Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Montag, 18. Juni 2012
ZVAB - die Niederführung eines Antiquariatsportals
Der Zusammenhang ist bekannt, ich bitte Sie, sich mit der Sachlage aus den untenstehenden Postings vertraut zu machen. Heute wird nur ein Detail nachgereicht. "Dokumentiere es, halte es fest".
Vor einer Woche stieß ich auf herben Widerspruch, als ich von deutlichen Indizien einer systematischen Niederführung und Zerstörung des ZVAB-Portals sprach. Ich betonte damals, wie entscheidend das geistige Umfeld eines Bücherportals für die Akzeptanz seitens des gebildeten Kunden sei, lobte die exzellente sprachliche Gestaltung bei Abebooks und sprach aus, was ja doch auf der Hand liegt:
Auf kaltem, schleichendem Weg wird zur Zeit das ZVAB im Niveau abgesenkt, damit die Kunden des ZVAB in Abebooks überführt werden können. Auf welchem Tiefpunkt das ZVAB inzwischen angekommen ist, zeigt uns der neueste, direkt zur ZVAB-Eingangsseite verlinkte ganz unsägliche Text über einen russischen Dichter. Ich korrigiere ihn nach Art eines Deutschaufsatzes in Obersekunda:
ereignis- aber auch ruhmreiche 19. Jahrhundert
"aber auch": Ereignisse und Ruhm sind zunächst kein Gegensatz
zu einer Zeit, als Russland unter Alexander I. auf dem Höhepunkt seines Ansehens in der Welt war.
wie bitte?
den schnellen Sieg des Realismus mit Gogol
schnell?
mit den großen Romantikern Puschkin und Lermontow und den schnellen Sieg des Realismus mit Gogol - alle drei verehrte er
er verehrte - Gogol oder den Realismus oder den "schnellen Sieg"?
Aber schon auf der Handelsschule in Moskau war er auch Zeitgenosse des Dekabristenaufstandes
"Aber" ist hier Unfug
...dem Zaren, der dann für 30 Jahre Friedhofsruhe in Russland sorgte.
plötzlicher Einbruch von Umgangssprache.
Er musste den Duelltod eben jener, die er verehrte, hinnehmen - Puschkin (1837) und Lermontow (1841), mit dem er in Moskau studiert hatte.
Zweifach mißratener Satz
Hoffnungsvoll wurde er gestimmt durch den "Bauernbefreier" Alexander II., der die Leibeigenschaft aufhob.
wurde er "gestimmt" - alte Lehrerfrage: "Woher weißt Du das"?
Und er musste mit ansehen, wie sich die russische Gesellschaft zunehmend radikalisierte
das ist schief, die Gesellschaft als solche radikalisierte sich eben gerade nicht
...zunehmend radikalisierte und eben dieser recht liberale Zar und Kaiser ermordet und 1881 mit Alexander III. der Untergang des Zarenreiches eingeläutet wurde.
mehrfach mißlungener Satz, "eben", "recht", "eingeläutet" und krummer Satzbau
Das Ende dieses vierten Zaren zu seinen Lebzeiten erlebte er nicht mehr,
das ist kein Deutsch
Dabei war er auf dem Höhepunkt seines Erfolgs als Zeitgenosse der Großen der russischen Literatur
Zeitgenosse? Der Großen der Literatur? - schlechtes Deutsch
durchaus nicht einer unter vielen.
durchaus mies formuliert
Der fürstliche Anarchist und Schriftsteller Kropotkin – und nicht nur er – nennt ihn in einem Atemzug mit Lew Tolstoi und Turgenjew
verunglückter Satzbau
und das obwohl Gontscharow, wie Melnikow, ganz und gar nicht Revolutionär geschweige denn Anarchist gewesen ist.
unglücklich formuliert und "und"-Wiederholung
war beleidigt und grummelte nur noch vor sich hin
jäher Umschlag aus Normal- in Gossensprache
Schuld war sein letzter Roman Die Schlucht (1869)
schuld war? woran?
