Sonntag, 31. Mai 2009

Das Webseitenbündnis als kreative Denkmaschine




Die Idee unseres Oberkonsistorialrats RF Meyer, eine Vernetzung von Kollegenwebseiten herzustellen, könnte uns auf allen damit zusammenhängenden Gebieten zu neuen Ideen führen. Es sollte darum gehen, daß wir uns aus starren, allzu eingefahrenen Gleisen befreien und wieder frischweg nach neuen Ufern Ausschau halten.

Dabei gilt es, die neuen Möglichkeiten des Netzes mit zu berücksichtigen. Ich merke an mir selbst, wie schwierig es ist, etwa die universellen Einsatzfelder des Bilds (und des Films) aus den gelernten Vorstellungen "Bilder brauchen viel Platz und sind teuer" oder "Videofilme sind schwerfällig aufzurufen und mit vielen Mängeln behaftet" zu befreien im eigenen Kopf.

Das waren ein Jahrzehnt lang nützliche Planungshilfen, die sich fast immer auch als sinnvoll erwiesen hatten. "Fotos sind Luxus, sags lieber mit Worten". Heute gelten sie nicht mehr.

Ich hatte noch in der Hess-Gruppe in mehreren langen Beitragsfolgen eine "betretbare Datenbank" gefordert, aus virtuellen Räumen, in Fom von Netzzbildern, die je nach Verfeinerung der Suchbegriffe immer enger werden, bis wir schließlich einer symbolisch gestalteten Bücherwand mit erkennbaren, lesbaren "Buchrücken" gegenüberstehen. Den Farben der Rücken wollte ich noch besondere Bedeutung geben, grün = Handbücher, usw. Durch Anklicken des virtuellen Symbolbuchs sollte sich dann erst die Titelei öffnen und das Buch bestellt werden können. Man hätte von Raum zu Raum wandern können, virtuell.
Kurioserweise könnte man heute, viele Jahre später, manche meiner Überlegungen verwirklichen. Damals durfte ich davon nur träumen.

Im Zusammenhang mit der Webseiten-Vereinigung (wieder einmal stellt sich gebieterisch die Namensfrage - möge sie von den Antiquaren doch einmal gut gelöst werden) hätte ich folgende Idee:

Jedes Buch wird dreimal fotografiert, einmal die aufgeschlagene Außenseite (Einband mit Rücken und Spiegel), dann das Titelblatt und schließlich irgendeine interessante Doppelseite innen. Die drei Fotos werden automatisch in einen Standardrahmen aufgenommen. An Stelle der Fotos treten im Idealfall die weitaus schärferen Scans. Notiert wird das genaue Sachgebiet bzw. die Gebiete - also brauchen wir ein festzulegendes allgemein anerkanntes Standardschema der Sachgebiete im deutschsprachigen Antiquariuat. Dazu noch Preis und knappste Anmerkungen.

Der lichtgrüne Rahmen um den jeweiligen Drei-Foto-Block, jeder einzelne Block steht für einen lieferbaren Titel, läßt sich durch Anklicken vergrößern.

Das Vergrößerungs- und Verkleinerungsschema funktioniert wie bei Googles Landkarten bzw. Erdansichten. Eine Gesamtkarte enthält sozusagen alle xy Millionen Bücher, winzig klein sind einzelne Titel beim Heranzoomen etwa zum Sachgebiet "Technik" schon erkennbar. Nicht nur als Pixelchen, sondern schon als farblich unterschiedene Mini-Bücherrücken sind auszumachen die Titel des Gebiets "Verkehr". Die Rückenaufschriften der Untergruppe "Eisenbahn" sind für scharfe Augen schon lesbar. Die letzte Landkarte, von der ab es nicht mehr weiter geht, mag "Eisenbahnkursbücher" heißen und etwa einem kleinen Bücherschrank entsprechen.

Innerhalb dieses letzten Raums wird nun nicht mehr sortiert oder gegliedert. Die Titel stehen wie in Wilsbergs Antiquariat einfach nur noch nebeneinander. Die drei Fotos für jedes Buch sind als kleine Kästchen jetzt gut erkennbar, wer will, klickt sie sich groß und wandert so durch das ganze Feld "Einsenbahnkursbücher".

Nun scheint es mir reizvoll, sich auszudenken, wie man die einzelnen Antiquariate ihrerseits als betretbare virtuelle Räume darstellen könnte. Der Kunde kann hin- und herwechseln zwischen dem Fachgebietsraum aller vernetzten Antiquariate und dem Gesamtangebot des einzelnen Antiquars. Das wurde in letzter Zeit übrigens wieder von etlichen Kollegen gefordert: Ein Antiquariat übers Netz als betretbaren Raum darzustellen.

In diesem Zusammenhang, auch als Nachtrag zu meinem Verriß des Quack-Katalogs, die ganz dringende Mahnung - bitte vergeßt nicht, daß gut 90 % aller unserer Kunden nur an Büchern "ihres" Fachgebiets interessiert sind. Das müssen wir überall im Kopf haben! Wer sich, wie der Quack-Katalog, nur auf teure Zimelien, auf versteigerungsfähige Titel und ihre Kunden konzentrietrt, der vergißt leicht die fast absolute Fachgebiets-Bezogenheit aller anderen Bücherkäufer.

Ich breche hier ganz bewußt ab, denn Überlegungen dieser Art sollten wir nur "offen" angehen. Brainstorming ist angesagt. Zu allererst ist das Sache der jetzt schon beteiligten Kollegen.

Wobei ich selbstverständlich dazu rate, sich alle Kollegen als Teilnehmer vorzustellen - von Anfang an. Man muß Visionen haben!


Das Bild zeigt oben Erzvater RF Meyer bei Verkündigung der Webseitenbündnisidee. Ganz unten knurren zwei Antiquare aus dem Westen unserer Republik.

Betr. Europawahl: Beim Nennen des Worts "Webseitenbündnisidee" bricht jeder Franzosen in Verzweiflungsschreie aus. Er rächt sich dann durch Anwendung des doppelten Subjonctif.

Der Gemeinschaftskatalog - eine publizistische Täuschung?




Was mag nur in den Köpfen der verantwortlichen Redaktion vorgegangen sein? Daß sie nicht Deutsch schreiben können, ist ja nicht so wichtig. Trotzdem tut es weh, wenn man sehen muß, daß die Verantwortlichen flugs eine eigene Webseite gegründet haben, um den Text ihres bei näherem Hinsehen höchst seltsamen Vorworts - siehe die Kritik vor 10 Tagen hier im Blog - der Ewigkeit anheimzugeben. Ich fasse es nicht.

Nun, nach drei vorhergegangenen Kritiken, noch einige Anmerkungen zu dem Geist, der hinter diesem Katalog steckt, der uns bisher schon so viel Mühe und Ärger bereitet hat. Neudeutsch heißt das, nach dem wir nun fragen, Strategie oder gar "Philosophie".

Mein Verdacht ist: Es soll hier der Eindruck erweckt werden, als handle es sich um den "Gemeinschaftskatalog der Antiquare". Dies wäre vom üblichen Sprachgebrauch her nahezu Etikettenschwindel, und nimmt man den Zusatztitel hinzu, "veranstaltet von der Genossenschaft der Internet-Antiquare", wird der Verdacht des Etikettenschwindels nicht abgeschwächt, sondern noch verstärkt.

Das ist eine harte Formulierung, und doch muß sie im Rahmen einer berufsständischen Kritik ausgesprochen werden.

Ich grenze den von mir vermuteten Tatbestand ein. Reklamiert werden "die Antiquare". Tatsächlich aber veröffentlicht hier eine Gruppe aus dem obersten Zirkel der deutschen Edelantiquare einen Auswahlkatalog, der fast ausschließlich Spitzenstücke und obere Mittelware zeigt.

900 der rund 1000 Antiquare im deutschen Sprachgebiet verfügen über Ware dieser Art nicht oder nur ausnahmsweise. Es handelt sich also nicht um einen "Querschnitt", es wird auch kein typisches Bild vermittelt, es konnten 90 % der deutschen Antiquare beim besten Willen erst gar nicht an einem Katalog dieser Art teilnehmen.

Darum ist dieser Katalog, wie ich einschätze, schon vom Anspruch her publizistisch *unwahr*. Der flüchtige Leser kann, so meine Auffassung weiterhin, getäuscht werden. Das muß keine Absicht der Herausgeber gewesen sein, vermutlich war es die übliche Dummheit.

Die Auswirkungen aber sind geradezu katastrophal. Denn dieser Katalog vermittelt absolut nicht das Bild des deutschen Antiquariats. Er ist vielmehr eine Zusammenstellung dessen, was in den Glasschränkchen der werten Kollegenschaft, in der Zimelienecke und im Reservatschrank sorgsam gehütet und nur mit begleitenden Argusaugen dem Kunden vorgelegt wird.

Dagegen ist zunächst nichts zu sagen: Warum nicht eine "Schau der Spitzenleistungen ausgewählter deutscher Antiquariate" in Buchform veranstalten?

Dann muß ich es aber auch sagen! Denn im zweiten Untertitel wird die (weiterhin: meine Einschätzung) publizistische Unwahrheit ja nicht ausgebessert, sonern eher noch verschlimmert: Die "Mitglieder der GIAQ" können sich ebensowenig als Querschnitt oder typischerweise in diesem Edelkatalog wiederfinden.

Ich werde mich hüten, den Herausgebern jenes Motiv zu unterschieben, das für böswillige Betrachter dieses Trauerspiels allerdings auf der Hand liegen muß: Daß sie sowohl ihre Kollegen als auch und vor allem ihr Publikum mit diesem Katalog getäuscht haben.

Nochmals: Es ist sehr sinnvoll, eine solche Schau der Spitzenleistungen ausgewählter Antiquariate zu veranstalten. Ich muß das dann aber korrekt etikettieren. Etikettenschwindel ist keine läßliche, sondern mitunter eine Todsünde.

Ich darf nur sehr begrenzt und mit großer Vorsicht das Goodwill und das Image einer *allgemeinen* Genossenschaft der Buchantiquare dazu verwenden, um *einzelnen Spitzen-Kollegen* die Gelegenheit zu geben, sich auf (moralische, nicht finanzielle) Kosten *aller* Genossen zu profilieren.

Die kleineren Kollegen fühlen sich ohnehin untergebuttert und unterrepräsentiert gegenüber den "besseren" Antiquaren. Sie müssen pfleglich behandelt werden. Die Kollegen Schäfer, Rudolph und Kretzer haben sich mit diesem von der GIAQ verantworteten Katalog nach meiner persönlichen Einschätzung als Totengräber des Genossenschaftsgedankens betätigt, ja - sie haben der Genossenschaft so etwas wie den moralischen Todesstoß versetzt.

Die Rolle des Verbands ist unter dem unklaren Vorsitzenden Köstler mit seinem unklaren Vorwort wieder einmal - - unklar. Dazu hier nichts weiter.

Was die Antiquare insgesamt und als Berufsstand anbetrifft, so ist auch er, wie ich einschätze, publizistisch verraten und unzulässig instrumentalisiert worden durch dieses Unternehmen. Ich darf nicht auf den Titel knallen "Gemeinschaftskatalog der Antiquare", wenn ich dann ein knappes Zehntel der Kollegen und diese nur mit teuren Spitzenstücken abbilde.

