Mittwoch, 27. Mai 2009

Unser Gemeinschaftskatalog, ein gedruckter Denkfehler




Das Unternehmen ist mit einem Rattenschwanz schiefer, falscher bzw. völlig ausgebliebener Überlegungen belastet - ein groteskes Zeugnis gemeinschaftlicher Denkverweigerung.
Daß es zu einer derart peinlichen Gemeinschaftsleistung überhaupt kommen konnte, ist den verunglückten Strukturen der Quack geschuldet, die es in den vielen Jahren ihres Bestehens nicht geschafft hat, eine lebendige Diskussions- und Entscheidungsstruktur wenigstens unter ihren Mitgliedern auf die Beine zu stellen.

Rücken wir die Dinge mit flüchtiger Hand zurecht - eigentlich wurde alles schon gesagt, man muß es nur zusammenstellen und den Kollegen unter die Nase halten.

1.
Im mittleren und unteren Preisbereich sucht der Bücherliebhaber fast ausschließlich Titel seines Interessengebiets. Ausgerechnet und nur bei den hier bewußt ausgeklammerten oder doch eher in Einzelstücken vertretenen versteigerungsfähigen Titeln versammeln sich die Generalisten, die Allesfresser unter den Käufern, "ich sammle das wertvolle und seltene Buch". Solche weißen Raben gibt es, aber die findet man auf den Versteigerungen und Messen und als Katalogkunden der Edelhäuser.

95 % aller Antiquariatskunden im mittleren Bereich aber kaufen nur die Bücher ihres Fach- und Sammelgebiets. Daß nun auch der eine oder andere Nachbar- und Zufallstitel mit erworben wird, kann nahezu vernachlässigt werden in unseren Überlegungen.

2.
Völlig vernachlässigt wurden von den blinden und tauben Möchtegern-Nostalgikern, die für dieses unsägliche Gebilde verantwortlich zeichnen, daß wir im Internet-Zeitalter leben. Als es noch gedruckte Antiquariatslisten in Heftchenform gab, die niemand besaß, weil der Verband sie seltsam verhehlte, als der Kunde auf windige, teils aber auch recht pfiffig konzipierte Antiquariats-Anzeigenblättchen angewiesen war, die gratis in den Geschäften auslagen, als es fast nur die Gelben Seiten gab, um sich kundig zu machen - da konnte man noch "freudig überrascht" sein und Antiquaiate, an die man "bisher nicht gedacht hatte", im Rahmen solcher Sammelkataloge entdecken.

Heute ist das Stuß. Auch die letzte Klosterfrau in Oberdingharting, Post Kalkreuthe-Wald, schafft sich mit emsigen Klicks via ZVAB und Google diejenige Transparenz, die sie sich wünscht. Von den entsprechenden Titeln zur Ermittlung von Antiquariaten zu gelangen, das ist im ZVAB (gottseidank) trotz milder Erschwerungsversuche spielend leicht zu machen, von dort auf die entsprechende Webseite via Google, nachdem man die üblichen zwei, drei vorangestellten Spam-Schleudern weggekickt hat, noch viel einfacher.

Man unterschätzt die Netzgewandheit unserer Kunden gewaltig, wenn man annimmt, sie beherrschten solche Grundschritte nicht aus dem ff.

Folglich gibt es absolut keinen Grund, sonst vermeintlich nicht auffindbare oder gar "versteckte" Kollegen via Gemeinschaftskatalog vorstellen zu sollen.

3.
Noch vor zwei Jahren waren gute Kollegen-Webseiten die absolute Ausnahme - von 1000 Antiquaren hatten etwa 20-30 aussagekräftige Lagerkataloge im Netz. Heute ist das anders. Zwar sind sehr viele der Antiquariatsseiten ungemein fehlerbehaftet, entweder arrogant-hochnäsig oder juristisch-verklausuliert und/oder graphisch von Halbblinden entworfen - aber sie sind doch da. Ich schätze die Zahl ordentlicher Webseiten mit Lagerbeständen derzeit auf gut 100.

Die Folgerung liegt auf der Hand, und Kollege RF Meyer hats uns jetzt ja vorgeführt - man hätte einfach nur ein gutes Portal für existierende Antiquariats-Webseiten herstellen sollen. Das wärs gewesen, wobei das übrigens ein schweres, verantwortungsvolles Stück Arbeit ist, an dem sich unser Oberkonsistorialrat aus Berlin noch manchen Zahn wird ausbeißen müssen.

Aber es ist machbar. Anstatt sich also mit einem gedruckten Katalog abzuquälen, hätten die beteiligten Kollegen ihre individuellen Webseiten pflegen und dann geschickt so vernetzen sollen, daß ein virtueller Gemeinschaftskatalog entstanden wäre.

4.
Von der Kostenseite sprechen die Quack-Kollegen natürlich nicht. Ich kenne die Bräuche - vor fünfzehn Jahren wurden Koll. Beran und meine Wenigkeit schon dafür gesteinigt, daß wir unsere Kataloge in Prag drucken ließen. Haben sie ihr opus magnus jetzt wenigstens in Südtirol oder Kroatien herstellen lasen? Von wegen - die nicht! Ich verwette meinen alten Pfadfinderhut, daß irgendeine teure reichsdeutsche Klitsche zum Druck herangezogen worden ist, schön edel und und teuer.

Natürlich wäre auch das Portal nicht billig gekommen. Aber eine Gemeinschaftsleistung zahlt sich gerade im Internet sehr aus - die Bündelung vieler Netz-Erfahrungen wäre dem Projekt sehr zugute gekommen, es wäre ein Modell entstanden, das allerseits nutzbar und nützlich, vor allem auch ausbaufähig gewesen sein würde. Stattdessen sind wir, vermutlich unter Federführung unserer niedrrheinischen Edelantiquare vom Dienst, ins Mittelalter des Antiquariats zurückgekehrt.

Fazit: Das war töricht, dumm, unüberlegt, kurzsichtig und ein würdiges Abschluß-Dokument jener unsäglichen Genossenschaft, die ich vor elf Jahren zum ersten Mal in der Hess-Runde angeregt hatte. Hätte ichs nur unterlassen - was wäre uns nicht alles erspart geblieben!

Das hübsche Buchdeckelbild ist Eigentum des Verlags. P.S. Buch ist sehr lesenswert!