...
1.
http://www.boersenblatt.net/351523/
Wir erinnern uns, daß die Berliner Verkaufsplattform "antbo" unter den unlängst hier getesteten Bücherdatenbanken überraschend gut abgeschnitten hatte. Mein positives Urteil wird von den Kollegen offenbar geteilt.
Weshalb kam antbo trotzdem nicht hoch? Ist es nicht erstaulich, daß ein erfreulich gestaltetes, technisch einwandfreies Portal viele Jahre hindurch vor sich hinkümmert?
Antiquare mit gutem Gedächtnis werden sich erinnern an einen kurzen, aber hochdramatischen Konflikt zwischen mir und antbo. Ich empfand damals die Namenswahl als völlig unmöglich, in jeder Hinsicht peinlich und völlig hirnrissig, beschwor Herrn Zeisig, den Chef, mit Engelszungen, den Namen zu ändern (und entdeckte bei dieser Gelegenheit einen Rattenschwanz von Rechtschreib- und Usabilityfehlern in seinen Zugangsseiten).
Die äußerlichen Fehler wurden hurtig ausgebügelt - aber am Namen änderte man nichts. So schwebt der "Entenpopo" mitsamt aller anderen von mir entdeckten Alliterationen und Anmutungen des "Antbo"-Namens immer noch über der Datenbank. Daß Zeisig leider auch taktisch buchstäblich alle Chancen, sich gegen das, wie wir im Test sahen, beschämend mittelmäßige Prolibri zu profilieren, nicht wahrgenommen hat, ist eine Tragödie besonderer Art.
Ich würde heute noch, in der veränderten Situation, mit Vergnügen eine Strategie entwickeln wollen, mit der Antbo hochkommen könnte am Markt. Aber dazu müßte als erstes der völlig verhunzte Name geändert werden. Gegen Zeisigs Renitenz in diesem Punkt ist wohl nicht anzukommen. Schade.
2.
http://www.boersenblatt.net/351386/#comments
Unser niederrheinischer Kollege, bei dem auf Besserung nicht zu hoffen ist, hat leider eine Hofcamarilla um sich geschart, die ihm dummblöd sekundiert auf seinem Holzweg in der Namensfrage. Kollege Heuberger enttäuscht mich sehr - er verwechselt neuerdings das Zitieren und Vergleichen irgendwelcher Textstellen mit dem, was er einst durchaus besessen hat - mit dem gesunden Menschenverstand eines erfahrenen Großstadt-Antiquars. Und Kollege Plocher weiß uns heute nichts besseres zu bieten als das weit hergeholte Variieren eines äußerst schwachen und zudem aus dem Zusammenhang gerissenen Fontanezitats. In der Sache aber herrscht weiterhin Nebel am Niederrhein und anderswo.
Es sind nun zehn Jahre her, daß ich die Idee einer Genossenschaftsbildung in der ersten Hess-Runde vor gut 250 Antiquaren vorgestellt und propagiert hatte, parallel und ohne Beziehung zum amerikanischen Tomfolio. Die noch älteren britischen Unternehmungen in dieser Richtung, auf die uns später Plurabelle aufmerksam gemacht hat, waren damals, in Vorgooglezeiten, ganz unbekannt. Es ist - das bereitet Prolibri heute noch Alpträume - also nachweisbar m e i n K i n d, um das es sich da handelt. Und die eigenen Kinder betrachtet man bekanntlich besonders kritisch.
Drei Todsünden hat die junge, hoffnungsvolle Genossenschaft teils noch vor, teils während der Berliner Gründungsversammlung begangen. Gegen alle drei habe ich verzweifelt angekämpft, in der Hess-Runde alles hübsch dokumentiert und nachweisbar:
1) die Verletzung einer demokratischen, offenen Diskussionskultur, stattdessen das Fortführen einer scheußlichen Mauschelei, Grüppchenbildung und Intrigiererei, teilweise, das muß man einräumen, durch die kreuzunglücklichen, hoffnungslos veralteten gesetzlichen Regelungen im Genossenschaftswesen begründet,
2) die Abkehr von einer niedrigschwelligen Zugangspolitik zugunsten einer psychologisch und taktisch verheerenden, elitär hohen Start-Beteiligungsforderung, die von den Kollegen vorher schon jenes Vertrauen einfordert, das sie erst später entwickeln sollen und können - war während der ZVAB-Übernahmezeit vielleicht notwendig, hätte dann aber sofort umgeändert werden müssen,
3) die Wahl fürchterlicher, peinlicher, lächerlicher und struntzdummer Namen - mit GIAQ fing das an.
Wobei wir beim Thema sind. Wer so meschugge ist, GIAQ als Bezeichnung für eine große allgemeine Selbstorganisation im Antiquariat festzuschreiben, dem sind noch weitere Namensblödheiten zuzutrauen. Ich schieße mich da keineswegs nur in die niederrheinischen Nebel-Niederungen ein (die jetzt bis nach Köln reichen), auch Kollegen wie Kretzer et alii scheinen zwei linke Hände zu haben in mancherlei Hinsicht.
Vor allem aber in dieser:
Die Datenbank, und damit die Seele der Genossenschaft, tauft sich jetzt um in "Antiquariat". Wie das im einzelnen geschehen soll, ob "nur" mit Internetadresse oder als Gesamtbezeichnung der Datenbank oder Teil einer solchen - immer ist das juristisch unzulässig. Die Folgen werden überaus peinlich sein. Das kann sich doch jeder ausmalen. Teils recht gute Arbeit (etwa das Shopsystem und die Bebilderung) wird dadurch entwertet und wohl schließlich zerstört. Denn Fehler, Wechsel, Peinlichkeiten bei der N a m e n s - Wahl oder Adressenwahl sind heute, das weiß man, tödlich. Es gibt nichts Schlimmeres für ein Verkaufs- und Werbeinstrument!
Die Gründe sind hier noch einmal in knappster Form zusammenzufassen:
Es muß darauf abgestellt werden, was "Antiquariat" in der Vorstellung der meisten, der durchschnittlichen T e i l n e h m e r am Markt ist. Da die Rechte der Mitbewerber der Verkaufsdatenbank ebenso geschützt werden müssen wie die Rechte der Käufer = Verbraucher, nicht aber die irgendwelcher anderer Leute, gibt es nur ein Kriterium zur Prüfung der Zulässigkeit einer Bezeichnung:
*Wie denkt (werbepsychologisch auch: wie f ü h l t) der Teilnehmer am Markt der alten Bücher darüber?
Hier gilt nun, daß "Antiquariat" eine einzelne Firma darstellt für den Verbraucher. Mit "Antiquariat" verbindet sich die persönliche Leitung, mehr noch der S t i l eines Hauses (dieser Aspekt wurde noch gar nicht angesprochen), die Verantwortung, eine gewisse Betreuung, eine weitaus größere S i c h e r h e i t für den Käufer (auch davon war bisher die Rede noch nicht).
Wenn ich also bei einer Bücherdatenbank, einem Portal einkaufe, dann hab ichs mit 200 oder 500 oder 1000 Antiquariaten zu tun, ebensooft also mit der Unsicherheit und Unwägbarkeit immer neuer, immer anderer Antiquariate. Will ich das in Kauf nehmen - gut, meine Verantwortung.
Was aber auf gar keinen Fall geschehen darf, ist, daß mich eine Datenbank über ihre Unwägbarkeit und Unsicherheit der Vielzahl von teilnehmenden Antiquariaten HINWEGTÄUSCHT durch die Verwendung des Begriffs "Antiquariat".
Das ist wahrscheinlich Täuschung, möglicherweise Betrug, ganz sicher aber eine Verletzung der Grundregeln im Wettbewerb.
Weil das ganz klar ist, wird die "neue" Namenswahl der Prolibri in ein riesiges, peinliches Desaster führen. Die Verantwortlichen sind nun gewarnt, hinterher können sie sich nicht mehr herausreden.
Rasch noch der Hinweis auf einen bemerkenswert hellsichtigen Beitrag im Börsenblatt:
http://www.boersenblatt.net/350742/
Das Täuschungsbild verdanken wir encarta. Es wird auf einfache Anforderung hin sofort entfernt.
Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Donnerstag, 31. Dezember 2009
Mittwoch, 30. Dezember 2009
Blaues Wunder mit kleinen Fehlern - Webseitenkritik Bilger
http://www.fonsblavus.de/
Kollege Bilger erfreut uns mit einer guten Webseite.
Vorspruch: Jeder Antiquar plagt sich in Gedanken, Worten und Werken mit der Planung und dem Ausbau einer eigenen Webseite. Man sollte deshalb nicht einfach Antiquariatsseiten vorstellen und dann den Redakteursblock wieder zuklappen, wie heute im Börsenblatt geschehen, sondern Gestaltung und Inhalt auch besprechen und bewerten. Solche kritischen Besprechungen können nur förderlich sein. Auch würde ich anregen, die Stellungnahmen von Kollegen, wenn man schon auf die löbliche Idee kommt, sie anzurufen, etwas ausführlicher zu gestalten. E c h t e Kollegen-Interviews sind stets ungemein nützlich, wir lesen sie alle gern. Nur sollten es keine ausgefeilten schriftlichen Stellungnahmen sein, dann wirs eher langweilig - Stormchen hatte seinen Antiquariats-Anzeiger leider zeitweise genau damit lahmgelegt.
Biester könnte das ganz gut, er hat eine konziliante Telefonstimme. Aber zurück zur Bilgerschen Webseite.
Das Blau der Startseite mit dem kreisrunden Bild ist wunderschön. Leider macht Bilger den Fehler, mit dem uns auch RFMeyer zu ägern pflegt - er bedenkt nicht, daß man auf der Startseite gern mit e i n e m Blick alles überblicken möchte. Das schönste Bild nutzt nix, wenn ich es nur in Teilen sehen darf. Wie ungeschickt, die gute Grundidee durch den Zwang zum Herunterscrollen zu beeinträchtigen.
Die Klappmenus oben in der Startseite sind graphisch unklar, ich weiß nicht recht, ob ich unter "Aktuelles" n u r "Buch des Monats" und "Messen" anklicken soll, oder auch "Aktuelles" selbst, ist "Aktuelles" also nur die Überschrift zum darunterliegenden Klappmenu oder birgt sich in ihm a u c h eine eigenständige Information? - Menus zum Herunterklappen verstehen sich entweder mit oder aber ohne ihre Überschrift. Kompliziert zu beschreiben, sehen Sie es sich an, dann begreifen Sie sofort, was ich meine. Das sollte also geklärt werden, graphisch. Ohnehin warne ich vor allzuvielen Spielereien. Ist es nicht besser, k l a r anzuzeigen, was auf der Webseite alles geboten wird? Muß ich unbedingt einen Teil erst einmal "verstecken", damit der Leser überrascht wird wie beim Öffnen von Weihnachtskalendern - - was mag wohl hinter dem Türchen sein?
"Aktuelles" sollte irgendwie w i c h t i g sein. Ein Neujahrsgruß, so nett er auch klingen mag, ist nicht "aktuell". - Der farblich sehr gute Scan des herausgehobenen (sehr schönen) "Buchs des Monats" wirkt leider höchst künstlich und verquer durch die Marotte des Kollegen, nur Vorderdeckel und Rücken auf einer Ebene zeigen zu wollen. Der Rücken liegt ja in der Natur nicht plan zusammen mit dem Vorderdeckel, wenn ich nur Vorderdeckel und Rücken zeige, er ist dann "eigentlich" schräg im Bild. - Hier bin ich längst zum flachen Auflegen des ganzen Buchs gekommen, das sieht natürlicher aus - wenn freilich auch der zweite, hintere Deckel nichts zusätzlich Informatives bringt. So jedenfalls wie hier wird die Optik des Buchs vergewaltigt.
Bei dem Beschreibungen bitte ich mir aus, daß mir als Leser nicht der ganze Wust der - inhaltlich exzellenten! - Beschreibung in einem Durchsatz an den Kopf geknallt wird. Durch diese schreckliche Unsitte ist ein ganzer Katalog, jener ominöse Pleitegeier, der bei mir unter "Sammelkatalog der Quack" läuft, verdorben worden. Wir bitten also um Absätze, noch besser um unterschiedliche Typengrößen usw.
Dies gilt in der Folge auch für die unter "Messen" angezeigten Exemplare.
Wer so liebevolle und sachkundige Ermittlungen und Hintergrundberichte zu seinen Titeln fertigbringt, gerade der müßte sich zu einer optisch-typographisch klaren Darstellung durchringen können. Bleiwüsten wirken ernüchternd.
Unter "Kataloge" wirkt das "Bitte auf den Katalog klicken" recht ungeschickt. Sowas löst man graphisch anders, nicht so kindlich. Eine Antiquariats-Webseite ist kein Eiermännchen-Spiel.
Leider, leider eröffnet sich dann, wer hätts gedacht, unter "Kataloge" das schwer handhabbare, ungeschickts ins Netz geknallte Druckmanuskript eines Katalogs, das man herunterscrollen muß. Das ist nicht gut! Gerade ältere und würdigere Semester, an die sich der Kollege doch wendet, h a s s e n diese ungeschickteste aller Darbietungsformen von Katalogen. Hier ist unbedingt ein Umdenken angesagt. Es ist eine Sache von ein bis zwei Stunden, um aus dem Druckmanuskript eine gut bedienbare echte kleine Datenbank zu schustern.
Bei der Registerkarte "Fons Blavus", hinter der sich dann "über uns" eröffnet, tritt das oben schon erwähnte Problem der Mehrdeutigkeit verborgener Unterregister wieder auf. - Der persönliche Einführungstext ist außerordentlich sympathisch und zurückhaltend, sowas bin ich bei Antiquaren leider sonst gar nicht gewohnt. Vielleicht einen Tick noch zurücknehmen, etwa beim "Betreuen" der Kunden, ansonsten aber - - sympathisch! So soll es sein!
Es ist Geschmackssache in einem tieferen Sinn, ob überhaupt und wenn dann welche Kollegen ich direkt verlinke. Man weiß nicht - sind das jetzt "Freunde", "Messekollegen", "Antiquare, mit denen ich zusammenarbeite", "...die ich empfehlen möchte" - oder was sonst? Bitte erklären. - Die bibliographischen Links sind, mit Verlaub, etwas heruntergehudelt. Das muß besser durchdacht sein und auf die angebotene Warenart abgestellt werden. Sonst lieber nichts bringen.
Kollege Bilger entgeht dann unter "Kontakt" doch nicht der Versuchung, ein großes Portrait "gewinnend lächelnd" einzustellen. Das könnte in dieser Form auch das Börsenblatt zieren, Stil Wetscherek-Wien oder, o Gott, der Jüngling von "Ich mach was mit Büchern". Solche Psychotricks sollte man unterlassen.
