Freitag, 5. Juni 2009

boersenblatt.net (Antiquariat) - verpaßte Chancen am Main

Der folgende Text wurde, um niemandem auf die Füße zu treten, mehrfach abgeändert. Muß ich betonen, daß es sich um einen Meinungsbeitrag handelt?


Unser geschätzter Redakteur Biester vom Börsenblatt (Netzausgabe Antiquariat) verirrt sich zusehends in einem unseligen Durcheinander aus Konzeptionslosigkeit, Zensur und langweiliger Beliebigkeit. Dazu spielt ihm die an sich recht pfiffige Idee, