Freitag, 26. Juni 2009

Für alle Antiquare: Die neue dreigliedrige Portal-Datenbank

1.Bild: Schema-Übersicht
2.Bild: Auf dem Dreifuß links sitzt, ganz ohne Hutnadel, unsere Kollegin aus Kiel - rechts bewundern wir Oberkonsistorialrat RF Meyer


1.
Es gibt kaum etwas Peinlicheres als jene Gaukler, die sich - mit allen Tricks ihres Fachs - als Berater, Psychologen, Soziologen, kurz: seelenkundliche Marktwirtschaftler in unser Wirtschaftssystem einklinken wollen. Redakteur Biester nimmt gerade, wie er uns freudestrahlend mitteilt, an einem solchen "Seminar" teil. Wer durch die nach meiner Einschätzung infam manipulativen Fotos des Leiters auf der Seminar-Webseite noch nicht abgeschreckt worden ist, der soll - - zum Augenarzt gehen.

Die Frage stellt sich schon: Bringen betriebs- und marktwirtschaftliche Lehren irgendetwas für unser höchst eigenwilliges, kompliziertes und einmaliges Gebiet, das Antiquariat? Trennt man die einzelnen Bereiche auf, nach Edel-, Laden-, Fach-, Kistenschieber-Antiquariat usw., dann mag es die eine oder andere Erkenntnis geben. Da aber so gut wie immer alle oder doch mehrere dieser Aspekte vermischt sind in jeder Firma und noch höchst individuelle Ankaufs-, Lager- und Absatzstrukturen hinzukommen, kann uns die Expertenwelt der Marktwirtschaft nicht helfen.

Was übrigens auch für den Neubuchhandel gilt. Aber das ist ein anderes Kapitel. Ich habe selten so schwache, schlechte und primitive Abhandlungen gelesen wie die im allgemeinen Börsenblatt immer dann, wenn es um Absatz, Psychologie und Marktgesetze des Buchhandels geht. Auch hier kommen wir ganz offensichtlich nicht mit allgemeinen Regeln der Wirtschaft, sondern nur mit hochspezialisiertem Fachwissen weiter. Wenn wir gerade dabei sind: Warum gelingt es der - brillianten - Buchwissenschaft so selten, brauchbare Anwendungsmodelle für den Neubuchhandel zu liefern?

Aber zurück zum Antiquariat. Ich sagte vor einigen Tagen schon, wie rührend sich unser neugebackener Kollege Weinbrenner, und mit ihm andere Leute aus der allgemeinen Betriebswirtschaft, in ihrer XING- Zwangsanstalt vertan hatten im Sachbereich "Antiquariat". (hatte ich "XING-Raubritterburg" gesagt? Nein - ich dachte nur gerade daran, daß XING das Nutzungsrecht für alle dort geschriebenen Beiträge beansprucht - wer dort schreibt, muß das wissen. Sagen tut es ihm vorher keiner, Weinbrenner zu allerletzt. Ich erfuhr es erst, schadenfroh angegrinst, im Nachhinein). Wir kommen, ich wiederhole es, mit allgemeinen Lehren aus dem Wirtschaftsleben, so gut sie gemeint sein mögen, in unseren speziellen Bereichen nicht weiter.


2.
Ich wäre zu gern dabeigewesen in Berlin, als das schüttere Grüppchen der Sieben Schwaben von der AG im Börsenverein am Tisch saß, Kollege Dumjahn hätte mit mir über Schmalspurbahnen in Ostpreußen gefachsimpelt und Kollege Gruber zorngrollend meine unsäglich unkorrekten Rechnungen moniert. Spaß beiseite, irgendwann mag sich unser aller Redakteur Biester an mein Arbeitspapier erinnert haben, in dem ich die AG zum Hoffnungsträger einer neuen Dachvereinigung aller Antiquare ernannt und verschiedene sehr praktische und unmittelbar durchführbare Szenarien für den Weg dahin aufgestellt hatte.