Die erwähnten Kleinigkeiten ändern, bis auf die Unsitte, dem Kunden PDF-Kataloge an den Kopf zu knallen, nichts an meiner Einschätzung dieser Webseite als Lichtblick mitten im sonstigen Elend der Kollegenseiten. Gesamtnote wäre 2-3, ohne das PDF-Ungeheuer sogar durchaus eine gute 2+.
Rechtlicher Hinweis: Webseiten, die dem Verkauf an Kunden im Internet dienen, dürfen einer kritischen Beurteilung unterzogen werden. Wer sich persönlich gekränkt fühlt, möge mich zur Nacharbeit einzelner Textstellen auffordern, ich werde tun, was möglich ist. Aber im Interesse der Kunden wie auch der Antiquare selber kann und soll es, wie bisher so auch in Zukunft, Webseitenkritiken geben.
Das Foto vom Blautopf gehört der Stadt Blaubeuren, bei der wir uns bedanken für die Verwendungsmöglichkeit.
Dienstag, 29. Dezember 2009
Unseren Absatzproblemen auf der Spur - ein Selbstversuch. Teil I
Um verläßliche Daten zu bekommen über die Schwierigkeit, in dieser Zeit durchschnittliche ältere Bücher zu verkaufen, beschloß ich vor 14 Tagen, mich einem Selbstversuch zu unterziehen. Nur so kann ich mein Vorgehen steuern und Normen definieren.
Ich sortierte aus meinem weitgehend ungeordneten Bestand, den ich in einer großen Altbauwohnung, in Kellern usw. in 30 Jahren angesammelt habe, alle Titel aus, für die zutreffen sollte:
*Fachgebiet Theologie, beide Konfessionen, sowohl Fachtheologie als auch Volksfrömmigkeit (unter Ausgrenzung der Traktatliteratur und der religiösen Dichtung)
*Zeitraum 1800-1930
*Mittelwert bei bookfinder/ ZVAB unter 50 Euro, aber über 10 Euro
Ich brachte die letzten beiden Adventwochen mit dieser Aufgabe zu, bei der weit über 20.000 ungeordnete Bände aller Fachgebiete durchzuschauen waren, die teils in Dreier- und Viererreihen stehen (schmale und breite Sten-Bretter, sapienti sat). Halbtot, staubbedeckt und von Schimmelpilzen überzogen tauchte ich wieder aus dem Chaos auf.
Die Titelzahl in Sachen Theologie war nun überschaubar, etwa 5000 Titel, nicht mehr, schon weil andere Sachgebiete in meinem Ankaufsgebiet seit jeher dominieren, als da sind Trivialromane, meist 1860-1920, unendliche Militaria-Reihen, Broschüren und Nonbooks (über die ich heute sehr froh bin), Papier, Papier...
Von den Bucharten und Themen her beobachte ich nun innerhalb "meiner" Theologie eine erfreuliche Ausgewogenheit, was nicht zuletzt daher kommt, daß ich nie eine geschlossene theologische Bibliothek kaufen konnte, aber in Pfarrhäusern aller drei Konfessionen des Ankaufsgebiets gut bekannt bin.
Die nächsten Schritte, die ich vornahm, sind natürlich allen Kollegen vertraut:
*Alphabetische Sortierung nach Anfangsbuchstaben, dann Auswahl eines Buchstabens zur ersten Bearbeitung, ich wählte "B" aus, und hier wiederum die Untergliederung "Ba" (teils bis "Be"). Das waren etwa 120 Titel, immer beschränkt auf den Zeitraum 1800-1930.
*Abfrage aller Titel (es waren übrigens kaum Mehrfachtitel dabei) in bookfinder. Ich rate allen Kollegen, das in Paranthese, dazu, Preise nicht mehr im ZVAB, sondern in bookfinder nachzusehen, aus vielerlei Gründen, über die wir ein andermal diskutieren können. Hauptgrund ist natürlich die realistischere Preisüberschau nach *unten* hin, aber bei alten oder schwierigen Titeln ist auch die ganz geniale Darbietung der Titelvarianten dort sehr hilfreich. Bookfinder ist gottseidank auch schneller geworden.
*Ausscheidung aller Titel, die öfter als etwa 3x angeboten werden, bei teuren dürfen es auch 4 oder 5 sein, und/oder die im Mittelwert unter etwa 12 Eur liegen.
Nach dieser Operation blieben von den 120 Titeln ba (-be) noch 43 übrig. - Grund für die Ausscheidung der billigen und/oder der häufigen Titel ist die Erwägung gewesen, daß ich das Ergebnis durch eine Hereinnahme der Mehrfach- und der Billigtitel nicht herabdrücken wollte.
So nützlich der Titeltransfer nach System Wiesler auch ist für neuere Titel, muß ich diese Methode aus Qualitäts- wie auch aus Zeitgründen für ältere Titel verwerfen. Das bringt einerseits zuviele zeitraubende Fehler, zum anderen stimmt bei Wiesler die Qualität nicht (immer). Ich legte mir also eine Reihe solcher Registerkarten in Firefox an, die unmittelbar verwertbare Titeleien ("ISBD-Dateien") aus großen Bücherdatenbanken liefern. Aus etwa 2/3 aller Datenbanken kann man sie extrahieren, oft freilich muß man den Eingang zum ISBD erst mühsam suchen. Hat man ihn aber einmal gefunden und jeweils notiert, gehts wies Bretzelbacken.
Im Fall der älteren Theologie war das (in der Reihenfolge der Brauchbarkeit) VThK, dann KVK, hier freilich nur der GVK-Zugang, das exzellente Baden-Württemberg-Katalogmodell usw., während Bayern in Sachen flotter Titelextraktion eine Stätte des Grauens darstellt und Deutsche Bibliothek Leipzig (wir sprechen von der Retrokonversion der älteren Titel) wie auch Staatsbibliothek Berlin durch unsägliche Titelschluderei enttäuschen. Darüber können wir ein andermal sprechen.
Vor allem dank des rührend gepflegten, ganz erstaunlich guten VThK konnte ich aus allen Titelquellen insgesamt 40 von 43 Titeln direkt einkopieren, natürlich nach Wordpad, um die teils recht tückischen Formatierungen auf alle Fälle loszuwerden.
Dann setzte ich, für jeden Titel von Hand, die für die Erstellung der CSV-Datei notwendigen Sternchen ein (Sternchen lesen sich später am leichtesten), in meinem Fall vor bzw. zwischen
Autor*Titel*Jahr*Beschreibung*Nummer*Preis*Anmerkung*Schlagworte
wobei ich unter "Jahr" Ort, Verlag und Jahr subsumiere, unter "Beschreibung" Seitenzahl und Einbandart, unter "Anmerkung" den Zustand des Buchs. Auf Ausfüllung der Rubrik "Schlagworte" verzichte ich vorerst, aus Zeitgründen. Ich stelle Ihnen die fertige Transferdatei, bereit zum Überspielen nach ZVAB, in einem Ausschnitt mal vor:
"Autor"~"Titel"~"Jahr"~"Medienschlüssel"~"Beschreibung"~"Nummer"~"Preis"~"Anmerkung"~"Schlagworte"
"Bachmann, Philipp:"~" Nun aber halte ich Dein Wort : ausgewählte Predigten / von Philipp Bachmann. - "~"München : Kaiser : 1932. - "~0~"OLn VIII, 194 S."~"tb01"~13~"schön erhalten"~
~"Liber duodecim prophetarum : Textum masoreticum accuratissime expressit, e fontibus Masorae varie illustravit, notis critics confirmavit ... / Hrsg. von Seckel Baer. - "~"Lipsiae : Tauchnitz, 1878. - "~~"Hln. X, 102 S., Einheitssacht.: Prophetae minores"~"tb02"~12~"sehr klarer Druck"~
~"Liber Genesis : Textum masoreticum accuratissime expressit, e fontibus masorae varie illustravit, notis criticis / confirmavit S. Baer; praefatus Fr. Delitzsch. - "~"Leipzig : Tauchnitz, 1869. - "~~"Hln. VIII; 96 S."~"tb03"~12~"klarer Druck"~
"Alonzo L. Baker: "~"Die Hoffnung der Welt. "~"Pacific Press, Brookfield 1926. "~~"OLn. 384 Seiten"~"tb04"~19~"Vordergelenke etwas gelockert. - eindrucksvoll illustriert im Stil der Pfingst- und Zeltmission in den USA"~
"Philipp Balzofiore "~"Lebensgeschichte der ehrwürdigen Dienerin Gottes Anna Maria Taigi : (1769 - 1837) / von Philipp Balzofiore, übrsetzt von: Wimmer, Boniface. 2., unveränd. Aufl. 1873. "~"Regensburg [u.a.] : Pustet, 1873."~~" OBroschur XVI, 134 S. : Ill., Aus dem Ital. übers."~"tb05"~24~"Broschur noch uneröffnet, letzte Blätter gering geknickt"~
Die Sternchen sind, weil das ZVAB das will, hier einfach in Tilden~ umgewandelt worden, das Programm bietet diese Möglichkeit automatisiert an.
Die weiteren Schritte zur Behandlung der CSV-Datei habe ich mit "OpenOffice CALC" (Freeware) vorgenommen, ich warne ausdrücklich vom dem teuren Windows-Tabellenprogramm. - Die zunächst etwas kniffelige Rückverwandlung der CSV-Tabelle in das von den Datenbanken geforderte TXT-Programm ist auch für EDV-Laien wie mich keine Hexerei. Man muß es einmal lernen, ein Nachmittag, dann sitzt es.
Dann scannte ich *jeden* Titel mit einem sehr schnellen A3-Scanner ein (ein uralter Epson GT-15000).
Nach leidvoller Erfahrung mit billigeren A4-Scannern, die mich zur Raserei gebracht hatten, arbeite ich nun vergnügt mit dieser Maschine. Sie hat ziemlich stur einen Ebay-Gebrauchtpreis von 400-500 Euro (neu unsäglich viel mehr). Dieses Geld habe ich nie bereut. Beißen Sie in diesen sauren Apfel, tun Sie es! Gebraucht reicht aus, da diese großen Maschinen für hunderttausend und mehr Scans ausgelegt sind.
Viele Kollegen fürchten sich vor der Forderung der Datenbanken, daß die Bezeichnung des Scans bzw. Fotos übereinstimmen muß mit der dazugehörigen Buchnummer. Hier ist wieder eine gute Stunde anzusetzen, in der Sie das richtige Einsetzen der Startsignatur beim ersten Scan lernen und, noch wichtiger, das automatisierte Herunternummerieren in der Buchnummern-Spalte des OpenOffice-SCV.
Mit Tinypic (gratis) verkleinern Sie die Bilder in Sekundenschnelle herunter. Versuchen Sies erst gar nicht mit Irfan, viel zu kompliziert. Tinypic!
So, jetzt haben wir eine ganz wichtige Z e i t - Größe, die für alle älteren und/ oder schwierigen Titel genau gleich gelten dürfte:
BEZOGEN AUF DEN SCHLIESSLICH EINGESTELLTEN=VERWENDETEN TITEL:
Sortieren A-Z mit Feinsortierung 1 min
Preisermittlung/ Aussondern über Bookfinder: 3 min (hierin sind enthalten ca. 3 Nachschauungen, da ja ca. 2 entfallen, einer bleibt)
Scans einschl. Vor- und Nacharbeit 1 1/3 min
Hereinholen der Grundtitelei 2 min
Sternchen-Einsetzen 2/3 min
Eintrag von Preis, Einbandart, Zustand 2 min
SA. 9 1/2 = 10 Minuten je definitiv eingestelltem Titel
Diese 10 Minuten sind eine ziemlich grauenhafte, weil viel zu hohe Bezugsgröße. Mein Gefühl sagt mir, daß hier der springende Punkt liegt. Egal, ob ich die ganzen Arbeiten delegiere (wer kann das eigentlich sonst noch machen?) und dann den Arbeitslohn bezahlen muß, oder ob ich selber am Kasten sitze - wird da wenigstens ein Putzfrauenlohn herauskommen für mich?
Der mittlere Verkaufspreis der Ware in diesem Selbstversuch liegt übrigens brutto etwa bei 24 Eur.
Ich habe gestern die 42 Titel in ZVAB und Abebooks eingegeben und warten nun auf das Resultat. Ich vermute, daß es verheerendausfallen wird.
Eine ganze Menge der üblichen relativierenden Argumente ("das ist doch bei jedem Kollegen wieder anders") glaube ich durch die sorgfältige Versuchsanordnung ausgeschaltet zu haben. Jetzt kann jeder die Bezugsgrößen für sich selber nachprüfen. Und alte Theologie ist als Gebiet immerhin doch noch im unteren Mittelmaß der Beliebtheit, vorausgesetzt es wird sorgfältig ausgesiebt, wie ichs doch wohl getan habe.
Das Ergebnis wird, nach meiner Schätzung, bei etwa 2-3 % verkauften Titeln liegen - und damit wird die Unrentabilität unserer Arbeit unter den gegenwärtigen Marktbedingungen dann klar zutage treten.
Wenn das so sein sollte, dann kann ich mich, immer unter Verwendung der Standards, an die ich mich gehalten habe, an eine Untersuchung des Marktes machen.
Das wird dann der zweite Teil des kleinen Selbstversuchs sein.
Wir müssen herausbekommen, weshalb wir mittlere Titel der hier vorgestellten Art in so beschämend geringem Maß loswerden. Dafür gibt es Gründe. Kennen wir die, können wir uns konkrete Maßnahmen zur Absatzförderung ausdenken.
Zunächst aber brauche ich die Ergebnisse dieses kleinen Selbstversuchs, über den ich Sie gern ins Bild gesetzt habe.
Für das Foto "Selbstversuch" danke ich Landsbytossen, von wo ichs ausgeliehen habe.
Nebel am Niederrhein
http://www.boersenblatt.net/351386/template/b4_tpl_antiquariat/
Ein Antiquar vom Niederrhein, dessen Namen wir gnädig verschweigen wollen, führt uns im Kommentar Nr. 14 mit Brillianz vor, was es heißt, uneinsichtig und unbelehrbar zu sein und, als wäre dies noch nicht genug, munter M y t h e n zu konstruieren und Skandale herbeizureden.
http://www.boersenblatt.net/351386/#comments
Die hier für einmal vereinigten Antiquare RFMeyer und Mulzer, ansonsten eher auf kritischer Distanz zueinander, haben seit zwei Tagen mit Schafsgeduld versucht, in immer neuen Wendungen und in mehreren Beiträgen ihm das Problem klarzumachen, das in einer Namenswahl zu sehen ist, die auf T ä u s c h u n g im Internethandel hinausläuft und schon im Vorfeld einer juristischen Klärung erbärmlichen Schiffbruch erleiden muß.
Wenigstens meinen wir das, und wir begründen es auch. Redakteur Biester deutet zart an, daß er hier auch ein, sagen wir es so, Fragezeichen am Horizont sieht und jedenfalls Klärungsbedarf besteht.
Was macht unser niederrheinischer, hier nicht zu nennender Kollege? Geht er überhaupt auf das Thema ein? Macht er sich für 5 Pfennig Gedanken über diese Frage?
