Montag, 18. Juni 2012

ZVAB - die Niederführung eines Antiquariatsportals


Der Zusammenhang ist bekannt, ich bitte Sie, sich mit der Sachlage aus den untenstehenden Postings  vertraut zu machen. Heute wird nur ein Detail nachgereicht. "Dokumentiere es, halte es fest".

Vor einer Woche stieß ich auf herben Widerspruch, als ich von deutlichen Indizien einer systematischen Niederführung und Zerstörung des ZVAB-Portals sprach. Ich betonte damals, wie entscheidend das geistige Umfeld  eines Bücherportals für die Akzeptanz seitens des gebildeten Kunden sei, lobte die exzellente sprachliche Gestaltung  bei Abebooks und sprach aus, was ja doch auf der Hand liegt:

Auf kaltem, schleichendem Weg wird zur Zeit das ZVAB im Niveau abgesenkt, damit die Kunden des ZVAB in Abebooks überführt werden können. Auf welchem Tiefpunkt das ZVAB inzwischen angekommen ist, zeigt uns der neueste, direkt zur ZVAB-Eingangsseite verlinkte ganz unsägliche Text über einen russischen Dichter. Ich korrigiere ihn nach Art eines Deutschaufsatzes in Obersekunda:


ereignis- aber auch ruhmreiche 19. Jahrhundert
"aber auch": Ereignisse und Ruhm sind zunächst kein Gegensatz

zu einer Zeit, als Russland unter Alexander I. auf dem Höhepunkt seines Ansehens in der Welt war.
wie bitte?

den schnellen Sieg des Realismus mit Gogol
schnell?

mit den großen Romantikern Puschkin und Lermontow und den schnellen Sieg des Realismus mit Gogol - alle drei verehrte er
er verehrte - Gogol oder den Realismus oder den "schnellen Sieg"?

Aber schon auf der Handelsschule in Moskau war er auch Zeitgenosse des Dekabristenaufstandes
"Aber" ist hier Unfug

...dem Zaren, der dann für 30 Jahre Friedhofsruhe in Russland sorgte.
plötzlicher Einbruch von Umgangssprache.

Er musste den Duelltod eben jener, die er verehrte, hinnehmen - Puschkin (1837) und Lermontow (1841), mit dem er in Moskau studiert hatte.
Zweifach mißratener Satz

Hoffnungsvoll wurde er gestimmt durch den "Bauernbefreier" Alexander II., der die Leibeigenschaft aufhob.
wurde er "gestimmt" - alte Lehrerfrage: "Woher weißt Du das"?

Und er musste mit ansehen, wie sich die russische Gesellschaft zunehmend radikalisierte
das ist schief, die Gesellschaft als solche radikalisierte sich eben gerade nicht

...zunehmend radikalisierte und eben dieser recht liberale Zar und Kaiser ermordet und 1881 mit Alexander III. der Untergang des Zarenreiches eingeläutet wurde.
mehrfach mißlungener Satz, "eben", "recht", "eingeläutet" und krummer Satzbau

Das Ende dieses vierten Zaren zu seinen Lebzeiten erlebte er nicht mehr,
das ist kein Deutsch

Dabei war er auf dem Höhepunkt seines Erfolgs als Zeitgenosse der Großen der russischen Literatur
Zeitgenosse? Der Großen der Literatur? - schlechtes Deutsch

durchaus nicht einer unter vielen.
durchaus mies formuliert

Der fürstliche Anarchist und Schriftsteller Kropotkin – und nicht nur er – nennt ihn in einem Atemzug mit Lew Tolstoi und Turgenjew
verunglückter Satzbau

und das obwohl Gontscharow, wie Melnikow, ganz und gar nicht Revolutionär geschweige denn Anarchist gewesen ist.
unglücklich formuliert und "und"-Wiederholung

war beleidigt und grummelte nur noch vor sich hin
jäher Umschlag aus Normal- in Gossensprache

Schuld war sein letzter Roman Die Schlucht (1869)
schuld war? woran?

In einer Zeit von immer stärker werdendem revolutionären Bewusstsein hatte Gontscharow
in einer Zeit von immer schlechter werdendem Deutsch

außerdem war ihm ausgerechnet die Zeichnung der revolutionären Figur misslungen.
welcher Figur bitte?

Kropotkin hält sie in seinen "Ideale und Wirklichkeit in der russischen Literatur (1905)" für das Beste
so kannst du das nicht sagen


Er zeichnete bis überzeichnete den typischen Adligen dieser Zeit
schlecht bis sehr schlecht formuliert

Er zeichnete bis überzeichnete den typischen Adligen dieser Zeit, der, wohl sehend welche Umwälzungen die Zeit – z. B. das Ende der Leibeigenschaft – mit sich bringt und diese auch für richtig hält, es dennoch nicht fertigbrachte,
wahre Fundgrube an Fehlern, allen voran die falsche Zeit. Satzbau ganz unmöglich

der, wohl sehend welche Umwälzungen die Zeit – z. B. das Ende der Leibeigenschaft – mit sich bringt und diese auch für richtig hält, es dennoch nicht fertigbrachte,
ein wahrhaft kranker Satz

Nun hätte man annehmen können, dass sich der Adel, derartig bloßgestellt, auf die Füße getreten gefühlt hätte, zumal sich in Oblomow alle irgendwo wiederfanden.
hätte... hätte

Aber die Karikatur dieses Menschentyps ist keine bösartige, im Gegenteil, Oblomow ist sympathisch – man möchte ihm sogar helfen, damit er sein Leben in Ruhe leben kann
man möchte sogar dem Verfasser dieses Textes helfen - das ist Pennälerschreibe

Alle Szenen sind so liebe- und verständnisvoll gezeichnet
dieses Deutsch ist grauen- und fehlervoll

dass man fast vermuten kann, Gontscharow hat hier Teile von sich selbst gezeichnet
schwerer Grammatikfehler

Gontscharow hat hier Teile von sich selbst gezeichnet – zumindest was die äußere Erscheinung angeht, hat er sich tatsächlich selbst gezeichnet.
unleserlicher Stuß, vor allem die peinliche Wiederholung. "Teile von sich selber gezeichnet" ...

Deutschrusse, der mit den (einem "On dit" zufolge) typisch deutschen Eigenschaften, wie Tatkraft, Zielstrebigkeit, Rationalität und was es sonst noch alles an diesen "guten" Eigenschaften gibt, ausgestattet ist.
"on dit" ist hier der falsche Ausdruck. "Rationalität" als typisch deutsche Eigenschaft - schön wärs ja.

Eigentlich geschieht in diesem Roman zwangsläufig nicht viel, aber das alles, was da nicht geschieht, ist schön und spannend erzählt.
Zum Schluß eine mißlungene ironische Wendung.

Sie wissen ja, sprachliche Fehler erkennen Sie nur aus dem Textzusammenhang heraus. Bitte lesen Sie deshalb den oben verlinkten Originaltext und streichen Sie ihn in Gedanken Punkt für Punkt rot an.


Selbstkritik:
Sie merken schon an meinem unlustigen Ton, daß ich diesen Blogbeitrag eher widerwillig verfaßt habe. Erstens ist es ein Stück harter Arbeit, mißlungene Deutschaufsätze zu korrigieren, zweitens kann nur der Leser folgen, der sich die Mühe macht, den ZVAB-Text parallel zu lesen oder, noch besser, ihn auszudrucken.

Warum also diese Schafschur? Weil hier deutlicher als in anderen Bereichen die Amazon=Abebooks-Strategie zutage tritt, ZVAB endlich eben doch spurenlos in den Amazon-Konzern einzugliedern, mit den bekannten Folgen für die teilnehmenden deutschen Antiquare.








Freitag, 15. Juni 2012

Das neue Verkaufsportal der Antiquare



Antiquare, wiewohl die berufenen Hüter der alten Büchergebirge, lesen ungern (und schreiben noch viel unlustiger). Wen wundert es da, wenn die Kollegen meine Texte als Quälerei empfinden - zu umständlich, zu ausführlich. Den Mulzer wollen wir nicht als Lehrer mit dem Zeigestock, seine Beiträge müssen knapper werden. Fasse Dich kurz!

