Mittwoch, 20. Mai 2009

"Deutsches Antiquariat" - der Dachverband der Buchantiquare




1.
Das Organisationsmodell der "Deutschen Fachpresse" - ein Vorbild für die Antiquare?

Die wichtigsten Fragen stellt Redakteur Biester gern in seinem Twitter-Spielzeug. Das hat den Vorteil, daß sie dort nur sehr kurze Zeit zu lesen sind, mit einiger Sicherheit unter- und verlorengehen und man trotzdem darauf hinweisen kann, daß man es ja gebracht hatte. Auch ermöglicht es dem Börsenblatt, im Bedarfsfall auf die Unverbindlichkeit der Twitter-Meldungen hinzuweisen und jeglichen Zusammenhang mit der Redaktionslinie zu leugnen. Ein mehrfach nützliches Instrument also, mit dem ich mich als altmodischer Antiquar und biederer Zeilenschinder der 60er Jahre trotzdem nicht so recht anfreunden mag. Seis drum. Zur Sache.

Ich zitiere aus dem BöBla:

"...Vorstand gewählt. Erstmals wurden 10 Mitglieder gewählt. Dabei kommen paritätisch fünf Mitglieder aus dem Fachverband Fachpresse (FVFP) und fünf Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Zeitschriftenverlage (AGZV) im Börsenverein."

Soweit ich die Strukturen dort kenne, ist das ein gutes, ausreichendes Vertretungsschema für die Belange der Fachzeitschriften ("Fach-Presse" ist übrigens richtig, es gibt auch Fachzeitungen, nicht nur Zeitschriften, etwa im Speditions-, Textil- und Börsenbereich).

Wie sieht es nun bei den Antiquaren aus? Um es vorwegzunehmen: Ganz anders.

Der klassische Verband der Antiquare ist, auch wenn er dies leugnet, auf die Interessen der etwa 50, höchstens aber 100 Spitzenantiquare ausgerichtet. Die anderen gehören ihm eher aus Prestige- und Werbegründen an. Lassen wir das dahingestellt; Fakt ist jedenfalls, daß er sehr, sehr wenig bewegt, eine bemerkenswert ineffiziente Organisationsstruktur hat, international weit bedeutsamer ist als in Deutschland.

Dagegen ist die Genossenschaft mit dem Erbübel des Genossenschaftsrechts behaftet. Sie könnte von der Interessenlage her weitaus aktiver sein als der Verband, durch das fürchterliche Genossenschaftsrecht aber befindet sie sich im Zustand einer Dauerlähmung.

Das hatte wohl Kollege Hoefs erkannt, als er, soweit ich weiß in entente cordiale mit der Genossenschaft, seine AG der Internet-Antiquare gründete. Warum das seither nichts Rechtes wird, hat schon Redakteur Biester vergeblich nachgefragt.

Noch geheimnisvoller ist das Wohl und Wege der AG im Börsenverein im Nebel halbverhehlter akuter Probleme verborgen, überdies, noch grausamer als die Genossenschaft, durch Formalienkram behindert. Die Beitragshöhe auf Bundes- und Landesebene ist schon für mittlere Antiquare fast untragbar.

Dann gibt es beim Kollegen RF Meyer-Berlin das neue Portal der (auch) selbständig anbietenden Internet-Antiquare, das sich hoffentlich noch keinen endgültigen Namen gewählt hat - die fallen im Altbuchbereich nämlich traditionell scheußlich aus - , aber durch die Leitung von Koll. Meyer und die Menge der herbeigeeilten Antiquare unbedingt ernstzunehmen ist.

Diese sehr komplizierte, aber deutliche Unterschiedlichkeit der Organisationsstrukturen läßt eine Übernahme des Fachzeitschriften-Modells nicht zu, auch nicht, wenn man etwa nach Mitgliederzahl differenzieren würde oder nach Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit. Im ersten Fall würde der Verband alles dominieren, im zweiten das Portal von RF Meyer und die Quack.

