder wurden Versuche mit teils radikalen Preissenkungen gemacht, ohne daß sich der Absatz der älteren Bücher dadurch wesentlich verbessert hätte.

Wenn er die nötige Taktlosigkeit aufzubringen vermag, dann kann jeder von uns den Grund der Absatzmisere empirisch selber feststellen. Er muß nur das bibliographische und überhaupt das historische Wissen unserer Kunden, immer bezogen auf ihre Interessensgebiete, abfragen. Für mich hat sich, der ich (leider) nie gehindert bin durch irgendwelchen menschlichen Takt, bei den allermeisten Kunden ergeben, daß ihre

*retrobibliographische Kenntnis, bezogen auf ihr Sammel- und Interessensgebiet,

von ganz bestürzender Dürftigkeit ist, ja sehr oft gänzlich fehlt.

Die guten Leute, egal ob Hobbyforscher oder Universitätsprofessor, können jene älteren Titel, die wir ihnen so liebevoll aufgedröselt anbieten, also gar nicht in der Datenbank aufsuchen und bestellen, weil sie sie nicht kennen. Selbst wenn sie sie vom Verfasser oder Titel her zu benennen in der Lage sind, kennen sie nicht den Inhalt oder - wichtiger - die Bedeutung, den Wert des Buchs innerhalb ihres Fach- oder Sammelgebietes.

Wir müssen das visualisieren, es uns immer wieder vor Augen führen: Den Titel, den wir gerade aufnehmen und ins Netz stellen, kann auch der Fachnutzer, auch der Sachgebietssammler sehr oft in seiner Bedeutung nicht einordnen, ja - er kann ihn nicht einmal benennen, ihn nicht ermitteln.

Was tun, wenn das so sein sollte? (Nehmen Sie Gift darauf, es i s t so).

Die Datenbanken kennen das Problem natürlich, verschweigen uns dieses ihr Wissen aber fast immer. Sie wenden Krücken an wie "Sachgebietssuche", "Indices", die aber in aller Regel untauglich sind. Wer wird 850 Titel zur "provinzialrömischen Archäologie" durchscrollen mögen? Wer findet sich zurecht in den im Lauf der Jahrzehnte längst ganz veränderten Terminologiegebäuden eines vergangenen Jahrhunderts?

4.
Ich darf Sie zu einem Exkurs bitten. Zwei Faktoren berücksichtigen wir viel zu wenig in unseren Geschäftsüberlegungen - die Kosten und den Zeitaufwand für den Versand und die Faktura.

Wer sich als Sammler einen Buchbestand übers Internet durch Einzelbestellung von Titeln zusammenkauft, der hat eine ganz beachtliche Portobelastung zu tragen, und das für jedes Buch einzeln. Und unser Zeitaufwand beim Versand, den wir auch nur teilweise delegieren können, ist in der Summe gewaltig - weil die Zeit für jedes Buch einzeln immer wieder neu aufzubringen ist.

5.
Das Ergebnis aller meiner Versuche ist: Das gesamte Absatzsystem muß geändert werden, soweit es die 90 % unserer Buchbestände, die wir oben definiert haben, betrifft. Die Änderung, die ich vorschlage, ist ebenso radikal wie wirksam:

Das Antiquariat muß vom Einzelbuchangebot, vom Einzelbuchversand übergehen, umwechseln zum Angebot von

*Sachgebietslosen.

Das kommt dem Käufer entgegen, der (noch) gar nicht weiß, welche älteren Titel seines Sachgebiets es gibt, der aber weiß, daß ihn im Grunde genommen "alles" dazu interessiert.

Das Losangebot sieht so aus, daß im 45-Sekunden-Verfahren, von dem wir im vorherigen Blogbeitrag sprachen, eine numerierte Liste der angebotenen Sachgebietstitel erstellt wird. Dazu werden einige Fotos angefertigt, dann wird ein Gesamtpreis gebildet.

Der Antiquar geht also in Zukunft so vor:

a) er gliedert den Gesamtrbestand und alle Neuerwerbungen nach vernünftigen, der Sammlerrealität entsprechenden Groß- und Kleingebieten. Beim mittleren Antiquar werden das etwa 80 Gruppen sein.

b) die oben ausgegrenzten 10 % der Titel bearbeitet er wie bisher einzeln. Den ganzen Rest sammelt er einige Zeit an, bis er etwa 10-20-30 Titel eines Fach-/Sammelgebiets hat. Er listet die Titel (45 sec-Verfahren) auf, macht einige Scans und bildet einen Konvolutpreis.

c) die Datenbank der Zukunft zeigt nur noch teure bzw.besondere E i n z e l titel an; die restlichen 90 % biete sie in Form von K o n v o l u t e n an.

