Sonntag, 30. Oktober 2011

Mit Ebay-Technik gegen Amazon - das Auktionsportal der Antiquare


Auch ein Geschenk zum Jubiläum der GIAQ



Zunächst ein aktueller Nachtrag zu meinem ILAB-Beitrag, der unwirsch aufgenommen worden ist.

Kurzer Besuch bei der ILAB-Datenbank - unbeschreibliches Elend. Es werden in einer Art Metasuche überwiegend Feld-, Wald- und Wiesentitel, nach düsteren Kriterien ausgewählt, in einer unbeschreiblich miesen, primitiven, ganz verhunzten graphischen und benutzungstaktischen Weise angeboten, mit schweren Anfängerfehlern, peinlich eingefaßten Kästchen, störenden Randangeboten, unglücklicher Schrift, paradoxer Gliederung, grauenhafter Farbgebung und noch häßlicherer, absurderer Zumüllung des oberen Seitenviertels - - meine Herren, diese Büchersuche entspricht genau dem Bild, das ich von der ILAB habe. Werfen Sie mal meine Standardsuche "Hitler Kampf" an, und wenn Sie nach der dritten Seite nicht schreiend und fluchend abbrechen, dann können Sie als Krankenpfleger in einer Irrenanstalt arbeiten.

Solang die ILAB ihr Verkaufsportal durch Praktikanten aus der Unterprima gestalten läßt, soll sie nicht in Weimar Kulturtheater abhüpfen und einen auf Verbrüderung machen (während sich die Großen der Branche in Wahrheit spinnefeind sind und sich die Kunden abjagen). Erst die Hausaufgaben erledigen, dann dürfen die Knaben auf den Fußballplatz.

Sagt den Leuten das niemand? Die eigenen Webseiten der illustren Teilnehmer in Weimar, das ergeben Stichproben schnell, sind exzellent gestaltet.

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Versprochen ist versprochen, nun bekommt die Genossenschaft ihr Jubiläumsgeschenk.

Ich fasse mich im heutigen Beitrag ungewohnt kurz, um über vermeintliche Kleinigkeiten, an deren Bemeisterung aber der halbe Erfolg des Projekts gebunden ist, nicht zu viel zu verraten. Das Vorhaben ist im Kern durch Außenstehende der Branche nicht gut nachzuahmen, denn es baut auf dem  beruflichen, internen  V e r t r a u e n  der Antiquare und ihrer  K u n d e n  zu dem Projekt und seinen Gestaltern auf. Es kann vermutlich überhaupt nur aus der Branche heraus verwirklicht werden.

Wir erinnern uns alle an jenen an sich hochinteressanten Versuch aus Hamburg, eine Datenbank, ein Verkaufsportal nur für  h o c h preisige Ware einzurichten. Im Börsenblatt, das damals noch Diskussionen zuließ - goldene Zeiten, wohin seid ihr entschwunden - wurde das Brisante daran im Kollegenkreis sofort erkannt. Mir ist jene Auseinandersetzung noch in Erinnerung, weil ich die große Linie genial fand, mich dann an Einzelheiten aufhängte und als das Unternehmen schon am Einschlafen war, wurde es mir wieder sympathisch. Wer sich mehrfach irrt in einer Einschätzung, der vergißt das nicht so schnell.

Seither bestehe ich bei allen Webprojekten darauf, zuerst und vor allem die vermeintlich kleineren Fehler aufzugreifen und sie zu tadeln. Denn wer im Kleinen nicht seriös arbeitet, der schafft auch die Generallinie nicht. An jenem Hamburger Webportal war alles, aber auch wirklich alles verkehrt, schief und falsch aufgefaßt worden. Das Deutsch fürchterlich, die Argumentationen unbeholfen, die Administrativa grotesk, die Arbeitsgrundlage absurd, die Vorarbeiten hingeschlampt - irgendeine Jurastudentin hatte das mit einem Hamburger Antiquariat (verzeihen Sie:) zusammen hingerotzt.

Diese zurecht schnell wieder eingegangene Blume im Hausgarten der Antiquare hatte aber einen sehr wichtigen und guten Ausgangspunkt, der durch die törichte Ausführung zu Unrecht diskreditiert worden ist. Wir müssen dort weiterarbeiten und es diesmal besser machen.

E b a y  ist ja nun das schwierigste, komplizierteste Gebilde im Bereich des Altbuchabsatzes. Ich bin, wie Sie vielleicht wissen, ganz zufällig zu einem der wenigen Antiquare geworden, die sich auf Gedeih und Verderb an Ebay gehängt haben. Meine Ebay-Geschichte gehört hier nicht her, sie ist tragikomischer Natur und läßt sich ganz grob so zusammenfassen: Meinen älteren Titeln tut es ausgesprochen gut, wenn ich sie mit mehreren sehr großen und scharfen Scans darstellen kann. Dies war jahrelang eigentlich nur mit Ebay möglich. Die Erstellung von Ebay-Einträgen, auch mit Turbo-Lister, ist so absurd schwierig und langwierig, daß ich mir einen "Sport" daraus machte, die Ebay-Nüsse zu knacken - und nachdem das eines Tages saß, wollte ich die unendlichen gehabten Mühen, mein schweres Lehrgeld, dann auch einsetzen und nutzen.

Ebay-Verkäufer aus Trotz und Eigensinn also - das trifft es genau. Absatz und Kasse stimmen auch. Das gilt aber nur für meine etwas seltsame alte Ware. Ungeübten Kollegen mit eher durchschnittlichen Titeln rate ich strikt ab von Ebay. Dort kaufen: immer -  dort anbieten: lassen Sie es bleiben.