Ich wills versuchen, auch wenn die verwickelte Materie, der wir uns heute widmen, zu pädagogischen Exkursen und Lehrgängen geradezu einlädt. Wer dazu Fragen hat, kann sich - das gilt auch sonst - in Schriftform jederzeit an mich wenden, mulzerbooks@t-online.de.  Das Telefon wird bei mir nur benutzt im Brandfalle, zur Übermittlung von Todesereignissen und beim Ausrufen der allgemeinen Mobilmachung. Für alles andere haben wir die elektronische Post.

Ich antworte immer, das ist Ehrensache.

1.
Sinn und Unsinn der gedruckten Kataloge im Antiquariat

Nicht daß wir uns falsch verstehen: Kataloge sind im Antiquariat nützlicher denn je, vor allem ist jeder neue  F a c h - Katalog, jede Fachliste eine unverzichtbare Bereicherung. Die retrobibliographische Kenntnis unserer Käufer nimmt galloppierend ab, selbst jüngere Fachleute der einzelnen Gebiete glänzen heute durch Unwissenheit in Sachen ihrer retrobibliographischen Grundlagen. Somit ist jede Fachliste antiquarischer Bücher auch eine Art Hilfsbibliographie.

Das Zusammentragen von älterer Fachliteratur bestimmter Gebiete ist ein mühsames Geschäft und erfordert Langzeit-Organisation, Raum und Geld - wenn der Antiquar nicht das Glück hat, Fachbestände in toto zu erwerben. Die Arbeit lohnt sich aber, und der Fachkatalog muß als Arbeitsmittel bei uns wieder so verbreitet und selbstverständlich werden, wie er es noch vor zwanzig Jahren war.

Nach dieser Vorbemerkung nun der Rundumschlag: In vielen Fällen ist der  g e d r u c k t e  Fachkatalog heute schierer Unfug, ein lächerliches, peinliches Relikt aus Vor-Internetzeiten. Musterbeispiel solcher Idiotie ist der Sammelkatalog, den die unglückliche Genossenschaft der Internet-Antiquare heuer wieder aufgelegt hat. Das Gebilde ist, wie uns das Börsenblatt informiert, nun auch als PDF erhältlich.

Der imposante Sammelband wiegt schwer in der Hand, in der Internetversion ist er, wie alle umfangreichen PDF-Erzeugnisse, eher mühsam zu benutzen. Es kommt den Verantwortlichen für dieses Sammelmonstrum auch weniger auf Augenblickskäufe an, sie hatten von Anfang an anderes im Blick. Neben einer eitlen Selbstdarstellung des Gewerbes sollte eine Art Lagerkatalog geschaffen werden, der dem Kunden einen  t y p i s c h e n  ständigen Überblick  über das deutschsprachige Antiquariat bietet.

Meine Kernkritik: Fast alle der hier gedruckt hineingesetzten, sorgfältig "beschriebenen" Bücher und Graphiken müßten im Internet-Zeitalter gleich beim Lesen mit reichem begleitendem  B i l d m a t e r i a l  versehen sein. Das gilt besonders dann, wenn, wie hier, dediziert bessere Titel, überwiegend versteigerungsfähige, herangezogen werden.

Wie verschnarcht müssen die Väter eines solchen Sammelkatalog sein, wenn sie nicht die Möglichkeiten des Netzes zur Bilddarstellung sehen, blind sind für jene Selbstverständlichkeit des Vorzeigens im Bild, das der Kunde sonst schon bei Seifenschachteln und Bleistiften fordert - und ganz selbstverständlich auch erhält.

Ein Textkatalog, mühsam und verquält mit wenigen Auswahlbildchen geschmückt, ist in seiner umständlichen Beschreibung als Ersatz für reiches gutes Bildmaterial ein Ding des Grauens.

Eine Fachliste, ein Fachkatalog gewöhnlicher, mittlerer Titel ist ohne weiteres gut brauchbar ohne Scans, ohne Fotos. Dies gilt auch für sehr umfangreiche Fachkompendien, wie ich sie vor einigen Tagen hier vorgeschlagen hatte. Aber nie und nimmer ist eine klassische Druckliste in Internetzeiten geeignet für Edelware, schon gar nicht für Sammelkataloge solcher herausgehobener Titel.

Ich weiß schon, welches Vorbild den unseligen Planern vorgeschwebt hat - die dicken Kastaloge der Versteigerer. Hier aber gilt es zu bedenken, daß der Käufer oder sein Agent die Ware in der Vorbesichtigung sehen und prüfen kann und bei den (recht zahlreichen) Fernbietern und denen, die auf Vorbesichtigung verzichten, davon ausgegangen werden darf, daß sie die gewünschten Titel im Einzelfall ausreichend kennen oder sonst Gründe haben, dem Versteigerer blind zu glauben.

Hier aber, bei diesem schrecklich verplanten Monstrum, gibt es keine Besichtigung, keine Versteigerung - die Bilderlosigkeit wird zur Qual, und wer da glaubt, es ergeben sich gerade dann schöne Kontakte durch Anforderung von Scans oder Ladenbesuchen, der kennt nicht die moderne Internetkundschaft - was ich nicht schnell sehen darf, das schiebe ich beiseite.


2.
Das Elend der Antiquariatsmessen

Durch meine böse und, ich gestehe es, zynische Kritik an dem unsäglichen Zopf unseres Messewesens im Antiquariat bin ich noch mehr in Verruf geraten, als es der "Professor Unrat" schon vorher war. Welchen Titel ich übrigens als Auszeichnung empfinde, weil ich das Buch gelesen habe und den Film kenne.

Jene äußerste Peinlichkeit, die über dem Messewesen im Antiquariat lastet, atmet jeder ein, der sich das seltsame Gehabe dort vorurteilslos betrachtet. Verlegen wie Sonntagsschüler stehen die würdigen Herren in ihren Ständen, als seien sie Flohmarktexistenzen oder Vertreter für Massagekissen. Sie lassen sich von den Besuchern begucken, müssen ihren prüfenden Blicken  standhalten, den taktlosen der begleitenden Frauen, den verlegenen der männlichen Kunden, die die Peinlichkeit solidarisch empfinden und sich auf die Ware und die Stiefelspitzen der wie seltene Tiere im  Z o o  ausgestellten Antiquare konzentrieren. Was da an gönnerhafter Bonhommerie seitens der Kunden, an Verlegenheit seitens der gequälten Antiquare stattfindet, tut dem einfühlenden Beobachter in der Seele weh. Glücklich die Antiquare, die das alles kraft solider Dickfelligkeit nicht spüren, aber sie sind in der Minderheit, sind sie nicht?

Die Mühen und Nöte der Buchpräsentation, der (affiger Ausdruck:) händischen (oder gar "taktilen") Betrachtung der Ware sind schon oft erörtert worden. Ich halte auch von daher heute die Messe für überholt. Was die angeblich so nützlichen Kontakte angeht, habe ich seit meinen Frankfurter Beobachtungen meine großen Zweifel. Mein Fazit: Auch hier ist der Nutzen eher gering, er wäre durch andere Veranstaltungen, etwa strukturierte(!) Tagungen mit Fachsitzungen viel besser zu erreichen.


3.
Das Ei des Kolumbus: Visualisierung im Netz

Hier würde ich dies und das zur Bedeutung des Sehens im Antiquariat, zur neuen Rolle des Bilds in psychologischer, also seelenkundlicher Hinsicht geschrieben haben wollen, aber ich soll ja nicht. Also gleich in medias res.

Jeder bessere Titel ab etwa 40 Euro Verkaufswert muß in Zukunft mit etwa 5 sehr guten Scans oder Fotos versehen werden. Die Scans dürfen nur mit hochwertigen Scannern angefertigt werden, dazu taugen auch Gebrauchtgeräte guter Marken. Neupreis um die 2000 Euro, ein gutes Gebrauchtgerät, etwa Epson GT-15000, ist für 400 Euro über Ebay zu erwerben. Ich notiere das, weil die Schusseligkeit vieler Kollegen in solchen praktischen Fragen unerschöpflich ist. Nein, es geht nicht billiger. Ja, den alten Billigscanner müssen Sie wegwerfen. Die entsprechenden Tips für Leute, die Pixelfotos händisch machen wollen, wovon ich herzlich abrate, muß ich mir versagen - billiger wirds auch hier nicht.