Gewiß, von Anfang an war es schwierig, dieses historische Kataloggebilde in der heute so ganz anderen Landschaft des Antiquariats vernünftig anzusiedeln - als Mittelding zwischen großem Messekatalog und kleinerem Versteigerungskompendium. Auf gar keinen Fall aber hätte das mit publizistischem Etikettenschwindel durchgeführt werden dürfen. Denn mit über 90 % des deutschen Antiquariats hat dieser Edelkatalog - man mag sagen leider - sehr wenig zu tun.

Wie hätte ichs gemacht? An der sehr schweren Aufgabe, echte Querschnitte durch das Angebot besonders des mittleren deutschen Antiquariats einzufordern und zu redigieren, hätte ich Abstriche nicht machen wollen. Auch dann wäre feilich eine Sammlung der besseren Stücke entstanden, aber im mittleren Niveau, im ehrlichen, tatsächlich vorhandenen guten Standard der deutschen Kollegen.

Damit würde auch unserer kommenden Hauptaufgabe, der Absatzförderung, gedient gewesen sein. Die hier vorgestellten Spitzenstücke verkaufen sich immer - der guten Mittelware muß unsere Hauptsorge gelten. Inwieweit dann an die Stelle der aufgelisteten Zimelien etwa auch oder sogar nur Portraits der jeweiligen Firmen hätten treten müssen, das lasse ich dahingestellt.

Etikettenschwindel jedenfalls ist eine Form der Unwahrheit, auf die das Netz heute sehr sensibel reagiert. Dieser Fisch stinkt vom Kopfe her - die Grundplanung stimmt nicht, und bei den Titeleien wurde, wie ich einschätze, publizistisch gesehen herumgeschwindelt. Sowas zahlt sich nie aus.


Das graphisch hervorragende Buchdeckelbild gehört der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Wird auf einfache Aufforderung hin sogleich entfernt.

Samstag, 30. Mai 2009

Schade um die Mühe oder: Wie setze ich einen Gemeinschaftskatalog in den Sand?




1.
Ein guter, wenn auch anonymer Geist hat mir nun mit dem Freistemplervermerk des Börsenvereins ein Handexemplar des Katalogs zugesandt. Die Quack dachte nicht im Traum daran, mir eines zu senden - die wissen, warum. Da ich mein Postfach nur am Samstag leere, kann ich erst heute auf den Inhalt eingehen. Das Vorwort und die Grundplanung hatte ich ja vor einigen Tagen hier schon in den Schmutz gezogen, Sie erinnern sich.

Noch ein methodischer Hinweis: Während ich es mir angelegen sein lasse, Personen nicht *emotional* zu beleidigen, tue ich ebendies mit Lust auf einer *sachbezogenen* Ebene immer dann, wenn ich eine Warn-, Verbesserungs- oder Abhilfefunktion zu erfüllen habe. Dies ist bekanntlich ein streng berufsorientierter fachlicher Blog.


Wer sich einliest, versteht meinen mitunter karikierenden, doppelbödigen Plauderstil und legt meine Zeilen nicht auf die Goldwaage. Ich werde von den Kollegen, wie jeder weiß, überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und verantworte, gemessen an der Vielzahl meiner Beiträge, einen der ungelesensten Blogs überhaupt.

Ich komme nicht so recht draus, wie Google die Zugriffe zählt, aber feststeht offenbar, daß sich meine Lesergemeinde im Tagesdurchschnitt auf 3 Klicks beläuft ,4 sind schon die Ausnahme. Da Redakteur Biester, Kollege Meyer und zu meiner Freude auch Kollege Schäfer hier täglich vorbeischauen, haben wir die ganze Leserschaft schon beisammen. Sonst verirrt sich fast niemand hierher.


Ich bin im übrigen seit jeher dafür bekannt, daß ich ganz gutmütig auf einfache Anforderung hin bestimmte Passagen streiche, wenns dem Seelenheil des Antragstellers dient. Meine Beiträge schreibe ich extrem schnell, korrigiere sie nur flüchtig und sitze also nicht wie der Drache Fafnir auf dem Goldschatz (oder saß er eher auf dem Venusberg? Wird zu klären sein). Man muß das locker sehen - wer was von mir will, soll mir schreiben. Er findet Gehör.

2.
Zur Einstimmung einige eher nebensächliche Anmerkungen. Die GIAQ hat, wie man weiß, in formaljuristischen Dingen noch nie ein glückliches Händchen gehabt. In diesem Katalog aber ist ihnen eine bisher unerreichte Spitzenleistung an juristischem Ungeschick gelungen:

Leutz, was ficht Euch an: Ihr weist, ganz richtig, unter der Spitzmarke "Geschäftsbedingungen" darauf hin, daß jeder teilnehmende Antiquar seine eigenen Geschäftsbedingungen hat und anwendet. Dann aber, so als wären wir im juristisch-dadaistischen Kabarett, betet Ihr, beginnend mit "Das Angebot ist freibleibend..." auf rund 70 Zeilen einen Sermon von Geschäfts- und Lieferbedingungen herunter. Das dürft Ihr beileibe nicht tun!

Verwirrung von Kollegen geht ja noch an. Der Gesetzgeber blickt großmütig auf den Rechtsverkehr zwischen, sagen wir, Ebenbürtigen. Er geht, nicht immer zurecht, davon aus, daß jeder Händler das gleiche Sachwissen hat oder doch haben kann. Wohlgemerkt gilt dies nur für Händler unter sich. - Hier leistet Ihr euch aber eine Verwirrung, wenn nicht gar eine Irreführung der Privatkunden. Denn welche Geschäftsbedingungen sollen für sie nun gelten - die 70 Zeilen, die ihr verbrochen habt, oder jene Klauseln, die der einzelne Kollege aufstellen muß und aufstellen wird?

Weil das so ist, habt ihr in den Zeiten des Versandabsatzrechts - notabene: Hier zwischen Händler und Privatmann - eine Todsünde begangen, die jede Kundenbestellung aus dem Katalog zu einem juristischen Abenteuer machen kann, wenn einer euch böse mitspielen will.

Ob eure rund 70(!) Zeilen der übergeschachtelten Geschäftsbedingungen ein fürchterlicher Salat aus richtigen und überflüssigen Klauseln darstellen, dies wäre meine Einschätzung, das wollen wir mit dem Mantel des Schweigens bedecken. Am Grauenvollsten ist für mein Rechtsgefühl die Verwendung des "uns" im juristischen Text - Himmelarschundzwirn, wer ist denn in diesem Fall "uns"? Mit wem geht denn nun der arme verwirrte Besteller einen Vertrag ein???

3.
Die beiden Vorworte wirken jetzt auf dem Papier noch viel aufgeplusterter als im Internet, gänzlich unmöglich - ach, lassen wir das, man kanns ja hier im Blog nachlesen, vor fünf Tagen. - Es ist höchst peinlich, wenn unter der schönen Überschrift "Inhalt" die Antiquariate aufgezählt werden, in einer ellenlangen Namensliste. Die Antiquariate sind eben nicht der Inhalt. Der Inhalt sind die Kataloge der Antiquariate. - Es ist albern und ziemlich angeberisch, im Fuß einer jeden Doppelseite anzupreisen "Gemeinschaftskatalog der Antiquare 2009". Das haben wir auf dem Deckel und im Titel gelesen, man braucht es uns nicht 150 mal vorzubeten.

Die Typographie wird, verbunden mit Merkmalen der Titelaufnahmen, den Hauptpunkt der heutigen Kritik bilden. Hier nur soviel im Voraus:

Der freie Rand innen, im Mittelfalz (ich drücke mich bewußt unfachmännisch aus) ist zu schmal. Das stört die Optik ungemein, ein peinlicher Anfängerfehler. Das bereitet dem Leser ein ästhetisches Grund-Magenweh, so lang er den Katalog in der Hand hält. Auch brachten es die unglücklichen Buchmacher fertig, ein im Licht sehr störend schimmerndes, reflektierendes Papier zu verwenden. Ganz grausig und unentschuldbar ist die durchgehende ausschließliche Verwendung von Schwarzweißfotos - es entsteht der Eindruck eines Trauerzirkulars oder einer Grufti-Friedhofspostille. Das wird keineswegs aufgehoben durch wenige schamvoll nachgeschobene Farbbildseiten. Gipfel der Peinlichkeit dann, angesichts dieses Trauermarsches in Katalogform, ein grellbuntes Quodlibet-Inserat.

Völlig verkorkst ist die Kenntlichmachung des jeweiligen Katalogtextes der teilnehmenden Antiquariate. Man bemühte sich zwar um eine hübsch minimalistische Kopfnotiz am Anfang jedes Kollegentextes - aber dann geht der einzelne Antiquar graphisch-optisch unter, es sei denn, man entdeckt (nach der unendlich wiederholten Angeberei mit "Gemeinschaftskatalog der Antiquare 2009" und einem Symbol, das grundsätzlich etwas über den Inhalt eines Buches aussagen will, niemals aber als Symbol für einen nachfolgenden Antiquariatsnamen taugen kann), winzig klein den jeweiligen Namen des Kollegen.

Der Katalog ist im Verhältnis zu seinem Umfang zu schlampig gebunden. Die Klebebindung scheint zwar haltbar, aber der verwendete Rückenkarton ist zu dünn. Schon jetzt, zwei Stunden nach dem ersten Anblättern, sieht er von hinten im Regal schäbig, billig, durchgelesen und wertlos aus. - Die Graphik des Einbands ist vom Teufel. Wie einfallslos das versetzte Aufeinanderstapeln von Buchsymbolen, im dritten Feld von oben eine jener dummfrechen, völlig unleserlichen Kunstschriften, die Einfaltspinsel in den Gebinden "1000 Schriften für die Hausfrau" für 4,95 Euro zu erwerben pflegen. - Der Gesamttitel "Bücher, Bücher, Bücher, Bücher..." paßt zwar in das Wolfskehl-Gedicht, ist aber im übrigen nur peinlich, oberpeinlich.

Ein Rattenschwanz kleinerer Peinlichkeiten sei diskret unter den Tisch gekehrt. Wer Wolfskehl nur "mit Genehmigung der Deutschen Schillergesellschaft e.V. in Marbach" abdrucken will, der macht sich der Effekthascherei und Anbiederung schuldig. Ganz grauenhaft der Untertitel "Wertvolle Autographen, Bücher, Graphik...", nicht (nur) wegen der unlogischen, doppelt und verquer moppelnden Zusammenstellung der Sachgebiete (siehe dazu meine Vorbesprechung), sondern weil das Beiwort "Wertvolle..." unendlich angeberisch wirkt, durch den Inhalt dann auch keineswegs immer bestätigt wird und von der Planung her auch gar nicht stets eingelöst werden sollte.

4.
Alles Äußerlichkeiten? Mag sein. Nun verziehe ich mich in meine chaotische WG-Küche, werfe das klapprige italienische Kaffeeapparätchen an, und wenn ich zurückkehre, gehts ans Eingemachte. -


Die verwendeten Typen sind grundsätzlich nicht schlecht ausgewählt. In anderem Zusammenhang würden wir uns freuen darüber - nicht aber hier. Woran liegt das? Eine an Serifen reiche Schrift, wie wir sie hier angewendet sehen, wirkt bei anspruchsvollen, fortlaufenden Texten immer gut. Ob man dort stattdessen eine nüchterne Helvetica oder gar einen Arial-Klon wählt, ist Geschmackssache. Soweit, so gut.

