Freitag, 5. August 2011

Messe ade - es lebe die zentrale Dauerausstellung mit Webseitenbündnis!





1.
Auch wenn mich der werte Dresdener Kollege Pardun nicht verlinkt - man spielt doch nicht mit Freiburger Schmuddelgreisen -, stehe ich nicht an, seinen jüngsten Aufsatz zu kommentieren, mehr noch, ihm ein Gegenmodell vor die Nase zu setzen - und ihn zu verlinken, denn solches ist eine Selbstverständlichkeit, ist es nicht?

Aus meiner Schwarzwälder Obdachlosensiedlung blicke ich bewundernd auf die Lichterstadt an der Elbe, rücke meine imaginäre Krawatte zurecht und beginne:

Lieber Herr Pardun, Sie sind auf dem Holzweg mit Ihrer Messe-Idee. Die ist bei Ihnen schon zur Zwangsvorstellung geworden, Sie verrennen sich immer tiefer in einem Labyrinth, aus dem es keinen  vernünftigen Ausgang gibt.

Wie ist denn die Lage im Antiquariat?

Zunächst malen wir uns ein Bild, das verdeutlicht:

- rot: den Umsatzwert im Antiquariat heute
- blau: die Anzahl Antiquare, die schwerpunktmäßig diese Ware betreuen
- grün: das Erweiterungspotential, die Werbemöglichkeiten sowohl für die Aktivierung/ Erweiterung bestehender Kunden wie auch für die Gewinnung neuer Käufer

In orangenen Kreisen sind noch die Sonderfälle "Versteigerer", "Momox" und "Billigstketten" verzeichnet.

Die drei taktisch-technischen, also nicht thematischen Hauptfelder im Antiquariat sind blau bezeichnet:

- Edelware, die in Sammlerware übergeht bzw. mit ihr identisch sein kann
- Sammlerware im weitesten Sinn
- Gebrauchsware als Ersatz für teure neue Bücher oder sonst als Quelle billigen Allgemein- oder Fachlesestoffes außerhalb des Sammelns im engeren Sinn

Schwarz sind unten meine Thesen zu den Erweiterungspotentialen eingetragen.

2.
Ich denke, daß sich die Graphik ohne weitere Erklärungen erschließt. Es macht bei näherem Hinsehen tatsächlich wenig Sinn, weitere Kunden für  E d e l ware einzuwerben, da hier das Angebot und damit meist auch der Verkauf gesteuert wird von neu hereinkommender Ware. Soweit es sich um Kapitalanlage-Kunden handelt, würde eine weitere Einwerbung solcher Edelkäufer sogar kontraproduktiv sein, da sie unsere echten Sammler verscheucht und verärgert.

Der Absatz an  G e b r a u c h s ware (der Begriff geht nicht von "gebraucht" aus, sondern meint "Ware zum praktischen Nützlichkeitsgebrauch") ist nicht wesentlich zu erweitern. Breite Schichten der Bevölkerung halten es für ehrenrührig, unsauber oder gar für pervers, Bücher, die "man" doch nur jungfräulich aus der Buchhandlung holt, gebraucht zu kaufen. Hat der Vor-Leser etwa beim Blättern in der Nase gebohrt oder Schlimmeres? - Umsatzerweiterung ist dort zwar möglich über das Momox-Prinzip, aber das ist dann eigentlich Verdrängungswettbewerb. Ich bleibe dabei: Kein Erweiterungspotential für Gebrauchsbücher im Antiquariat.

Riesengroß, endlos aber ist die Möglichkeit, neue  S a m m e l gebiete zu schaffen und zu propagieren, alte Sammelbereiche auszubauen, zu erweitern. Das wird jedem Antiquar unmittelbar einleuchten.

3.
Eine  M e s s e  müßte also vor allem Werbung sein für neue oder erweiterte Sammelgebiete. Das ist eine sehr schwere Aufgabe - wo kommt das Material her, wie stelle ich es aus, wie biete ich es dar?

"Die Antiquare" (in persona) auszustellen - das ist meistens kontraproduktiv. Es gibt eher wenige leutselige, präsentable Kollegen unter uns, aber viele, die den Mund nicht aufbekommen und linkisch in der Gegend umherstehen. Ähnliches gilt für die Warenpräsentation auf Messen - nur die Großen unseres Gewerbes können das wirklich, die anderen stümpern verzweifelt zwischen Kisten und Raumteilern  und bieten ein Bild des gehobenen Jammers. Was soll das?

4.
Dagegen ist die Aufgabe, Sammelgebiete  i m  N e t z  zu präsentieren, in sie einzuführen, auf sie  L u s t  zu machen, mit weit geringerer Mühe zu leisten. Und ebenso ist das Hinzutreten an den schäbigen Stand mit linkischem Antiquar davor oder darin weitaus besser zu ersetzen durch eine kluge, mit vielen Fotos geschmückte Laden- oder Lager w e b seite des Kollegen.

Wobei wir, Sie merken es schon, mal wieder bei der Forderung nach einem Ausbau der RFMeyerschen Glanzidee, dem  W e b s e i t e n b ü n d n i s, angekommen sind. Wie kann das nun das funktionieren?

Mein Vorschlag: Die Antiquare basten zunächst eine

*zentrale Webpräsenz,

die nichts anderes ist als eine virtuelle Dauerausstellung, in der bestehende und neue Sammelgebiete illustriert und dargestellt werden. Nicht durch die üblichen hohlen Kultursprüche, sondern durch Bilder, Bilder und noch mehr Bilder.

Von dieser Dauerausstellung aus geht ein demokratisch-gleichberechtigt aufgebautes Rundwander- oder Linksystem zu den einzelnen (Laden-/ Lager-) Webseiten der Antiquare. Damit erhalten die "Präsenzen" der Kollegen freilich einen höheren Stellenwert als bisher und man ist eingeladen, die üblich gewordenen Schlampereien dort auszubessern, sich "betretbare" Webseiten zu konstruieren und überhaupt mit den Kunden im Web etwas liebevoller umzugehen.

Fazit: Eine gut illustrierte zentrale Dauerausstellung der Antiquare, mit  sauber geführten Einzelwebseiten aller Kollegen verlinkt - das ersetzt die mühevollen und ziemlich sinnlos gewordenen Messen.

Messe ade - es lebe die zentrale Dauerausstellung mit Webseitenbündnis!