Weit gefehlt. Stattdessen konstruiert er ein wolkiges Mythengebilde von sich gegen die Genossenschaft verschwörenden anonymen Menschen, unterstellt er Björn Biester das Tolerieren düsterer böser oder doch wenigstens "armer" Medienverschmutzer.
Das mag er halten, wie er will. Aber es wäre eine Frage des vernünftigen Diskutierens, zu einem Problem Stellung zu beziehen, das z w e i Kollegen ihm mit viel Mühe und Zeitaufwand aufgedröselt und begründet haben.
Merke - M y t h e n und Verschwörungsbramabardisierungen tragen zur Klärung wichtiger Fragen nichts bei.
Das schöne Foto (Nebel am Niederrheim) gehört U.Verbarg. Wir danken für die Verwendungsmöglichkeit; Bild wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
Freitag, 18. Dezember 2009
Randbemerkung
http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/28/nur-ein-paar-marginalien/
http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/24/mein-name-ist-hase-nicht-igel/
http://www.boersenblatt.net/351386/template/b4_tpl_antiquariat/
Mit Seitenblick auf die derzeitige Diskussion im Börsenblatt darf ich anregen, zwei Diskussionsstränge sauber auseinanderzuhalten.
1.
Zunächst der juristische Gesichtspunkt. Weitaus wichtiger als die Frage nach der Internet-Adresse, etwas verwirrend und nicht immer glücklich neudeutsch auch "domain" genannt, ist die
*Wettbewerbsfrage
im Zusammenhang mit der Geschäftsbezeichnung der Datenbank/ des Portals. Dieses Thema ist so alt wie das neuere Rechtswesen überhaupt und seit über hundert Jahren gibt es dafür eine Reihe klarer Regeln.
Die Geschäftsbezeichnung muß w a h r sein in Hinsicht auf mehrere Gesichtspunkte. Einer der wichtigsten ist, daß sowohl die Natur, die A r t des Gewerbes durch den gewählten Namen richtig dargestellt sein muß, ebenso auch dessen G r ö ß e.
Ich darf also nicht schreiben "Frischfischrestaurant", wenn ich Tiefkühlfisch aus Alaska auftaue, darf mich nicht "Deutsche Großspedition" nennen, wenn ich nur ein Dreiradwägelchen im Stadtverkehr zu laufen habe. Hier verletzt die Bezeichnung "Antiquariat" für eine Datenbank / ein Portal die Forderung nach Wahrheit und Klarheit über die A r t des Gewerbes.
Man kann das mit etwas Rabulistik so hindrehen, daß es "anscheinend" paßt. Juristisch halbwegs wasserdicht bekäme man dies aber nur dann hin, wenn es, wie ich das im "Deutschen Antiquariat" geplant hatte, mit einer überzeugenden Organisation der Antiquare verbunden sein würde, die eben diesen Namen tragen würde. Nur dann könnte man es durchkriegen, aber selbst das wäre, wie Koll. RFMeyer mir mitgeteilt hat, rechtlich ziemlich wackelig.
Beim Wettbewerbsrecht, um diesen Punkt abzuschließen, ist maßgebend die naive, spontane Beurteilung des Durchschnittsverbrauchers. Durchaus auch des fachkundigen Durchschnittsmenschen. Gerade für den aber ist der Unterschied zwischen einem "Antiquariat" und einem "Datenbank-Portal" ganz wichtig. Wir sollten auf dieser Schiene einfach nicht weiterdiskutieren, es wäre sinnlos. Der fachkundige Laie würde durch die Bezeichnung "Antiquariat" für die Datenbank/ das Portal g e t ä u s c h t. Und damit ist die Bezeichnung gestorben.
Im Domainrecht wird von der internationalen Rechtsprechung nach einigen Anfangsschwierigkeiten und Verirrungen ganz klar
***das allgemeine Wettbewerbsrecht über das Domainrecht gestellt.
Dies ist auch nur logisch, auch wenn es wehtun mag, wenn ich eine Domain hergeben bzw. geschäftlich, ja sogar privat nicht verwenden darf, nur weil dadurch das übergeordnete Wettbewerbsrechte verletzt würde. Fazit: Ich bitte händeringend, sich auf dem toten Gleis der wettbewerbsrechtlichen Namens-Grundfrage nicht weiter abzumühen. Der Fall i s t klar.
2.
Nach wie vor müssen wir einen rein formalen Mangel an beruflicher Diskussionskultur beklagen. Ich bin wirklich entsetzt, mit welcher Naivität da bisher im Bereich des Antiquariats verquere Konstruktionen, Umständlichkeiten, Ungeschicklichkeiten in Szene gesetzt worden sind.
Ein berufliches Forum muß unter Beachtung einiger Grundregeln auf die Beine gebracht werden. Dazu gehört neben einer Allgemeinzugänglichkeit ein System des Wiederfindens und Archivierens älterer Beiträge (retrieval) ebenso wie leichte Bedienbarkeit, Übersichtlichkeit usw., auch die nicht leichte Aufgabe einer neutralen Redaktion und Supervision. Mir persönlich war das alte System der Hess-Runde am sympathischsten, man würde heute von einer "Mailing-Liste" sprechen. Jeder Beitrag kommt sofort in den Briefkasten jedes Teilnehmers, oder aber, das hatte Kollege Hess nicht bieten können, man liest alle Beiträge an einem zentralen Ort nach. Ich möchte also an eine Art Yahoo- oder heute auch Google-Gruppe denken.
Hier versagt das Börsenblatt rein technisch. Ansonsten darf man, dies im Nebensatz, Redakteur Biester eine weitgehend neutrale und vernünftige Führung seiner Antiquariatsabteilung zugestehen. Ich halte es für töricht, ihm "Parteilichkeit" zu unterstellen.
Wie auch immer, es gibt derzeit (noch) kein vernünftiges gemeinsames Berufsforum. Solange das fehlt, wird es auch immer den Eindruck geben, bei Prolibri /GIAQ würde "gemauschelt", intern entschieden und nicht viel von offener Diskussionskultur gehalten. Ich will mich nicht wiederholen: Wir brauchen eine neutrale, allgemeine, offene, technisch ausgereifte Plattform zur Diskussion unserer Berufsfragen. Das ist tatsächlich fast nur eine t e c h n i s c h e Frage. Aber es muß gemacht werden.
Idealer Träger wäre der Börsenverein und ein guter Moderator Herr Biester. Angesichts des chaotischen und schmuddeligen Images, das wir Antiquare beim allgemeinen Börsenverein haben (Koll. Hohmann hat das dankenswerterweise angedeutet), dürfte das aber nicht möglich sein. Wäre die Xing-Gruppe zu reformieren? Ich habe da tiefe Zweifel. Ein abgewandelter "Antiquariats-Anzeiger" könnte Träger eines guten berufskundlichen Forums für alle sein, aber hat Koll. Stormchen den Atem zu einem zweiten Anlauf?
Das Bild verdanke ich chinside.de, es ist vermutlich nicht frei. Wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/24/mein-name-ist-hase-nicht-igel/
http://www.boersenblatt.net/351386/template/b4_tpl_antiquariat/
Mit Seitenblick auf die derzeitige Diskussion im Börsenblatt darf ich anregen, zwei Diskussionsstränge sauber auseinanderzuhalten.
1.
Zunächst der juristische Gesichtspunkt. Weitaus wichtiger als die Frage nach der Internet-Adresse, etwas verwirrend und nicht immer glücklich neudeutsch auch "domain" genannt, ist die
*Wettbewerbsfrage
im Zusammenhang mit der Geschäftsbezeichnung der Datenbank/ des Portals. Dieses Thema ist so alt wie das neuere Rechtswesen überhaupt und seit über hundert Jahren gibt es dafür eine Reihe klarer Regeln.
Die Geschäftsbezeichnung muß w a h r sein in Hinsicht auf mehrere Gesichtspunkte. Einer der wichtigsten ist, daß sowohl die Natur, die A r t des Gewerbes durch den gewählten Namen richtig dargestellt sein muß, ebenso auch dessen G r ö ß e.
Ich darf also nicht schreiben "Frischfischrestaurant", wenn ich Tiefkühlfisch aus Alaska auftaue, darf mich nicht "Deutsche Großspedition" nennen, wenn ich nur ein Dreiradwägelchen im Stadtverkehr zu laufen habe. Hier verletzt die Bezeichnung "Antiquariat" für eine Datenbank / ein Portal die Forderung nach Wahrheit und Klarheit über die A r t des Gewerbes.
Man kann das mit etwas Rabulistik so hindrehen, daß es "anscheinend" paßt. Juristisch halbwegs wasserdicht bekäme man dies aber nur dann hin, wenn es, wie ich das im "Deutschen Antiquariat" geplant hatte, mit einer überzeugenden Organisation der Antiquare verbunden sein würde, die eben diesen Namen tragen würde. Nur dann könnte man es durchkriegen, aber selbst das wäre, wie Koll. RFMeyer mir mitgeteilt hat, rechtlich ziemlich wackelig.
Beim Wettbewerbsrecht, um diesen Punkt abzuschließen, ist maßgebend die naive, spontane Beurteilung des Durchschnittsverbrauchers. Durchaus auch des fachkundigen Durchschnittsmenschen. Gerade für den aber ist der Unterschied zwischen einem "Antiquariat" und einem "Datenbank-Portal" ganz wichtig. Wir sollten auf dieser Schiene einfach nicht weiterdiskutieren, es wäre sinnlos. Der fachkundige Laie würde durch die Bezeichnung "Antiquariat" für die Datenbank/ das Portal g e t ä u s c h t. Und damit ist die Bezeichnung gestorben.
Im Domainrecht wird von der internationalen Rechtsprechung nach einigen Anfangsschwierigkeiten und Verirrungen ganz klar
***das allgemeine Wettbewerbsrecht über das Domainrecht gestellt.
Dies ist auch nur logisch, auch wenn es wehtun mag, wenn ich eine Domain hergeben bzw. geschäftlich, ja sogar privat nicht verwenden darf, nur weil dadurch das übergeordnete Wettbewerbsrechte verletzt würde. Fazit: Ich bitte händeringend, sich auf dem toten Gleis der wettbewerbsrechtlichen Namens-Grundfrage nicht weiter abzumühen. Der Fall i s t klar.
2.
Nach wie vor müssen wir einen rein formalen Mangel an beruflicher Diskussionskultur beklagen. Ich bin wirklich entsetzt, mit welcher Naivität da bisher im Bereich des Antiquariats verquere Konstruktionen, Umständlichkeiten, Ungeschicklichkeiten in Szene gesetzt worden sind.
Ein berufliches Forum muß unter Beachtung einiger Grundregeln auf die Beine gebracht werden. Dazu gehört neben einer Allgemeinzugänglichkeit ein System des Wiederfindens und Archivierens älterer Beiträge (retrieval) ebenso wie leichte Bedienbarkeit, Übersichtlichkeit usw., auch die nicht leichte Aufgabe einer neutralen Redaktion und Supervision. Mir persönlich war das alte System der Hess-Runde am sympathischsten, man würde heute von einer "Mailing-Liste" sprechen. Jeder Beitrag kommt sofort in den Briefkasten jedes Teilnehmers, oder aber, das hatte Kollege Hess nicht bieten können, man liest alle Beiträge an einem zentralen Ort nach. Ich möchte also an eine Art Yahoo- oder heute auch Google-Gruppe denken.
Hier versagt das Börsenblatt rein technisch. Ansonsten darf man, dies im Nebensatz, Redakteur Biester eine weitgehend neutrale und vernünftige Führung seiner Antiquariatsabteilung zugestehen. Ich halte es für töricht, ihm "Parteilichkeit" zu unterstellen.
Wie auch immer, es gibt derzeit (noch) kein vernünftiges gemeinsames Berufsforum. Solange das fehlt, wird es auch immer den Eindruck geben, bei Prolibri /GIAQ würde "gemauschelt", intern entschieden und nicht viel von offener Diskussionskultur gehalten. Ich will mich nicht wiederholen: Wir brauchen eine neutrale, allgemeine, offene, technisch ausgereifte Plattform zur Diskussion unserer Berufsfragen. Das ist tatsächlich fast nur eine t e c h n i s c h e Frage. Aber es muß gemacht werden.
Idealer Träger wäre der Börsenverein und ein guter Moderator Herr Biester. Angesichts des chaotischen und schmuddeligen Images, das wir Antiquare beim allgemeinen Börsenverein haben (Koll. Hohmann hat das dankenswerterweise angedeutet), dürfte das aber nicht möglich sein. Wäre die Xing-Gruppe zu reformieren? Ich habe da tiefe Zweifel. Ein abgewandelter "Antiquariats-Anzeiger" könnte Träger eines guten berufskundlichen Forums für alle sein, aber hat Koll. Stormchen den Atem zu einem zweiten Anlauf?
Das Bild verdanke ich chinside.de, es ist vermutlich nicht frei. Wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
Montag, 2. November 2009
Sinnlose und sinnvolle Kundenbefragungen im Antiquariat
..
..
Redakteur Biester erfreut uns im Börsenblatt mit folgender Anfrage:
"Wie soll eine Buch- bzw. Katalogbeschreibung idealer Weise aussehen? Wie soll die Kommunikation zwischen Kunden und Antiquariaten ablaufen? Wie soll die Vermittlung von Informationen aussehen? Schauen Kunden auf Antiquariats-Homepages oder meist nur auf die bekannten Plattformen? Werden Bücher mittels der großen Suchmaschinen gesucht? Wünschen Kunden gedruckte Angebote, also Listen und Antiquariatskataloge, oder lieber elektronische Newsletter und individuelle Ansprache? Möchten Kunden ihre Büchersuchlisten an Antiquariate weitergeben, um nicht selbst im Internet oder anderswo suchen zu müssen?"
Die Umfrage richtet sich ausdrücklich an die Kunden, nicht die Händler sind gefragt, sondern private und institutionelle Käufer, gelegentliche und regelmäßige.
Zu erhoffen sei dadurch, ich zitiere weiter, eine Lösung der großen Rätselfrage, die uns Antiquare so sehr auf den Nägeln brennt: " ...wissen Antiquariate eigentlich, was Büchersammler und Gelegenheitskäufer antiquarischer Bücher vom Antiquariatsbuchhandel erwarten?"
Nun kann man sich die Lobpreisungen und Mängellisten, die Ärgernisse und Wünsche aus dem Kundenkreis nicht einfach durch hurtig angeleierte Pseudo-Befragungen einholen. Es gilt doch, einige Anfängerregeln in Marktforschung, Soziologie und Psychologie wenigstens im Wiki-Maßstab anzuwenden. Das lernen Gymnasiasten heute im Leistungskurs der 12. Klasse.
Für den besonderen Fall des Antiquariatsbuchhandels sind die wichtigsten Überlegungen dazu, auf Konzeptpapier flüchtig notiert, in etwa diese:
1.