Diese 5 Regelscans sind in 3 Minuten erstellt. Das ist zeitlich kalkulierbar, geht doch die Titelaufnahme selbst wesentlich länger.

Man benutzt heute natürlich nur Googles Picasa-Webdienst, um viele tausend Fotos in bester Auflösung fast gratis ins Netz zu stellen. Ich bin immer erstaunt, daß die meisten Kollegen diese Möglichkeiten und Leistungen für "unmöglich" halten. Es gilt da umzudenken - vor fünf Jahren wären diese Bilderdienste zu solchen Preisen und in derart perfekter Auflösung freilich undenkbar gewesen.

Neben die Titelaufnahme tritt also die Fünfergruppe jener kleinen Daumennagelbilder, die sich jeweils bis auf Bildschirmgröße aufziehen lassen, oder - besser - Titrelaufnahme und die schon voll aufgezogenen Bilder werden als Einheit aufgerufen.

Diese Visualisierung unserer besseren Titel führt beim Kunden zu einem wahren  B i l d e r r a u s c h .

4.
Das neue, genossenschaftliche Bildportal der Antiquare

Schon kurzfristig können durch die neue Präsentation drei überholte Darbietungsformen ersetzt werden - der gedruckte Edel-Sammelkatalog, der ILAB-Katalog und die Messen. Das ist unmittelbar einleuchtend, denn alle drei haben es ganz überwiegend mit jenen besseren Titeln ab etwa 40 Euro zu tun, die wir ab sofort mit zusätzlichen 5 Scans versehen wollen.

Sie kennen mich, irgendwo muß der Mulzer doch noch einen Dreh versteckt haben. So ist es.

Wir haben an den jeweils fünf Scans das absolute Urheberrecht. Niemand darf diese Bilder in irgendeiner Weise gewerblich verwenden. Während im privaten Bereich, siehe auch die Bilder dieses Blogs, eine freundliche Grauzone des Bilderausleihens toleriert wird, läuft in der gewerblichen Bildernutzung absolut nichts. Was bedeutet das in unserem Fall?

Wir haben endlich die Waffe gegen die Amazon-Abebooks-ZVAB-Krake in der Hand. Denn nur in unserer eigenen Datenbank, über unser Portal dürfen die Scans verwendet werden!

Nun ist es absolut nicht damit getan, daß etwa die Antiquariat.de-Datenbank, die schon lang mehrere Fotos ermöglicht, ihr Angebot entsprechend erweitert. Auch wenn der Gedanke damals verdienstvoll war, so muß heute die Darbietung der Bilder zusammen mit dem Text ganz anders, viel großzügiger erfolgen. Also nicht anhängen, nicht ausbessern, sondern neu planen.

Auch erfordert die Einbindung des Messewesens und der Edel-Sammelkataloge eine vielfach optimierte Möglichkeit, solche besseren Titel separat abzurufen. Es müssen

*virtuelle Messen und virtuelle Schatz-Schränkchen

eingerichtet werden.

Nun noch ein überraschender Nebeneffekt: Das Portal ist nur genossenschaftlich zu organisieren. Jeder Antiquar bringt ja seine urheberrechtlich geschützten Scans ein. Die Aufrechterhaltung der Rechte ist kompliziert. Auch hier soll ich mich kurz fassen, also sage ich - bitte glauben Sie mir, so läßt sich das fast schon tote Genossenschaftsmodell im Antiquariat neu beleben.




Dank für die Ausleihe des Bänkelsänger-Fotos geht an den Kollegen von billerantik, er besitze die Rechte daran. Bild wird auf  formlose Anforderung hin entfernt.








Dienstag, 12. Juni 2012

Antiquare - die verlogene Idylle eines Berufs



Alle Monate wieder bringt es Dr. Björn Biester fertig, einen schönen Kulturbericht über hochgeistige Antiquare auszugraben, notfalls irgendwo in der Provinzpresse, aber auch weihevolle Selbstdarstellungen eines unserer Kollegen sind greifbar oder, der Tod verklärt ja immer, es findet sich die Gelegenheit zu einem Nekrolog.

Die Provinzpresse, in Sachen lokaler Kulturberichterstattung oft besser als ihr Ruf, liebt das Antiquariat sehr. Es ist ein Farbtupfer, fast immer ein origineller topos, es macht was her, die Leute lesen sowas gern, besonders wenn sie selbst noch nie in einem Antiquariat waren. Was für ein Unterschied zu den Neubuchhandlungen - über die läßt sich erst bei kundigem Blick für die Details schreiben. Antiquariat dagegen geht immer!

Nun will ich nichts gegen die Kollegen sagen, denen eine junge eifrige Redakteurin in den Laden schneit. Ich habe das im Jahrzehnt meiner Ladenarbeit selbst dreimal erlebt und erinnere mich noch gut daran. Erstens schmeichelt es dem Ego, man fühlt sich gebauchpinselt, zweitens mag ein Werbewert damit verbunden sein und drittens handelt es sich im Zeitalter des Praktikantenunwesens in der Regel um eine hübsche junge Dame, mit der man ein wenig flirten wird.

Schon die Einzelheiten unseres Gewerbes sind für Außenstehende recht kompliziert und bis man einen crash-Kurs für die junge Dame veranstaltet hat, ist die erste Stunde vorbei. Dann wird man sie durch die Räume führen, die bekanntlich (außer bei superpingeligen und in aller Regel unfähigen Sauberkeitsaposteln im Antiquariat, halten zu Gnaden) bis ins WC mit Bücherbergen angefüllt sind, in denen es nach nassem Hund und Kriegspapier riecht. Das ist interessant. Von der Titelaufnahme versteht die Journalistin wenig, um so mehr von der EDV und vom Internet - nur gelingt es nie, ihr die besondere Haltung des Antiquars, seine schwierigen Anforderungen und Wünsche, die er damit verbindet, klarzumachen.

So bleibt es bei der Idylle. Es gibt dann in aller Regel etwas peinliche Brüche in der Biographie des, bei näherem Hinsehen, gar nicht so würdigen alten Herrn, er war vielleicht Stasi-Mitarbeiter, Devisenschieber, im Irrenhaus oder dreimal bankrott, hat 40 Semester ordentlich studiert (das bin dann ich) und es ist doch nix aus ihm geworden. Fast immer muß die Redakteurin, die unter der Hand auch zur Biographin wird, mit weiblichem Takt solche Untiefen umschiffen, denn  der Antiquar darf ja nicht gescheitert sein.

Da kommt dann rasch die "Liebe zu den alten Büchern" oder gar die "Liebe zum Buch" ins Spiel. Solchen Unfug kann man auch in den meisten Blogs der werten Kollegen nachlesen, manche, nicht nur in Berlin, verbreiten eine unerträglich weihevolle Stimmung um sich, das Buch wird zum mystischen Selbstzweck. Kommt dann noch verblasene Esoterik dazu, möglichst noch leicht angebräunt, dann stehen wir je nachdem ergriffen oder peinlich betreten vor dem unerträglichen Weltbild des juchtenledernen, erlesene Typographie exerzierenden Antiquars. Immer noch besser übrigens als jene "kaufmännisch ausgebildeten" Kollegen, die weiter westlich angesiedelt sind und knappe, zynische Texte über ebenso zynische Autoren verfassen.

Nun möchte ich recht verstanden werden: Es gibt wirklich eine Menge sehr eindrucksvoller Persönlichkeiten unter den Antiquaren. Ich durfte auf einer großen Studenten-Rundreise von nun auch schon über 40 Jahren Dutzende davon näher kennenlernen. In "Aus dem Antiquariat" sind manche davon sehr liebevoll und einfühlend geschildert worden. Heute gibt es nur noch wenige Kollegen dieser alten Art, aber sie existieren und sind jedem von uns im direkten Verkehr eine Freude und, wie meine Freundin aus evangelischem Pfarrhaus gesagt hätte, "ein inneres Missionsfest".

Um jene vor 40 Jahren zahlreich, heute eher selten vorhandenen Antiquare geht es also nicht - wir sprechen vom durchschnittlichen Antiquarius, der mit oder ohne Laden, jedenfalls überwiegend am Computer und im Internetversand tätig ist und "alle Gebiete" bearbeitet.

