Samstag, 2. Mai 2009

Das "Bündnis" der Antiquare : Kollege RF Meyer auf der Schnitzeljagd




Heute ein empörender, teils auch belustigender Aufsatz unseres verehrten Berliner Kollegen in seinem Blog - tief steckt er in seinen Träumereien. Der einzige Blog, den er nicht verlinkt hat (meinen), enthält zwei Aufsätze, die ihn zur Besinnung bringen könnten, würde er nur logisch denken wollen.

Denken aber will er jetzt nicht. Bekanntlich untersuche ich in meinem bürgerlichen Leben das Verhalten pubertierender Jungen. So kommt es, daß mich mein altgedienter Berliner Kollege an jene romantischen Pfadfinder erinnert, die über Tage hinweg dramatische Indianerkämpfe inszenieren und dann staubbedeckt, sonnenverbrannt und mit glücklichen strahlenden Augen wieder auftauchen. Wer würde das nicht verstehen und aus unserer eigenen Erinnerung wissen wir: Nie waren wir glücklicher.

Bedenklich stimmt mich nur, daß Kollege RF Meyer keine 15, auch keine 18 Lenze zählt, sondern die ersten grauen Haare auf dem Kopf hat. Ziemt es ihm da, einfach loszustürmen, rein gefühlsgesteuert, und schöne Antiquariats-"Bündnisse" einzugehen? Ich sage: Ja, meine das auch ernst, füge aber hurtig hinzu: Nur unter der Bedingung, daß er sich auf sachliche, kritische Fragen gefaßt macht und sich ihnen stellt.

Das tut er nicht, weit gefehlt. Ich habe in seinem Blog heute allerlei nostalgischen Schmus zur ZVAB-Geschichte gelesen - aber nicht eine Zeile der Rechenschaft meinen Fragen gegenüber zu seinem Projekt.

Man braucht von mir nichts zu halten, von meinen Nacktbildchen noch weniger (dies war die Begründung des Puritaners RFMeyer, weshalb ich in seinem Blog nicht schreiben solle(!), aber jeder lesende Antiquar weiß aus zehn Jahren Mulzer-Querelen, daß man jedenfalls keinen Fehler macht, wenn man meine Kritik zur Kenntnis nimmt und sich ihr stellt. Ich pflege nämlich querzudenken, bin daher lästig, aber auch nützlich, etwa so wie die Ameisen oder die Geier.

In der Sache brauche ich mich ja nicht zu wiederholen, die letzten beiden Aufsätze hier enthalten im wesentlichen alle Kritikpunkte.

Indessen solls mir nicht drauf ankommen, mich als alter Bündischer mit RFMeyer ans Lagerfeuer zu setzen und mich einzufühlen in sein Tun. Weshalb kann ich seinem Indianerspiel so gar nichts abgewinnen?

Lieber Kollege am Lagerfeuer: Du versetzest dich nicht in den Gegner, der uns im nächtlichen Geländespiel gegenübersteht. Das ist der Käufer unserer alten Bücher. Kennen wir seine Möglichkeiten, seine Logistik, seine Wünsche? Durchaus! Das Internet haben wir studiert, können dieses Studium auch jederzeit wieder aufnehmen, indem wir in der Rolle des fiktiven Bücherkäufers ins Netz gehen und Schritt für Schritt sein Tun nachvollziehen.

Du aber hast das offenbar nicht getan. Sonst wüßtest du, daß du mit ZVAB und Abebooks/Amazon eine absolut erdrückende Internet-Macht vor dir hast, gegen die du nur mit allergrößter Mühe ankommen kannst. David gegen Goliath - ja, gut, auch das gehört zu deinem eigentlich sympathischen, jungenhaften Vorgehen, und in mir fändest du gerade da einen begeisterten Mitstreiter.

Aber um eine noch so kleine Chance zu haben, brauchen wir eine Gegenmacht. Das kann ein Trick sein, eine Finte - etwa meine Grundregel von der ungeheuren Werbemacht und vom Sympathie-Bonus, den eine Berufsvereingung der Antiquare haben würde - , egal, irgendetwas muß her.

Du gehst schon in der ersten Nacht deines Indianerspiels unter, weil du die Grundregel des Journalistischen, der Werbewirtschaft, des Internets mißachtest - du hast für euer "Bündnis" keinen "Aufmerksamkeitswert", keinen "Sympathiebonus", keinen "Skandal", keine flammende Anklage, keine zündende Idee, keinen fiesen Trick bereit, Du hast - nichts. Gar nichts.

Nicht einmal den niederrheinischen Qualitätsfimmel darfst du ins Feld führen, denn in deinem "Bündnis" sind neben bewährten Kollegen ganz unsägliche Neulinge. Lies dich mal ein in das Gestammel unseres großen Xing-Propheten, wenn er Zustände beschreiben soll.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, einen ganz selbstlosen, der nur Dir zugute kommen sollte, dann wäre es dieser: Stelle dich den Kritikpunkten in meinen beiden letzten Aufsätzen und diskutiere sie mit dir selber durch. Willst du das schon nicht tun, dann erkläre dir (und uns allen) doch wenigstens, wie du irgendeine Aufmerksamkeit bei den Kunden zu erzielen gedenkst.

Es geht nicht! Wir werden morgen früh gefesselt und geknebelt vor dem Zelt liegen, unsere Abzeichen abgerissen, Schuhwichse im Gesicht, und um uns herum ein Kreis schallend lachender Gegner - ZVAB und Google, die deutschen Kunden alle.

Redakteur Biester wird uns derweil mit schönen Märlein aus Berlin trösten, vom wundervollen Frühling dort berichten und daß er unsere Aktion ja so sympathisch findet. Immer wenn kleine Antiquare was Putziges treiben, freut er sich, ob sie ein Lädchen eröffnen (und für die Miete schuften), hübsche Kataloge basteln (die ihre Portokosten nicht einbringen) oder "Webseitenbündnisse" schließen.

Die Pfadfinder müssen ja nett beschäftigt sein. Wären sie unbeschäftigt, kämen sie vielleicht auf g u t e Gedanken, und dann käme Herr Wuffka an und der Edelverband und die meschuggene AG und alle würden ihn anklagend fragen: Biester, warum hast du sie nicht hübsch beschäftigt - da, sieht nur her, was sie jetzt angerichtet haben - ihr eigenes ZVAB auf die Beine gestellt...


Dank für das Bildchen an die taz (Berlin). Wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.