Durch einen seriösen Katalog muß ich das weite Feld der möglichen Fragestellungen aufgliedern und damit im Umfang überhaupt erst deutlich machen. Der Kunde ist überfordert, wenn ich ihn einfach frage "was willst Du", denn er überblickt die komplizierten Zusammenhänge in aller Regel nicht. Das Börsenblatt tippt wenigstens einige mögliche Fragestellungen an, aber das reicht in dieser Form absolut nicht aus.
Ich muß dem Kunden, den ich befragen will, verdeutlichen, daß er sich zur Frage brauchbarer Sachindizierungen, zur Aufgliederung der Buchthemen, zur formalen Gestaltung von Katalogen und Listen, zur graphischen Benutzbarkeit der Datenbanken, zur Art der Zustandsbeschreibung, zum wünschbaren Umfang von Scans ebenso äußern kann und soll wie zum Umgang des Antiquars mit telefonischen Nachfragen, mit Suchwünschen, Mängelrügen und Preisnachlässen, zum Verhältnis Ladenbesuch zu Internetkauf, zum Stil der Ladengestaltung, zur Zusammenarbeit der Antiquare aus der Sicht des Kunden, zur Idee von Webseitenbündnissen aus der Sicht des Kunden, zum Problem der Digitalisierungen älterer Titel ... ...
Das alles sieht er, der befragte Käufer, zunächst nur in eher zufälligen persönlichen Ausschnitten und antwortet auch nur punktuell, es sei denn, daß ich ihn durch einen geschickten Fragenkatalog auf die Vielzahl von Ideen bringe, zu denen er sich äußern könnte.
2.
Sogar als eingefleischter Werbefeind - die ganze Branche ist mir höchst zuwider - ärgere ich mich über jene fern jeder Werbepsychologie agierenden Leute, die da glauben, man würde gratis und gern an Umfragen teilnehmen. Habe ich denn meine Zeit gestohlen? Ist denn meine Zeit nichts wert? Das wird sich der angesprochene Kunde fragen, insoweit wir ihm nicht ein kleines Geschenklein, einen bescheidenen, aber doch deutlichen Vorteil gewähren als Ausgleich für seine Mühe. So sind wir Menschen konstruiert.
Also muß ich bei Umfragen, vor allem wenn es sich nicht um Fachkollegen, sonern um Kunden handelt, etwas anbieten. Das kann - nicht die schlechteste Idee - ein Büchlein sein mit dem Gesamtregister der Antiquare oder die bescheiden, aber sorgfältig hergestellte Digitalkopie eines alten Antiquariatsführers um 1870 oder sonst was kleines Nettes, das der Kunde für seine Umfrage im Gegenzug erhält, Versand als Büchersendung.
3.
Dr. Biester garantiert Anonymität. - Soweit ich das überblicke, sind nur wir Antiquare mit dem Anonymitäts-Tick behaftet. Ansonsten hassen die Leute, zurecht, "Anonymisierungen", sie wollen mit ihrem guten Namen bürgen für das, was sie schreiben. Nur persönlich verantwortete Stellungnahmen von Kunden gehen wirklich in die Tiefe. Wir dürfen nicht Zwangsneurosen wie die des "abgeschotteten" Xing-Kreises auf die Kunden übertragen.
4.
Die Umfrage darf in den Formulierungen keine expliziten F r a g e n l i s t e n enthalten. Man schildert z.B. mit knappen Worten typische Situationen, Sachverhalte, Ereignisse und bittet den Kunden, dazu dann Stellung zu nehmen.
Die Grundidee einer solchen Umfrage ist richtig, auf die Ergebnisse wäre ich sehr gespannt. Aber Redakteur Biester sollte so vorgehen, daß er diese Aufgabe mit halbwegs der gleichen Sorgfalt überdenkt und verwirklicht, wie er das mit Schickimicki-Messen in Abu Dhabi und Hongkong tut oder mit Handschriftenausstellungen in München.
Zumal das Ergebnis der Umfrage diesmal auch Edelantiquare interessieren kann...
Für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos danken wir welt.de, das die Rechte besitzt. Bild wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.
..
Redakteur Biester erfreut uns im Börsenblatt mit folgender Anfrage:
"Wie soll eine Buch- bzw. Katalogbeschreibung idealer Weise aussehen? Wie soll die Kommunikation zwischen Kunden und Antiquariaten ablaufen? Wie soll die Vermittlung von Informationen aussehen? Schauen Kunden auf Antiquariats-Homepages oder meist nur auf die bekannten Plattformen? Werden Bücher mittels der großen Suchmaschinen gesucht? Wünschen Kunden gedruckte Angebote, also Listen und Antiquariatskataloge, oder lieber elektronische Newsletter und individuelle Ansprache? Möchten Kunden ihre Büchersuchlisten an Antiquariate weitergeben, um nicht selbst im Internet oder anderswo suchen zu müssen?"
Die Umfrage richtet sich ausdrücklich an die Kunden, nicht die Händler sind gefragt, sondern private und institutionelle Käufer, gelegentliche und regelmäßige.
Zu erhoffen sei dadurch, ich zitiere weiter, eine Lösung der großen Rätselfrage, die uns Antiquare so sehr auf den Nägeln brennt: " ...wissen Antiquariate eigentlich, was Büchersammler und Gelegenheitskäufer antiquarischer Bücher vom Antiquariatsbuchhandel erwarten?"
Nun kann man sich die Lobpreisungen und Mängellisten, die Ärgernisse und Wünsche aus dem Kundenkreis nicht einfach durch hurtig angeleierte Pseudo-Befragungen einholen. Es gilt doch, einige Anfängerregeln in Marktforschung, Soziologie und Psychologie wenigstens im Wiki-Maßstab anzuwenden. Das lernen Gymnasiasten heute im Leistungskurs der 12. Klasse.
Für den besonderen Fall des Antiquariatsbuchhandels sind die wichtigsten Überlegungen dazu, auf Konzeptpapier flüchtig notiert, in etwa diese:
1.
Durch einen seriösen Katalog muß ich das weite Feld der möglichen Fragestellungen aufgliedern und damit im Umfang überhaupt erst deutlich machen. Der Kunde ist überfordert, wenn ich ihn einfach frage "was willst Du", denn er überblickt die komplizierten Zusammenhänge in aller Regel nicht. Das Börsenblatt tippt wenigstens einige mögliche Fragestellungen an, aber das reicht in dieser Form absolut nicht aus.
Ich muß dem Kunden, den ich befragen will, verdeutlichen, daß er sich zur Frage brauchbarer Sachindizierungen, zur Aufgliederung der Buchthemen, zur formalen Gestaltung von Katalogen und Listen, zur graphischen Benutzbarkeit der Datenbanken, zur Art der Zustandsbeschreibung, zum wünschbaren Umfang von Scans ebenso äußern kann und soll wie zum Umgang des Antiquars mit telefonischen Nachfragen, mit Suchwünschen, Mängelrügen und Preisnachlässen, zum Verhältnis Ladenbesuch zu Internetkauf, zum Stil der Ladengestaltung, zur Zusammenarbeit der Antiquare aus der Sicht des Kunden, zur Idee von Webseitenbündnissen aus der Sicht des Kunden, zum Problem der Digitalisierungen älterer Titel ... ...
Das alles sieht er, der befragte Käufer, zunächst nur in eher zufälligen persönlichen Ausschnitten und antwortet auch nur punktuell, es sei denn, daß ich ihn durch einen geschickten Fragenkatalog auf die Vielzahl von Ideen bringe, zu denen er sich äußern könnte.
2.
Sogar als eingefleischter Werbefeind - die ganze Branche ist mir höchst zuwider - ärgere ich mich über jene fern jeder Werbepsychologie agierenden Leute, die da glauben, man würde gratis und gern an Umfragen teilnehmen. Habe ich denn meine Zeit gestohlen? Ist denn meine Zeit nichts wert? Das wird sich der angesprochene Kunde fragen, insoweit wir ihm nicht ein kleines Geschenklein, einen bescheidenen, aber doch deutlichen Vorteil gewähren als Ausgleich für seine Mühe. So sind wir Menschen konstruiert.
Also muß ich bei Umfragen, vor allem wenn es sich nicht um Fachkollegen, sonern um Kunden handelt, etwas anbieten. Das kann - nicht die schlechteste Idee - ein Büchlein sein mit dem Gesamtregister der Antiquare oder die bescheiden, aber sorgfältig hergestellte Digitalkopie eines alten Antiquariatsführers um 1870 oder sonst was kleines Nettes, das der Kunde für seine Umfrage im Gegenzug erhält, Versand als Büchersendung.
3.
Dr. Biester garantiert Anonymität. - Soweit ich das überblicke, sind nur wir Antiquare mit dem Anonymitäts-Tick behaftet. Ansonsten hassen die Leute, zurecht, "Anonymisierungen", sie wollen mit ihrem guten Namen bürgen für das, was sie schreiben. Nur persönlich verantwortete Stellungnahmen von Kunden gehen wirklich in die Tiefe. Wir dürfen nicht Zwangsneurosen wie die des "abgeschotteten" Xing-Kreises auf die Kunden übertragen.
4.
Die Umfrage darf in den Formulierungen keine expliziten F r a g e n l i s t e n enthalten. Man schildert z.B. mit knappen Worten typische Situationen, Sachverhalte, Ereignisse und bittet den Kunden, dazu dann Stellung zu nehmen.
Die Grundidee einer solchen Umfrage ist richtig, auf die Ergebnisse wäre ich sehr gespannt. Aber Redakteur Biester sollte so vorgehen, daß er diese Aufgabe mit halbwegs der gleichen Sorgfalt überdenkt und verwirklicht, wie er das mit Schickimicki-Messen in Abu Dhabi und Hongkong tut oder mit Handschriftenausstellungen in München.
Zumal das Ergebnis der Umfrage diesmal auch Edelantiquare interessieren kann...
Für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos danken wir welt.de, das die Rechte besitzt. Bild wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.
Samstag, 31. Oktober 2009
Ein Register der retrospektiven Erwerbungsprofile der Bibliotheken im deutschen Sprachgebiet
...
...
Auch Bibliotheken haben ihre Intimbereiche. Zum innersten Kreis der diskret behandelten Verwaltungstechniken gehört eine Frage, die uns Antiquare als Verwalter und Anbieter der alten Bücher brennend interessiert:
In welchem Umfang, nach welchen Voraussetzungen und in welcher Abgrenzung zu Nachbardisziplinen, wann und mit welchem Etat werden fehlende Titel zur retrospektiven Bestandsergänzung von den Büchereien gesucht und gekauft?
Bei persönlicher Nachfrage in den Zimmern der Sachbearbeiter - in kleinen Bibliotheken tuts schon ein Plausch mit der Sekretärin - erfährt man in der Regel bereitwillig Einzelheiten, schließlich würde sich der freundliche und in aller Regel grundgescheite Referent des Fachgebietes genieren, dem Antiquar gegenüber Versteckspiele zu inszenieren. Gespräche in Bibliotheken gehören zu meinen erfreulichsten Erinnerungen.
Ganz anders sieht es aus, wenn man auf schriftlichem Weg oder gar mit der Ankündigung einer Veröffentlichung um Daten zur Erwerbungspolitik im engeren Sinn bittet - gewundene, nebelhafte Drückebergereien sind noch das beste zu erhoffende Ergebnis, meist kommen saugrobe, in ihrer Kürze beleidigende Ablehnungen per Email zurück, auf Briefe in der Regel - garnichts, Schweigen.
Ich beziehe mich hier auf eigene kleine Testserien, die ich vor einigen Jahren unternommen hatte. Heute könnten wir hoffen, daß ein vorsichtig und wohlüberlegt angeleiertes Arbeitsvorhaben dieser Art etwas mehr Erfolg haben wird.
Die Gründe für das Aufrechterhalten eines Sperrbezirks in allen Erwerbungsfragen liegen auf der Hand. An erster Stelle steht dabei eine gewisse S c h a m, wohl hier das Haupthindernis für freie Informationspolitik. Viele Bibliotheken haben, man weiß es, nolens volens ihren Etat zusammenstreichen müssen. Wenn etwa im Bereich von Naturwissenschaft und Medizin internationale Drohnenverlage Zeitschriften- und Serienabonnements mit Jahresansätzen von 20.000 Euro und höher vertreiben - die Arbeiten sind wie zum Hohn oft genug staatlich finanziert worden - , dann bleibt der letzte Posten, an dem noch etwas Geld einzusparen ist, der Erwerb antiquarischer Titel.
Das merkt man nicht so (wer überblickt schon den retrospektiven Bestandsaufbau von außen?), und zur allfälligen Beruhigung einer kulturell interessierten Öffentlichkeit kauft man den einen oder anderen spektakulären Titel, der womöglich zu einer kleinen Pressemeldung führt. Dann schaut schon gar keiner mehr nach, ob die Bibliothek ihrer Pflicht zum retrospektiven Bestandsaufbau in der Breite und Tiefe nachgekommen ist.
Die großen Budgetsummen kann man ja allerorten nachlesen, in der Regel kennen wir also den oft beachtlichen Gesamtetat. Aber wie schäbig es in Einzelbereichen manchmal zugeht, das mag man nicht schwarz auf weiß herausgeben.
Ein weiterer Grund zur Informationsverhehlung besteht in der technischen Schwierigkeit, mit den großen Bücherdatenbanken umzugehen. Man muß, will man es sich einfach machen, im deutschen Sprachbereich zumindest mit zwei Suchmaschinen arbeiten, dem ZVAB und mit bookfinder. Wegen den lächerlichen, völlig unzureichenden und in jeder Hinsicht unbrauchbaren Sacherschließungen in allen Verkaufs-Bücherdatenbanken könnte die erwerbungswillige Bücherei nur so vorgehen, daß sie ihren eigenen Kanon der gesuchten Bücher in den beiden Datenbanken abfragen würde.
Das ist schon von der schieren Zeit her ein Ding der Unmöglichkeit, ganz zu schweigen davon, daß eine retrospektive Gesamtliste in aller Regel nicht erstellt worden sein dürfte, man also, von Ausnahmen abgesehen, aus dem Stegreif gar nicht angeben kann, was einem fehlt. - Diese Misere gibt man aber nicht gern zu, sie enthüllt eine peinliche Lücke im Betriebssystem.
Ein Drittes darf nicht verschwiegen werden. Die Bibliothek fürchtet, nicht ganz zu Unrecht, daß die Antiquare, sind die fehlenden Titel einmal ermittelt, diese für sie erfreuliche Lage ausnutzen und Apothekenpreise berechnen. Soweit ich die Situation überblicke, kann solche Sorge aber nur bei den wirklich seltenen und hochwertigen Zimelien gelten. Nicht zuletzt durch das Internet hat sich für untere und mittlere Titel ein vernünftiges Preisniveau eingependelt, es ist "durchgesagt", was ein nicht gerade exorbitantes Buch ungefähr kosten arf.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir dürfen, wenn wir mit Auskunftsersuchen im delikaten Bereich der Erwerbungspolitik an Bibliotheken herantreten, keinen sprudelnden Quell der Auskunftsfreudigkeit erwarten.
