Freitag, 5. August 2011

Öffentliches Bibliotheksgut in den Fängen privater Verlage



Die große Schande - Öffentliches Bibliotheksgut in den Fängen privater Verlage




Man muß das Börsenblatt nicht lieben, aber wir respektieren seine korrekte Berichterstattung. Leider gibt es dabei auch böse Ausrutscher.

Heute macht uns Redakteur Biester in, die Bemerkung sei gestattet, gespielter Naivität auf eines der übelsten Projekte aufmerksam, die sich die Auslieferung öffentlicher Bibliotheksbestände in die Hände privater Verleger zum Ziel gemacht haben.

Der reine Hohn ist schon die Überschrift, die gewählt wird: "Deutsch-niederländische Kooperation zur Digitalisierung", denn natürlich denkt  der Leser hier an eine löbliche Zusammenarbeit im Wissenschafts- oder Bibliothekskontext.

Was aber findet in Wahrheit statt? Ein ehrenwerter Verlag scannt /fotographiert /digitalisiert Bestände, die sich in

*öffentlichen Bibliotheken befinden, mit
*öffentlichen oder für die Öffentlichkeit gedachten Geldern oder Sponsorenzuwendungen erworben wurden,

die also  a l l e n  gehören.

Soweit, so gut. Er will aber daran verdienen, und zwar in ganz unglaublichem, Sie gestatten mir die persönliche Meinungsäußerung: in  schändlichem  Ausmaß. Das Possenspiel geht weiter: Nicht nur ein Verlag will sich seine Arbeit bezahlen lassen (Harald Fischer in Erlangen), ein zweiter, bekannt für ebenso gute wie in der Regel exorbitant teure Veröffentlichungen, Brill in Leiden, "koordiniert" die, wie ich wiederum für mich privat in den Bart murmele, "Mauschelei" mit der beteiligten Bibliothek - und sahnt seinerseits ab.

Natürlich weiß das Börsenblatt das, die Herren können ja lesen. Aber  k e i n  W o r t  fällt über den Reibach, der da gemacht wird, mit öffentlich erworbenem und öffentlich bewahrtem Bibliotheksgut.

Das "Lizenzsystem" ist fast so grausam wie die Abzocke, der die Bibliotheken derzeit von einigen naturwissenschaftlichen Verlagen im Bereich der Zeitschriftenabonnemente ausgesetzt sind. Es sind aber auch hier, im herangezogenen Beispiel, ganz lachhafte, völlig unrealistisch konstruierte Unsummen, die gefordert werden.

So lassen sich öffentliche Bibliotheken zu  B ü t t e l n  privater Verleger machen, sie prostituieren sich. Und weil wir alle Träger der Bibliotheken sind, wir alle dafür zahlen - werden wir als Steuerzahler und akademische Bürger Mitgefangene solcher Prostitution der öffentlichen Hand.

Öffentliche Bibliotheken dürfen sich nicht dazu hergeben, Ausnützungsobjekte privater Verlagsunternehmungen zu werden!

Und das Börsenblatt sollte sich schämen, uns diese Fakten zu verhehlen. Das nenne ich nämlich - Heuchelei.

Für die Ausleihe des hübschen Buchdeckels bedanke ich mich bei Tomi Ungerer, der die Rechte daran besitzt. Bild wird auf formlose Aufforderung hin entfernt.