Darf ich es deutlich sagen? Der typische mittlere Antiquar übt einen Beruf aus, der in Wahrheit und Wirklichkeit nur gelegentlich idyllisch, fast nie "geistig" ist, der eine wahre Quälerei darstellt und, wir werden gleich sehen weshalb, nur von Masochisten geliebt werden kann.

Im Kern steht jenes Erlebnis, das viele Außenstehende nicht einmal vom Begriff her kennen, das aber auch hochkarätigen Liebhabern des Antiquariats verblüffend oft unzugänglich bleibt, nämlich das fast absolute  L e s e v e r b o t.

Der Antiquar, man stelle sich das richtig vor, hat es den lieben langen Tag über  damit zu tun, Bücher bibliographisch zu klassifizieren, sie in der Regel aus Katalogen einzukopieren, ihren Zustand zu begutachten und einen angemessenen, konkurrenzfähigen Preis zu finden. Noch ein paar Stichworte, wenns hochkommt - das wars! Und diese absolut verblödende, nur im äußersten Randbereich ein wenig geistvolle Arbeit übt er, was bleibt ihm anderes übrig, den lieben langen Tag aus.

Das ist  F r o n a r b e i t  von der schlimmsten Sorte, zumal dann, wenn auch noch die oft doch recht erholsamen Kundenkontakte weitgehend wegfallen und der heillose Antiquar in einem Ladenwinkel oder im stillen Kämmerlein der Titelaufnahme frönt. Das Packen und Versenden ist im Vergleich dazu eine erholsame und anspruchsvolle Tätigkeit, jedenfalls geht mir das so.

Wir sprachen von Masochismus. Ist es, so frage ich jeden denkenden Menschen, nicht eine schreckliche Selbstquälerei, die interessantesten, wichtigsten Bücher nicht lesen zu dürfen, sie durch rasch durch die eigenen Hände gehen und in andere, fremde Hände gelangen lassen zu müssen? Es ist, ich versichere Ihnen, eine reine  Q u a l. Je interessanter die Titel, desto scheußlicher ist das  L e s e v e r b o t, das jede antiquarische Tätigkeit durchzieht wie ein roter Faden.

Und weil das so ist - jeder Kollege wird es Ihnen unter vier Augen bestätigen -, sehen wir Antiquare die verbreitete Iylle, die Außenstehende um unseren Beruf spinnen, mit der Ratlosigkeit dessen, der es weißgott besser weiß.

Und was wir den Kulturjournalisten der Lokalpresse noch mit süßsaurem Lächeln nachsehen, das mögen wir fürwahr bei denjenigen Fachjournalisten nicht, die unser Gewerbe wirklich kennen. Ich weiß, daß Dr. Biester mit seiner - sonst ganz vorzüglichen - Fachzeitschrift "Aus dem Antiquariat", die wir längst als sein Lebenswerk,  s e i n e  Zeitschrift bezeichnen dürfen, auch diesmal wieder nicht verstehen wird, wovon ich spreche. Er hat es noch nie begreifen wollen. Vor seinem klugen Auge steht das halbe Hundert herausgehobener Spitzenantiquare, die schöne alte Drucke, Buchkunst und Exilliteratur bearbeiten  d ü r f e n.  Er sieht fast nie die anderen neunhundertfünfzig Antiquare, versteht deren fürchterliches Los nicht, er kann es nicht sehen.

Antiquariat ist für 950 von 1000 Kollegen heute scheußliche, ödeste Tagesfron mit kleinen Lichtblicken. Gerade weil Antiquare eine lexikalische Grundbildung brauchen, weil der Altbuchhandel vor allem in Internet zur peinlichen Farce wird, wenn dieses große lexikalische Wissen fehlt - - gerade deshalb leidet der gebüldete Antiquar wie ein Hund zwischen Titelaufnahme und Packtisch.

Wem das Lesen weitgehend verboten ist bei seiner Berufsausübung, der rettet sich um so lieber auf kleine Inseln seines Hobbys, seines Spezialgebiets. Von daher rührt die Tatsache, daß sich in der Lebensbeschreibung fast jedes Kollegen eine Reihe liebenswerter Fachgebiete findet. Aber das ist ein Arbeiten  gegen die Öde, gegen die tiefe Tristesse des Berufs.

Aus dieser Grundfrage ergibt sich alles Weitere - das erstaunliche Desinteresse derer, die die Fron des Berufs nicht kennen, für Datenbankfragen, für Zusammenarbeit mit Bibliotheken, für Strukturiertheit und Organisierung, für Rationalisierung und Zusammenarbeit. Bitte, was wollen die Antiquare denn immer - wo sie doch so einen interessanten Beruf haben!

Den haben sie nur in der Wunsch- und Trugwelt von "Aus dem Antiquariat".

Die Idyllisierung des Antiquariatsgewerbes ist zutiefst verlogen.


Das Buchdeckelbild ist möglicherweise noch urheberrechtlich geschützt. Wir haben es bei http://theoldspeakjournal.files.wordpress.com mit Dank ausgeliehen. Bild wird auf formlose Aufforderung hin entfernt.

Samstag, 9. Juni 2012

Medienanweisung Amazon in Sachen Abebooks/ZVAB (Satire)


Arbeitsanweisung Amazon / Abebooks / ZVAB Nr. 3
vom 7.Juni 2012


- Dies ist eine Satire -

Liebe informelle Mitarbeiter des Amazon-Konzerns,

aus gegebenem Anlaß möchten wir unseren Vertrauensleuten in den Buchhandelsmedien ein großes Lob aussprechen. Es ist Ihnen auch in den vergangenen Monaten gelungen, die Schweigeverpflichtung in Sachen Antiquariat einzuhalten und durchzusetzen.

Wir kontrollieren, Ebay abgerechnet, 80 - 90 % des Internetabsatzes über Datenbanken im deutschen Bereich. Ein ganzes Gewerbe, das Antiquariat, hängt nun auf Gedeih und Verderb von unserem Konzern ab. Für Ihre Mithilfe dabei herzlichen Dank!

Die Sprachregelungen des Konzerns, die einzuhalten Sie sich verpflichtet haben, sind Ihnen ja bekannt, sie sollen hier noch einmal kurz zusammengefaßt werden.

§ 1
Es muß unter allen Umständen verschwiegen werden, in welchem Ausmaß die Dominierung des Internetabsatzes im deutschsprachigen Altbuchmarkt durch unseren Amazon-Konzern vorangeschritten ist. Würden die Fakten einer größeren Öffentlichkeit bekannt, müßten wir mit Protesten der in Monopolfragen recht sensiblen Kulturwelt rechnen.

§ 2
Deshalb wird systematisch und bei allen sich bietenden Gelegenheiten eisern verschwiegen, daß sich ZVAB und Abebooks im Alleinbesitz unseres Konzerns befinden. Es ist fernerhin unerwünscht, in bedauerlichen Einzelfällen freilich nicht zu vermeiden, wenn erwähnt wird, daß das ZVAB nichts anderes ist als ein Betriebsteil von Abebooks. Gegen die (sachlich richtige) Formel

Amazon = Abebooks = ZVAB

muß mit allen zulässigen Mitteln vorgegangen werden. Sie wissen, daß Sie da freie Hand haben, unser Sonderetat zur Bekämpfung des Bekanntwerdens dieser Formel steht Ihnen jederzeit zur Verfügung.

§ 3
Ein besonderes Lob sprechen wir an dieser Stelle Dr. Björn Biester aus, der unter Chefredakteur Dr. Casimir verantwortlich zeichnet für den Netzteil des Börsenblatts des deutschen Buchhandels, Sparte Antiquariat. Es ist ihm gelungen, nicht nur die oben erwähnte Formel Amazon = Abebooks = ZVAB  zu vermeiden, sondern auch seine jüngste Umfrage in Sachen Bücherdatenbanken derart verschachtelt und vernebelt zu veröffentlichen, daß in zwei Beiträgen buchstablich  n i c h t s  klar wurde für den Leser. In diesem Zusammenhang unsere Anerkennung für den Verweis auf vollkommen blödsinnige Forenstellen

Gut so! Alles, was zur Verwirrung und Einnebelung der Situation geeignet ist, soll herangezogen werden. Bestens eignet sich hier auch das Zitieren solcher Antiquare, die aus ihrer Spitzenposition heraus den Absatz über die Datenbanken als quantité négligable betrachten und aus ihrer (im Internetabsatz wenig vorhandenen) Erfahrung heraus kleine Randportale als ihr "Hauptabsatzmedium" bezeichnen. Während also Außenseiter zitiert und nebensächliche Umstände hochgespielt werden, vollzieht sich im deutschen Altbuchmarkt der Abschluß unseres Konzernfeldzugs, zieht sich die Schlinge um die Antiquare zusammen.