Nicht aber gilt dies bei komplizierten, sehr genau zu studierenden Texten, die zugleich von ihrer Natur her flüssig quergelesen werden müssen. Um solche genau zur Kenntnis zu nehmenden, jedoch auch rasch zu überfliegenden Notationen handelt es sich hier aber. Welcher Unglücksrabe hat diese verwickelte Serifenschrift ausgewählt, um ausgerechnet schwierige Titelaufnahmen damit auszuzeichnen? Das ist völlig unmöglich, eine Todsünde!

Die krottenfalsche Schrifttypenwahl macht das Lesen der Titelaufnahmen zur ausgemachten Quälerei. Das sind nun keine Äußerlichkeiten mehr - sowas kann für den Mißerfolg des Katalogs verantwortlich sein!

Dazu kommt, fast ebenso verheerend in den Auswirkungen, die Wiederholung eines alten Fehlers aus den ersten Zeiten der "Blocksatz"-Errungenschaft. Es ist, um es kurz zu machen, absolut verboten, Titelaufnahmen der anspruchvolleren Art in vordergründig "ästhetischem" oder "gefälligem" Blocksatz herunterzurotzen - - nur weils schön aussieht... Welche äußerste Barbarei! Ein vielfälig verschachteltes, ingeniöses Gebilde, hinter dem jeweils mehr als genug Schweiß des Antiquars steckt, wird in das Prokrustesbett eines geschmäcklerischen Blocksatzwahns gesperrt - in einem Aufwasch, ohne Absatz.

Detailfehler übergehe ich, deute nur an, daß die oft erfreulich langen und durchaus sachkundigen Anmerkungen in kleinerer Schrift nie als absatzlose Blöcke hingebreitet werden sollten. Ab etwa 20 Zeilen muß in Absätze gegliedert werden.

Ich breche hier ab. Die Titelbeschreibungen der meisten Kollegen sind ganz exzellent. Gerade deshalb ist es bedauerlich, daß - siehe die Besprechung letzte Woche - weder Strategie noch Taktik des Katalogs durchdacht erscheinen und daß, wie wir heute sehen, bedauerliche formale Mängel die Freude am Produkt nahezu verderben.


Das Bild verdanken wir der Webseite http://www.lwl.org/pressemitteilungen, in deren Eigentum es sich befindet. Es zeigt die beiden Katalogverantwortlichen vor ihrer letzten Redaktionssitzung.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Die Nachdruckreihe der deutschen Antiquare




1.
Der kommende Verein der Antiquare (gestatten Sie, daß ich bei dieser Formulierung leise auf den Stockzähnen lächle - natürlich kommt er nie, Sie wissen es und ich weiß es auch) wird darauf bedacht sein müssen, handfeste Werbemittel einzusetzen, die ihn in den Kulturabteilungen der Medien bekanntmachen.

Seine Hauptaufgabe ist ja die Übernahme einer bestehenden bzw. die Gründung einer neuen allgemeinen Bücherdatenbank, die sich im Eigentum der Antiquare befindet oder doch von ihnen kontrolliert wird. Der Name dieses Berufsvereins ist ungeheuer wichtig, im Netz zählen nur Namen, von daher auch mein erbitterter Feldzug gegen die abstruse Mißgeburt des Quack-Namens. Meine persiflierende Bezeichnung dürfte inzwischen bekannter sein als das unsägliche, un-merkbare Kürzel GIAQ.

Aus Anlaß der jüngsten gigantischen Geldverschwendung zu Lasten der kleineren Kollegen, auch "Gemeinschaftskatalog" benannt, hier eine Anmerkung zur Finanzpolitik unserer Verbände. Während einerseits mit Projekten kurzgetreten wird, weil kein Geld für anzustellendes Personal da sei und ehrenamtlich doch nichts aus den meisten Vorhaben würde, neigt man dazu, auf bestimmte Stich- und Lockworte hin blind loszutraben, etwa bei "kulturelle Beachtung finden", "die Magie des gedruckten Katalogs wiedererwecken", "Kooperation mit italienischen, spanischen und saudiarabischen Bücherdatenbanken" - schöne Anlässe, um Geld zum Fenster hinauszuwerfen.

Was fehlt, ist eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Für mich heißt das: Wo immer es angeht, müssen alle Werbe- und Imageaktionen, muß auch die kommende Datenbank zum Selbstkostenpreis laufen, möglichst sogar Gewinn erzielen. Ideal sind also Projekte, die wirtschaftlich durchkalkuliert sind und etwas einbringen. Der Verein sollte also wie ein freier Unternehmer denken und handeln. Das wird nicht überall zu machen sein, wo es aber zu verwirklichen ist, muß man die Gelegenheit ergreifen.

Eine solche Image- und zugleich Geldidee darf ich vorstellen, die unserem Verein wohl anstehen würde.

2.
Mit berechtigtem Mißvergnügen sehen wir als Buchantiquare die neuesten Google-Scanunternehmungen. In bestimmten Teilbereichen werden sie uns brotlos machen, in anderen - uns durchaus noch auskömmliches Überleben gewährleistenden - Sektoren wird das "echte" Buch als Sammelgegenstand stetige Nachfrage erfahren. Die Verlagerung vom Gebrauchs- zum Sammlermarkt kommt.

Eine große Hilfe wird dabei die bisher äußerst ungeschickte, linkische, unpraktische Umsetzung der gescannten Bücher in ausgedruckte Laser-Bücher sein. Hier wird Google, zusammen mit der ohnehin absatzschwachen Geräteindustrie im Laserbereich freilich bald nachbessern, der "Volksbuch-Laserdrucker" mit integrierter Klebebinde-Möglichkeit wird kommen, dazu eine elegantere Anpassung der Ausdrucke an A4-Formate oder eine Umstellung der Drucker und Bindegeräte auf A5.

Wie auch immer: Auf eine hübsche Reihe von Jahren hin wird das Selber-Ausdrucken gescannter Titel für den Endnutzer keine befriedigende Alternative sein.

Unser Berufsverein sollte, wie ich meine, diese Chance nutzen.

Wer von uns im Fachgebietsbereich arbeitet und eher auf ältere Titel spezialisiert ist, der weiß, daß es eine Vielzahl oft kleinerer Schriften gibt, urheberrechtsfrei, die stetig nachgefragt werden, die wir aber nicht liefern können. Man möchte sich für Fachantiquare oder Heimat-Antiquariate geradezu Prüfungsfragen ausdenken zum Thema: Nenne mir aus dem Stand ein Dutzend stets gesuchter, aber fast nie lieferbarer kleinerer Schriften vor 1930 zu deinem Kerngebiet!

Es wäre nun eine kulturmedienwirksame, zugleich finanziell nicht ertragslose Sache, als Verein hübsch gestaltete Nachdruckserien aus allen Fachgebieten in steter Folge zu veröffentlichen. Jede neue Serie kann dann guten Gewissens bei den Kulturmedien vorgestellt werden, eine dezente, aber beständige Werbung für den Verein der Antiquare.

Man richtet dazu eine vereinseigene kleine Geschäftsstelle ein, zwei Kollegen leiten die Angelegenheit nebenberuflich, zwei akademische Hilfskräfte, am besten ältere ehemalige Instituts-Sekretärinnen, erledigen die Tagesarbeit.

3.
Ideal wäre es für die angestrebte psychologische Medienwirkung, wenn in einer ersten Stufe die alte Zeitung des Börsenvereins Leipzig und die bibliophilen / bibliographischen Zeitschriften aus dem alten Antiquariatsbereich ausgewertet und in interessanten Teilen nachgedruckt würden. Wer sich die Mühe macht und den Vorgänger unseres Börsenblatts, etwa um 1890, zur Hand nimmt, der ist überrascht über die Fülle, die sich in diesem toten, urheberrechtsfreien Steinbruch befindet. Buchgeschichtliches, literaturhistorisches usw. Material in Fülle, ähnliches gilt zumal auch für die alten bibliothekstechnischen Fachzeitschriften bei Hiersemann usw.

Ich wäre dafür, grundsätzlich in A4, immer etwas vergrößert wegen der bekannten Frakturnöte, nachzudrucken, eine ganz einheitliche Umschlagsgestaltung vorzusehen und die ehrwürdige, aber keineswegs überholte Chromolux-Technik mit Heißklebeverfahren zu verwenden.

Es wird dann psychologisch gesehen die Sache der Antiquare sein, preiswerte Neudrucke und Ausgrabungen herzustellen und zu vertreiben - eigentlich die natürlichste Sache der Welt, wenn mans recht bedenkt. Und da nur ein bescheidener Gewinn dabei herauskommen soll, wird das preiswert angeboten werden können. Es geht ja um den Werbezweck! Die Bände oder eigentlich Hefte werden hübsch einzeln ins VLB gesetzt.

Das ist natürlich nur eine Werbeaktion von mehreren für unseren Berufsstand und seine neue eigene Datenbank, sicher nicht die Wichtigste, aber Kleinvieh macht macht auch Mist - und unterschätzt mir das Wohlwollen der ernsthaften Büchersammler nicht! Wer ihnen Arbeitshilfsmittel liefert, der hat ihren Dank.

Das Bild gibt die erste Stellungnahme des Börsenvereins wieder zu der Überlegung, die Antiquare könnten seine alten Schätze nachdrucken (Bild gehört jener Kulturbesitz-Verwaltung, die für die Stabi Berlin keinen gescheiten Retro-Ankaufsetat mehr auf die Beine stellen kann - wir Antiquare habens zu büßen)

Mittwoch, 27. Mai 2009

Unser Gemeinschaftskatalog, ein gedruckter Denkfehler




Das Unternehmen ist mit einem Rattenschwanz schiefer, falscher bzw. völlig ausgebliebener Überlegungen belastet - ein groteskes Zeugnis gemeinschaftlicher Denkverweigerung.
Daß es zu einer derart peinlichen Gemeinschaftsleistung überhaupt kommen konnte, ist den verunglückten Strukturen der Quack geschuldet, die es in den vielen Jahren ihres Bestehens nicht geschafft hat, eine lebendige Diskussions- und Entscheidungsstruktur wenigstens unter ihren Mitgliedern auf die Beine zu stellen.

Rücken wir die Dinge mit flüchtiger Hand zurecht - eigentlich wurde alles schon gesagt, man muß es nur zusammenstellen und den Kollegen unter die Nase halten.

1.
Im mittleren und unteren Preisbereich sucht der Bücherliebhaber fast ausschließlich Titel seines Interessengebiets. Ausgerechnet und nur bei den hier bewußt ausgeklammerten oder doch eher in Einzelstücken vertretenen versteigerungsfähigen Titeln versammeln sich die Generalisten, die Allesfresser unter den Käufern, "ich sammle das wertvolle und seltene Buch". Solche weißen Raben gibt es, aber die findet man auf den Versteigerungen und Messen und als Katalogkunden der Edelhäuser.

95 % aller Antiquariatskunden im mittleren Bereich aber kaufen nur die Bücher ihres Fach- und Sammelgebiets. Daß nun auch der eine oder andere Nachbar- und Zufallstitel mit erworben wird, kann nahezu vernachlässigt werden in unseren Überlegungen.

2.
Völlig vernachlässigt wurden von den blinden und tauben Möchtegern-Nostalgikern, die für dieses unsägliche Gebilde verantwortlich zeichnen, daß wir im Internet-Zeitalter leben. Als es noch gedruckte Antiquariatslisten in Heftchenform gab, die niemand besaß, weil der Verband sie seltsam verhehlte, als der Kunde auf windige, teils aber auch recht pfiffig konzipierte Antiquariats-Anzeigenblättchen angewiesen war, die gratis in den Geschäften auslagen, als es fast nur die Gelben Seiten gab, um sich kundig zu machen - da konnte man noch "freudig überrascht" sein und Antiquaiate, an die man "bisher nicht gedacht hatte", im Rahmen solcher Sammelkataloge entdecken.

