Donnerstag, 18. März 2010

Das neue börsenblatt.net - enttäuschend (Teil 2)

A.

Es sei mir gestattet, zur Verdeutlichung meiner zunächst ja formalen Kritik an börsenblatt.net (siehe den vorhergehenden Beitrag) hier noch zwei Webseiten vorzustellen, die - jede auf ihre unterschiedliche Art - ähnliche Aufgaben zu erfüllen haben wie börsenblatt.net. Von der Organisation her stellen sie weit auseinanderliegende Außenposten dar, einmal die moderne, tagesaktuelle New York Times, zum anderen die aktuelle Homepage des FBI.
Beide halte ich, jede auf ihre Weise, für nahezu perfekt. Dies gilt für alle Aspekte, von Farben, Schrift, Graphik bis hin zur Taktik und Technik des Aufrufens der Berichte.

Besonders wertvoll erscheint mir die NYT bezüglich ihrer geschickten, für den Leser erträglichen Nutzung als Werbeträger.

Ich habe die Abbildungen jeweils in drei Stufen angeordnet - zunächst die Leit- oder Hauptseite, dann untergeordnete Leitseiten und schließlich das Bild des Einzelberichts.

Dazu sage ich nun weiter nichts - ich lade Sie ein, sich die beiden zunächst so unterschiedlichen Seiten in Ruhe anzusehen und sich dann näher einzulassen auf Farbe, Graphik usw.


B.
Daß es zu einer solch vernichtenden Gesamtnote kam, mag zunächst verblüffen. Ich habe angedeutet, es seien vor allem inhaltliche, nicht etwa (nur) formale Mängel, die das neue börsenblatt.net abwerten.

Was für Aufgaben hat der Netzdienst des Börsenblatts wahrzunehmen?

Zunächst, man darf das nicht vergessen, ist er das Aushängeschild und Sprachrohr einer ehrwürdigen Institution, hinter der nicht nur - im Verlegersektor besonders deutlich - enorme Umsätze stehen, sondern in der auch ein hoher kultureller Anspruch vertreten wird. Die Form muß dieser Repräsentationspflicht Rechnung tragen, auch wenn es hier natürlich nicht um die eigentliche Homepage des Börsenvereins geht.

Diese Aufgabe wird vom neuen börsenblatt.net überhaupt und ganz und gar nicht eingelöst, die neue Seite wirkt "billig" und beliebig.

Dann hat der Börsenblatt-Netzdienst Aktuelles zu vermelden und darüber zu informieren. Die Meldepflicht wird eingelöst (auch wenn von der Sache her wirklich Aktuelles in einem tieferen Sinn eher selten auftritt) - mit der Einschränkung, daß die fehlende Übersichtlichkeit, die verwirrende und für den Nutzer mühselige Durchsicht des Materials nervt und behindert.

Ganz und gar nicht eingelöst wird aber die wichtigste Verpflichtung,

für die gesamte Branche ein wertvolles Referenz-, Nachschlage-, Denk- und Rezepthandbuch zu sein.

Vor allem fehlt die Einbindung eines lebendigen, moderierten Dialogs, in erster Linie über Fachfragen. Dieser Dialog muß technisch in engster Verbindung zu den aktuellen Berichten und zu den archivalisch-lexikalischen Fachinformationsmitteln stehen, die börsenblatt.net anbieten sollte - eigentlich...

Es ist auch nicht für 5 Pfennige der Versuch gemacht worden, über die geschmäcklerisch-äußerliche "Modernisierung" des Webauftritts hinaus eine inhaltliche Reorganisation zu unternehmen.

Die gesamte neuzeitliche, berufsbezogene Informations- und Dokumentationspraxis ist verschlafen worden. Es wurde im Vorfeld nicht analysiert, nicht richtig gedacht, - noch immer ist ein geschickt vernetztes Informations-, Melde-, Diskussions- und Nachschlagemedium nicht in Sicht.

Das ist enttäuschend. Deshalb die Abwertung.