2.
Ich hätte daher einen ganz konkreten Vorschlag, wie wir das Gleiche, aber an unsere komplizierten Verhältnisse und Voraussetzungen angepaßt, bewerkstelligen könnten.

Die Namenswahl wäre, wie es die Fachpresse macht und wie ich es seit olims Zeiten vorschlage, für einen Dachverband identisch mit der Gattungsbezeichnung, nämlich

"Deutsches Antiquariat"

Ich würde anregen, das Gebilde im Untertitel "Berufsverband" zu nennen, aber ebenso brauchbar wäre die Bezeichnung "Verein der Antiquare im deutschen Sprachgebiet".

Im Hinblick auf nahezu alle Belange wäre es sinnvoll, Schweizer und österreichische Kollegen mit aufzunehmen und zu betreuen. Der deutsche Sprachbereich hat so ausgeprägte Sonderregelungen, ist so abgeschottet, daß wir uns bei weiterer Ausgrenzung von CH und A lächerlich machen würden.

Nun zur Organisation im engeren Sinn.

Als Träger der Organisation in ihrer Vorbereitungsphase kommt tatsächlich nur die AG im Börsenverein in Frage. Sie kann auf Redakteur Biesters gut gepflegtes Adressenverzeichnis zurückgreifen. Da kein Kollege zuviel freie Zeit und auch keinen großen Portoetat sein Eigen nennt, sollte die gesamte vorbereitende Organisation elektronisch erfolgen.

Die AG wird zunächst ein Forum mit Abstimmungsmöglichkeit einrichten, ich rate dringend und aus praktischer Erfahrung zu einem Google-Forum, aber wer sich vor etwas aggressiverer Werbezupflasterung nicht scheut, mag auch zu Yahoo greifen. Xing kommt aus rechtlichen Gründen nicht in Frage, wir wissen, weshalb, nichtwahr?

Nun wirds spannend. Ich bin der Ansicht, daß die Antiquare im guten Sinn eher etwas autokratisch-autoritär eingestellt sind. Das ist gar kein Widerspruch zu ihrem freilich auch bekannten Hang zu milder Anarchie. Sie wollen Leute, Menschen, kennen und sehen, die sie vertreten.

Deshalb sollte man wieder einen Blick auf die "Deutsche Fachpresse" werfen. Wir brauchen 10 gewählte Vertreter aus der gesamten Kollegenschaft. Wie geht man vor? In dem erwähnten Forum stellen sich Antiquare, die versichern, überwiegend von ihrem Altbuchberuf leben zu können/wollen/müssen, entweder selber zur Wahl oder sie werden von Kollegen zur Wahl vorgeschlagen. Die Kandidaten, etwa 15 sollten es schon sein, legen alsdann - immer elektronisch - ihre Pläne vor. Was sie selber beruflich konkret machen, scheint mir weniger wichtig, es gibt aber viele Antiquare, denen kleinbürgerliche Nachweise von Eigenheim im Grünen, Mercedesauto und hüpfenden Gazellenledereinbänden durchaus wichtig sind, also da sollte man offen sein und bleiben.

Wie auch immer, die 10 Vertreter werden gewählt, dito elektronisch. Und sie bestimmen nun in ihrem Kreise, wie der neue Dachverband weiterarbeiten soll. In wichtigen Fragen konsultieren sie per Poll-Funktion des gemeinsamen Forums immer wieder "alle" Antiquasre. Man sieht, daß Red. Biesters Verzeichnis eine ganz zentrale Rolle spielt.


Mit der Gründung des Dachverbands "Deutsches Antiquariat" kann man morgen anfangen.


Das gemeinfreie Foto zeigt einen bedeutenden Kollegen vom Niederrhein, wie er seine sittliche Entrüstung über einen berüchtigten Kollegen vom Oberrhein kundtut