6.
Soweit, so einsichtig. Wo liegen dann die Probleme? Zunächst darin, daß wir den Preis je Einzelbuch der 90 %-Sorte um rd. 50-70 % senken müssen. Dieser Schritt ist ohnehin überfällig. Es darf nicht weiter ein Apothekenpreisniveau in den Bücherdatenbanken geben und ein anderes, billigeres, bei Ebay. Ebay stellt in vielen Fällen wirklich den Marktpreis nach Angebot und Nachfrage her, nicht immer, aber oft.

Wenn es uns gelingt, die Kunden zum Konvoluterwerb zu führen, sie daran zu gewöhnen, auch einmal Titel mehrfach zu besitzen, auch weniger gesuchte Titel mit zu erwerben, dann revolutioniert das den jetzt so quälend stagnierenden Absatz der älteren 90 %. Die notwendige, schmerzliche Preissenkung ist das allemal wert.

rechts: auch Mondpreise (nein, ich sag nix dazu)

Weil wir dann nichtstrukturierte Titelaufnahmen einreichen können, halbiert sich die Titelaufnahmezeit. Antiquare mit schlechter Bücherkenntnis werden viel Zeit damit verbringen müssen, ihre Titel in die richtigen Sachgebiete einzuordnen. Auf diese Weise (und nicht durch den Unfug "qualitätsvoller Titelaufnahmen") schält sich ein Kern kluger, besserer Antiquare heraus, mit guter Bücherkenntnis vom Inhalt her, während die Kistenschieber sehr schnell aufgeben müssen.

Die Kunden, auch solche, die bisher sehr konservative Käufer waren, lassen sich nach Überwinden einer ersten Hemmschnelle erstaunlich gut an den neuen Vertriebsweg gewöhnen. Steckt doch in jedem Büchersammler auch ein wenig der Bibliothekar und der Händler. Der Umgang mit Konvoluten macht Spaß!

7.
Ich glaube meine Kollegen gut genug zu kennen, um nicht zu befürchten, daß es einen Grund gibt für beharrliche Verweigerung der neuen Vertriebsmethode - nämlich daß sie in eine radikale Preissenkung der älteren 90 %-Bestände einwilligen müssen. Das Gegenmittel ist eine gründliche Analyse des jetzigen Absatzes eben dieser Titel. Wenn die vorgenommen wird, dann willigt der Antiquar nicht nur zähneknirschend ein, nein - er akzeptiert das neue System mit fliegenden Fahnen.

Die Zeit des Einzelabsatzes unserer oben definierten 90 %- Titel an universitäre oer andere Fachgebiets-Büchereien ist weitgehend vorbei. Auf Einzelbestellungen durch Privatkunden ist noch weniger zu hoffen. - Auf die neue Weise werden wir auch der unerträglichen Mehrfachtitel Herr, die noch zusätzlich den Absatz der Altbestände blockieren. Boehn, der Tanz...

Zu neuen Ufern also? Ganz sicher, ja! Auch weil wir dann mehr Zeit und Liebe aufbringen können für die verbleibenden, obengenannten 10 % derjenigen Bücher, die unsere Aufmerksamkeit vom Absatz und Wert her verdienen.

Einen mahnenden Zeigefinger muß ich noch erheben - wer da glaubt, sich auch noch die 45 sec. der exakten Titelaufnahme nach Schema Citavi/Wiesler/Mulzer sparen zu können, wer also einfach "20 vermischte ältere Titel zur Elektrotechnik" anzubieten gedenkt - der erleidet Schiffbruch. Das System des Konvolutverkaufs erfordert zwingend exakte, kurze Titelbestimmung und Volltextsuche seitens der Datenbank in allen aufgelisteten Titeln jedes Konvoluts.


Das ist nun ein trockener, öder Beitrag geworden. Da wäre es beim Kollegen Plocher jetzt viel gemütlicher, bei Wimbauer literarischer und sogar bei RFMeyer erhellender. Alte Krokodile sind eher unpoetisch.