Heute ist das Stuß. Auch die letzte Klosterfrau in Oberdingharting, Post Kalkreuthe-Wald, schafft sich mit emsigen Klicks via ZVAB und Google diejenige Transparenz, die sie sich wünscht. Von den entsprechenden Titeln zur Ermittlung von Antiquariaten zu gelangen, das ist im ZVAB (gottseidank) trotz milder Erschwerungsversuche spielend leicht zu machen, von dort auf die entsprechende Webseite via Google, nachdem man die üblichen zwei, drei vorangestellten Spam-Schleudern weggekickt hat, noch viel einfacher.

Man unterschätzt die Netzgewandheit unserer Kunden gewaltig, wenn man annimmt, sie beherrschten solche Grundschritte nicht aus dem ff.

Folglich gibt es absolut keinen Grund, sonst vermeintlich nicht auffindbare oder gar "versteckte" Kollegen via Gemeinschaftskatalog vorstellen zu sollen.

3.
Noch vor zwei Jahren waren gute Kollegen-Webseiten die absolute Ausnahme - von 1000 Antiquaren hatten etwa 20-30 aussagekräftige Lagerkataloge im Netz. Heute ist das anders. Zwar sind sehr viele der Antiquariatsseiten ungemein fehlerbehaftet, entweder arrogant-hochnäsig oder juristisch-verklausuliert und/oder graphisch von Halbblinden entworfen - aber sie sind doch da. Ich schätze die Zahl ordentlicher Webseiten mit Lagerbeständen derzeit auf gut 100.

Die Folgerung liegt auf der Hand, und Kollege RF Meyer hats uns jetzt ja vorgeführt - man hätte einfach nur ein gutes Portal für existierende Antiquariats-Webseiten herstellen sollen. Das wärs gewesen, wobei das übrigens ein schweres, verantwortungsvolles Stück Arbeit ist, an dem sich unser Oberkonsistorialrat aus Berlin noch manchen Zahn wird ausbeißen müssen.

Aber es ist machbar. Anstatt sich also mit einem gedruckten Katalog abzuquälen, hätten die beteiligten Kollegen ihre individuellen Webseiten pflegen und dann geschickt so vernetzen sollen, daß ein virtueller Gemeinschaftskatalog entstanden wäre.

4.
Von der Kostenseite sprechen die Quack-Kollegen natürlich nicht. Ich kenne die Bräuche - vor fünfzehn Jahren wurden Koll. Beran und meine Wenigkeit schon dafür gesteinigt, daß wir unsere Kataloge in Prag drucken ließen. Haben sie ihr opus magnus jetzt wenigstens in Südtirol oder Kroatien herstellen lasen? Von wegen - die nicht! Ich verwette meinen alten Pfadfinderhut, daß irgendeine teure reichsdeutsche Klitsche zum Druck herangezogen worden ist, schön edel und und teuer.

Natürlich wäre auch das Portal nicht billig gekommen. Aber eine Gemeinschaftsleistung zahlt sich gerade im Internet sehr aus - die Bündelung vieler Netz-Erfahrungen wäre dem Projekt sehr zugute gekommen, es wäre ein Modell entstanden, das allerseits nutzbar und nützlich, vor allem auch ausbaufähig gewesen sein würde. Stattdessen sind wir, vermutlich unter Federführung unserer niedrrheinischen Edelantiquare vom Dienst, ins Mittelalter des Antiquariats zurückgekehrt.

Fazit: Das war töricht, dumm, unüberlegt, kurzsichtig und ein würdiges Abschluß-Dokument jener unsäglichen Genossenschaft, die ich vor elf Jahren zum ersten Mal in der Hess-Runde angeregt hatte. Hätte ichs nur unterlassen - was wäre uns nicht alles erspart geblieben!

Das hübsche Buchdeckelbild ist Eigentum des Verlags. P.S. Buch ist sehr lesenswert!

Sonntag, 24. Mai 2009

Der Bücher-Michel: Unser kommender Normalpreiskatalog






Ich solle mich etwas kürzer fassen, dieser eine Wunsch scheint die Leser meines Blogs zu beseelen, ich bin zu umständlich, sagt unser geschätzter Oberkonsistorialrat RF Meyer-Berlin. Versuchen wirs also mal kurz und knapp, zur Feier des Sonntags. - Die Reihenfolge der nun folgenden Gedanken ist etwas kurios, ich erlaube mir, das Pferd von hinten aufzuzäumen, damit das an sich recht spröde Thema etwas unterhaltsamer wird.

Vorbemerkung: "Michel-Katalog" ist kein freier, sondern ein geschützter Handelsname, der sich im Eigentum des Verlags Schwaneberger (München) befindet. Der Begriff "Michel-Katalog" wird im folgenden Text lediglich als Gattungsbegriff verwendet, wie er sich unter Briefmarkensammlern seit Jahrzehnten eingebürgert hat.

Wer nicht zu den Philatelisten gehört, dem ist schwer klarzumachen, wie ein klassischer Briefmarkenkatalog aufgebaut ist. Kompliziert wird die Sache noch dadurch, daß die bewährten Grundprinzipien der alten graphischen Darstellung im Schwaneberger-Verlag mit Einführung des EDV-Satzes verlassen worden sind, die heutigen Ausgaben sind teilweise nur noch mühsam lesbar, graphisch verdummbeutelt, oft eine Zumutung für den Nutzer in formaler Hinsicht.

Deshalb bringe ich als Abbildung zwei Scans aus dem "Michel Europa 1950". Hier sehen Sie noch das ursprüngliche Michel-Konzept.

Gleich in medias res, ich soll mich ja kurz fassen. Die Unterscheidung in ungebraucht bzw. postfrisch (linke Spalte) und gestempelt (rechte Spalte) entfällt für unsere Zwecke natürlich, es gibt nur noch einen Einheitspreis. Dieser soll für gute, aber nicht sehr gute Erhaltung stehen, also etwa die Schulnote "2" (gut) verkörpern, wobei darauf zu achten ist, daß man nicht unversehens in die Note "1" hochgleitet, es soll sich ja um deutlich benutzte, aber gut erhaltene Exemplare handeln - aber auch nicht in die Note "3" absinkt, denn etwas über dem Durchschnitt der Erhaltungszustände müßte die neue Standardnote "2" dann auch schon liegen.

Die kleinen Bildchen dienen der raschen optischen Identifizierung. Meistens würde der Text ausreichen, aber die Erfahrung zeigt, daß die Kombination aus Bild und Text ungemein hilfreich ist und ein fast intuitives Benutzen und Blättern ermöglicht. Hier handelt es sich dann natürlich um Deckelbilder der Bücher. Wo ihnen eine Aussagekraft nicht innewohnt, können sie wegbleiben. - In der ersten Auflage würde man nur wenige Deckelbilder zur Auflockerung bringen.

Die Gliederung des Gesamstoffs erfolgt natürlich nach Sachgruppen, innerhalb der Sachgebiete ist chronologische Ordnung (nach dem Jahr der ersten Ausgabe) sinnvoll. Wie es der Michel auch macht, gibt es für Zusammenstellungen, bei denen es günstig erscheint, Sonder-Tabellen: Man wird natürlich alle Dichter-Ausgaben unter einem Namen zusammenfassen, z.B. bei Goethe, Wieland, Rilke. Erst die einzelnen Texte titelaphabetisch, dann die Werkausgaben chronologisch. Solang man das maßvoll einsetzt, wirken Sondertabellen dieser Art nicht verwirrend, sondern anregend beim Querlesen des Katalogs.

Wie im Briefmarken-Michel (Dienstmarken, Portomarken, Telegraphenmarken) gibt es nachgefügte Sondergruppen für jede Sachgruppe, die grundsätzlich dort zu suchen sind und nicht im allgemeinen chronologischen Teil der jeweiligen Sachgruppe, vor allem die Zeitschriften des Sachgebiets, aber auch (interessant:) Schulbücher.

Die Aufteilung nach Sachgruppen ist ungeheuer wichtig, nichts muß so sorgfältig überlegt werden wie diese Frage. Ich habe ungefähr 100 Sammler- und Sachgruppen abgegrenzt, die ich zur Diskussion stellen würde. Da der Bücher-Michel primär unserer Absatzförderung dienen soll, ist oberstes Kriterium für die Einrichtung einer Gruppe ihre Eigenschaft als Sammelgebiet. Mit vorsichtiger Hand kann man "kommende" Sammelinteressen postulieren. Grenzfragen gibt es viele. Eindeutige, wenn auch kleine Gebiete sind z.B. "Geologie" , "Eisenbahn", "Pferde" (-zucht, -sport). Aber dürfen "Bienen" oder "Hunde", zwei gern gesammelte Miniaturfelder, separat stehen? - Trennen wir "Rom" und "Griechenland" und "Ägypten" oder lassen wir jedes einzeln als historische Sammelbereiche ? Da werden wir, wiewohl leise murrend, wegen der vielen übergreifenden Titel ein Gesamtgebiet "Klassisches Altertum" postulieren müssen. Manche Abgrenzungen müssen mit harter Hand diktiert und durchgehalten werden, so etwa beim Herausoperieren der sehr gesuchten Militaria-Felder aus der (eher flauen) sonstigen neueren Geschichte. Darf die NS-Zeit als Sammelgebiet von "2.Weltkrieg" getrennt werden, und wenn ja, dann wie?.

Alle diese Abgrenzungsfragen müssen, wie das mit kniffeligen Briefmarkenproblemen nicht anders ist, ein für alle Mal definiert und kodifiziert werden. Sie stehen als Regelkatalog/ Regelwerk dem Bücher-Michel voran (und können dann nur noch mit Mühe verändert werden).

Ich sagte schon, daß wir heute mit der Kirche ums Dorf gehen. Jetzt also kommen wir zu den Kernfragen.

Ich wandle erstmal zum Kaffeekochen in die Küche (in der neben rd. 1000 Büchern auch Spinnen und Käfer vergnügt hausen und mir zugucken), allwo ich mein italienisches Billigapparätchen in Betrieb setze. Es gibt jenen Kaffee, den meine Gäste immer so sehr lieben - bis sie sich in besagte Küche verirrt, den Küchenboden und die archäologischen Schichten auf meinem Apparätchen gesehen haben. Sind die Besucher weiblichen Geschlechts, kommen sie kreidebleich und mit zitternden Knien von dort zurück und müssen, erfreulicher Nebenzweck, sofort getröstet werden. Dann erkundigen sie sich (sind alle Frauen so?) nach Putzeimer, Wischlappen und Vim/Ata, einen gewissen Feldherrengestus im Auge, Widerspruch nicht duldend. - Der Kaffee ist fertig.

Wir benutzen als Quelle ZVAB in Kombination mit Bookfinder. Bookfinder ist zwar quälend langsam, aber in den zahlreichen Zweifelsfällen bibliographischer Natur ist es durch die - schlichtweg geniale - Aufdröselung ähnlicher, vermeintlich zusammenhängender oder dann eben doch getrennt zu behandelnder Fälle ein unerschöpfliches Findemittel dort, wo uns das ZVAB mit krausem Datensatzgewirr zumüllt. Im Kern aber nutzen wir das ZVAB. Einige Versuche haben mich zu folgendem Vorschlag geführt:

Aufgenommen werden für die Ermittlung der Wertansätze "guter Zustand"

5 - 49 Euro.......... alle Titel, die 3 x und öfter angeboten werden
50-199 Euro........... alle Titel, die mindestens 2 x angeboten werden,
200 Euro und höher............. alle Titel überhaupt


Natürlich geht man da mit Augenmaß vor. Wenn wir Serien haben (etwa alte Gartenlauben-Jahrgänge, Werkausgaben von Börne, als Sondertabelle), dann werden wir auch nur 1 x angebotene Titel aufnehmen. Je kleiner die Titelzahl ist, desto sorgfältiger müssen wir aber den anbietenden Kollegen beäugen und die Verhältnismäßigkeit des Preisansatzes Pi mal Daumen nachprüfen.

Das Herunter- oder auch Heraufrechnen des Preisansatzes aufgrund der (hoffentlich) angegebenen Zustände ist schnell zu bewerkstelligen. Etwas komplizierter wirds bei fehlenden Tafeln, Teilbänden und anderen Schrecknissen. Aber das ist alles flott zu machen.

Das sind bisher erst einige der Überlegungen zum Bücher-Michel . Besonders liegt mir am Herzstück des Ganzen, ohne das ein Unternehmen dieser Art völlig undurchführbar wäre: Die vereinfachte Bibliographie / Typographie.

Sie ist visuell aufgebaut und soll das schnelle Querlesen ermöglichen. Zugleich räumt sie mit einigen Quisquilien auf, die unsere Bibliographie in Gestalt alter Zöpfe mit sich herumschleppt, weitestgehend ohne Sinn und Zweck. Dazu gehört insbesondere der völlig hirnrissige Tick, immer die *genaue* Seitenzahl angeben zu sollen. Sie wird bei uns ersetzt durch kleine, dunkle, viereckige typographische Blöckchen, ähnlich den Zwischenstückchen im Bleisatz. Jedes Blöckchen steht für 100 vollendete Seiten. Einbandarten werden durch sprechende Symbole ersetzt, so zeigt ein wehendes Tücklein "Leinen" und das vereinfachte Ledersymbol die aufrechtstehende Raute, "Leder". Taschenbücher sprechen zu uns durch eine vereinfachte Einkaufstasche, usw.

Der Bücher-Michel bringt alle Einzeldaten (genaue Seiten, Anzahl der Tafeln, Beilagekarten) nur dort, wo sie zur Bestimmung und Abgrenzung von anderen Auflagen/ Ausgaben *zwingend* notwendig sind, und auch dann nur in der strengsten Abkürzung. Die Titel werden auf das zum Verständnis notwendigste Mindestmaß abgekürzt (3-5 Titelworte, evtl. 1-2 dazu aus dem Untertitel).

Da ich mich ja heute kurz fassen will, hier nur noch einige Stichworte: Ich bestehe darauf, daß das Werk in China gefertigt wird. Es muß in A5 auf extremem Dünndruckpapier gedruckt werden, was einen soliden Einband und, notabene, Fadenbindung voraussetzt, also nach Art der japanischen Wörterbücher, die wir bei unseren fernöstlilchen Austauschstudenten immer so bewundern. Es soll in großer Auflage erscheinen und zu einem ausgesprochen niedrigen Preis vertrieben werden.

Wir müssen uns eine Jahresgrenze zu den Neubüchern hin setzen. Darüber wird zu sprechen sein. Ich sehe die allgemeine, umfassende Einführung der ISBN- und ISSN-Benummerung als vernünftigen Zeitabschluß zur Gegenwart hin; grosso modo könnte man sich auf 1980 einigen. Eine Notwendigkeit für eine Zeitgrenze nach unten sehe ich nicht, es gibt preiswerte theologische Literatur auch um 1600, die massenhaft im ZVAB steht. Im Gegenteil - es wird mir eine diebische Freude sein, den Abzockern und Verhehlern der Auktionspreise ein Schnippchen zu schlagen, indem die Versteigerungserlöse der größeren Häuser in besonderer Signatur (Rotdruck z.B.) mit aufgenommen werden. Wobei die Aussagekraft der Ergebnisse in dieser hohen Preislage bei unserer drakonischen Kürze der Aufnahme natürlich etwas fragwürdig wird, aber durchaus noch nützlich als Anhalt bleibt.

ZVAB und die über Bookfinder erreichbaren anderen Datenbanken dürften rd. 10 Millionen deutschsprachiger Titel nachweisen, andere Schätzungen gehen bis 15 Millionen. Vor 1980 dürften uns etwa 8 Millionen Titel bleiben. Nach den oben erwähnten Kriterien 3x, 2x oder auch nur 1x vorhandene Titel könnten wir, auf die einfache Aufnahmeeinheit im Bücher-Michel heruntergerechnet, etwa in der Größenordnung 50.000 finden. Mit meinem bibliographisch-typographischen System, in der ersten Stufe noch fast ohne Deckelbilder kalkuliert, bekommen wir auf eine A5-Seite dreispaltig rd. 100 Titel.

In der Fassung fast ohne Deckelbilder können wir also mit einem sehr handlichen Dünndruckpapier-Bändchen in A5 im Umfang von rd. 500 Seiten rechnen, die Deckelbilder brächten den Umfang auf rd. 700-800 Seiten. Das ist, wofern wir nach japanischem Vorbild verfahren, ein Band, der immer noch sehr gut in einer schmalen Aktentasche mitgeführt werden kann, auf dem Gang ins Antiquariat z.B.

Natürlich gibt es für jedes der knapp 100 Sachgebiete eine separate Einzelausgabe. Das sind dann schmale Dünndruckheftchen, die dem Sammler des Sachgebiets eine große Hilfe bringen, ja überhaupt erst zur Anregung, das Gebiet zu be-sammeln, dienen könnten. Sie stehen in jedem Institut, in jeder Fachbibliothek.

Jene Revolutionierung des Preisniveaus, die der Bücher-Michel in kürzester Zeit herbeiführen wird, ist in ihren Auswirkungen gar nicht zu überschätzen. Wie auf dem Briefmarken-Markt setzt sich ein solches Regelwerk ungemein schnell durch - der Grundgedanke ist "typisch deutsch", wir mögen solche preußischen Standards sehr, das liegt uns im Blut. Es wird eine Stabilisierung der Preise insbesondere nach unten hin geben. Interessant erscheint der Einsatz des Bücher-Michel mit den Teilheften und mit der Gesamtausgabe für eine Erschließung neuer Käufermärkte.

Samstag, 23. Mai 2009

Unser Gemeinschaftskatalog - ein Dokument der Sprachblödheit





"Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der
Flamme"

Das ist fürchterlicher Schmonzes - unangemessen für einen Händler-Mischkatalog mittleren Zuschnitts

"Nach zehnjähriger internetbedingter Unterbrechung erscheint er wieder,
der Gemeinschaftskatalog der Antiquare. Unter dem Wolfskehl'schem Ausruf „Bücher, Bücher, Bücher, Bücher ....“ aus seinem bibliophilen
„Lobgesang“ haben insgesamt 93 Antiquariate aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden für den gedruckten und reich illustrierten Katalog ihre interessantesten und auch wertvollsten Stücke aus allen Bereichen des Handels beigesteuert: Autographen, Bücher, Graphik, Handschriften und Plakate."

"internetbedingt" - ist kein Deutsch, sondern blödheitsbedingt
"Wolfskehl'schem" hat ein falsches Apostroph. Wir sind nicht in USA, schreiben auch nicht das Jahr 1810.
"Ausruf...aus" ungute Wiederholung
"für den gedruckten und reich illustrierten Katalog" ungeschickt gesagt. Kataloge sind (noch immer) meistens "gedruckt". Muß man die Druckversion anders hervorheben.
"interessantesten und auch wertvollsten Stücke" holpriges und auch ungeschicktes Deutsch
"aus allen Bereichen des Handels" da sei Gott vor, sonst gehandelt werden auch Äpfel, Klopapier und Atombomben. Ihr meint "Antiquariatshandel".
"Autographen, Bücher, Graphik, Handschriften und Plakate." Autographen sind meist auch Handschriften, Plakate zählen oft (nicht immer) auch zur Graphik. Muß man deshalb anders sagen.

"Nicht nur das titelgebende Buch von Karl Wolfskehl aus der Rupprecht-Presse wird angeboten, zu Preisen zwischen € 30 für ein mecklenburgisches Bilderheft bis zu € 38.000 für einen sehr umfangreichen Musikernachlaß finden sich sehr viele, lange nicht gesehene Stücke aus allen genannten Bereichen. Bitte beachten Sie hierzu im Einzelnen die Anlage mit einigen Hinweisen auf die „Highlights“.
Oft sehr moderat ausgepriesen, liegt der Durchschnittspreis im mittleren dreistelligen Bereich. Die meist in Messekatalogen angezeigten, manchen Bücher- und Kunstliebhaber vielleicht sogar abschreckenden „blockbuster“ mit Preisen im oberen fünf- bis hin zum sechs- oder gar
siebenstelligen Bereich fehlen völlig."

"das titelgebende Buch von Karl Wolfskehl " der titelgebende blöde Redakteur des Einführungstextes
"von Karl Wolfskehl aus der Rupprecht- Presse wird angeboten, zu Preisen zwischen € 30 für ein
mecklenburgisches Bilderheft..." nanu, denkt der Leser, das Bildheft aus der Rupprecht-Presse?
"lange nicht gesehene Stücke aus allen genannten Bereichen. " peinlich nur, daß die Bereiche noch gar nicht "genannt" worden sind...
" ... Sie hierzu im Einzelnen die Anlage mit einigen Hinweisen" die Modellbahnanlage? die Parkanlage?
"Oft sehr moderat ausgepriesen, liegt der Durchschnittspreis " schämt euch, das ist schlechtes und falsches Koofmichdeutsch


"Auffällig ist der Wille der teilnehmenden Firmen, durch die Qualität des Angebotes und die Auspreisung wieder mit dem internetfernen Sammler ins Gespräch und auch ins Geschäft zu kommen. Umso bemerkenswerter, daß ausgerechnet die Genossenschaft der
Internet-Antiquare eG (www.giaq.de) die Initiative übernommen hat, die lange Tradition (1962 - 1999) der Gemeinschaftskataloge wieder aufleben zu lassen, zu Recht in einem Grußwort des Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Antiquare gewürdigt."

"Auffällig ist der Wille " auffällig ist hier der schiefe Gebrauch des Wortes "auffällig"
"Qualität des Angebotes und die Auspreisung" Das Unwort "Auspreisung" - und die Ausweisung des Schreiberlings
"mit dem internetfernen Sammler " und einem sprachfernen Texter
"mit dem internetfernen Sammler ins Gespräch und auch ins Geschäft zu kommen" Das ist schlechtes und auch holpriges Deutsch
"Umso bemerkenswerter, daß ausgerechnet die Genossenschaft " nanu! Weshalb? der logische Zusammenhang fehlt. Bemerkenswert ist nur der schlechte Stil.
Von Umso... bis gewürdigt ist der ganze Satz falsch konstruiert, er hängt in er Luft.

"Zur Teilnahme eingeladen, war der gesamte organisierte Handel, also die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, des Verbandes Deutscher Antiquare, der GIAQ und zusätzlich die Teilnehmer der Internetplattform prolibri.de,
wo der Katalog nach dem Postversand mit angemessener zeitlicher Verzögerung ebenfalls erscheinen wird."