Nach beiläufiger Erwähnung meines Namens laufen zwei der Genossenschaft eng verbundene Herren knallrot an, Kollege M. vom Rhein bekommt einen Zufall, Gruber rollt die Augen gen Himmel, Dumjahn seufzt vernehmlich auf. Ein Engel geht durchs Zimmer, noch einer... Der arme Biester versinkt im Boden, tütet die Mulzerschen Vorschläge geschwind ganz unten in der Mappe wieder ein - das Unsägliche ist vorbei. Weiter zur Tagesordnung.

Einige Minuten noch lastet der Schatten des Verworfenen aus Freiburg über der Szene, alle fühlen sich wie bei der Familienfeier, wenn ein Unglückswurm an Onkel Theobald erinnert, der als schwarzes Schaf der Familie zwischen Irren- und Zuchthaus hin- und herverschubt wird. Nicht erwähnen! Aber irgendein Trottel findet sich immer, der sich nicht an das Schweigegebot hält.

Ich halte jenen Aufsatz für das mit Abstand Beste, was mir je eingefallen ist. Sie können es bei Bedarf ja nochmal nachlesen.

3.
Nun stellt sich die Frage, was wir Antiquare unmittelbar, sofort, ohne lange Vorplanung unternehmen sollen und können.

Das geht nicht ohne Wiederholung von längst Gesagtem und gut Bekanntem ab.

Man kann meine Portal-Datenbank in 3 Arbeitsteile gliedern:

a) Handreichung/ Grundmodelle für gute Antiquariatswebseiten - diskutieren und dann als Muster ins Netz stellen - -

b) diese Kollegenseiten von den enthaltenen Titeln her vernetzbar machen mit einer allgemeinen Bücherdatenbank im Eigenbesitz aller Antiquare - -

c) gute Sachgebietsportale erstellen, die ihrerseits wieder vernetzt sind sowohl mit den Antiquariatswebseiten als auch mit der allgemeinen Datenbank.

Der Kunde kann dann, das muß durch entsprechende Hinweise und Buttons gefördert werden, beständig hin- und herwechseln zwischen diesen 3 Bestandteilen der Datenbank. Vom Sachgebietsportal "Eisenbahn" her kommt er sowohl zum Fachantiquariat Dumjahn als auch zu den kleineren Fachbeständen anderer Antiquariatsseiten - aber das Sachgebietsportal enthält auch alle Eisenbahntitel aller Antiquariate als Ausschnitt aus der allgemeinen Datenbank.

Dadurch ist die Webseitenbündnis-Methode des Kollegen RF Meyer verbunden mit meiner Theorie, daß in Zukunft der Sachgebietssammler immer wichtiger wird für unseren Absatz der alten Bücher und daß für jedes denkbare Altbuch-Sammelgebiet Fachportale eingerichtet werden sollten. Im Mittelpunkt aber steht nach wie vor die allgemeine Datenbank unter der Kontrolle aller Antiquare.

4.
Ich bin bereit, mich einzubringen in den Sachbereich Standardwebseiten / Webseitengestaltung. Hier liegt sehr vieles ganz fürchterlich im Argen. Ich sag ja nichts, wenn es sich, wie es mitunter der Fall ist, um selbstgebastelte Webseiten kleiner Kollegen handelt. Aber es sind gerade die größeren, teils teuer bezahlten, "ausgesurzten" Webseiten, die ich, sorry, zum Kotzen finde und wo ich mit dem Anstreichen gröbster Fehler in Graphik, Psychologie und Text gar nicht nachkomme.

Da es so ist, bitte glauben Sie mir - es ist noch viel schlimmer -, scheint mir das Entwerfen mehrerer Musterseiten höchst nützlich. Die diskutieren wir dann gemeinsam durch. Die Endfassungen darf jeder Kollege in der hergestellten oder auch in veränderter Form für sich selber verwenden - vorausgesetzt, daß er sich zur Teilnahme am "Webseitenbündnis" und an der allgemeinen Datenbank verpflichtet.

Hier müssen endlich auch die Pflichttexte in Sachen Fernabsatz, Geschäfts- und Lieferbedingungen diskutiert und festgelegt werden. Man watet da bei den Kollegen durch kniehohen Müll, das muß ja nicht sein, muß es nicht?