Vielleicht gibt es einen Weg, mit dem wir den gordischen Knoten durchtrennen können? Ich denke schon. In den Bibliotheken sitzen bewährte Praktiker, mancher Sachbearbeiter würde mit links ein exzellentes Fachantiquariat betreiben können. Aus der Tagespraxis heraus können wir Antiquare den erwerbenden Bibliotheken folgendes Modell anbieten:
Der Antiquar stellt eigenständig fest, welche Titel der Bücherei fehlen. Dazu braucht er natürlich ein sehr genaues Erwerbungsprofil, er sollte nicht mit den ausführlichen, aber vielfach veralteten oder real stillgelegten Merkblättern des IuD-Systems oder gar der SdD-Unternehmung abgespeist werden. Sagen wir es deutlich -
Wenn der Antiquar seine eigene Zeit, die er auch nicht gestohlen hat, zu aktiven Recherchen im Interesse einer Bibliothek anwendet, dann ist es das Mindeste, daß diese Bibliothek ihn mit *genauen* Erwerbungsprofilen versorgt.
Solang die Bibliothek diese Forderung der Antiquare nicht erfüllt, kann sie von keinem Kollegen erwarten, daß er stundenlang seine Angebote mit ihren Beständen abgleicht.
Dagegen verstehen wir gut und nehmen es hin, wenn der Fachreferent uns weder mit genauen Etatzahlen für seinen Ankauf versorgt noch gar Regeln übermittelt, was denn seine Kauflust steigern könnte. Wir müssen dem Referenten bzw. der Erwerbungsstelle also die volle Freiheit - auch die Informationsfreiheit - belassen, dürfen von ihnen also nur die notwendigsten Rahmendaten erbitten.
Wir Antiquare könnten das rein theoretisch auch durch Serienabfragen etwa mit dem KVK leisten. Aus einer Reihe von Gründen, die darzustellen hier der Raum fehlt, ist es aber unumgänglich, daß mit
*Einzelabfrage und *Einzelangebot, bezogen auf jeweils nur eine bestimmte Bibliothek,
gearbeitet wird.
Die Bibliothek übermittelt uns neben ihrem möglichst genauen retrospektiven Erwerbungsprofil auch die Zugangsdaten der für sie jeweils vollständigsten Datenbank. Das sind keineswegs immer die großen überregionalen Sammelkataloge.
In einer sehr wertvollen Zusatzrubrik sollte uns die Bibliothek Besonderheiten ihres Bestands, von der Erwerbung derzeit ausgeschlossene Gebiete usw. mitteilen. Sonst sind Irrwege und Alpträume für den Antiquar nicht zu vermeiden. Wenn z.B. Tübingen, ein aus dem Gedächtnis herbeigezogenes Beispiel, beim Sammelgebiet Theologie die volkstümliche Theologie, Volksfrömmigkeit also, ausschließt, dann muß der Antiquar genau wissen, was darunter fallen soll und was nicht, ehe er freudestrahlend hunderte alter Andachts- und Gebetbücher anbietet und dann nur Absagen erhält. Oder, um auf die Besonderheiten zu kommen, ich besitze etwa 1000 deutschsprachige Titel mit elsässischer Provenienz, die in der Deutschen Bibliothek fehlen, oft in ganz Deutschland überhaupt, die sie in Leipzig aber - entgegen ihrem Sammelauftrag - nicht zu erwerben wünschen. Solche Besonderheiten und Einschränkungen zu erfahren ist sehr wichtig, damit sich der Kollege nicht umsonst abzappelt.
Die Gegenleistung des Antiquars für die Auskunftswilligkeit der Bibliothek muß darin bestehen, daß er seine Angebote mehr oder minder exklusiv an die Bibliothek richtet. Man kann keinem Sachbearbeiter zumuten, er solle - in der Regel sehr zeitaufwendige - Bestellungen ausfertigen, die sich dann zur Hälfte als schon verkauft erweisen. Der Bibliothekar wird verstehen, wenn der Antiquar, wiederum im Gegenzug, eine deadline für die Bearbeitung seiner Angebote festschreibt.
Fazit: Ich halte es für sinnvoll, Bibliotheken, insbesondere auch Fachbüchereien jeder Art, Archive und Museen um Erwerbungsprofile und Hinweise zur jetzt oder später bestehenden Ankaufswilligkeit zu ersuchen. Das macht man heute mit Email-Anfragen. Die dabei dann üblichen Spam- und anderen Untergangsszenarien lohnt es sich in Kauf zu nehmen, da die Portobelastung sonst mehrere tausend Euro betragen würde. Auch kann die Abfrage nur nach und nach geschehen.
Ich sehe folgende Bereiche:
1.
Die großen Bibliotheken, Landes- und Universitätsbibliotheken. Hier gilt es, die vielen kleinen Sondererwerbungsfelder der komplizierten Einrichtungen, die oft Labyrinthen gleichen, sozusagen herauszukitzeln. Ob das gelingt, muß sich zeigen.
2.
Die Stadt- und Gemeindebüchereien. Ein von uns in der Regel sträflich vernachlässigtes Feld. Erstaunlich viele auch kleinere Büchereien haben lokal bedingte Erwerbungswünsche, die weit über den "Heimat"-Begriff hinausgehen.
3.
Universitätsinstitute, auch solche ohne gesondert ausgewiesene Bibliothek. Hier wäre zu überlegen, ob nicht die vorhandenen Hochschulverzeichnisse, ausgezeichnete Instrumentarien, fürs erste ausreichen.
4.
Fachbibliotheken, Firmen- und Behördenbibliotheken außerhalb der Universitäten. Ein ganz wichtiger Sektor, der von den Antiquaren leider meist als zu sekretierendes Kassenschrankwissen behandelt wird. Hier ist Transparenz zu schaffen.
5.
Museen und Archive. Ein weites, gerade bei retrospektiven Angeboten sehr lohnendes Feld. Hier ist wichtig zu erfragen, inwieweit die EDV-Aufnahme der Buch-Bestände durchgeführt worden ist.
Weitere interessante Fragen schließen sich an, etwa die Bedienung des Zeitschriftenbereichs - die Zeitschriftendatenbank ist eines der bestfunktionierendsten Instrumente des Bibliothekswesens, ihre Nutzung durch die Bibliotheken bei der Erwerbung aber geradezu schauerlich desorganisiert, inkonsequent und für den anbietenden Antiquar beleidigend, exempla docent.
Das derart entstehende Verzeichnis muß, das ist überhaupt die erste Voraussetzung dafür, daß wir von den Bibliotheken Auskünfte erhalten, für jedermann zugänglich sofort nach Erhalt der jeweiligen Daten ins Netz gestellt werden, gratis und werbefrei.
Für die Nutzungsmöglichkeit des cartoons danken wir gliderrider.com.
Freitag, 30. Oktober 2009
Grundriß einer neuen Antiquariatszeitschrift (Vorschlag)
1.
Die Zeitschrift berichtet für und über
a) Büchersammler und Nutzer gedruckter Informationen überhaupt,
b) Buchantiquare mit Schwerpunkt "mittleres Antiquariat"
c) allgemeine und Fachbüchereien, Archive, Dokumentationsstellen, Museen und andere korporative Altbuchkäufer
Sie hat dabei immer wechselseitige Information im Auge. Die Fachbücherei und der Privatsammler sollen über Vorgänge im Antiquariatswesen ebenso informiert werden, wie der Buchantiquar unterrichtet werden soll über für ihn wichtige Ereignisse und Überlegungen im Bibliothekswesen und in den Organisationen und Foren der Sammler.
Teil dieser gegenseitigen Informationspflicht ist auch eine unparteiische, neutrale Ombudsman-Funktion. Die gerade in Antiquariatskkreisen übliche, beckmesserische Abqualifikation der Kunden, das einseitige Vertreten der Buchhändlerinteressen muß ein Ende haben und sorgsamer Abwägung der Anliegen beider Seiten Platz machen.
Die Erweiterung des Berichtskreises auf Bibliotheken und Archive ist für die Antiquare von großer Bedeutung. Hier liegen bedenkliche Informationswüsten zutage, kaum ein Kollege kennt die Etats, Ankaufswünsche und Sammelpflichten etwa der Museen oder der Fachbibliotheken.
2.
Kontinuierlich bearbeitet die Zeitschrift, auch in den Leitartikeln, einige für die Antiquare und ihre Kunden dringliche Aufgaben und Themenbereiche. Das sind insbesondere
a) Katalogisierungstechniken, bibliographische Erschließung, die Propagierung einer verbindlichen Sachgliederung für die Altbestände,
b) Portal- und Datenbankfragen, damit verbunden Absatzförderung, Rationalisierung im Versand, Lagerhaltung, Monopolbekämpfung, Reform der Bücherdatenbanken, ZVAB, Abebooks, Amazon
c) Verbesserung, teils auch Normierung, vor allem aber systematische Darstellung und Erschließung der überwiegend unsäglich schlechten Kollegenwebseiten
d) Einwirkung auf Bund und Länder dahingehend, daß das personell unterbesetzte, unzureichend finanzierte Bearbeiten der diversen *retrospektiven* Sammelaufgaben im Bereich der alten Bücher durch öffentlich geförderte Bibliotheken, Archive, Museen usw. endlich besser in den Griff genommen wird,
e) Förderung der Zusammenarbeit mit dem Neubuchhandel
f) Kritische Beleuchtung und neutrale Diskussion der überwiegend peinlichen, untätigen, verqueren Gruppierungen innerhalb der Antiquare,
g) Propagierung neuer Generallösungen im Antiquariat, Erörterung des zentralen Katalogisierungsbetriebs mit Auslieferungslager insbesondere für Unter- und Mittelware, Propagierung des "Hauses der Bücher" auf Ortsebene, um dem Ladensterben Einhalt zu gebieten
3.
Der Redaktionsbetrieb soll im Kern nicht in der Entgegennahme von Informationen aus "interessierten" Quellen bestehen, vielmehr müssen eigenständig Informationen aus dem Internet eingeholt werden. Dies ist in aller Regel *nicht* möglich durch Google-Stichwortabfragen etwa nach dem Suchwort "Antiquariat", vielmehr muß sowohl das örtliche Zeitungswesen über die tagesaktuellen Portale ausgewertet werden, wie auch die Fachzeitschriften, Portale und Foren der für das Antiquariat wichtigen Fach-(besser: Sach-)gebiete durchgesehen werden sollten.
Dabei gilt, daß die Probleme der Antiquare und Büchersammler weltweit identisch sind - es gibt kein "deutsches" Antiquariat mehr. Die Sorgen des Kollegen in Brisbane sind auch unsere.
In der ersten Phase der nichtkommerziellen Nutzung kann ziemlich freizügig mit Teilzitaten umgegangen werden. Es muß berücksichtigt werden, daß Quellenangaben (Links) im Netz, nicht nur in der Tages- und Wochenpresse, sondern auch in Blogs usw. oftmals schon nach wenigen Wochen nicht mehr greifbar sind. Texte von Bedeutung müssen also immer im Rahmen der Zeitschrift dokumentiert werden.
4.
Täglich sollten zwei Texte im Kopf der Webzeitschrift *zweispaltig* angeboten werden, einer in der Regel ein Leitartikel als persönlich gestalteter Kommentartext, der andere ein interessanter Fund aus dem Internet. Unterhalb dieser zweispaltigen Rubrik wird in *drei* Spalten in sachlicher Anordnung weiteres Material geboten, das dann zeitlich wie in Blogs von oben nach unten wandert und nach 2-3 Tagen aus der Titelseite verschwindet.
Artikel, die aus der Titelseite zeitlich herausfallen, werden auf thematisch streng geordneten Archivseiten gesammelt. Die Anordnung in den Archivseiten sollte nicht in zeitlicher Abfolge, sondern nach Umfang oder Bedeutung erfolgen.
Systematische Verweise auf andere Medien oder Blogs durch Links ("Linksammlungen") unterbleiben. Die Zeitschrift stellt sich die Aufgabe, alle Informationen selbst zu bringen und sie zu gewichten. Auf genaue Quellenangaben ist natürlich immer zu achten.
5.
Am Monatsende werden Meldungen und Kommentare nach Sachgruppen locker geordnet in Zeitschriftenform ausgedruckt. Die Sachordnung tritt hier, wie schon in den Archivseiten des Webportals, an die Stelle der blösinnigen "alphabetischen Register", "Themenwolken" und was andere Spielereien mehr sind. Es zählt immer nur die schnelle und praktische Information.
In der ersten Phase wird auf fehlende Lesefähigkeiten der Nutzer in den zwei Fremdsprachen Englisch und Französisch keine Rücksicht genommen.
6.
Der "Clou" der Zeitschrift dürfte in der konsequenten Zusammenführung der Interessen und Themen der Käufer mit denen der Verkäufer bestehen. Davon profitieren beide Seiten.
Unser Dank für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos vom Brand der Anna-Amalia-Bibliothek geht an den Fernsehsender RBB.
Donnerstag, 29. Oktober 2009
Die Angst der Antiquare vor dem alten Krokodil
...
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Kollege stormchen hat sich als Grabspruch für sein hoffnungsvolles, trotzdem jäh beerdigtes Medienunternehmen eine kuriose Zwangsvorstellung ausgedacht, ich zitiere:
"Ausschlaggebend für unsere Entscheidung war letztendlich eine Absagebegründung, die als Grund die Angst vor einem öffentlichen Verriss des Beitrages durch den Freiburger Antiquar Peter Mulzer (alteskrokodil) auf dessen Internetblog nannte. Es wirft ein erschreckendes Bild auf den Zustand einer so altehrwürdigen Branche, wenn sie sich derart vor einem Kollegen fürchtet, dass sie vor Angst ihre eigenen Marketinginteressen zurückstellt."
Hier äußert Kollege Paulitz s e i n e Vorstellung davon, wie es in den Seelen der Antiquare aussieht. Mit der Wirklichkeit hat das nach allem, was ich erfahren kann, herzlich wenig zu tun.
An und für sich kümmere ich mich wenig darum, was die Opfer meiner Tests, Untersuchungen und Kritiken denken - ich darf mich nicht darum sorgen. Denn Rücksichtnahme auf Personen und Gruppen würde meine neutrale Haltung beschädigen. Nur dann glaubt man mir, wenn ich wirklich ohne Ansehen der Person hinschaue und argumentiere.
Nur solche Zielpersonen, von denen so gut wie jeder Leser weiß, daß ich im Dauerclinch mit ihnen liege, pflege ich parteiisch zu mißhandeln, dazu gehört etwa ein niederrheinischer Qualitäts- und Edelantiquar und ein Frankfurter Redakteur, vielleicht noch die Quack und ihr Datenbänklein, das (Lateinfehler:) Prolibri. Ansonsten aber bin ich neutral.