§ 4
Der eine oder andere unter Ihnen mag Skrupel empfinden, weil er ja die verhehlte Gefahr für einen ganzen kleinen Berufsstand sieht und dabei "nicht mitmachen möchte". Den informellen Mitarbeitern unseres Konzerns rufen wir in Erinnerung, daß es - als Untergruppe der Amazon-Strategie gegen Ebay im Kampf um die Eroberung der Weltverkaufsmärkte aller Warengruppen im Internet - um die Beherrschung des deutschen Neubuchmarktes geht. Es mag bedauerlich sein, daß die Antiquare dabei das Bauernopfer darstellen, aber anders war es nicht möglich - nur in Deutschland als abgeschottetem Sprach- und Lesebereich kann Amazon = Abebooks = ZVAB ungehindert arbeiten, ohne daß Hilfe oder Störung aus anderen Teilen der Welt denkbar wäre. Dieser Umstand - die besonderen Marktregeln des "abgeschotteten Sprachbereichs", gehören, wie Sie ja wissen, ebenfalls zu den stets zu verhehlenden Umständen - darf in den Medien nie besprochen werden.

§ 5
Ein wichtiger Teil der Amazon-Strategie, der in Ihre Hände gelegt ist, wurde bisher mustergültig und hochwirksam erfüllt: Das Hochspielen der vom Umsatz her ganz absurd kleinen, unbedeutenden und marginalisierten anderen Verkaufsplattformen, die nicht unserem Konzern angehören. Hier wurde medientechnisch Großartiges geleistet, denn ganz selbstverständlich traten allerorten in den Medien, auch in den Fachorganen des Buchhandels, die ungefährlichen, kleinen Altbuchportale mit allem Anschein einer Bedeutung auf. Hierfür unseren verbindlichen Dank, so soll es auch weiterhin sein.

Nicht erwünscht ist eine klare Darstellung der wahren Funktion und Bedeutung der Metasuchmaschinen. Die kulturelle Öffentlichkeit soll diese für eigenständige Verkaufsportale halten und über ihre reine Zuträgerrolle für unsere drei marktbeherrschenden Konzernportale nicht, ich wiederhole nicht aufgeklärt werden. Suchmaschinen wie Eurobuch und Bookfinder erfüllen höchst nützliche Dienste als Vernebelungsmaschinen. Kommen neben den Miniaturportalen noch die Metasuchmaschinen ins Spiel, ist die sachliche Verwirrung im Kopf des Lesers komplett. Das ist erwünscht und muß, wie bisher, erfolgreich weiter durchgehalten werden.

§ 6
Wir haben in einer der früheren Konzernanweisungen auf die für uns hochgefährliche Rolle der Webseitenverbünde der einzelnen Antiquare hingewiesen. Hier haben wir inzwischen über unsere Vertrauensleute unter den Antiquaren mit gutem Erfolg die Methode "Lahmlegen durch Mitmachen" angewendet. Der Gedanke wurde bewußt überschwänglich gefeiert und mit Vorschußlorbeeren bedacht, dann aber systematisch und mit brutaler Konsequenz durch die Mitinitiatoren ausgetrocknet, indem sie nicht mehr reagierten. So wollen wir es auch in ähnlichen Fällen halten. Es ist uns gelungen, die potentiell gefährliche Arbeitsgemeinschaft "Antiquariat" im Börsenverein auf ähnliche Weise lahmzulegen und, neueste gute Kunde, zu beseitigen.

§ 7
Mit höchster Vertraulichkeitsstufe nehmen Sie bitte folgenden Strategiehinweis nur zu Ihrer persönlichen Kenntnis. Wir haben uns dazu entschlossen, das ZVAB nicht durch einen Übernahmeakt auch nominell in Abebooks zu überführen. Es scheint dem Amazon-Konzern weitaus sinnvoller, das ZVAB langsam auszutrocknen und die dort schwindenden Kunden-, Bücher- und Absatzzahlen bei Abebooks neu zu integrieren. Stellen Sie sich das wie bei 2 kommunizierenden Gefäßen vor, das eine (ZVAB) wird langsam geleert, die  Inhalte fließen aber zu Abebooks hinüber, das immer voller wird.

Diese Methode nennen wir konzernintern "die große Verblödung". Wir wissen, wie sensibel die Mehrzahl der Altbuchkunden auf kulturelle Werte, sprachliche Stilisierungen usw. reagiert und darauf großen Wert legt. Deshalb senken wir seit Monaten die Begleittexte des ZVAB-Portals in ihrem Niveau bis auf den Kulturteil des Düsseldorfer Anzeigenblatts hinab, sorgen für einen Abituraufsatzstil - und registrieren mit Vergnügen, wie positiv im Gegensatz dazu die Käufer auf die exzellent redigierten Begleittexte des Abebooks-Portals reagieren. Das ZVAB wird in nächster Zeit noch zunehmend verblödet und in keiner Weise geändert, während Abebooks - auch im Urteil scharfer Kritiker - immer besser wird und jetzt schon ein ausgezeichnetes Portal darstellt.

Auf diese Weise "verschwindet" das ZVAB, ohne daß die Öffentlichkeit viel davon spürt. Wir halten diese Methode für genial. - Zu den noch nicht kalkulierbaren Risiken der nächsten Zukunft gehört der Versuch, auf europäischer Ebene (Straßburg) gegen die Antiquariatssparte unseres Konzerns vorzugehen. Auch wenn das juristisch erfolglos bleiben dürfte, könnte publizistisch großer Schaden angerichtet werden durch solche Versuche und die damit verbundene öffentliche Argumentation. Ich darf daher die oben erwähnten Medien bitten, hier absolutes Schweigegebot einzuhalten. Auch hier stehen Ihnen weitere Mittel aus unserem Spezialfonds unproblematisch zur Verfügung.

§ 8
Auch wenn es vordergründig nur eine juristische Frage zu sein scheint, stellt die jüngste Zurücknahme der Bank-Zwangsfunktion bei Ebay eine herbe, spürbare Beeinträchtigung unserer Strategien dar. Wir halten den Ebay-Plan für schlichtweg perfekt und sehen in ihm ein Vorbild, dem auch wir nacheifern wollen. Denn erst wenn der Antiquar finanztechnisch in ein besonderes Amazon=Abebooks=ZVAB- System eingebunden ist, haben wir ihn auch mittelfristig in der Hand. Nun sind, wie Sie wissen, unsere Abrechnungsmethoden bei Abebooks bzw. Amazon streckenweise schon dem jetzt vorläufig verbotenen Ebay-Finanzsystem ähnlich gestaltet. Die Öffentlichkeit erfährt davon wenig, die Händler sprechen (bisher, erfreulicherweise) kaum davon. Ich bitte daher, jede Erörterung des Abrechnungssystems von Abebooks mit seinen Händlern zu unterbinden. Das ist nicht erwünscht.

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Liebe informelle Mitarbeiter, vergessen wir nicht das große Ziel - es muß gelingen, den kleinen, abgeschotteten Berufsstand der Antiquare im gleichfalls von der Welt isolierten deutschen Sprach- und Lesebereich

*in eine Schar scheinselbständiger, auf Gedeih und Verderb von uns abhängiger Dienstleister

umzuwandeln.

Dies haben wir zu rund 80-90 % im Internet-Portalabsatz, Ebay abgerechnet, schon geschafft. Wir können und werden die Gewinnmargen steigern, die Teilnahmeregeln brutalisieren, eine Vielzahl von Kontroll-, Belobigungs- und Prämiensystemen einführen, um diese Konzernsparte zu einer gut melkenden Kuh zu machen.