"der gesamte organisierte Handel". Erstens nur der Altbuch- und Graphikhandel, nicht die Altkleider- und Tomatenhändler, zweitens sagt man "organisiert" hier besser nicht so.
" mit angemessener zeitlicher Verzögerung" mit angemessener sprachlichem Umgeschick

"Herausgekommen ist durch massive ehrenamtliche Arbeit - besonders hervorzuheben sind die Antiquare Hartmut Erlemann (Eutin) und Hermann Wiedenroth (Bargfeld/ Celle), die Redakteure - ein sehr ansprechender Katalog von etwas mehr als dreihundert Seiten, an dem sich, die Anzeigen mitgezählt, knapp einhundert Firmen beteiligt haben."

"Herausgekommen" ist Kollege Wiedenroth aus seinem Heidehaus.
"durch massive ehrenamtliche Arbeit " durch massive Sprachblödheit
"die Antiquare Hartmut Erlemann (Eutin) und Hermann Wiedenroth (Bargfeld/ Celle), die Redakteure " ja jetzt was - Redakteure oder Antiquare?
"ein sehr ansprechender Katalog" Eigenlob stinkt
"an dem sich, die Anzeigen mitgezählt, knapp einhundert Firmen beteiligt haben." Firmen und Anzeigen in einer Warteschlange aufgereiht? - Herrgott, redet doch deutsch!

"Erschlossen wird der umfangreiche Katalog durch ein Autoren- und Künstlerregister.
Über die bereits verschickten Kataloge hinaus, können weitere kostenlose Exemplare über die Geschäftsstelle der GIAQ eG in 13353 Berlin, Luxemburger Str. 31, Fax 030 - 46 60 49 36 oder per E-Mail service@prolibri.de bestellt werden, solange der Vorrat reicht."

"Über die bereits verschickten Kataloge hinaus" so sagt man das nicht

Fazit: Man muß sich schämen für dieses Katalogvorwort. Peinlich vor allem dann, wenn Dichter feierlich beschworen werden.

Wer hat da geschlafen? Kollege Wiedenroth, sie warens doch bestimmt nicht? Vielleicht "Nebel am Niederrhein"? Nein, halt, ich sag ja schon gar nichts mehr...

Das hübsche Bildchen gehört der Seite http://brauckes.com/, der wir hierdurch freundlich danken. Bild wird auf einfache Anforderung hin entfernt.

Freitag, 22. Mai 2009

RF Meyer und die Alpträume preußischer Oberlehrer




In Berlin haben sie Zeit für Formalienkram. Schade.

1.
Zu den eindrücklichsten Erinnerungen meiner konfusen Lehr- und Lernzeit im Antiquariat vor weit über dreißig Jahren gehört die Erwerbung und Bearbeitung einer unberührten Gymnasialbibliothek, Stand Ende 1918. Tausende von Bänden waren auf dem Dachboden eines Lyzeums buchstäblich vergessen worden, hier hatte ein Universum des deutschen Oberlehrergeistes überlebt. Von Bedeutung war, daß auch viele Kleinschriften, Schulprogramme, Fachblätter und Zirkulare bis hinunter zu kompletten Sammlungen der Spickbüchlein "Von einem Schulmanne" im Miniaturformat gesammelt waren.

Seitdem weiß ich recht genau, wie sich Licht und Schatten im deutschen Schulwesen vor 1918 verteilt haben: Neben einem faszinierenden Reformwillen, einer überraschend modernen Auffassung des Erzieherberufs - - ganz fürchterlicher, lähmender Formalismus allenthalben, ein Vernachlässigen des Gehalts zugunsten erstarrter Regeln und lächerlichem Ritualienkrimskrams. Die erfreulichen Aspekte jenes kleinen Lehreruniversums haben mich zur Beschäftigung mit Jugendbewegung und Lebensreform geführt, heute die Freude meines Greisenalters - die unerfreulichen und lähmenden bevölkern seither meine Alpträume.

Stets kommt da auch mein verehrter Kollege RF Meyer vor.

2.
Zur Sache? Bitte sehr, bitte gleich, Kellner kommt schon.

Wie lang wollen Sie, lieber RF Meyer, uns noch plagen mit jener Zwangsvorstellung, die unter der Federführung unseres niederrheinischen Erfolgsantiquars vor Monaten ausgedacht und eingeführt worden ist, einer Schnapsidee, die er unter der Spitzmarke der "qualitätvollen" Titelaufnahme als Werbeargument für (falsch:)Prolibri zu verkaufen gedachte?

So unsinnig - aus blödem Trotz unkorrigiert - wie der peinliche Name dieses Datenbänkleins erscheint, bei näherem Hinsehen, die Zwangsvorstellung von der strategischen Nützlichkeit einer guten Titelaufnahme.

Ich habe, dies sei vorausgeschickt, zur Zeit täglich mehrere Stunden mit Titelaufnahmen des ZVAB zu tun, auch mit denen anderer Datenbanken, die ich über mein (hochgeschätztes) bookfinder ansteuere. In der Sache geht es mir wie Ihnen - ich treffe verstärkt auf ausgemacht blödsinnige, hundsschlechte Datensätze in einem Ausmaß, das ich von früher her so nicht kannte.

Einem alten Kriminalisten liegt das Strukturieren seiner Verdachtschöpfungen im Blut, das kann er nicht lassen. So habe ich seither gewisse Linien festgestellt, die durch bestimmte Verwendungsformen der Begriffe "hardcover", "Autorenkollektiv", "soft" usw. auf Wieslers oder Abebooks Datenbankhilfen hinweisen. Kurios ist das verstärkte Auftreten von Kolleginnen unter den Übeltätern, weiterhin liegt ein Schwerpunkt der Datensatzverbrechen in unseren eroberten Ostgebieten.

Soweit sind wir uns einig: Die schlechten, zum Teil absurden Titelaufnahmen nehmen in letzter Zeit galoppierend zu.

3.
Allerdings trennen sich nun unsere Wege radikal. Denn ich halte diese Frage, solang dadurch nicht Täuschung oder völlige Unverständlichkeit hervorgerufen wird, für absolut nebensächlich!

Es ist dem Leser im Grunde egal, wenn er schmunzelnd, mitunter auch ehrlich verärgert feststellen muß, daß es unter, so meine Schätzung, 100 Titelbeschreibungen derzeit etwa

10 % teilweise schlecht formulierte, linkische, tapsige, darunter
2-3 % stark fehlerhafte, in der Sache aber noch eindeutige, und
1 % irreführende, mißverständliche, sehr ärgerliche

gibt. Die 2-3 % sollten durch eine Stichprobenkontrolle durch die Datenbankverwaltung, die sich immer auf die Firmen konzentrieren müßte, getilgt werden. Den ganzen Rest aber kann man ohne weiteres stehen lassen. Sie tun niemandem weh, im Gegenteil habe ich den Eindruck, daß sie beim Querlesen zur Auflockerung dienen.

Die Glaubwürdigkeit einer Datenbank leidet keineswegs unter den 9 % der sachlich doch noch erkennbaren und eindeutigen Titelaufnahmen der untersten Qualitätsstufe. Kritisch wirds erst bei dem einen letzten Prozent. Hier muß jede Datenbank ab und zu detektivisch Stichproben machen und sie zurückverfolgen hin zu bestimmten Kollegen (-innen).

Wir sind uns da in der Sache einig. Aber, lieber Kollege RF Meyer, Sie dürfen daraus doch keine Staatsaktion machen, die ins Grundsätzliche geht! Das ist ein technisches Problem einer jeden Datenbank, die knapp tausend Mitglieder hat. Indem wir solche Erscheinungen etwas korrigieren und in den Griff bekommen, ändern wir an den Grundproblemen nichts, aber auch wirklich gar nichts!!!

4.
Wobei wir den Bogen zum Preußischen Oberlehrer hin geschlagen haben. Ihr fürchterliches Herumreiten auf solchen Detailfragen vernebelt Ihnen und uns allen den Blick auf die wirklichen Chancen, Gefahren, Fragen und Anliegen, die sich mit dem Begriff der Bücherdatenbank für uns Antiquare verbinden.

Wir alle wissen, daß es derzeit nur einen Weg gibt, nur ein Problem, das wir angehen sollten:

Das Erstellen einer eigenen oder die Adaption einer fremden Datenbank, die unter der Kontrolle der Antiquare steht. Die Voraussetzung dafür ist die Schaffung eines gemeinsamen Dachverbands aller Antiquare.

So. Darum muß es gehen. Sie reiten auf Nebensächlichkeiten herum, stilisieren im Grunde lächerliche Detailfragen hoch zu künstlichen Problemen - während der Zug, in dem wir alle sitzen, in brasilianische Sumpfwälder oder freiherrliche Melkmaschinenbatterien rast.

Redakteur Biester meinte zu meiner Forderung vom Mittwoch, nach dem Vorbild der Fachpresse einen gemeinsamen berufsbezogenen Dachverband zu gründen, das ließe sich nicht machen, weil in der Fachpresse große Firmen beisammen säßen, wir aber meist kleine Klitschen seien. Dazu kann ich nur die Gegenthese aufstellen: Gerade weil die Antiquare ministrukturiert sind, stellen sie eine ideale Vielfalt zur Schaffung eines demokratischen Dachverbands dar, ganz ohne Rücksicht auf bestehende Verbände, AGs und Gruppierungen.

Zweck: Schaffung oder Übernahme einer Bücherdatenbank als gemeimsam kontrolliertes Verkaufsportal.

Darum muß es uns im Augenblick gehen. Sie sind nah dran - die Portalfrage hat Sie ja für Ihre nette, aber ganz verquere "Bündnisidee" auch schon eingeholt. Nun gehen Sie noch einen Schritt weiter: Schaffen Sie für alle Antiquare das gemeinsame Portal.

Und überlassen Sie die unsägliche "Qualitätsfrage" den Zwangsneurotikern, die sich an solchen skurrilen Oberlehrerphantasien aufgeilen können. Mir fehlt dafür jedes Verständnis. Wenn das Haus brennt, muß man löschen. Sind wir Männer oder Memmen?

Mittwoch, 20. Mai 2009

"Deutsches Antiquariat" - der Dachverband der Buchantiquare




1.
Das Organisationsmodell der "Deutschen Fachpresse" - ein Vorbild für die Antiquare?

Die wichtigsten Fragen stellt Redakteur Biester gern in seinem Twitter-Spielzeug. Das hat den Vorteil, daß sie dort nur sehr kurze Zeit zu lesen sind, mit einiger Sicherheit unter- und verlorengehen und man trotzdem darauf hinweisen kann, daß man es ja gebracht hatte. Auch ermöglicht es dem Börsenblatt, im Bedarfsfall auf die Unverbindlichkeit der Twitter-Meldungen hinzuweisen und jeglichen Zusammenhang mit der Redaktionslinie zu leugnen. Ein mehrfach nützliches Instrument also, mit dem ich mich als altmodischer Antiquar und biederer Zeilenschinder der 60er Jahre trotzdem nicht so recht anfreunden mag. Seis drum. Zur Sache.

Ich zitiere aus dem BöBla:

"...Vorstand gewählt. Erstmals wurden 10 Mitglieder gewählt. Dabei kommen paritätisch fünf Mitglieder aus dem Fachverband Fachpresse (FVFP) und fünf Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Zeitschriftenverlage (AGZV) im Börsenverein."

Soweit ich die Strukturen dort kenne, ist das ein gutes, ausreichendes Vertretungsschema für die Belange der Fachzeitschriften ("Fach-Presse" ist übrigens richtig, es gibt auch Fachzeitungen, nicht nur Zeitschriften, etwa im Speditions-, Textil- und Börsenbereich).