Es hat darum wenig Sinn, wenn mich stormchen zu einem Bumann der Branche hoch- oder vielmehr niederstilisiert. Ich muß im Gegenzug leidvoll feststellen:
Da dieser Blog von allen einschlägigen Webseiten und Blogs mit peinlichster Sorgfalt verhehlt und verschwiegen wird, mich die Kollegen, die von meinem Blog wissen, also Dritten gegenüber systematisch und feige abschotten (und damit jegliche Nettiquette gröblichst verletzen), da ich selber auch aus verschiedenen Gründen absolut keine Werbung dafür betrieben habe - - bin ich mitsamt dem Blog praktisch unbekannt.
Stormchen verwechselt das kleine Häuflein des Kreises um den Quack-Kern, um Kollegen RFMeyer-Berlin und um einige alte Börsenvereins-Mitdiskutanten mit dem Gros der anderen Antiquare. Dieser kleine Kreis kennt mich "irgendwie vom Hörensagen", oft aber nicht einmal meinen Blog.
Macht sich stormchen also was vor? Ganz sicher! Ich habe im Blog, soweit ich das mit Googles Zählern rekonstruieren kann, etwa 5 Antiquare als Leser und dann noch 5 Interessierte von außerhalb. Das wars dann. Wer wird sich davor etwa fürchten? Hier baut Kollege Paulitz ein Potemkinsches Dorf auf.
Er verschweigt, welche brutale und unaufrichtig-tückische Macht im Gewerbe inzwischen die Xing-Gruppe ausübt, wie die Unheilige Inquisition nur g e h e i m verleumdend und rufschädigend, ohne daß sich ihre Opfer wehren können. Alles dies gibt es bei mir nicht. Ich schreibe mit offenem Visier.
Fazit: Angesichts der hier lesenden durchschnittlich 5 Antiquare und 5 anderweitig Interessierten kann und wird kein Antiquar Angst haben vor meinen Blogtexten. Mein Blog ist publizistisch gesehen einfach "nicht da", kann also stormchen auch nicht als Alibi dienen für ein Medienprojekt, das er vorschnell aufgegeben hat.
Wenns nach mir ginge, würde er es fortsetzen.
Ich danke "Ortenau-Kultur" für die Verwendungsmöglichkeit des - hier ausgezeichnet in den Kontext passenden - Szenenbilds aus "Der Schimmelreiter".
Mittwoch, 28. Oktober 2009
Lieber Antiquariats-Anzeiger! Nachruf auf einen Frühverblichenen
..
..
1.
Graphisch war er keiner der Schönen im Lande. Wir wußten aber als Antiquare, die wir unsere "Wilhelmine Buchholz" im Regal haben, daß das mangelhafte Outfit "ja nur äußerlich" war und Dr. Frenzchen frohgemut in die Zukunft blicken konnte. Und richtig hatte Kollege Paulitz einige gute Ideen (z.B. das Einbinden von Videos) und eine sehr gute, nämlich die Einholung umfangreicher Kollegen-Interviews.
Das war um so erfreulicher zum Lesen, als sich dort die Antiquare ja vor sachverständigem Publikum entblättern mußten. Die Schwächen und Stärken ihrer Persönlichkeit und ihres Geschäftsbetriebs kamen zwischen den Zeilen deutlich zum Ausdruck, wovor aber verständige Antiquare keine Angst zu haben brauchten, denn in jedem Fall, wie immer sie sich auch darstellten, ihre Offenheit kam gut an im Kollegenkreis und das Ergebnis war unter dem Strich sehr positiv für den jeweiligen Autor.
Das Referieren von einschlägigen Presseberichten hätte fleißiger vor sich gehen können, auch hätten wir gern mehr aus der eigenen Werkstatt des klugen Redakteurs gelesen. Etwas deutlicher hätten Roß und Reiter benannt werden sollen, ich weiß heute noch nicht, wer welcher Kater war. Unter Antiquaren wimmelt es nur so von Büsis.
Ich hatte das Unternehmen anfangs sehr kritisch beäugt, wurde ihm aber in der letzten Zeit wohlgesonnen, schrieb auch einige für meine Verhältnisse ungemein brave Leserzuschriften. Das plötzliche Ende trifft mich hart, Sie werden gleich sehen weshalb.
Wer so viel Zeit investiert in ein Vorhaben dieser Art, der gibt es nicht leichten Sinnes auf. Daher versuche ich erst gar nicht, stormchen zu einer Fortsetzung zu bewegen, denn das ist die Art nicht an der Nordsee, sich wankelmütig hin- und herbewegen zu lassen. Roma locuta, causa finita.
2.
Bei der Entscheidung des Kollegen scheint eine, nun sagen wir, gewisse ungeklärte Haltung gegenüber Dr. Biester und seinem Börsenblatt-Ableger nicht unbeteiligt gewesen zu sein. Es besteht ja immer die Gefahr, daß ein neues Medium sich auf das alte, bisher tonangebende einschießt, daß ein "Anti-Börsenblatt" entsteht. Sowas kann man nur durchziehen, wenn man Mulzer heißt und Spaß daran hat, den Börsenverein und Dr. Biester zu demontieren. Ansonsten wäre es, da hat stormchen sicher Recht, ein trauriges Geschäft, nur der Antipode des Börsenblatt-Netzdienstes zu sein.
Er beklagt jetzt vermutlich - weißgott ganz zurecht - die Eigensüchtigkeit und Faulheit der Kollegen, von denen Unterstützung nicht zu erwarten sei. Es war in der Tat betrüblich, daß nicht mehr Leserzuschriften aus dem Kreis der Antiquare hereinkamen, auch hätte ich von denjenigen Kollegen, die eifrig Blogs schreiben, etwas mehr Mitarbeit erwartet.
Freilich hat stormchen zu wenig Geduld gehabt. Bei raschen Nachsehen in Google hätte er sich über sein Ranking schon freuen dürfen und feststellen können, daß diese Suchmaschine zeitschriftenartige, täglich nachgeführte Spezialmedien außerordentlich hoch positioniert, mit längerer Puste hätte er sichbald unter dem Stichwort "Antiquariat" ganz vorn bei Google gesehen und wäre zu einem begehrten Werbeträger geworden.
3.
Mit seiner Entscheidung, den Antiquariats-Anzeiger einzustellen, hat mich stormchen in eine schwierige Lage gebracht. Ich halte ein Medium für Antiquare und ihre Kunden für sehr wichtig. Der Antiquariats-Ableger des Börsenblatt-Netzdienstes erfüllt diese Aufgabe nicht, ich hatte das ja in diesem Blog ausführlich begründet. Bei näherem Hinsehen ist die ganze buchhistorische Konzeption der gedruckten Ausgabe von "Aus dem Antiquariat" seit vielen Jahren völlig verfahren, richtig müßte der Titel lauten "Wissenschaftliches Organ für Spezialfragen der Buchgeschichte". Auch darüber habe ich ja genug geschrieben.
Wenn nun weder der Netzdienst noch das gedruckte Monatsheft den praktischen Ansprüchen der Antiquare und der Büchersammler genügen, dann kann es nur eine Entscheidung geben bei der Planung einer neuen Antiquariatsmediums - die Texte des neuen Netzdienstes müssen geordnet, aber wenig verändert auch als Monatszeitschrift gedruckt werden.
Ich hatte gehofft, stormchen würde nach einiger Anlaufzeit auf ebendiese Idee kommen. Schließlich drängt sich das ja auf. Jeder Bibliotheksbesucher weiß, daß "Aus dem Antiquariat" neben der Zeitschrift für Alt-Aramäisch zu den am wenigsten gelesenen Fachorganen gehört, stets sind die Hefte blütenweiß und ohne jede Knitterspur. Kein gutes Zeichen... Das Niveau ist einfach viel zu abgehoben, die Themen höchst reizvoll (wenn Biester nicht gerade alle 1933 hinausgeekelten Kollegen zu "Auswanderern" erklärt, aber lassen wir das), aber schwierigst zu lesen. Was dann an "Antiquariatspraxis" dazwischengestreut wird, liest sich um so unpassender und plumper.
Die Zeitschriftenform ist für jedes Antiquariatsmedium deshalb so wichtig, weil die Goodwillträger unseres Gewerbes in ganz hohem Maß auch in großen und kleinen Bibliotheken zu finden sind.
Die Druckform ist aber auch wichtig für jenen Bereich, den Biester qua Gesamtkonzept seines Netzblatts nur wenig bearbeitet: Ich spreche von der Einbeziehung unserer Kunden in Erörterung und Diskussion. Das neue Medium müßte versuchen, eine echte Ombudsman-Funktion zwischen Antiquariat und Kunde einzunehmen.
Haben wir erst einmal ausreichend Leser unter den Sammlern für die Netz- und die Druckausgabe, dann wird das Inserieren für die Kollegen interessant. Als weitere Brückenfunktion möchte ich die Mitberücksichtigung des Bibliotheks- und Archivwesens verstehen. Wir sind dort als Antiquare in Zukunft eher noch mehr eingebunden, als das heute schon der Fall ist. Wir müssen auch mitreden, etwa im IuD-Programm.
4.
Wer sich an einer solchen kleinen Medienunternehmung beteiligen möchte, der ist freundlich eingeladen, mit mir in Briefwechsel zu treten. Ich bräuchte *dringend* Kollegen, die fließend Texte in
*Italienisch und in
*Spanisch
lesen und gelegentlich aus dem Ärmel übersetzen wollten.
Im Übrigen müssen wir halt mal sehen, was wir aus der Situation machen können. Technische Probleme reduzieren sich, da ich mich einigermaßen auskenne im Reiche der Rechner, auf das Finden eines *leicht verständlichen* Content-Systems. Die sind mir bisher alle zu kompliziert und zu anspruchsvoll. Wir brauchen was für Taubenzüchtervereine oder so.
Wir wollen stormchen aufrichtig danken für seine Arbeit!
Nun müssen wirs halt selber richten. Irgendwie.
Unser Dank für die Verwendungsmöglichkeit des Bilds geht an interstein.de, der das Foto gehört.
Dienstag, 27. Oktober 2009
Regionale Darstellung von Antiquariaten: Wie es nicht geht!
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Kooperationen: Antiquariate im Rhein-Main-Gebiet
(Kooperationen im Antiquariatsbuchhandel,Folge 2).
Das Börsenblatt stellt uns heute ein "Kooperations"-Projekt im Rhein-Main-Raum vor. Der Grundton ist wohlwollend-konstruktiv, ein Anlaß, genauer hinzusehen. Das Börsenblatt lobt bekanntlich jedes noch so törichte Projekt, wenn es nur dazu dient, die Antiquare ruhigzustellen, sie mit kindlichen Planspielen zu beschäftigen und sie von ihrer Hauptaufgabe abzulenken, sich von der Monopolkrake ZVAB endlich zu befreien.
Reden wir Tacheles: Das heute vorgestellte Unternehmen ist sowohl dumm als auch frech.
Frech ist es und unkollegial, weil es eine ganz selektive, grotesk lückenhafte Auswahl der Antiquariate im interessanten Bücherkreis rund im Frankfurt darstellt. Hier haben sich einige Kollegen zufällig gekannt. Das ist eine gute Motivation für den Start eines gemeinsamen Arbeitsvorhabens. Aber: Sozioal denkenden Antiquaren sträubt sich das Nackenhaar beim Gedanken, die kleineren Kollegen links liegen zu lassen, wenn es um regional eng begrenzte Arbeitsvorhaben geht. Oder ist das die neue soziale Kälte, Schwarzgelb läßt grüßen?
Dumm ist das dahingestümperte Webvorhaben in mehrfacher Hinsicht. Erstens deshalb, weil Bezeichnungs- oder besser Benennungs-Frechheit, die an Roßtäuscherei grenzt, von den Kunden mit Mißvergnügen registriert wird und keineswegs zu erhöhter Kaufbereitschaft führt. Formal stimmt natürlich alles, da nur von (einigen) Antiquariaten und nicht von "den" Antiquariaten die Rede ist. Psychologisch aber hören wir die Nachtigall trapsen.
Das Mindeste - mit Google Maps in einer Stunde herzustellen - wäre eine Karte des Rhein-Main-Gebiets mit Eintrag *aller* Antiquariate gewesen. Dann wäre immer noch die Möglichkeit geblieben, in die Datenbank Bestände nur ausgewählter, interessierter Kollegen aufzunehmen, das zu begründen und auch farblich hervorzuheben.
Sehen wir hier eine vernünftige Planung in absatzstrategischen Sinn? Das Vorhaben ist ganz fürchterlich in den Sand gesetzt worden. Welchen Nutzen soll denn, bitte, die regionale Verzeichnung solcher Datenbanktitel haben, die ich üblicherweise und mit gutem Erfolg übers Internet bestelle, mir als Päckchen schicken lasse?
Regionale Vernetzungen und Selbstdarstellungen sind *nur* sinnvoll, wenn die Bestände am Ort als Ganzes greifbar und durchschaubar sind, wenn ich als Kunde also kommen kann und soll zum Stöbern.
Wo aber Bücher nach Nummern stehen, wegen der erfolgten Katalogisierung streng geordnet stehen müssen, dort verliert das Stöbern, die persönliche Präsenz des Kunden, weitgehend allen Reiz. Das Stöbern in einem Versandantiquariat ist absolut nicht anregend, sondern eine nüchterne und gequälte Sache. Das weiß man doch.
Welcher Teufel der Blödheit reitet also das kleine Häuflein der also Auserwählten im Rhein-Main-Bereich?
Das unsympathische Selbstlob auf der Startseite links unten (beste niederrheinische Quack-Schule) stößt den sensibleren Käufer ab.
Das Datenbänklein selber macht, abgesehen von der im Börsenblatt bereits erwähnten Langsamkeit, auf den ersten Blick einen aufgeräumten Eindruck. Aber um solche Qualitäten geht es dort überhaupt nicht, wo eine Benutzung wegen völlig verfehlter Strategie so gut wie nicht erfolgen wird, nicht erfolgen kann.
Hier waltet eine wohltuende Gerechtigkeit: Das unsoziale eigensüchtige Verhalten der beteiligten Kollegen führte zu weitgehend sinnfreiem Tun. Selten wurden strategische Blödheit und unkollegiale Herzensarmut so prompt bestraft.
Donnerstag, 15. Oktober 2009
www.iobabooks.com - ein heuchlerisches, benutzerquälendes Bücherportal
Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt (Neugestaltung der IOBA-Webseite)
Der Einführungstext ist ein dreistes Stück hoffärtiger Überheblichkeit.
Was zunächst auffällt, ist die unsägliche Arroganz, gepaart mit Schlechtmachen der "anderen", der minderwertigen Kollegen. Dafür mußten wir IOBA schon immer tadeln - nicht zuletzt auch deshalb, weil in den Vereinigten Staaten ansonsten unter Antiquaren eine freundliche, tolerante Hilfsbereitschaft vorherrscht, geht man nach den Forenbeiträgen.
