Donnerstag, 20. August 2009

Wie werde ich Buchantiquar? 1.Kapitel



Wie werde ich Buchantiquar?
1. Kapitel





Die meisten der Handlungsanweisungen, die jetzt vorgegeben werden, sind keine Vorschläge, sondern zwingende Voraussetzungen für vernünftiges Arbeiten. Sie sollten vom Anfänger punktgenau befolgt werden.


In einem zweiten Durchlauf werden später alle Abschnitte vertieft, dann erst erfolgen Begründungen und die Diskussion möglicher Alternativen.


1.
Benötigt wird ein handelsüblicher Computer mit Windows XP, möglichst nicht mit Vista. Alle Baumuster ab etwa 2005 sind tauglich. Zum Arbeitsbeginn wird die Festplatte formatiert und danach Windows XP neu installiert. Sie holen sich, ausnahmslos gratis aus dem Netz herunterzuladen, folgende Programme: Firefox, OpenOffice, Avira Antivir Homeversion, Zone Alarm Homeversion. Installieren Sie unbedingt auch die Firefox-Erweiterung AutoCopy. - Schon bald werden Sie auch einen guten Scanner benötigen, am Anfang aber noch nicht. Gleiches gilt für den Drucker, der nur ein Laserdrucker sein darf. - Denken Sie daran, daß gerade für Ihre Zwecke als Buchantiquar eine gute gebrauchte, einige Jahre alte, komplette Ausrüstung mit viel Zubehör, etwa von Aldi=Medion, über örtliche Kleinanzeigen sehr billig und in aller Regel gut funktionsfähig zu kaufen ist, es muß also nichts Neues sein.

Richten Sie sich, auch das ist gratis, Konten ein bei Ebay und PayPal. Besorgen Sie sich eine Gewerbeanmeldung/ Gewerbeschein, Sie erhalten das Formular gegen geringe Gebühr bei Ihrem Bürgeramt/ Rathaus. Keine Angst vor der damit verbundenen automatischen Anmeldung beim Finanzamt; Sie werden sehen, daß der Anfänger im Gewerbe sogar Geld sparen kann damit. Den Gewerbeschein brauchen Sie zur Anmeldung beim ZVAB und zu Ihrer Absicherung gegen Abmahner bei Ebay.

Irgendwelche Nachschlagewerke oder Handbücher benötigen Sie nicht, in der Regel schaden sie eher und verwirren den Anfänger. Dies gilt auch für die Erklärungsschriften des ZVAB für Antiquare, die Sie nach der erfolgten Anmeldung - auf die wir unten zu sprechen kommen - erst einmal ungelesen weglegen sollten, sie enthalten unglaublich verquasten Stuß. Es kann nichts schaden, sich über die Netzversion der Antiquariatsabteilung von börsenblatt.net auf dem Laufenden zu halten im Gewerbe. Die gedruckte Fachzeitschrift "Aus dem Antiquariat" dagegen enthält abgehobenen Edelquark, ist schwer lesbar, eitel und arrogant geschrieben und für den Praktiker unbrauchbar.

2.
Sorgen Sie für eine gute Netzanbindung. Hohe Geschwindigkeit ist nicht erforderlich, wohl aber ein zeitunabhängiger Volltarif, der es Ihnen ermöglicht, jeden Tag viele Stunden im Netz zu bleiben. Spartarife oder gar Billigprovider sind zu vermeiden, wenn irgend möglich wählen Sie die etwas teurere, aber im gewerblichen Bereich sehr zuverlässige Telekom. Ehe Sie nicht Antivir und Zonealarm erfolgreich installiert haben, sollten Sie, außer bei der Telekom, keinerlei Netzkontakte aufgenommen haben. Virensicherheit ist eiserne Voraussetzung für Ihre Arbeit. Machen Sie den Windows Explorer inaktiv (löschen können Sie ihn nicht) und vergessen Sie ihn möglichst schnell. Das gleiche gilt für Word.

Ein großes, kombiniertes Arbeits- und Lagerzimmer reicht aus. Nach den Regeln der Statik können Sie, sofern Sie immer an der Wand bleiben, beliebig hoch rundum Bücherregale montieren. Diese Regale sollten untereinander durch massive Spax-Schrauben verbunden sein, über Eck zusätzlich durch dito verschraubte Eckquerbretter zumindest oben. In die Regale bauen Sie Ihren Arbeitsplatz ein.