Wie sieht es nun bei den Antiquaren aus? Um es vorwegzunehmen: Ganz anders.

Der klassische Verband der Antiquare ist, auch wenn er dies leugnet, auf die Interessen der etwa 50, höchstens aber 100 Spitzenantiquare ausgerichtet. Die anderen gehören ihm eher aus Prestige- und Werbegründen an. Lassen wir das dahingestellt; Fakt ist jedenfalls, daß er sehr, sehr wenig bewegt, eine bemerkenswert ineffiziente Organisationsstruktur hat, international weit bedeutsamer ist als in Deutschland.

Dagegen ist die Genossenschaft mit dem Erbübel des Genossenschaftsrechts behaftet. Sie könnte von der Interessenlage her weitaus aktiver sein als der Verband, durch das fürchterliche Genossenschaftsrecht aber befindet sie sich im Zustand einer Dauerlähmung.

Das hatte wohl Kollege Hoefs erkannt, als er, soweit ich weiß in entente cordiale mit der Genossenschaft, seine AG der Internet-Antiquare gründete. Warum das seither nichts Rechtes wird, hat schon Redakteur Biester vergeblich nachgefragt.

Noch geheimnisvoller ist das Wohl und Wege der AG im Börsenverein im Nebel halbverhehlter akuter Probleme verborgen, überdies, noch grausamer als die Genossenschaft, durch Formalienkram behindert. Die Beitragshöhe auf Bundes- und Landesebene ist schon für mittlere Antiquare fast untragbar.

Dann gibt es beim Kollegen RF Meyer-Berlin das neue Portal der (auch) selbständig anbietenden Internet-Antiquare, das sich hoffentlich noch keinen endgültigen Namen gewählt hat - die fallen im Altbuchbereich nämlich traditionell scheußlich aus - , aber durch die Leitung von Koll. Meyer und die Menge der herbeigeeilten Antiquare unbedingt ernstzunehmen ist.

Diese sehr komplizierte, aber deutliche Unterschiedlichkeit der Organisationsstrukturen läßt eine Übernahme des Fachzeitschriften-Modells nicht zu, auch nicht, wenn man etwa nach Mitgliederzahl differenzieren würde oder nach Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit. Im ersten Fall würde der Verband alles dominieren, im zweiten das Portal von RF Meyer und die Quack.

2.
Ich hätte daher einen ganz konkreten Vorschlag, wie wir das Gleiche, aber an unsere komplizierten Verhältnisse und Voraussetzungen angepaßt, bewerkstelligen könnten.

Die Namenswahl wäre, wie es die Fachpresse macht und wie ich es seit olims Zeiten vorschlage, für einen Dachverband identisch mit der Gattungsbezeichnung, nämlich

"Deutsches Antiquariat"

Ich würde anregen, das Gebilde im Untertitel "Berufsverband" zu nennen, aber ebenso brauchbar wäre die Bezeichnung "Verein der Antiquare im deutschen Sprachgebiet".

Im Hinblick auf nahezu alle Belange wäre es sinnvoll, Schweizer und österreichische Kollegen mit aufzunehmen und zu betreuen. Der deutsche Sprachbereich hat so ausgeprägte Sonderregelungen, ist so abgeschottet, daß wir uns bei weiterer Ausgrenzung von CH und A lächerlich machen würden.

Nun zur Organisation im engeren Sinn.

Als Träger der Organisation in ihrer Vorbereitungsphase kommt tatsächlich nur die AG im Börsenverein in Frage. Sie kann auf Redakteur Biesters gut gepflegtes Adressenverzeichnis zurückgreifen. Da kein Kollege zuviel freie Zeit und auch keinen großen Portoetat sein Eigen nennt, sollte die gesamte vorbereitende Organisation elektronisch erfolgen.

Die AG wird zunächst ein Forum mit Abstimmungsmöglichkeit einrichten, ich rate dringend und aus praktischer Erfahrung zu einem Google-Forum, aber wer sich vor etwas aggressiverer Werbezupflasterung nicht scheut, mag auch zu Yahoo greifen. Xing kommt aus rechtlichen Gründen nicht in Frage, wir wissen, weshalb, nichtwahr?

Nun wirds spannend. Ich bin der Ansicht, daß die Antiquare im guten Sinn eher etwas autokratisch-autoritär eingestellt sind. Das ist gar kein Widerspruch zu ihrem freilich auch bekannten Hang zu milder Anarchie. Sie wollen Leute, Menschen, kennen und sehen, die sie vertreten.

Deshalb sollte man wieder einen Blick auf die "Deutsche Fachpresse" werfen. Wir brauchen 10 gewählte Vertreter aus der gesamten Kollegenschaft. Wie geht man vor? In dem erwähnten Forum stellen sich Antiquare, die versichern, überwiegend von ihrem Altbuchberuf leben zu können/wollen/müssen, entweder selber zur Wahl oder sie werden von Kollegen zur Wahl vorgeschlagen. Die Kandidaten, etwa 15 sollten es schon sein, legen alsdann - immer elektronisch - ihre Pläne vor. Was sie selber beruflich konkret machen, scheint mir weniger wichtig, es gibt aber viele Antiquare, denen kleinbürgerliche Nachweise von Eigenheim im Grünen, Mercedesauto und hüpfenden Gazellenledereinbänden durchaus wichtig sind, also da sollte man offen sein und bleiben.

Wie auch immer, die 10 Vertreter werden gewählt, dito elektronisch. Und sie bestimmen nun in ihrem Kreise, wie der neue Dachverband weiterarbeiten soll. In wichtigen Fragen konsultieren sie per Poll-Funktion des gemeinsamen Forums immer wieder "alle" Antiquasre. Man sieht, daß Red. Biesters Verzeichnis eine ganz zentrale Rolle spielt.


Mit der Gründung des Dachverbands "Deutsches Antiquariat" kann man morgen anfangen.


Das gemeinfreie Foto zeigt einen bedeutenden Kollegen vom Niederrhein, wie er seine sittliche Entrüstung über einen berüchtigten Kollegen vom Oberrhein kundtut

Montag, 18. Mai 2009

Zur Tagung des ZVAB-Beirats





Der ZVAB-Beirat tagt heute und morgen - Redakteur Biester möchte mit Herrn Wufka noch manches Glas Wein am idyllischen Starnberger See trinken, er will Couponschneider Rheinbaben mit scheu-bewegter Ehrfurcht weiterhin die freiherrliche Hand drücken dürfen: So erklären wir uns seine fröhliche Begeisterung heute im Twitter, ich zitiere: "Auf die Ergebnisse darf man wohl gespannt sein. #Qualitätssicherung etc."

Daß er uns mit dem Niederrheinischen Qualitätsfimmel en passant ein weiteres mal ärgert, nehmen wir ihm übel. Ansonsten aber hat er Recht, denn was im ZVAB geschieht, das geht uns alle an. Bei dieser Gelegenheit ist es nützlich, hier rasch einen Schüleraufsatz zu verfassen, "Ich und das ZVAB", um den Stand der Dinge zusammenzufassen, wie ich ihn sehe.

Setzer an Redakteur: Nochmal den ersten Satz "Daß er..." auf Vertipper prüfen

1.
Wegen seiner Quasi-Monopolstellung ist das ZVAB weder besser noch schlechter als andere Verkaufsportale alter Bücher. Wir verfallen gern in den Fehler, aus der Marktbeherrschung auch ein moralisches oder zumindest qualitativ negatives Merkmal zu machen. Das ist aber unzulässig, es gilt, gerade wegen der Monopolsituation sich zu einer gerechten Beurteilung des ZVAB durchzuringen. Wir kommen nur mit realen Fakten weiter, nicht mit Gefühlen.

2.
Genaue Umsatzzahlen im Verhältnis zum Rest der Portale haben wir nicht. Hier wurde uns von anonymer Hand kürzlich ein Umfrageergebnis mitgeteilt, das Amazon (gemeint war wohl Abebooks) zu einem guten Drittel, das ZVAB nur noch zu zwei Dritteln Marktanteil im deutschen Sprachraum einschätzen will. Dem möchte ich nicht so recht trauen, auch dürfen wir inzwischen Ebay nicht vergessen, dessen Shop-System so uneben nicht ist. Ich bleibe, bei einer Überschau verschiedener Annahmen und Schätzungen, für den deutschen Bereich bei folgender Rechnung:

ZVAB 70 - 75 %
Abebooks/ Amazon 10-15 %
Prolibri und die anderen, einschl. Meta-Bereich 5-10 %
Ebay (betrifft nur die Vollzeit-Händler dort) 5-10 %

Natürlich sprechen wir vom laufenden Verkauf, nicht von eingestellter Titelmenge.

3.
Das ZVAB ist gut, aber ganz offenkundig veraltet. Eine grundlegende Renovierung ist dringend notwendig.

Der graphische Minimalismus, den wir immer geschätzt haben, ist unlängst durch die blödsinnige Vollkleisterung mit grellfarbenen Kreditkartensymbolen ziemlich versaut worden, auch laufen die Titeleinträge durch die Versetzung der Preise nach "ganz weit rechts" zu breit. Wir wünschen und eine bessere Lesbarkeit durch Einführung einer kleineren Type für Ergänzungen, generell einen kleineren Schriftgrad, um das schier unerträgliche Scrollen und Seitenwechseln etwas abzubauen.

Das sind eher optische Korrekturen. Was weitaus schwerer in die Wagschale fällt, ist das Fehlen jener äußerst nützlichen Zusatzfunktionen, mit denen uns Amazon erfreut - von Käuferkritiken über "hat auch gelesen" bis zu Vernetzungen der Käufer, hübsch vernetzten Seiten der Anbieter usw.. Ich drücke mich hier bewußt nebulos aus, da ich die Hausaufgaben des ZVAB nicht machen möchte. Weshalb nicht? Weil mir Couponritter wie Rheinbaben aus tiefstem Herzensgrunde sozial unsympathisch sind. Würden die Antiquare Besitzer des ZVAB sein, sofort wäre ich mit Ratschlägen zur Hand.

Freilich hat auch meine Sympathie für unseren Berufsstand ihre Grenzen - was mit Billigung durch den verantwortlichen Vorsitzenden Köstler mit der Verhehlung und Verschacherung der Auktionsergebnisse - jenem wichtigen Arbeitsinstrument aller Antiquare - geschieht, ist widerlich und so zynisch-geldschneiderisch, daß mir Verbandsfunktionäre wie Köstler und sein ganzer Edelantiquarenklub - - noch weit unsympathischer, vor allem aber unsozialer erscheinen als es noch so adlige Couponritter jemals sein könnten.

Das Beiprogramm des ZVAB, mitsamt seinem Leiter Wufka, ist von Natur aus eine mühsame Sache. Ich bedauere und bewundere Wufka dafür, diesen Job zu leisten, welche Anerkennung aber nichts daran ändert, daß alles Drumherum des ZVAB, auch und gerade der "Beirat", eine gequälte und geheuchelte, auf gut Deutsch: eine verlogene Angelegenheit ist.