Gewisse deutsche Kollegen haben solche hoffärtigen Unsitten, die der Kunde übrigens höchst mißvergnügt und sehr präzise registriert, ja inzwischen übernommen, auf Deutsch heißt das dann "Qualitätsoffensive". Mir wird jedenfalls übel, wenn mir auf der Startseite, noch ehe ich positive Statements lesen darf, an den Kopf geknallt wird:
"to make sure that traditional bookselling values were not abandoned in the brave new world of online selling, where buyers are purchasing books sight unseen and seller inexperience and fraud are not uncommon."
Der Leser stöhnt gequält, wenn dann folgender peinlicher Schmus folgt:
"Online booksellers who are accepted into IOBA are dedicated to maintaining high ethical and professional standards, and to promoting trust between customers and booksellers by providing a safe online environment for the sale and purchase of books."
Merken diese Leute denn nicht, daß hier mit "Ethik" Schindluder getrieben wird? Es gibt genug Kollegen in unserem immer etwas anrüchigen Gewerbe, die bei "trust" und "safe" ironisch und wissend grinsen... Ich möchte recht verstanden werden: Wir bemühen uns alle, und schwarze Schafe müssen wir belehren und zurechtweisen. Aber solche widerlichen Selbstlob-Heucheleien stehen uns nicht an. Jedenfalls nicht auf der Startseite.
"IOBAbooks was developed by IOBA as a safe harbor alternative to some of the larger and more well-known bookselling and online auction services that have abandoned the traditional values which have served our noble profession so long and so well."
P f u i ! Das ist nun widerliche Kollegenbeschimpfung, schleimiges Pharisäertum. Mein Gott, Kollegen jenseits des Ozeans, seid Ihr denn von allen guten Geistern des Geschmacks und der Selbstbescheidung verlassen?
Ich fliehe aus diesem Tümpel lauwarmer, seichter Schmuserei und Selbststreichelei. Wenn Antiquare glauben, sich aufführen zu sollen wie eifersüchtige Prediger in einer kleinen Methodistenkirche des Mittelwestens, dann sollen sies meinethalben tun. Sie müssen nur wissen, wie das nach außen hin wirkt:
Eingebildet, pharisäerhaft, arrogant und diskriminierend.
**********************
"The Internet can feel like a savage jungle, but you deserve a civilized experience when buying books online". - Davon kann überhaupt keine Rede sein. Die großen Datenbanken üben ein recht strenges Regiment aus über die einliefernden Antiquare. Unsere wenigen schwarzen Schafe rechtfertigen jedenfalls keine großen Moralpredigten. Ich sagte das schon immer in Sachen (Sprachfehler:) "Prolibri" - es ist nicht möglich, es ist geradezu kontraproduktiv und schädlich, sich profilieren zu wollen durch ein angebliches "bessersein" als andere Kollegen, andere Datenbanken. Das läuft nicht, von Extremfällen, etwa in Frankreichs unsäglichem Datenbankelend, abgesehen.
Die graphische Darstellung der Datenbank im engeren Sinn ist inzwischen noch schlechter geworden. Rufen Sie zur Probe "Hitler, Kampf" auf. In fürchterlicher Platzverschwendung, mit blödsinniger Titel- bzw. Verfasserhervorhebung, einer geradezu dummfrechen, quälenden Anordnung von "more information" wird der arme Leser zu wahren Scroll-Orgien gezwungen. Ich bezeichne diese Datenbank als völlig unausgegoren, schlimmer - als unbenutzbar.
Es kommt bei mir nur selten vor, aber hier sage ich: Jedes weitere Eingehen auf graphische und datenbanktechnische Details wäre hier verschwendete Liebesmüh. Machen Sie einfach die Gegenprobe mit "Tomfolio"!
Fazit: Eines der miesesten, unausgegorensten, dummfrechsten Bücherportale weltweit, getragen von Hochnäsigkeit, gepaart mit widerlicher Kollegenschelte, in der Praxis dann ein wahres Finger-Folterinstrument für den armen Benutzer.
Dies ist ein Meinungsbeitrag. Er versteht sich im Zusammenhang mit dem großen Portaltest, den Sie hier an gleicher Stelle (Mitte September) nachlesen können
Der Einführungstext ist ein dreistes Stück hoffärtiger Überheblichkeit.
Was zunächst auffällt, ist die unsägliche Arroganz, gepaart mit Schlechtmachen der "anderen", der minderwertigen Kollegen. Dafür mußten wir IOBA schon immer tadeln - nicht zuletzt auch deshalb, weil in den Vereinigten Staaten ansonsten unter Antiquaren eine freundliche, tolerante Hilfsbereitschaft vorherrscht, geht man nach den Forenbeiträgen.
Gewisse deutsche Kollegen haben solche hoffärtigen Unsitten, die der Kunde übrigens höchst mißvergnügt und sehr präzise registriert, ja inzwischen übernommen, auf Deutsch heißt das dann "Qualitätsoffensive". Mir wird jedenfalls übel, wenn mir auf der Startseite, noch ehe ich positive Statements lesen darf, an den Kopf geknallt wird:
"to make sure that traditional bookselling values were not abandoned in the brave new world of online selling, where buyers are purchasing books sight unseen and seller inexperience and fraud are not uncommon."
Der Leser stöhnt gequält, wenn dann folgender peinlicher Schmus folgt:
"Online booksellers who are accepted into IOBA are dedicated to maintaining high ethical and professional standards, and to promoting trust between customers and booksellers by providing a safe online environment for the sale and purchase of books."
Merken diese Leute denn nicht, daß hier mit "Ethik" Schindluder getrieben wird? Es gibt genug Kollegen in unserem immer etwas anrüchigen Gewerbe, die bei "trust" und "safe" ironisch und wissend grinsen... Ich möchte recht verstanden werden: Wir bemühen uns alle, und schwarze Schafe müssen wir belehren und zurechtweisen. Aber solche widerlichen Selbstlob-Heucheleien stehen uns nicht an. Jedenfalls nicht auf der Startseite.
"IOBAbooks was developed by IOBA as a safe harbor alternative to some of the larger and more well-known bookselling and online auction services that have abandoned the traditional values which have served our noble profession so long and so well."
P f u i ! Das ist nun widerliche Kollegenbeschimpfung, schleimiges Pharisäertum. Mein Gott, Kollegen jenseits des Ozeans, seid Ihr denn von allen guten Geistern des Geschmacks und der Selbstbescheidung verlassen?
Ich fliehe aus diesem Tümpel lauwarmer, seichter Schmuserei und Selbststreichelei. Wenn Antiquare glauben, sich aufführen zu sollen wie eifersüchtige Prediger in einer kleinen Methodistenkirche des Mittelwestens, dann sollen sies meinethalben tun. Sie müssen nur wissen, wie das nach außen hin wirkt:
Eingebildet, pharisäerhaft, arrogant und diskriminierend.
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"The Internet can feel like a savage jungle, but you deserve a civilized experience when buying books online". - Davon kann überhaupt keine Rede sein. Die großen Datenbanken üben ein recht strenges Regiment aus über die einliefernden Antiquare. Unsere wenigen schwarzen Schafe rechtfertigen jedenfalls keine großen Moralpredigten. Ich sagte das schon immer in Sachen (Sprachfehler:) "Prolibri" - es ist nicht möglich, es ist geradezu kontraproduktiv und schädlich, sich profilieren zu wollen durch ein angebliches "bessersein" als andere Kollegen, andere Datenbanken. Das läuft nicht, von Extremfällen, etwa in Frankreichs unsäglichem Datenbankelend, abgesehen.
Die graphische Darstellung der Datenbank im engeren Sinn ist inzwischen noch schlechter geworden. Rufen Sie zur Probe "Hitler, Kampf" auf. In fürchterlicher Platzverschwendung, mit blödsinniger Titel- bzw. Verfasserhervorhebung, einer geradezu dummfrechen, quälenden Anordnung von "more information" wird der arme Leser zu wahren Scroll-Orgien gezwungen. Ich bezeichne diese Datenbank als völlig unausgegoren, schlimmer - als unbenutzbar.
Es kommt bei mir nur selten vor, aber hier sage ich: Jedes weitere Eingehen auf graphische und datenbanktechnische Details wäre hier verschwendete Liebesmüh. Machen Sie einfach die Gegenprobe mit "Tomfolio"!
Fazit: Eines der miesesten, unausgegorensten, dummfrechsten Bücherportale weltweit, getragen von Hochnäsigkeit, gepaart mit widerlicher Kollegenschelte, in der Praxis dann ein wahres Finger-Folterinstrument für den armen Benutzer.
Dies ist ein Meinungsbeitrag. Er versteht sich im Zusammenhang mit dem großen Portaltest, den Sie hier an gleicher Stelle (Mitte September) nachlesen können
Dienstag, 13. Oktober 2009
RF Meyer: Nicht Datenhoheit, sondern Monopolfreiheit !
http://meyerbuch.wordpress.com/2009/10/12/datenhoheit/
Lieber Kollege Meyer,
daß ausgerechnet Sie, als Gründervater der einzigen innovativen Idee zur Zusammenarbeit der Antiquare in den letzten Jahren, das Hohelied der Datenhoheit singen, das der einzelne Kollege hochzuhalten und wertzuschätzen habe - das ist, mit Verlaub, absurd.
Ich setze das aufs Konto jener Verirrungen, die uns alle gelegentlich ereilen, und als Spezialist für meine eigenen Holzwege im Denken und Handeln habe ich volles Verständnis dafür. Da ist es dann ganz gut, wenn andere Zeitgenossen kommen und heilsame Tritte, man weiß schon wohin, austeilen. Hoppla - wir sind wieder wach, danke!
Wer unsere Bücher verkauft, welche Datenbank, welcher Sammelkatalog, welcher "Besorgungsdienst für antiquarische Bücher" (gibts das noch? In den USA durchaus), das kann uns, auf den ersten Blick zumindest, egal sein, sofern die Gebühren erträglich, die Konditionen vernünftig sind. Und auf den zweiten Blick?
In Internetzeiten ist die *Imagefrage nicht so wichtig. Natürlich gibt es Kotz-Datenbanken, ich habe die schrecklichsten Portale ja unlängst aufgelistet. Aber schadet es dem Ruf des Kollegen, wenn er dort in grauslichen Blutfarben, von aufdringlichen, dummen Sprüchen gegängelt und in törichten Hilfeseiten verdummt, auch seine Titel verzeichnet? Ich glaube nicht. Wenn ein Antiquar ein Image herstellen will, dann kann er das heute über seine eigene Webpage tun. Hat er den Kunden erst einmal dorthin gelockt, dann mag er sein Image pflegen, durch Kataloge und kluge Begleitsätze beeindrucken. Wie schwer das ist, sahen wir bei den Ansätzen zum Kollegen-Webseitentest (den ich nach den ersten Bombendrohungen ja eingestellt hatte).
Also übergeben wir unsere Titel, vom Image her, auch dem Teufel, wenn er denn anträte als Portalchef? ich denke: Ja (unsere Theologen natürlich ausgenommen). Aber da gibt es einen anderen, weit wichtigeren Gesichtspunkt, nämlich das *Machtmittel, das wir der Datenbank in die Hand geben. Nicht so sehr durch die Auflistung unseres Antiquariats als eines, das auch teilnimmt in dem oder jenem Portal, sondern durch das kaufmännische Potential am Altbuchmarkt. Das Buchportal erhält durch unsere Titelübergabe ein Stück Macht, eine Verfügungsgewalt.
Das ist ein kompliziertes Kapitel. Man kann sich, wie jener unglückliche Leander, mit Chuzpe hineinmogeln in einen Markt, ohne daran wirklich teilzunehmen, einfach durch Manipulation und Dummenfang.
Man kann einen Markt auch publizistisch "bedienen", was aber auch nicht ohne Risiken abläuft, wovon Casimir und Biester ein Liedlein singen können.
Oder aber, und nun sind wir wieder beim Thema, man agiert als Verkaufsmaschine, als Dienstleister im engeren Sinn. Auch Metainstrumente sind da denkbar, bei Eurobuch klappts nicht so gut, bookfinder dagegen zeigt, daß das lukrativ und perfekt zu machen ist. - Und die konventionellen Verkaufsportale?
Da stellt sich nun zunächst die *Monopolfrage. Über die haben wir zu oft diskutiert, als daß ich näher darauf eingehen müßte. Wir verleihen der mächtigsten Datenbank natürlich mit jedem dort neu angemeldeten Titel weitere Monopolmacht; können aber fast nicht anders, weil der Monopolist den immer besseren Absatz hat, haben muß, das ist ja der teuflische Automatismus.
Wenn es also einen Punkt gibt, der bei Ihrem Thema der "Datenhoheit" wichtig ist, dann ist es - in unserem abgeschotteten deutschsprachigen Altbuchmarkt - der Boykott des ZVAB. N u r und nur und nur dieser Punkt ist wichtig. Sie bringen es fertig, sicher unbeabsichtigt wieder einmal die große Vernebelungsmaschine anzuwerfen, indem Sie uns Themen zu diskutieren geben, die N e b e n wege sind. Nur das ZVAB ist für uns hier und heute wichtig.
Dabei spielen w+h Wiesler an sich keine entscheidende Rolle. Ich sage "an sich" und muß das erklären. Ihre Dienstleistungen sind pfiffig, nützlich und, sieht man von etwas dubiosen "Modulen" ab, auch ihr Geld wert. Nach wie vor ärgere ich mich freilich krank über die Verlogenheit, die dahinter steckt, daß w+h nicht offenlegt, inwieweit sie von den Portalen Vermittlungsgeld bekommt, also doppelt verdient.
Dagegen ist entscheidend ihre Rolle als Dienstleister, wenn es uns um den Kampf gegen das ZVAB, gegen das Monopol, um unsere Freiheit im Markt geht. Denn nur durch neue Dienstleistungen können wir den Kampf aufnehmen. Es geht da um Dinge wie aktive und passive Katalogisierung, um Zusammenarbeit mit Google usw. Näheres dazu an dieser Stelle bald. - Wir können unser neues Portal nur dann erreichen, wenn wir Dienstleistungen damit verbinden, die das ZVAB nicht anbietet.
Zurück zur "Datenhoheit". Ich brings auf den Punkt: Wir können unsere "Datenhoheit" gleich auf den Misthaufen kippen, w e n n es uns nicht gelingt, Datenbank-Monopolfreiheit zu erlangen.
Nicht um H o h e i t geht es, sondern um F r e i h e i t.
Das sind nicht nur Redensarten. Ich halte es schlicht und ergreifend für absurd, wenn wir uns über edle, subtile Feinheiten wie Datenhoheit Gedanken machen, solang über uns die beiden Damoklesschwerter ZVAB und Amazon=Abebooks hängen.
Zu einem war der Portaltest allerdings gut - ich bin geheilt von meinem Liebäugeln mit einer Neubelebung von Prolibri. Schlechte Portale soll man nicht noch aufpäppeln. Die müssen auch mal sterben dürfen.