Im Idealfall können Sie sich eine große Menge alter Sten-Regale besorgen, die es zwar seit Jahren in der Originalausführung beim Ikea-Möbelhaus nicht mehr gibt, aber sie liegen zu abertausenden in deutschen Lagerzimmern, Dachböden usw. Ein örtliches Kleininserat reicht aus. Kommen Sie an die massive alte Version nicht heran, dann wählen Sie ausdrücklich den Sten-Nachfolger, wenn Sie etwas Neues bei Ikea kaufen wollen. Der heißt sich Gorm und ist, wie Kollege Wimbauer feststellt, durchaus tauglich. - Keine gute Wahl ist das oft genannte Billy, aus vielerlei Gründen sollten Sie sich um Sten bemühen. - Es gehört zu den klassischen, tradierten Irrtümern im Antiquariat, daß zur Ausübung des Berufs ein großes Lager notwendig sei. Das stimmt nicht. Bei konsequenter Platzausnützung mit Sten- oder anderen verschraubbaren Regalen bis zur Decke und in Doppelreihe haben bis zu 5.000 Bände in einem größeren Altbau-Wohnungszimmer Platz.

3.
In der ersten Zeit kommt für Sie aus einer ganzen Reihe von Gründen nur der Kauf von undurchsuchten Beständen aus Privathand in Frage. Übernehmen Sie also keine noch so günstigen "Lose" über Ebay, stützen Sie sich auch nicht auf eigene Büchersammlungen oder auf ausgesonderte Bestände von Bibliotheken, kaufen Sie keine Kisten vom Flohmarkt - alles, was schon durchsucht sein könnte, müssen Sie zumindest am Anfang meiden.

Sie bekommen ohnehin nur dann ein gutes Verhältnis zum Wertobjekt Buch, wenn Sie den Ankauf von der Pike an gelernt und erfahren haben. Sie inserieren dazu an geeigneter Stelle in der Tages- und Wochenpresse, um aus Nachlässen, Altersheimumzügen usw. von Privat Bestände zu erwerben. Der Standardtext ist etwa: "Kaufe alte Bücher, zahle bar, hole überall ab. Klaus Geldreich, Tel. 66666928". Verzichten Sie auf abschreckende Vermerke wie "keine Unterhaltungsromane", vermeiden Sie Angebereien wie "zahle beste Preise", lügen Sie sich auch nicht auf "bin Sammler" heraus.

Achten Sie auf einen gut funktionierenden Anrufbeantworter, am besten ist auch hier der elektronische Dienst der Telekom. Fehler, die bei anderen Providern recht häufig sind, Pannen bei eigenen Anrufbeantwortern wirken sich böse aus. Ihre Ansage dort ist etwa "Besten Dank für Ihren Anruf. Ich möchte Sie heute gegen 19 Uhr zurückrufen, um Sie in Ruhe zu beraten. Hinterlassen Sie daher bitte Name und Telefonnummer. Freundlichen Dank".

Die Technik des Inserierens bleibt einem späteren Kapitel vorbehalten. Fürs erste beachten Sie, daß nur ungestaltete Kleinanzeigen in Frage kommen und suchen Sie sich nur Inseratefelder, in denen vergleichbare Gewerbe aufscheinen wie Antiquitätenhändler usw. Ideal sind Kombinationen mehrerer Anzeigenblätter, unverzichtbar ist, trotz höherer Kosten, das Kleininserat in der örtlichen Tageszeitung. - Der Radius Ihrer Besuchstouren sollte 30-40 km nicht unterschreiten. Legen Sie 4-5 Termine zusammen zu einer vernünftigen Rundfahrt.

Der Wagen wird oft zu groß gewählt. Ein Auto der Golf-Klasse reicht in aller Regel aus, auch Car-Sharing oder das Ausleihen des Wagens bei Verwandten ist für diesen Zweck, bei dem das Fahrzeug ja immer nur für einen Tag benötigt wird, recht gut möglich.

Kommen Sie zu jedem Büchertermin, am Anfang auch dann, wenn nur kleine Mengen oder - angeblich - nur Romane angeboten werden. Fast immer ist doch etwas Lohnendes dabei, jedenfalls dann, wenn der Termin ohnehin auf der Rundreisestrecke liegt und Ihre Zeit nicht teuer bezahlt werden muß. Womit wir vor der Tür des Verkäufers angelangt sind und erwartungsvoll klingeln.

Mehr im nächsten Kapitel.