4.
Wir leben in einer Zeit finanzieller Umbrüche, die teilweise staunend schnell vor sich gehen. Deshalb dürfen wir uns ohne weiteres darauf gefaßt machen, daß Couponritter Rheinbaben seine Milchkuh Knall auf Fall weiterverkauft. Welcher Käufer nicht unbedingt Abebooks/ Amazon heißen muß. Technisch und auch verkaufstaktisch gesehen halte ich Amazon inzwischen im Interesse der deutschen Antiquare sogar für segensreich - es wird zwar sehr teuer werden, Gebühren werden rasant steigen, Konditionen sich sehr verschlechtern - - aber der Absatz wird steigen. Amazon heißt immer auch ausgezeichnete Qualität. Nur ist der, der sie von der Händlerseite her nutzt, nicht mehr frei, und reicher dann wohl auch nicht. Was Amazon an Umsatz mehr bringt, nimmt es via Gebühren und Konditionen wieder weg. Wetten daß?

5.
Deshalb muß es nach wie vor das Ziel der Antiquare als Berufsvereinigung sein, ZVAB entweder selber zu kaufen, mitsamt des fürchterlichen, trampeligen, gräßlich abgekürzten und verquer genutzten Namens, oder aber eine eigene große Gegendatenbank zu gründen.


Ansonsten gilt - bitte nicht zu vergessen - , daß das ZVAB in seiner jetzigen Gestalt eine gute, nahezu fehlerfrei arbeitende Verkaufsdatenbank ist, daß sich die Gebühren dort im Rahmen halten. Auch ich bin im ZVAB als Händler eingetragen und werde, so sie mich nicht hinauswerfen, demnächst wieder Titel dort einstellen. ZVAB-Schelte wäre also ungerecht und unsinnig. Die Leute beim ZVAB arbeiten gut.

***************************
Nachwort: Frohgemut stellt Redakteur Biester soeben im BöBla-Twitter die neueste ZVAB-Errungenschaft vor.

Heiliger St. Wufka, Erbarmung! Steindruck / Senefelder... Was bitte soll damit gewonnen sein, daß man den ganz ausgezeichneten Wiki-Beiträgen und den einschlägigen Fachseiten zum Lithographie-Thema noch eine ZVAB-eigene über die Mysterien des Steindrucks beigesellt? Himmel - - was soll das?

Ich sag ja nichts, wenn Sie eine hübsche junge Praktikantin zu beschäftigen haben, die einen braven Sekundaneraufsatz behufs allgemeiner Büldung verfassen muß. Auch kriegt sie ein Lob, denn der Text ist (von den schon halbvergessenen sprachlichen Gräueln Ihrer Vorgängerin im ZVAB lasset uns schweigen...) recht flott formuliert und von argen Schnitzern, die unter der Hand leider schon zum Markenzeichen des ZVAB-Textbeigabenteils geworden waren, frei.

Nur bitte - so geht das nicht. Nein! Es ist Ihre Aufgabe, sich den Kopf strategisch zu zerbrechen. Wie bringe ich Leute zum Sammeln von Lithographien, die diesem Hobby bisher eher ferner gestanden sind? Wie mache ich ihnen Lust auf Steindrucke? Wie erkläre ich ihnen die - recht komplizierten - Sammlerregeln dieses exquisiten Gebiets?

Mit anderen Worten, Sie müssen neue Liebhaber dieses Sachgebiets zum Sammeln verführen und anleiten.

Fazit: Lassen sie Ihre Praktikantin bitte irgendwo anders Büldungsaufsätze schreiben. Das ZVAB ist nicht die Kulturabteilung des (von mir übrigens durchaus geschätzten) Bayerischen Fernsehens.





Freundlichen Dank für den Tutzinger Gleisplan an www.mittenwaldbahn.de. Bild wird auf einfache Anforderung hin entfernt.

Mittwoch, 13. Mai 2009

Rund um unser Portal "Haus der Romane"




1.
Dieser Blog wird von den Kollegen nicht verlinkt, von der Xing-Kamarilla totgeschwiegen und Redakteur Biester vom Börsenblatt bekreuzigt sich unter Anrufung seiner Hauspatrone Hl. Wufka, Hl. Schäfer und Hl. Köstler, wenn das leibhaftige Grauen in Gestalt meiner unkonventionellen Gedanken am Horizont auftaucht. Dergestalt sorgsam verhehlt, bleibt der Schandfleck des Gewerbes weiterhin unter dem Teppich, kann der schöne Schein noch länger exerziert und können die Antiquare brav gehalten werden.

Störer sind unerwünscht. Nach einer ausreichenden Zahl von Klassenbucheinträgen wird der böse Schüler exmittiert, und wenn er nicht mit einer Pumpgun wieder autaucht, was Gott verhüten möge, dann ist jetzt wieder alles gut. Man muß das verstehen - der faule Apfel könnte ja die gesunden Nachbaräpfel anstecken, und auf einmal sind die Antiquare wach, aufmüpfig und unternehmungslustig geworden... Horribile dictu.

Wir loben die Klasse für nette kleine Dienste, mit denen wir sie unschädlich auf Trab halten, hier ein putziges Katalöglein vom Bodensee, dort eine kitschig-anbiedernde, zurecht erfolgsarme Schickeriamesse in München, hier eine Ladeneröffnung in Köln, die Bücher stehen auf Millimeter ausgerichtet in Design-Regalen: Brav, brav; drüben bei Meyers in Berlin allerlei kluge, aber unschädliche Kulturphilosophie rund um das edle Buch - so lieben wir unsere Antiquare, wenn wir Biester heißen.

Was wollte ich eigentlich sagen? Ach ja: Es hat seine Vorteile, unbekannt zu sein. Ich kann hier langsam meine Überlegungen aufdröseln, kann Korrekturen anbringen, Frage- und Ausrufezeichen setzen, ohne daß mir Kollegen viel dreinreden. Ich schreibe nicht fürs Internet (was wäre das?), auch nicht für Kollegen (Gratisdienste sind nix wert, davon sind sie überzeugt), sondern ich führe eine Art wissenschaftliches Tagebuch. Kling das eingebildet? Nehmen Sie den Medienwissenschaften das Fachvokabular weg, dann kreisen unsere Gedanken um ähnliche Themen und Fragen.


2.
Ich bin in dem, wie ich meine, wichtigen und ausbaufähigen Aufsatz "Absatzforschung im Antiquariat: Neue Käuferschichten" davon ausgegangen, daß wir die Einwerbung neuer Käuferschichten für unsere alten Bücher nur und ausschließlich erreichen können, indem wir uns auf regelmäßige Käufer neuer Bücher stützen, die dem alten Buch bisher fernstehen. Als Ausnahme von dieser Regel erwähnte ich die Hobbysammler (Automobil, Eisenbahn, Pornographie, Bügeleisen, alte Burgen und Schlösser, Bierdeckel...), die wir gesondert zum alten Buch hinführen können. Hinzufügen sollte ich übrigens noch den großen und sehr dankbaren Bereich der Orts-, Regional- und Heimatsammler.

Ich hatte darauf hingewiesen, daß unserem Gewerbe ein sehr gefährlicher Imageschaden droht durch die Verlagerung des Billigbuchabsatzes auf Oxfamläden, Kirchengemeinde-Bazare und Flohmärkte, damit verbunden auf bestimmte Billigportale (zu denen ich Ebay aber nur bedingt rechne). Meine Anregung war hier, daß das Antiquariat über seine allgemeine Berufsvereinigung diese Billig-Schienen selbst organisieren und betreuen sollte, natürlich unter Wahrung seiner Imagegrundsätze.

Heute ist mir, beflügelt durch einige halbnackt sich räkelnde hübsche Medizinstudentinnen auf dem Rasen vor der Mensa 2 und die freundliche Mittagssonne, eine Idee gekommen, die ich Ihnen sogleich vorstellen will. Sie kennen meinen Grundplan vom "Haus der alten Bücher". Die Reserve der Kollegen gegenüber diesem Plan reicht von ziemlich verworrenen Vorstellungen, hier würde sozialistische Wirtschaft durch die Hintertür eingeführt, bis zum Verdacht mangelnder Qualifikation und dem Totschlagargument "Ja, was sollen wir dann den ganzen Tag machen?".

Wie wäre es nun, wenn wir versuchten, zwei Fliegen mit einer Klappe zu erledigen:

Als

*Generalprobe für das kommende zentrale Haus der Bücher und als

*Aktion gegen den Imageverlust unseres Antiquariats durch Oxfam, Flohmärkte usw., sowie als

*Einwerbung solcher neuer Käuferschichten, die weder aus den Kunden des Neubuchhandels noch aus den klassischen Sammelgebieten gewonnen werden können,

richten wir in einer ersten Stufe unser Haus der alten Bücher allein aus auf Unterhaltungsromane.

Dies wäre dann das "Haus der Romane".

Die Grundlagen ergeben sich durch vernünftiges Nachdenken von selbst.

A.
Aufgenommen werden bei dieser Warenart nur guterhaltene Bücher bis hin zu einem guten Mittelmaß. Eine Aufteilung nach verschiedenen Erhaltungszuständen - innerhalb dieser Grundforderung - findet dann nicht mehr statt, auch nicht nach verschiedenen Auflagen oder Ausgaben, lediglich feste Bindung wird vom Taschenbuch unterschieden.

B.
Es wird nach einem Einheitspreis-Schema verkauft, das gerade einfachen Leuten sehr eingängig sein sollte. Vorschlag:

1 Roman 3 Euro,
4 Romane 10 Euro,
10 Romane 20 Euro.

Porto und Verpackung nach reinen Selbstkosten hinzu.

Diese Art Käufer von Unterhaltungsromanen liebt den Kauf in größeren Stückzahlen heiß und innig.

Wenn ein Kollege meint, er müsse und könne mehr erlösen, als es unserem Schema entspricht - dann liefert er diese Titel eben nicht bei uns ein.

C.
Die Titel werden durch die Antiquare in möglichst umfangreichen großen Kistenladungen (ideal DHL, wenn mit ZVAB-Porto, sonst besser Hermes) eingeschickt, nach ISBN oder einfachsten Stichwortabfragen eingeordnet und eingereiht. Natürlich geht das mit elektronischen Laufkarten bzw. -sticks.

Im Versand wird dann die Einlieferungsreihenfolge streng eingehalten. Titel, deren Erhaltungszustand unterhalb der Mindestnorm liegt, werden sofort makuliert. Automatisierte Anfrage auf Indizierung bzw. flüchtige Durchsicht auf Jugendpornographie (hechel, schlürf...) ist bei dieser Buchart extrem wichtig; indizierte bzw. sonst verdächtige Titel werden einstweilen in einem Gilftschrank zurückgestellt.

D.
Als Personalkosten je verschicktem Titel setze ich 1,20 Eur an (die Details führen zu weit, ich bin ein extremer Refa-Rationalisierungsfreund), Teil der Mehrwertsteuer und knappste Werbekosten 0,30 Eur; der Antiquar, der den Titel eingeliefert hat, erhält 1 Euro, nach Eingang der Zahlung des Kunden, in monatlicher oder vierteljährlicher Abrechnung.


Obgleich wir sehr schnell eine ungeheure Titelmenge haben werden und sich das bei der Internetfreudigkeit dieser Leserschicht - durch teure neue Romane ziemlich verärgert und gebeutelt - schnell herumsprechen wird, ist das Ganze natürlich "kein Geschäft" und als solches auch gar nicht gedacht.

Sondern einmal als Versuchsballon für unser kommendes Haus der Bücher und dann als Werbe- und Imagemöglichkeit gegenüber jenen Käuferschichten, die wir nicht als regelmäßige Neubuchkäufer ansprechen und einwerben können - nicht zuletzt auch, um den Imageverlust in den Billigschienen abzubauen.

Die beiden Antiquariatskätzle mußte ich Kollegen Wimbauer, dem sie gehören, einfach wegklauen. Danke!