Antisemitische Schönfärberei beim Börsenverein - auf ein Neues?
Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt:
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An dieser Stelle mußte vor einigen Wochen ein Aufsatz der Herren Bach und Biester in der dem Börsenverein des Buchhandels eng verbundenen Fachzeitschrift "Aus dem Antiquariat" wegen verniedlichender, verfälschender Tendenzen getadelt werden. Da wurden unsere jüdischen Kollegen 1933-1941 nicht verjagt, nicht vertrieben, nicht entrechtet, nicht aus dem Land geekelt, sondern, o Wunder, nach Lesart des Börsenvereins handelte es sich um eine "Auswanderung", die jüdischen Antiquare "gingen" nach England, sie "fuhren" nach London, sie zogen um - eine selten widerliche Geschichtsfälschung in der T e n d e n z.
Man soll keine Verschwörungstheorien aufstellen. Ich hatte deshalb darauf verzichtet, Björn Biester, den Mitverfasser jenes Tendenzstücks, näher zu befragen, inwieweit ein neuerer, seltsam distanz- und kritikloser Beitrag über seinen Besuch in der Buchmesse eines umstrittenen arabischen Scheichtums mit solcher Geschichtsklitterung in Verbindung stehen könnte. Haben die Frankfurter ihren alten, leider immer zu beobachtenden Antisemitismus neu entdeckt, werden die Juden ein zweites Mal, diesmal geistig, in den Markthallen am Hafen zusammengetrieben - und Frankfurt schweigt?
Björn Biester ist heute verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" und zugleich der Antiquariatsabteilung des Netzdienstes des "Börsenblatt für den deutschen Buchhandel", mithin über kurze organisatorische Umwege ein nicht unwichtiger Mitverantwortlicher beim Frankfurter Börsenverein.
Ich habe mich gewundert über seinen Unwillen, Stellung zu beziehen, sich in irgendeiner Form zu entschuldigen über jenen ersten Aufsatz - immerhin hatte er uns, in der bis vor einigen Wochen als Netzblatt-Rubrik fest installierten Twitterabteilung des Börsenvereins-Netzdienstes, selber ausdrücklich auf seinen alten Beitrag aufmerksam gemacht. Warum fühlte er sich veranlaßt, uns jene peinliche alte Arbeit neu vorzustellen? Über alte Sünden läßt man sonst doch lieber Gras wachsen.
Beim Börsenverein bügeln sie Pannen anders aus. Mit leisem Lächeln registrierten wir das hastige Ankündigen eines - diesmal hoffentlich gerechteren - Beitrags über Antiquare im dritten Reich, der nun, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, alles wieder ins rechte Lot bringen soll.
In der von Biester verantworteten Antiquariatsabteilung des Netzdienstes ist n i c h t s im Lot. Wir müssen dort heute lesen, ich zitiere:
"Felix Rosenthal, Bruder von Albi und Bernard Rosenthal, wurde im Januar 1917 in München geboren und wanderte 1933 nach Florenz, die Heimatstadt seiner Mutter Margherita Olschki, aus. Über Frankreich, die Schweiz und Chile gelang ihm nach Kriegsausbruch die Übersiedlung in die USA, wo er nach drei Jahren Armeedienst an der University of California Berkeley Architektur studierte und während seines Studiums unter anderem als Assistent von Erich Mendelsohn arbeitete."
Will uns Biester ein weiteres Mal einflüstern, es habe sich bei diesem Hinausekeln, Diskriminieren, Verächtlichmachen, Verdächtigen und Kränken, über das inzwischen jedes Kind Bescheid wissen sollte - - um was bitte gehandelt? Nach Biesters Lesart um - - A u s w a n d e r u n g. Und wie fröhlich-selbstverständlich spricht er von der Ü b e r s i e d l u n g in die USA. Ach, wie nett.
Notabene, man kann zur Not diese verniedlichenden harmlosen Ausdrücke wählen, wenn man ansonsten den Rahmen klar abgesteckt hat, wenn die Vertreibung eindeutig als solche bezeichnet worden ist, wenn Peinlichkeiten nicht untergeschoben wurden. Davon durfte hier aber keine Rede sein, im Gegenteil: Die Redaktion kannte meine Kritik an jenem alten, von Biester selbst neu vorgestellten Aufsatz sehr genau, sie war vorgewarnt. Hat sie diesmal peinliche Tenzenzen vermieden? Nein, nicht die Spur.
Wie das Fachkollegen in den USA sehen, darf ich anhand eines zufällig ausgewählten Quellenbelegs aufzeigen, in dem die Biographie Rosenbergs kurz erwähnt wird:
" and that, as a refugee from Nazi Germany,"
http://sunsite.berkeley.edu/uchistory/archives_exhibits/loyaltyoath/symposium/rosenthal.html
Dies ist in der Tat noch die mildeste, schonendste Bezeichnung, die für jene (sic) "Auswanderung", "Übersiedlung" richtig anzuwenden wäre. Zumal ja doch der Kontext zählt - wir lasen bei Biester ständig von "er ging", "er fuhr", "kam er nach..." und wie die Formulierungen, die man eher in der National- und Soldatenzeitung oder in Rosenbergs Schmierbüchern erwartet hätte, lauteten.
Die reichlich komplizierten Familienverhältnisse der Rosenthals entschuldigen gar nichts, denn im Netz kann man sich flugs informieren. Ein Beispiel:
Felix Rosenthal, son of Erwin Rosenthal, and brother of antiquarian booksellers Albi and Bernard Rosenthal, was director of L'Art Ancien, Zurich, for a number of years (there is further information about the Rosenthal brothers in. Bernard Rosenthal's "Cartel, Clan or Dynasty" in this catalog)
E i n Blick in die Hetz- und Parteipresse 1932/33, eine flüchtige Recherche in den streckenweise zu braunen Haßkloaken verkommenen Fachzeitschriften des deutschen Buchhandels jener Monate belehrt auch den flüchtigsten Schreiber eines Besseren, der da eine "Auswanderungs"-Mythe konstruieren möchte. Vertreibung ist nicht Auswanderung.
Ich fordere: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels muß sich distanzieren von der nun schon wiederholt in seinen Organen aufgestellten Verfälschungs- und Lügenthese, es habe sich bei der Entrechtung, Diffamierung und Vertreibung der deutsch-jüdischen Antiquare um "Auswanderung" gehandelt.
Wir haben unsere jüdischen Kollegen im schlimmsten Sinn des Worts v e r t r i e b e n.
Wer sich nicht vertreiben ließ, wer nicht die Flucht antrat, den haben wir - "wir" als Nation, als Staatsmacht - dann vergast.
Wohin führt solche Schreib- und Denkweise in der sprachlichen Konsequenz?
"Er (unser jüdischer Kollege) ging in die Gaskammer"
Denn so schreiben sie dann auch noch, warte nur balde, in Frankfurt, bei den Hilfsdiensten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Anmerkung: Es ist nicht damit getan, daß der Börsenverein - wir haben Beispiele -flugs, still und leise den inkriminierten Text ändert. Das wäre feige. Journalistische Regeln gelten auch im Internet: Klarstellung und Entschuldigung an gleicher Stelle, nämlich im Netzdienst des Börsenvereins, sind jetzt wahrlich am Platz.
Die Rechte an dem Scan der Heartfield-Collage in der A.I.Z. (Prag) liegen beim Deutschen Historischen Museum in Berlin. Wir bedanken uns für die Verwendungsmöglichkeit.
Inzwischen hat der Börsenverein eine sehr erfreuliche Kurskorrektur vorgenommen und den Eindruck, der damals entstehen mußte, energisch zurechtgerückt bzw. aufgearbeitet.
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An dieser Stelle mußte vor einigen Wochen ein Aufsatz der Herren Bach und Biester in der dem Börsenverein des Buchhandels eng verbundenen Fachzeitschrift "Aus dem Antiquariat" wegen verniedlichender, verfälschender Tendenzen getadelt werden. Da wurden unsere jüdischen Kollegen 1933-1941 nicht verjagt, nicht vertrieben, nicht entrechtet, nicht aus dem Land geekelt, sondern, o Wunder, nach Lesart des Börsenvereins handelte es sich um eine "Auswanderung", die jüdischen Antiquare "gingen" nach England, sie "fuhren" nach London, sie zogen um - eine selten widerliche Geschichtsfälschung in der T e n d e n z.
Man soll keine Verschwörungstheorien aufstellen. Ich hatte deshalb darauf verzichtet, Björn Biester, den Mitverfasser jenes Tendenzstücks, näher zu befragen, inwieweit ein neuerer, seltsam distanz- und kritikloser Beitrag über seinen Besuch in der Buchmesse eines umstrittenen arabischen Scheichtums mit solcher Geschichtsklitterung in Verbindung stehen könnte. Haben die Frankfurter ihren alten, leider immer zu beobachtenden Antisemitismus neu entdeckt, werden die Juden ein zweites Mal, diesmal geistig, in den Markthallen am Hafen zusammengetrieben - und Frankfurt schweigt?
Björn Biester ist heute verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" und zugleich der Antiquariatsabteilung des Netzdienstes des "Börsenblatt für den deutschen Buchhandel", mithin über kurze organisatorische Umwege ein nicht unwichtiger Mitverantwortlicher beim Frankfurter Börsenverein.
Ich habe mich gewundert über seinen Unwillen, Stellung zu beziehen, sich in irgendeiner Form zu entschuldigen über jenen ersten Aufsatz - immerhin hatte er uns, in der bis vor einigen Wochen als Netzblatt-Rubrik fest installierten Twitterabteilung des Börsenvereins-Netzdienstes, selber ausdrücklich auf seinen alten Beitrag aufmerksam gemacht. Warum fühlte er sich veranlaßt, uns jene peinliche alte Arbeit neu vorzustellen? Über alte Sünden läßt man sonst doch lieber Gras wachsen.
Beim Börsenverein bügeln sie Pannen anders aus. Mit leisem Lächeln registrierten wir das hastige Ankündigen eines - diesmal hoffentlich gerechteren - Beitrags über Antiquare im dritten Reich, der nun, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, alles wieder ins rechte Lot bringen soll.
In der von Biester verantworteten Antiquariatsabteilung des Netzdienstes ist n i c h t s im Lot. Wir müssen dort heute lesen, ich zitiere:
"Felix Rosenthal, Bruder von Albi und Bernard Rosenthal, wurde im Januar 1917 in München geboren und wanderte 1933 nach Florenz, die Heimatstadt seiner Mutter Margherita Olschki, aus. Über Frankreich, die Schweiz und Chile gelang ihm nach Kriegsausbruch die Übersiedlung in die USA, wo er nach drei Jahren Armeedienst an der University of California Berkeley Architektur studierte und während seines Studiums unter anderem als Assistent von Erich Mendelsohn arbeitete."
Will uns Biester ein weiteres Mal einflüstern, es habe sich bei diesem Hinausekeln, Diskriminieren, Verächtlichmachen, Verdächtigen und Kränken, über das inzwischen jedes Kind Bescheid wissen sollte - - um was bitte gehandelt? Nach Biesters Lesart um - - A u s w a n d e r u n g. Und wie fröhlich-selbstverständlich spricht er von der Ü b e r s i e d l u n g in die USA. Ach, wie nett.
Notabene, man kann zur Not diese verniedlichenden harmlosen Ausdrücke wählen, wenn man ansonsten den Rahmen klar abgesteckt hat, wenn die Vertreibung eindeutig als solche bezeichnet worden ist, wenn Peinlichkeiten nicht untergeschoben wurden. Davon durfte hier aber keine Rede sein, im Gegenteil: Die Redaktion kannte meine Kritik an jenem alten, von Biester selbst neu vorgestellten Aufsatz sehr genau, sie war vorgewarnt. Hat sie diesmal peinliche Tenzenzen vermieden? Nein, nicht die Spur.
Wie das Fachkollegen in den USA sehen, darf ich anhand eines zufällig ausgewählten Quellenbelegs aufzeigen, in dem die Biographie Rosenbergs kurz erwähnt wird:
" and that, as a refugee from Nazi Germany,"
http://sunsite.berkeley.edu/uchistory/archives_exhibits/loyaltyoath/symposium/rosenthal.html
Dies ist in der Tat noch die mildeste, schonendste Bezeichnung, die für jene (sic) "Auswanderung", "Übersiedlung" richtig anzuwenden wäre. Zumal ja doch der Kontext zählt - wir lasen bei Biester ständig von "er ging", "er fuhr", "kam er nach..." und wie die Formulierungen, die man eher in der National- und Soldatenzeitung oder in Rosenbergs Schmierbüchern erwartet hätte, lauteten.
Die reichlich komplizierten Familienverhältnisse der Rosenthals entschuldigen gar nichts, denn im Netz kann man sich flugs informieren. Ein Beispiel:
Felix Rosenthal, son of Erwin Rosenthal, and brother of antiquarian booksellers Albi and Bernard Rosenthal, was director of L'Art Ancien, Zurich, for a number of years (there is further information about the Rosenthal brothers in. Bernard Rosenthal's "Cartel, Clan or Dynasty" in this catalog)
E i n Blick in die Hetz- und Parteipresse 1932/33, eine flüchtige Recherche in den streckenweise zu braunen Haßkloaken verkommenen Fachzeitschriften des deutschen Buchhandels jener Monate belehrt auch den flüchtigsten Schreiber eines Besseren, der da eine "Auswanderungs"-Mythe konstruieren möchte. Vertreibung ist nicht Auswanderung.
Ich fordere: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels muß sich distanzieren von der nun schon wiederholt in seinen Organen aufgestellten Verfälschungs- und Lügenthese, es habe sich bei der Entrechtung, Diffamierung und Vertreibung der deutsch-jüdischen Antiquare um "Auswanderung" gehandelt.
Wir haben unsere jüdischen Kollegen im schlimmsten Sinn des Worts v e r t r i e b e n.
Wer sich nicht vertreiben ließ, wer nicht die Flucht antrat, den haben wir - "wir" als Nation, als Staatsmacht - dann vergast.
Wohin führt solche Schreib- und Denkweise in der sprachlichen Konsequenz?
"Er (unser jüdischer Kollege) ging in die Gaskammer"
Denn so schreiben sie dann auch noch, warte nur balde, in Frankfurt, bei den Hilfsdiensten des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Das dürfen wir nicht zulassen.
Anmerkung: Es ist nicht damit getan, daß der Börsenverein - wir haben Beispiele -flugs, still und leise den inkriminierten Text ändert. Das wäre feige. Journalistische Regeln gelten auch im Internet: Klarstellung und Entschuldigung an gleicher Stelle, nämlich im Netzdienst des Börsenvereins, sind jetzt wahrlich am Platz.
Die Rechte an dem Scan der Heartfield-Collage in der A.I.Z. (Prag) liegen beim Deutschen Historischen Museum in Berlin. Wir bedanken uns für die Verwendungsmöglichkeit.
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