Mittwoch, 6. Mai 2009

Eigentlich hatte ich nett zu Mittag essen wollen...





...stattdessen muß man hurtig was schreiben.


Zu der interessanten Diskussion zwischen Meyerbuch und Rabenschwarz eine kurze Stellungnahme. Ich zitiere zuerst Rabenschwarz, dann Meyerbuch.

1.
"der “Renegat”, egal ob er gegangen ist oder gegangen wurde, wird schnell zum unfähigen Kritiker der Sache, die er mitgetragen, mit initiiert hat, es fehlt ihm die eigene Distanz zur Enttäuschung, so viel zum Thema :reißerisch."

Das Gegenteil stimmt. Der enttäuschte Liebhaber erkennt mit nachtwandlerischer Sicherheit die Chancen und Fehler des gelobten Lands, in dem er sich nicht mehr aufhalten will oder soll. Er sieht den - in seinen Augen unrechtmäßigen - Verwaltern seiner Lieblingsidee ungeheuer genau auf die Finger.

2.
"die zuhauf angetretenen Prolibri-Kritiker, seien es die Enttäuschten, die eine Gelddruckmaschine Erwartenden, die l’art pour l’art Propagandisten, die hinter jedem Zusammnenschluß eine Zwangsidee vermuten, die abgewiesenen ebay- und amzon Konvertiten, all die interessiert nur die Feststellung: prolibri sei gescheitert"

Schon mal auf die Idee gekommen, daß man eine Institution, die schlecht arbeitet, die einst mit großen Hoffnungen angetreten war, nun aber seit Jahren dahinsiecht, lieber "richtig beerdigt" sehen mag als weiterhin notleidend - das halbtote Mäuslein in den Krallen der Katze ZVAB ist kein erhebender Anblick. Dieses Leiden will man beendigt wissen. Es geht um sowas Altmodisches wie "Klarheit und Wahrheit".

In meinem besonderen Fall lautet die Zusatzfrage: Habt Ihr als Genossenschaft ein neues Konzept, oder habt Ihr keines?" - Ihr habt nix mehr vorzuweisen? Also ab mit Schaden. Hättet Ihr eine grundlegend neue, echte Idee, ich wäre der erste, der sie unterstützen würde.

3.
"und irgendein Hirsebrei wird es immer feige aus der Anonymität bestätigen "

Recht haben Sie - das anonyme Schreiben ist eine fürchterliche Krankheit. Man sollte zu seinem Namen stehen.

4.
"bilden wir alle eine tolle Vertretung, vielleicht sogar unter dem Dach von Herrn B, da ist gerade richtig viel Platz, und dann gehen wir zum ZVAB und zu Amazon und sagen bitte , bitte, wir wollen nur noch ein bisschen Mitsprache"

Das ist jetzt absichtliche Verbreitung von Unfug. Natürlich würde (wäre die AG im Börsenverein nicht in unsäglicher Weise seit Jahren blockiert - diese AG ist die groteskeste Leiche, die ich je gesehen habe) der Börsenverein mit dem gar nicht so unbegabten Redaktor Biester die ideale, selbstverständliche Basis einer Interessenvertretung aller Antiquare und einer gemeinsamen Datenbank sein. Ich forderte genau dies schon in der Hess-Runde seitenlang.

Kein Mensch, auch nicht unser geschätzter Konsistorialrat RFMeyer, denkt daran, das täppisch-verlogene Mitsprachemodell beim ZVAB zu unterstützen. Rheinbaben soll andere abzocken, nicht uns Antiquare. Natürlich brauchen wir unsere eigene Datenbank.

5.
"wenn die GIAq /prolibri Stellung nehmen soll, Kritik an dem eigenen Projekt üben soll, dann darf man dieses Projekt nicht vorauseilend erschiessen und für Tod erklären."

Historisch gesehen ist die Genossenschaft der Antiquare mein Kind. Ich hatte halböffentlich in der Hess-Runde schon lange Projekte ausgearbeitet in dieser Richtung, ehe auch nur ein anderer daran gedacht hatte - die zeitgleiche Entwicklung in den USA bei Tomfolio war keinem bekannt, auch mir nicht.

Als Vater darf ich deshalb auch das Kind für tot erklären. Ich sehe die Todesursache in einem schweren Versäumnis auf *meiner* Seite: Ich hatte die juristischen Folgen des deutschen Genossenschaftsrechts nicht bedacht. Nun bin ich Nebenfachjurist und nur im Strafrecht etwas eingearbeitet, aber ich hätte mich trotzdem besser informieren sollen.

Heute weiß mans besser - die Genossenschaftsidee muß sterben. M u ß. Keine Seele darf sich länger mit den zivilrechtlichen Implikationen des unsäglichen korsettartigen Genossenschaftsrechts belasten.

Vielmehr brauchen wir heute einen allgemeinen Berufs-Verein. Und dieser ist Träger der einzigen, allgemeinen Bücherdatenbank, die gemeinnützig arbeitet.

Womit wir an einem interessanten Punkt angelangt sind. Denn welches Datenbankgehäuse dann gewählt wird, ist eigentlich egal. Die Prolibri-Leute haben ihre Sache ganz gut gemacht, für den sofort und diskussionslos in den Orkus zu werfenden Namen können sie ja nichts (ich hatte zwei A4-Seiten lang davor gewarnt, "Prolibri" auszuwählen). Warum also nicht diese Datenbankhülle adoptieren, zumal die einzige wirklich gute Idee von Prolibri, die Vernetzung mit Einzelseiten der Antiquariate, etwas ausgebaut eine sehr gute Sache ist.

6.
"Du schreibst von den Strukturen des Gewerbes: der Ansatz ist wahrlich mulzerisch, erstmal den Urschleim ergründen, nur daß der sich dauernd wandelt"

In der Datenbankfrage bin ich ungeheuer pragmatisch, gar nicht theoretisch, ebenso in Sachen Berufsvereinigung. Beide müssen von Anfang an so entworfen sein, daß alle Schichten unseres Gewerbes damit umgehen können, vom kleinen Kistenschieber bis zum Edelantiquar.

Bei dieser Gelegenheit eine persönliche Anmerkung: In der Hess- Runde machte irgendwer aus meiner (wenig geistvollen) Formulierung "Edelschuppen" für einen Luxusladen auf der Kö das Unwort "Edelnutten". So würde ich Kollegen nie bezeichnen. Aus der Bezeichnung "Edelschuppen" für gewise Schickimickiantiquariate hat sich dann mein Begriff "Edelantiquare" abgeleitet, an dem ich je länger hänge, je mehr ich die unsägliche Arroganz, Torheit und Eigensucht der 50 führenden Verbandskollegen kennenlernen darf.

Fazit:
Leute, es ist doch absolut klar:

1.
Wir brauchen unsere eigene, universell nutzbare Bücherdatenbank.

2.
Träger dieser Einrichtung ist der Verein aller Antiquare (Berufsvereinigung).


3.
Er ist streng internet-demokratisch organisiert. Idealer Träger wäre die AG im Börsenverein - Biester an die Front, mit oder ohne Jandl-Rezitation. Versagt er sich diesem Ansinnen, dann sollte in Gottes Namen die alte Quack sich als Gründungshilfe für die allgemeinen Verein betätigen.


Das Foto zeigt Red. Biester im Schützengraben. Links Koll. RFMeyer