In einer Zeit von immer stärker werdendem revolutionären Bewusstsein hatte Gontscharow
in einer Zeit von immer schlechter werdendem Deutsch
außerdem war ihm ausgerechnet die Zeichnung der revolutionären Figur misslungen.
welcher Figur bitte?
Kropotkin hält sie in seinen "Ideale und Wirklichkeit in der russischen Literatur (1905)" für das Beste
so kannst du das nicht sagen
Er zeichnete bis überzeichnete den typischen Adligen dieser Zeit
schlecht bis sehr schlecht formuliert
Er zeichnete bis überzeichnete den typischen Adligen dieser Zeit, der, wohl sehend welche Umwälzungen die Zeit – z. B. das Ende der Leibeigenschaft – mit sich bringt und diese auch für richtig hält, es dennoch nicht fertigbrachte,
wahre Fundgrube an Fehlern, allen voran die falsche Zeit. Satzbau ganz unmöglich
der, wohl sehend welche Umwälzungen die Zeit – z. B. das Ende der Leibeigenschaft – mit sich bringt und diese auch für richtig hält, es dennoch nicht fertigbrachte,
ein wahrhaft kranker Satz
Nun hätte man annehmen können, dass sich der Adel, derartig bloßgestellt, auf die Füße getreten gefühlt hätte, zumal sich in Oblomow alle irgendwo wiederfanden.
hätte... hätte
Aber die Karikatur dieses Menschentyps ist keine bösartige, im Gegenteil, Oblomow ist sympathisch – man möchte ihm sogar helfen, damit er sein Leben in Ruhe leben kann
man möchte sogar dem Verfasser dieses Textes helfen - das ist Pennälerschreibe
Alle Szenen sind so liebe- und verständnisvoll gezeichnet
dieses Deutsch ist grauen- und fehlervoll
dass man fast vermuten kann, Gontscharow hat hier Teile von sich selbst gezeichnet
schwerer Grammatikfehler
Gontscharow hat hier Teile von sich selbst gezeichnet – zumindest was die äußere Erscheinung angeht, hat er sich tatsächlich selbst gezeichnet.
unleserlicher Stuß, vor allem die peinliche Wiederholung. "Teile von sich selber gezeichnet" ...
Deutschrusse, der mit den (einem "On dit" zufolge) typisch deutschen Eigenschaften, wie Tatkraft, Zielstrebigkeit, Rationalität und was es sonst noch alles an diesen "guten" Eigenschaften gibt, ausgestattet ist.
"on dit" ist hier der falsche Ausdruck. "Rationalität" als typisch deutsche Eigenschaft - schön wärs ja.
Eigentlich geschieht in diesem Roman zwangsläufig nicht viel, aber das alles, was da nicht geschieht, ist schön und spannend erzählt.
Zum Schluß eine mißlungene ironische Wendung.
Sie wissen ja, sprachliche Fehler erkennen Sie nur aus dem Textzusammenhang heraus. Bitte lesen Sie deshalb den oben verlinkten Originaltext und streichen Sie ihn in Gedanken Punkt für Punkt rot an.
Selbstkritik:
Sie merken schon an meinem unlustigen Ton, daß ich diesen Blogbeitrag eher widerwillig verfaßt habe. Erstens ist es ein Stück harter Arbeit, mißlungene Deutschaufsätze zu korrigieren, zweitens kann nur der Leser folgen, der sich die Mühe macht, den ZVAB-Text parallel zu lesen oder, noch besser, ihn auszudrucken.
Warum also diese Schafschur? Weil hier deutlicher als in anderen Bereichen die Amazon=Abebooks-Strategie zutage tritt, ZVAB endlich eben doch spurenlos in den Amazon-Konzern einzugliedern, mit den bekannten Folgen für die teilnehmenden deutschen Antiquare.