Die große Linie sieht ja, wie Sie wissen, eine marktbeherrschende Stellung von Amazon auch im deutschen Neubuchabsatz vor. Wir betrachten die Eroberung des Antiquariatsmarkts als wichtigen Baustein auf dem Weg zu diesem Ziel. Die Buchmedien, dank Ihrer Hilfe stockblind auf beiden Augen für diese Möglichkeit, werden uns dabei am wenigsten stören.

Wir sind auf gutem Weg! Amazon dankt seinen informellen Vertrauensleuten in der Buch- und Medienbranche.

Ernest Morris
CEO des Amazon-Konzerns für Abebooks und ZVAB


Das Foto zeigt die Ballettgruppe der informellen Medienmitarbeiter bei einem Auftritt vor dem Amazon-Vorstand. Das Foto gehört dapd/ Spiegel, wir danken für die Ausleihe. Bild wird auf formlose Anforderung hin entfernt. 

- Dies ist eine Satire  -

Donnerstag, 7. Juni 2012

Das Börsenblatt des deutschen Buchhandels als Schreibknecht des Amazon-Konzerns



http://www.boersenblatt.net/537107/template/bb_tpl_antiquariat/

Das Börsenblatt des deutschen Buchhandels als Schreibknecht des Amazon-Konzerns

Das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel mitsamt seinem Netzdienst börsenblatt.net hat, hört man sich um, den Ruf einer erzkonservativen Fachzeitschrift.  Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie gnadenlos Aktivisten, aufgeklärte Gemüter von der Mitte bis nach links, gescheite Leute im Geistesleben überhaupt über die Mutter beider Medien, den Börsenverein des Buchhandels, urteilen. Ich für mein Teil habe eher Verständnis für die Versuche des Vereins, mit letzter Kraft absurde Pfründen und Positionen zu verteidigen, die schon auf mittlere Sicht unhaltbar erscheinen. Unser Urheberrecht in seiner jetzigen Form wird keinen Bestand haben, die Verleger werden immer mehr Texte an Publikationsformen im Internet verlieren, das Verscherbeln von Papieren, die mit staatlichen Geldern erstellt worden sind, zu exorbitanten Preisen und mit arroganten Allüren hat keine Zukunft. Auch die Vertriebsform des stationären Buchhandels geht ihrem Ende entgegen.

Nun könnte man sich auch eine progressive Form der Abwehr vorstellen, neue Bezahlmodelle im Internet etwa , ein neues Verständnis der Verlegertätigkeit, neue Impulse für den stationären Buchhandel. Aber Mutter Börsenverein hat eine Struktur, die nach 150 Jahren des Erfolgs in der jetzigen Lage verheerende, lähmende Folgen in sich birgt: Verleger und Buchhandel sitzen dort in einem Boot, müssen es miteinander aushalten und gemeinsame Taktiken entwerfen. Eine fast unmögliche Aufgabe in einer Zeit, in der Verleger wie auch Buchhändler jeweils für sich zu einem neuen Selbstverständnis finden müssen.

Als kleines Anhängsel treten in Frankfurt auch noch die Buchantiquare auf. Sie durften dort manches Jahr eine gar nicht so erfolglose Sondergruppe bilden. Absurde Beitragsforderungen und allzu elitäres Berufsverständnis führten im Lauf der Jahre zu einer Austrocknung des bescheidenen Grüppchens der Antiquare im Börsenverein, bis die Altbuchhändler kürzlich dort mit dem Versandhandel zusammengelegt  und faktisch beerdigt worden sind.

Eine sehr edel und vielleicht allzu wissenschaftlich geführte Fachzeitschrift, "Aus dem Antiquariat", hatte sich schon vor einigen Jahren von einem Beilagenteil des Börsenblatts zum selbständigen Medium gemausert. Was bleibt, ist die Sparte "Antiquariat" des Börsenblatt-Netzdienstes. Um sie geht es uns heute.

Die deutschen Antiquare finden sich dort, mangels besserem berufskundlichem Lesestoff, in erstaunlicher Beharrlichkeit ein. Man darf aus verschiedenen Anzeichen schätzen, daß gut 300 der rund 900 Buchantiquare dort sehr regelmäßig aufscheinen, wie man in Wien sagen würde. Zwar wurde der Antiquariatsteil systematisch ausgetrocknet und eingeschrumpft, meist erhält der Antiquar nur noch meinungsferne, fast beleidigend knappe Sachinformationen aus der täglichen Mailbox des Redakteurs - um so besser beachtet werden die nun spärlich gewordenen Beiträge mit redaktioneller Eigengestaltung.

Die Situation im deutschsprachigen Antiquariat ist bekannt und kann hier nur angedeutet werden: Dramatischer Rückgang der Ladengeschäfte, mangelhafte Selbstorganisation des kleinen Gewerbes in drei Berufsvertretungen und folglich keine zentrale Selbsthilfe beim Ausbau des Internetverkaufs über die Homepages der Antiquare, kaum Unterstützung durch den Börsenverein, kaum Verbindung zwischen den elitären Antiquaren ("Messeantiquare") und dem großen Rest des Gewerbes, brandgefährliches blitzartiges Wachstum von Großfirmen, die Bücher im Netz aufkaufen und sofort wieder zu Schleuderpreisen losschlagen.

Dramatischer als die bisher genannten Faktoren wirkt sich aber die Konzentration im Internetabsatz aus. Zwischen 75 und 85 Prozent des Internetverkaufs der deutschen Antiquare über Bücherdatenbanken gehören einem weltweiten Konzern, A m a z o n. Auch hier ersparen Sie mir hier die Einzelheiten, ich habe sie vorgestern in diesem Blog dargestellt und als Tatsache sind sie unbestritten. Der Datenbankverkauf ist nicht irgendein Absatzweg von mehreren, denn das besondere Medium des alten Buchs kann - aus vielerlei Gründen - nur in großen Portalen gebündelt und abgewickelt werden.

Amazon hat Abebooks, die weltweit führende Datenbank im Internetverkauf, für eine sehr hohe Summe erworben. Abebooks wiederum hat ZVAB, die mit Abstand bedeutendste Verkaufsdatenbank im deutschsprachigen Bereich, aufgekauft. Abebooks und ZVAB  g e h ö r e n  Amazon, eingestandenermaßen werden alle wichtigen Entscheidungen bei ZVAB und Abebooks allein vom Amazon bestimmt oder - man lehre uns Amazon kennen - von dem Weltkonzern  b e f o h l e n.

Eine Marktmacht, die Amazon derart eindeutig nach meinem Wissen in keiner anderen Ecke der Welt hat. Fakt ist, daß der durchschnittliche Buchantiquar im deutschen Sprachbereich, was den Internetabsatz angeht, schon zu weit über drei Vierteln ein willen- und hilfloser Knecht des Weltkonzerns ist. Meine Versuche, die deutschen Monopolbehörden zum Einschreiten zu bewegen, sind erfolglos geblieben. Ob es mir gelingt, Amazon auf Europaebene noch zu stoppen, wird sich zeigen. Das Fatale ist eben, daß es nicht verboten ist, ein Monopol zu  h a b e n.  Stoppen kann man eine Firme mit fast absoluter Marktbeherrschung in unserem Land nur zu dem Zeitpunkt, wo sie sich anschickt, ihr Monopol noch durch Zukäufe auszubauen.

Die Lage ist den Antiquaren durchaus bewußt. Kein längeres Gespräch mit einem mittleren Kollegen, in dem sich nicht blanke Angst und abgrundtiefes Mißtrauen gegenüber Amazon zeigt. Das jüngst wieder - bis auf weiteres - eingestellte Vorhaben von Ebay, Käufer und Verkäufer zu entmündigen, Zahlungswege in jährlicher Milliardenhöhe selbst als Quasi-Bank zu kontrollieren, weist sehr präzise die eine Richtung, in die es gehen soll: Der einzelne Antiquar wird zum macht- und hilflosen Franchisenehmer, zum Subunternehmer, zum Laufburschen und Stallknecht des Weltkonzerns.