Was ich bei Ebay am eigenen Leibe erfahren konnte, war zweierlei:

1.
Die Sammler alter Bücher lieben das Versteigern, die  A u k t i o n  ungemein, nichts gehört auf einer merkwürdigen Gefühlsebene enger zum Horten seltenerer Bücher als das Versteigerungserlebnis. Könnte was mit "Jäger und Sammler" zu tun haben, aber auch mit "Vorspiel und Orgasmus" - lassen wir das.

Weil den Messen das Versteigerungserlebnis fehlt, sind sie so öde und langweilig, so peinlich und armselig. Der Antiquar soll nicht im Ställchen sitzen und Bücher anbieten - er soll sie  v e r s t e i g e r n. Das ist Leben, das ist  L u s t...

2.
Die Darstellung vor allem älterer und ganz alter Bücher im scharfen Foto, in der Regel also im  S c a n , ist ungeheuer hilfreich für den Umgang mit alten Büchern, nur müssen es fast immer mehrere Fotos, soll es eine Foto s t r e c k e  sein.


Nun gerate ich schon in Gefahr, Details auszubreiten. Für den Kollegen, an den ich mich wende, ist der Gedankengang nachvollziehbar, wenn ich unter Auslassungen gleich zum Kern des Projekts springe:

Die Genossenschaft richtet in ganz enger Verbindung mit ihrer "gewöhnlichen" Datenbank ein Versteigerungsportal für Titel im oberen Mittel- und im Spitzenbereich ein. Zwar sollten engste technische Koppelungsmöglichkeiten vorgesehen werden - keine Details ausplaudern, Mulzer - , aber als Imageträger muß das neue Versteigerungsportal  a u c h  unabhängig wahrnehmbar sein für den Kunden.

Die Forderungen an das Image, die Vertrauenswürdigkeit eines Versteigerungsportals im oberen Mittel- und im Spitzenbereich sind ungleich höher, als das bei einer Bücherdatenbank üblichen Zuschnitts vorauszusetzen wäre. Bei dieser empfindlichen Ware und den noch empfindlicheren Kunden sollte jeder Schritt auf seine Außenwirkung überprüft werden - wirkt das  s e r i ö s  oder eher nicht?

Es läßt sich nicht vermeiden, daß die Versteigerungshäuser dadurch etwas ramponiert werden. Es soll ihnen zur Zeit sehr gut gehen, ich denke, die Antiquare könnten dieser Sondergruppe ihres Gewerbes einige Opfer, etwas Streß abverlangen. Schwer betroffen würde das Messewesen.

Das Versteigerungsportal, soweit gehe ich nun doch ins Detail, muß ein Klon von Ebay sein. Ebay ist auf seine umständliche Weise gut bis sehr gut, die Konkurrenten, die es anders machen wollten als Ebay, zeigen sich als jämmerliche, mehr oder minder mißglückte Unternehmungen. Also fast überall Ebay-Standard anwenden, nur muß und soll das natürlich ganz anders aussehen.

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Das ist eine Sache, die uns Amazon-Abebooks-ZVAB vermutlich nicht nachmachen können. Der Imageträger nämlich, die Antiquare im deutschen Sprachbereich, bürgt für fachmännisches Vorgehen in diesem Feld, von dem beide, Einlieferer wie Käufer , sehr genau wissen, wie sehr es  V e r t r a u e n s s a c h e  ist. Natürlich stellt sich, gerade für dieses Projekt, die Genossenschaft neu auf und/ oder nimmt eine allgemeine Berufsvertretung als Verein hinzu.

Ich sehe strategisch schon mittelfristig einen ungeheuer starken  A n s c h u b  für das angeschlossene Portal gewöhnlicher Bücher, das ja leider konkurrenzrechtlich angreifbar immer noch unter dem Namen "Antiquariat" firmiert. Es ist eine eiserne Voraussetzung, daß die  k u l t u r e l l e   Karte für das neue Versteigerungsportal eingesetzt und hoch gespielt wird. Ich liefere den Verantwortlichen auf Wunsch jede Menge Gesülze, auch hochtrabendes, kulturelles Geschmuse - hier hat es seinen Platz, um die vom Antiquariat weniger, von ihrer Kulturmission aber umsomehr überzeugten Kulturredakteure der Medien zu beeindrucken.

Und im Kern ist der Gedanke ja nicht falsch: Eine Experten g r u p p e  leitet und kontrolliert das weißgott nicht anspruchslose Unterfangen, Titel ab etwa 50 Euro kontinuierlich im Netz zu versteigern. Womit schon die vielleicht wichtigste Parallele mit Ebay und der entscheidende Unterschied zu den Versteigerungshäusern benannt ist: Jedes Wochenende zum Sonntagabend hin eine Versteigerungssitzung im Netz. Immer, kontunierlich. Wie Herr Jauch mit der Ratestunde. Man freut sich jede Woche darauf.

So werden Auktionsportal, gewöhnliches Bücherverkaufsportal, Genossenschaft und allgemeiner Berufsverein zu einer Waffe, mit der wir uns vielleicht noch aus der Umklammerung Amazon-Abebooks-ZVAB befreien können.

Nicht vergessen - es geht dabei zentral um den  I m a g e t r a n s f e r  vom neuen Versteigerungsportal zur Bücherdatenbank.



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