Dienstag, 8. November 2011

Zwischenruf: Lieber Kollege Pardun!

Lieber Kollege Pardun,

mit Interesse verfolge ich Ihren heutigen Beitrag im "Soloantiquar", muß aber gleich vermelden, daß ich mich weniger denn ja anfreunden kann mit Ihren Thesen, ja - buchstäblich alle Ihre heute formulierten Analysen mitsamt der daraus sich ergebenden Schlußfolgerungen halte ich für unzutreffend.

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Es kann sich nicht handeln um eine verbesserte Kommunikation unter den Kollegen. Was sollte die bringen? Die meisten Antiquare haben weder Zeit noch Lust, die Probleme ihres Berufs jenseits der Mauern ihres Lagers bzw. ihres Ladengeschäfts zu durchdenken. Muß man ihnen das übelnehmen? Ich denke nicht. Wenn ich nur so nebenbei gelegentlich einmal nachsinnen kann über mein Gewerbe, dann ergeben sich Meinungen, Vermutungen, Haltungen - aber doch keine verwertbaren, keine nützlichen Analysen.

Es ist ein schweres Stück Knochenarbeit, Berufsfragen auch nur ansatzweise systematisch zu erfassen. Mit der eigentlich doch ganz simplen Frage, was mit einer Direktverlinkung von einer Zentralseite aus alles zu machen sei, wo die Hindernisse liegen, welche Chancen das bieten könnte, war ich wochenlang schwanger. Dazu hat man gewöhnlich im Berufsleben keine Zeit.

Immer wenn man im Lauf der Jahre Kollegen von der Genossenschaft auf Unzulänglichkeiten ansprach, hatten sie geantwortet, daß sie ihre Arbeit für Datenbank und GIAQ schließlich nur ehrenamtlich, in ihrer Freizeit, erledigen könnten und man nachsichtig mit ihnen umzugehen habe. Das stimmt.

Sie sprechen, werter Kollege, hoffnungsfroh von der Aufgabe und Tätigkeit eines "Moderators". Das ist deshalb ein düsterer Gedanke, weil es, mit Verlaub, bei den Antiquaren nichts gibt, was Sie moderieren könnten. Wir haben Meinungen, Zufallsergebnisse, Haltungen - das wars dann schon. Ab und zu rappelt sich ein Einzelkämpfer auf, läßt aber in der Regel nach kurzer Zeit wieder alles fallen. Den brauchen Sie auch nicht zu moderieren.

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Viele Einzelheiten Ihres Beitrags stimmen eher - nicht. So ist die fachliche Qualifikation der meisten mittleren Antiquare sehr ordentlich, bei den oberen mit wenigen Ausnahmen ohnehin ausgezeichnet. Folgerichtig ist das Image der Antiquare in der Öffentlichkeit sehr positiv, oft unverdient überhöht, es könnte kaum besser sein. Allerdings gibt es Wirtschafts- und Bankfachleute, die tiefer blicken und die fast durchgreifende Unterkapitalisierung und finanzielle Ertragsarmseligkeit vieler Antiquariate durchschauen. Solches war aber schon immer so, ist gar keine Neuigkeit und beeinträchtigt unser Image in der Öffentlichkeit nicht.

Es gibt auch keine ernsthafte Notwendigkeit, die Antiquare zu schulen, zu veredeln oder ihnen ein Elitebewußtsein zu vermitteln. Natürlich wären Fortschritte in technischen und kaufmännischen Dingen löblich, sehr wünschbar wäre eine Grundausbildung in Webgestaltung und die regula de tri der Titelaufnahme müßte gelernt werden. Das stimmt alles, ist aber nicht mehr als nützliches Beiwerk, auf das man notfalls verzichten kann.

Was wir brauchen, ist zunächst und vor allem  n u r  eine durchgreifende  A b s a t z f ö r d e r u n g  . J e d e r  von uns soll eine bessere, schnellere, selbständige, ertragssichere Verkaufschance für seine Bücher haben, ungestört auch durch Heuschrecken jeder Art, die sich an uns klammern und durch "nützliche Dienste" aussaugen wollen.

Absatzförderung aber bedarf neuer  I d e e n. Die müssen unmittelbar zu erproben sein, erweisen sie sich als tragfähig, dann sind sie mit aller Kraft durchzusetzen.

Mein System der Sammelgruppen-Verlinkung, der Sachgebietserschließung von einer Zentralseite, von einem Medium aus ist solch eine Idee zur Absatzförderung. Eine von mehreren, die denkbar sind.

Ein kommendes Medium sollte sozusagen

*selber denken

in dem Sinn, daß die Redakteure nicht moderieren, sondern konkrete Projekte entwickeln und sie, wie heißt es so schön, zur Anwendungsreife führen.

Auf Erträgnisse aus dem Sammeln vager, schnell hingetuschter Kollegenmeinungen würde ich mich nicht verlassen wollen. Man kann nicht "nichts" moderieren. Moderiertes Nichts bleibt weiterhin - - nichts.

In diesem Sinn freundlich Ihr

Peter Mulzer