Dies ist nun keine sozialistische Panikmache. Ich kenne aus meiner fernen Universitätszeit höchst konservative Volks- und Betriebswirtschaftler, denen ich die Mechanismen etwa von Abebooks auseinandersetzten konnte, mitsamt früherer Versuche im US-Bereich. Der Gegensatz von 900 kleinen und kleinsten, noch unabhängigen Unternehmern und der Marktmacht des Amazon=Abebooks=ZVAB-Konzerns im deutschen Spraschbereich hat sie erschreckt. Solche Konzentrations- und Monopolformen sind geeignet, unsere Marktwirtschaft zu zerstören, sie sind unerwünscht gerade auch aus konservativer Sicht.

Nun veranstaltete Dr. Biester, unter Dr. Casimir verantwortlich für die Sparte "Antiquariat" im börsenblatt-netzdienst, eine Umfrage unter deutschen Antiquaren zu genau dieser Frage. Er erhielt aufgrund einiger Undeutlichkeiten in der Formulierung der Netzumfrage zwar keine prägnanten, aber doch hinreichend klare Ergebnisse, die meine Darstellung des Sachverhalts grosso modo bestätigen. Biester hat die Wunde bloßgelegt - weigert sich aber offenkundig, sie zu verbinden, mehr noch, er  b e n e n n t  sie nicht einmal korrekt - nicht mit einem Wort!

Das ist erstens eine ungeheuerliche Illoyalität gegenüber den Antiquaren. Sie beteiligen sich an der Umfrage doch in der Erwartung, daß Biester die Ergebnisse fair und deutlich interpretiert auch in einem tieferen Sinn. Wir finden von Biester auch nicht ein Wort der Bewertung, der Auslegung, er zählt nicht einmal 1 + 1 zusammen. Er  v e r h e h l t, er verschweigt, daß ZVAB zu 100 % ein Geschäftsbereich von Abebooks ist, er unterschlägt, daß Abebooks auch in kleineren Geschäftsentscheidungen absolut von der Konzernmutter Amazon abhängt.

Amazon = Abebooks = ZVAB. Dieser einfache Sachverhalt ist Ihnen in diesem Beitrag nicht einen Nebensatz wert, werter Dr. Biester. Daß Sie in früheren, lang zurückliegenden Beiträgen den Sachverhalt dargestellt hatten, ist eine andere Sache. Hier durften Sie ihn nicht übergehen.

Das ist ganz einfach ungeheuerlich! Damit die Sache nicht so auffällt, fügen Sie einige (mehr oder minder gescheite) Kommentare von Kollegen an, in bunter Durcheinanderwürfelung.

Redakteur Dr. Biester, dieser Ihr Beitrag ist Parteien v e r r a t  an der Klientel, für die Sie zu schreiben haben, deren Interessen Sie nach Treu und Glauben wahren sollen.

Ich mache mich nicht auf, nun die üblichen Fragen zu stellen, wer wen zahlt, wer wessen Geschäfte betreibt. Ich darf Ihnen da nicht Unrecht tun, stelle nur fest - angesichts der Sachlage, der Verhältnisse ist Ihr Beitrag eine wenn nicht bewußte, so jedenfalls grob fahrlässige Verfälschung und Vernebelung des sachlichen Kerns, um den es hier geht.

Sie würden gut daran tun, dazu in Ihrem Blatt Stellung zu nehmen.




Das Abreißbildchen haben wir, mit Dank, bei der Webseite http://gedankenfrei.wordpress.com, ausgeliehen - deren Texte wir uns aber, in diesem Fall solls gesagt sein, nicht zu eigen machen.

Dienstag, 5. Juni 2012

Buchhandel und Antiquariat Hand in Hand


Meine Voraussagen in Sachen Datenbank haben sich bisher leider bewahrheitet. Es wäre mir lieb gewesen, wenn ich öfter Unrecht gehabt hätte - vor allem meine erschreckend präzise Voraussage des ZVAB-Verkaufs durch von Rheinbaben und die Vorahnung der Dominanz von Amazon (ist gleich Abebooks ist gleich ZVAB) im Internetabsatz der deutschen Antiquare hatten einen allzu düsterem Hintergrund. Ist das altekrokodil (mein Ebay-Name) nur eine Kassandra, nur der Überbringer schlechter Nachrichten?

Mag sein, daß ich Imagefragen zu lässig nehme. Ich bin vom langjährigen Studium her Kriminologe - das sind Leute, die von Natur aus, wie meine liebe Tante Anna zu sagen pflegte, im Dreck wühlen. Die Nachtseite, das Unglück, die Verirrungen, Holzwege und Nöte anderer Menschen zu untersuchen und womöglich zu therapieren, das härtet ab. Vielleicht bin ich dadurch auch in meinem Brotberuf, im Antiquariat, unfreundlich, rüde und ungesellig geworden. Ich sage, was Sache ist, und Feingeister, als die sich die meisten Kollegen im Altbuchhandel sehen, müssen darunter leiden.

Gelegentlich habe ich auch positive, konstruktive Gedanken, nicht nur Warnungen und Schwarzmalereien.

Angesichts der neuesten Entwicklungen scheint es mir an der Zeit, eine uralte Buchhandelstechnik wieder neu zu beleben. Nur sehr alte Semester können sich noch daran erinnern: Ich spreche von den

*Sachgebietskatalogen der Neubuchgrossisten.

Noch vor vierzig Jahren gab es, nur für Neubücher gedacht, umfangreiche gedruckte Themenkataloge. Das waren Verkaufslisten jeweils für relativ enge, überwiegend (aber nicht nur) universitäre und berufliche Themen. Sie waren je nach Sachgebiet sehr umfangreich, ich sehe noch den Jura-Katalog vor mir, ein dickes Kompendium in engem Satz, saubere ausführliche Titeleien mit Buchhandelspreisangaben. Die Register waren ausgezeichnet, vor allem aber war eine sehr etaillierte Sachgliederung innerhalb des Gebiets ungeheuer nützlich, gerade auch für Studenten. Die Gliederung beim rechtswissenschaftlichen Katalog umfaßte zum Beispiel etwa 6 Seiten, Namens- und Sachregister gut deren 30. Das gesamte Taschenbuch dürfte 250-300 Seiten gehabt haben, Druck auf billigem Papier, aber sehr klar und sauber, kleinere Typen, einfacher Broschurenumschlag, zweispaltiger Satz, Format meist A5, es gab aber auch etwas kleinere Editionen.

In den Jahren vor etwa 1970 erinnere ich mich an kaum ein Institut, kaum einen Schreibtisch in Seminaren, Ämtern, bei Literaten oder Journalisten, wo die Fachkataloge nicht irgendwo herumlagen, abgenutzt oft, geradezu zerlesen, offensichtlich ganz unentbehrlich. Da die Lagerfristen in den Buchhandlungen wie auch die Lieferbarkeit von neuen Titeln weitaus länger war als heute üblich, enthielten viele Kataloge nahezu alle wichtigeren Titel seit 1945, mitunter sogar - notorisch war da etwa der Verlag Winter in Heidelberg - lieferbare "neue" Titel bis zum ersten Weltkrieg hinunter.

Es dürften etwa 20-30 Themenkataloge jeweils erschienen sein. Da zeitweise mehrere Grossohäuser  in Konkurrenz Fachlisten erstellten und mein Langzeitgedächtnis in Sachen Antiquariat besser funktioniert als in Neubuchhandelsdingen, kann ich weitere Einzelheiten aus dem Stand dazu nicht liefern.

Wichtig ist für das Antiquariat die Grundidee. Wenn wir Buchantiquare

*zusammen mit dem Neubuchhandel

solche Fachlisten, jetzt natürlich sowohl gedruckt als im Internet, erstellen und vertreiben würden, dann wäre eine neue Ebene der Zusammenarbeit möglich zwischen den so unähnlichen Geschwistern "Antiquariat und Neubuchhandel". Wie das im einzelnen aussehen kann, das müßte mit viel Phantasie ausdiskutiert werden. Die einfachste Lösung wäre wohl, für die jeweilige Sachkatalog-Rubrik, zum Beispiel im Katalog "Recht" das Unterthema "Rechtsgeschichte des Mittelalters", zuerst lieferbare Neubuchtitel, dann, deutlich abgesetzt und vielleicht in kleinerer Type gedruckt, antiquarische Werke zum gleichen Thema zu bringen.

