Freitag, 18. Dezember 2009

Randbemerkung

http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/28/nur-ein-paar-marginalien/

http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/24/mein-name-ist-hase-nicht-igel/

http://www.boersenblatt.net/351386/template/b4_tpl_antiquariat/



Mit Seitenblick auf die derzeitige Diskussion im Börsenblatt darf ich anregen, zwei Diskussionsstränge sauber auseinanderzuhalten.

1.
Zunächst der juristische Gesichtspunkt. Weitaus wichtiger als die Frage nach der Internet-Adresse, etwas verwirrend und nicht immer glücklich neudeutsch auch "domain" genannt, ist die

*Wettbewerbsfrage

im Zusammenhang mit der Geschäftsbezeichnung der Datenbank/ des Portals. Dieses Thema ist so alt wie das neuere Rechtswesen überhaupt und seit über hundert Jahren gibt es dafür eine Reihe klarer Regeln.

Die Geschäftsbezeichnung muß w a h r sein in Hinsicht auf mehrere Gesichtspunkte. Einer der wichtigsten ist, daß sowohl die Natur, die A r t des Gewerbes durch den gewählten Namen richtig dargestellt sein muß, ebenso auch dessen G r ö ß e.

Ich darf also nicht schreiben "Frischfischrestaurant", wenn ich Tiefkühlfisch aus Alaska auftaue, darf mich nicht "Deutsche Großspedition" nennen, wenn ich nur ein Dreiradwägelchen im Stadtverkehr zu laufen habe. Hier verletzt die Bezeichnung "Antiquariat" für eine Datenbank / ein Portal die Forderung nach Wahrheit und Klarheit über die A r t des Gewerbes.

Man kann das mit etwas Rabulistik so hindrehen, daß es "anscheinend" paßt. Juristisch halbwegs wasserdicht bekäme man dies aber nur dann hin, wenn es, wie ich das im "Deutschen Antiquariat" geplant hatte, mit einer überzeugenden Organisation der Antiquare verbunden sein würde, die eben diesen Namen tragen würde. Nur dann könnte man es durchkriegen, aber selbst das wäre, wie Koll. RFMeyer mir mitgeteilt hat, rechtlich ziemlich wackelig.

Beim Wettbewerbsrecht, um diesen Punkt abzuschließen, ist maßgebend die naive, spontane Beurteilung des Durchschnittsverbrauchers. Durchaus auch des fachkundigen Durchschnittsmenschen. Gerade für den aber ist der Unterschied zwischen einem "Antiquariat" und einem "Datenbank-Portal" ganz wichtig. Wir sollten auf dieser Schiene einfach nicht weiterdiskutieren, es wäre sinnlos. Der fachkundige Laie würde durch die Bezeichnung "Antiquariat" für die Datenbank/ das Portal g e t ä u s c h t. Und damit ist die Bezeichnung gestorben.

Im Domainrecht wird von der internationalen Rechtsprechung nach einigen Anfangsschwierigkeiten und Verirrungen ganz klar

***das allgemeine Wettbewerbsrecht über das Domainrecht gestellt.

Dies ist auch nur logisch, auch wenn es wehtun mag, wenn ich eine Domain hergeben bzw. geschäftlich, ja sogar privat nicht verwenden darf, nur weil dadurch das übergeordnete Wettbewerbsrechte verletzt würde. Fazit: Ich bitte händeringend, sich auf dem toten Gleis der wettbewerbsrechtlichen Namens-Grundfrage nicht weiter abzumühen. Der Fall i s t klar.


2.
Nach wie vor müssen wir einen rein formalen Mangel an beruflicher Diskussionskultur beklagen. Ich bin wirklich entsetzt, mit welcher Naivität da bisher im Bereich des Antiquariats verquere Konstruktionen, Umständlichkeiten, Ungeschicklichkeiten in Szene gesetzt worden sind.

Ein berufliches Forum muß unter Beachtung einiger Grundregeln auf die Beine gebracht werden. Dazu gehört neben einer Allgemeinzugänglichkeit ein System des Wiederfindens und Archivierens älterer Beiträge (retrieval) ebenso wie leichte Bedienbarkeit, Übersichtlichkeit usw., auch die nicht leichte Aufgabe einer neutralen Redaktion und Supervision. Mir persönlich war das alte System der Hess-Runde am sympathischsten, man würde heute von einer "Mailing-Liste" sprechen. Jeder Beitrag kommt sofort in den Briefkasten jedes Teilnehmers, oder aber, das hatte Kollege Hess nicht bieten können, man liest alle Beiträge an einem zentralen Ort nach. Ich möchte also an eine Art Yahoo- oder heute auch Google-Gruppe denken.

Hier versagt das Börsenblatt rein technisch. Ansonsten darf man, dies im Nebensatz, Redakteur Biester eine weitgehend neutrale und vernünftige Führung seiner Antiquariatsabteilung zugestehen. Ich halte es für töricht, ihm "Parteilichkeit" zu unterstellen.

Wie auch immer, es gibt derzeit (noch) kein vernünftiges gemeinsames Berufsforum. Solange das fehlt, wird es auch immer den Eindruck geben, bei Prolibri /GIAQ würde "gemauschelt", intern entschieden und nicht viel von offener Diskussionskultur gehalten. Ich will mich nicht wiederholen: Wir brauchen eine neutrale, allgemeine, offene, technisch ausgereifte Plattform zur Diskussion unserer Berufsfragen. Das ist tatsächlich fast nur eine t e c h n i s c h e Frage. Aber es muß gemacht werden.

Idealer Träger wäre der Börsenverein und ein guter Moderator Herr Biester. Angesichts des chaotischen und schmuddeligen Images, das wir Antiquare beim allgemeinen Börsenverein haben (Koll. Hohmann hat das dankenswerterweise angedeutet), dürfte das aber nicht möglich sein. Wäre die Xing-Gruppe zu reformieren? Ich habe da tiefe Zweifel. Ein abgewandelter "Antiquariats-Anzeiger" könnte Träger eines guten berufskundlichen Forums für alle sein, aber hat Koll. Stormchen den Atem zu einem zweiten Anlauf?



Das Bild verdanke ich chinside.de, es ist vermutlich nicht frei. Wird auf einfache Anforderung hin entfernt.