Das so entstehende Bücheruniversum könnte in vielfältiger Weise im Internet und anderswo zur Propaganda eingesetzt werden. Die Druckkosten lassen sich durch neueste Rotationsverfahren, etwa in Spanien oder Indonesien, von China nicht zu reden, drastisch senken und sehr hohe Auflagen sind denkbar. Die Verteilung müßte "kontrolliert" erfolgen, aber immer gratis.

Die Fachkataloge wären eine gute Waffe gegen den gemeinsamen Feind. Für den Neubuchhandel heißt er "Amazon", für das Antiquariat "Abebooks" ist gleich ZVAB" - zwei Namen,  e i n  Gegner.



Samstag, 2. Juni 2012

Bibliotheken und Antiquare: Wann kommt die Datenbank der Erwerbungsprofile?



Der Verkehr zwischen Buchantiquaren und Bibliothekaren findet auf mehreren Ebenen statt. Je nach Situation und Wertstufe wickelt er sich in ganz unterschiedlichen Formen ab. Die Mehrzahl dieser Verkehrsformen ist zur Zeit eher unerfreulich.

Wohl wahr, Museumsstücke, hochpreisige Objekte und Seltenheiten bedingen Höflichkeit und Entgegenkommen. Bibliothekare, denen wir auf der Ebene von Versteigerungen, Antiquariatsmessen oder in hochedlen Innenstadtantiquariaten begegnen, pflegen konzililant und großzügig zu sein. Sie nehmen sich Zeit. Ob in den Jahresberichten etwa zur "Sammlung deutscher Drucke" oder in Selbstdarstellungen der Bibliotheken, die antiquarische Bücherwelt scheint nur aus Inkunabeln, Mappenwerken im vier- bis fünstelligen Bereich, aus signierten Einstein-Erstausgaben oder Nachtschränkchenexemplaren von Anna Amalia zu bestehen.

Nun sind wir diese Sichtweise von Dr. Biester und seinem Flagschiff "Aus dem Antiquariat" durchaus gewohnt und auch manche Gespräche unter Antiquaren - gerade auch kleineren Lichtern des Gewerbes - kreisen nur um Spitzenware, die für die nächste Versteigerung in Pforzheim oder Köln gemeldet sind. Aber die spürbare  Verachtung  der Bibliothekare, die es ja doch besser wissen sollten, für kleinere oder gar kleinste historische Titel ihres Fachgebiets verwundert - und tut weh.

Ich weiß nicht, ob und inwieweit manche Bibliotheken inzwischen auf den Trichter gekommen sind und einigermaßen systematisch Ebay und Abebooks/ ZVAB, die beiden riesigen Bücherquellen, nach Desiderata ihres Fachgebiets absuchen. Vielleicht werden sie (was ziemlich peinlich wäre) behaupten, sie hätten dazu die Zeit nicht. Sie könnten auch behaupten, es sei Sache der Antiquare, aus ihrem Angebot diejenigen Titel aktiv zu suchen und vorzuschlagen, die sie als fehlend in der jeweiligen Bibliotheks-OPAC erkennen.

Wer solches unternimmt als Altbuchhändler, ich habe das versucht, gerät regelmäßig in des Teufels Küche und rechnet am Ende viele Stunden fast sinnloser angestrengtester Netzarbeit ab. Denn es sind "gerade keine Etatmittel da", trotz gegenteiliger Versicherung sind "die Zeitschriften noch nach dem Stand von 1952 erfaßt", "pflegen wir fehlende Monographien nur geschenkweise zu aquirieren", "gehört nach den Regeln 14b, 17c und 22 a Untergruppe I dieses Werk ausnahmsweise nicht zu unserem Sammelgebiet", "haben wir mit den Instituten A, B, C Absprachen laufen, nachdenen wir Ihren Titel nicht mehr führen/ nur in elektronischer Kopie führen/ wir feststellen, daß das Werk in Deutschland schon 1x vorhanden ist (Klosterbibliothek Vorpommern-Ost, wenn auch etwas angeschimmelt) und wir uns wundern, weshalb Sie uns die Zeit stehlen, das Werk bei uns trotzdem noch anzubieten" - diesen Katalog der Grausamkeiten und Scheußlichkeiten, mit dem der anbietende Antiquar geradezu gefoltert wird, unter leicht sadistischem Grinsen des nicht erwerben wollenden Bibliothekars, könnte ich aus dem Stand bis zum Ende dieser Seite erweitern.

Nun wird niemand den Bibliothekaren in ihr Handwerk dreinreden wollen. Diese Gründe gibt es tatsächlich - der einfachst denkbare: "Wir haben kein Geld, nächstes Frühjahr wieder antichambrieren, bis dahin gibts nix", ist eher selten, meist ist die Lage wirklich verwickelt und von außen nicht gut einsehbar.

Der Antiquar aber steht außen. Wie ist ihm zu helfen?

Ich habe immer wieder versucht, in die beachtlichen Tiefen der Sammel- und Erwerbungssystematiken zwischen IuD-, SdD- und anderen staatlichen Programmen einzudringen und dann nach Fachgruppen geordnet daraus eine praktisch brauchbare Handreichung für die Kollegen zu destillieren. Spätestens nach meinen absolut traumatischen Erlebnissen mit den Umgangsformen der Deutschen Bücherei in Leipzig habe ich dieses Vorhaben aufgegeben. Ich lasse mich nicht zum Kasper machen. - Im außerstaatlichen Bereich sind die Probleme oft noch differenzierter, aber gottseidank wird der anbietende Antiquar dort, im Bereich der Fachbibliothekare, der Archive und Museen weitaus freundlicher, oft geradezu kollegial behandelt. Das macht die Probleme zwar nicht einfacher, erfreut den Antiquar, der sich viel Mühe gegeben hat, jedenfalls doch seelisch.

Des Rätsels Lösung kann nur eine sehr detaillierte Liste der  A n k a u f s p r o f i l e  aller irgendwie systematisch sammelnden Bibliotheken in Deutschland mitsamt Schweiz und Österreich sein. Sie zu erstellen ist von außen, ich sagte es schon, ein Ding der Unmöglichkeit.

Diese Liste sollte für Antiquare relativ intern gehalten werden, zugänglich erst nach Rückmeldung über Emailadresse und Firmenangabe, weil wir nur so die Einrichtungen dazu bringen können, offen zu sprechen auch über Ankaufsusancen, Budgetsperren und andere Punkte, die eine Bibliothek nicht immer einer großen Öffentlichkeit mitteilen will. Um Budgetzahlen soll es dabei nicht gehen, wohl aber sind Wünsche über Einreichungsformen nützlich - elektronisch, nach Abgleich mit (welchem) OPAC, mit was für Rabatten usw.

Der Umfang dieser Datenbank wird ziemlich gigantisch, jedenfalls umfangreicher, als der Laie zunächst annehmen möchte. Vor allem Firmen, Gesellschaften, Archive und Museen müssen an jedem Ort ziemlich vollständig angeschrieben werden.

Ich dachte ursprünglich daran, die Einrichtungen um   D e s i d e r a t e n l i s t e n  zu bitten. Die sind aber fast nie vorhanden, auch weil, ich darf offen sprechen, die retrobibliographischen Kenntnisse vieler Bibliothekare eher bescheiden sind, auch und sogar in ihrem Fachgebiet. So erscheint es nützlicher, wenn der Antiquar aktiv ermittelt und von sich aus Desiderata anbietet. Manchmal wird sich der Fachbibliothekar wundern...

Die Sorge mancher Bibliothekare, bei Angeboten auf Desideratenlisten würden höhere Preise verlangt, ist ganz gegenstandslos. Wir sind inzwischen so gebeutelt durch permanente Preisvergleiche und Dauerkontrollem im Netz, daß Phantasiepreise eher selten geworden sind.

Ich rege an, eine Arbeitsgruppe aus interessierten Bibliothekareh und Antiquaren einzurichten, die eine Datenbank der geschilderten Art auf die Beine stellen kann, zu beiderseitigem Nutzen.


Das Foto zum Thema "Wenn deutsche Bibliothekare von Buchantiquaren (alp-)träumen" gehört Viktor Peschel. Wir danken für die Ausleihe. Bild wird auf formlose Anforderung hin entfernt.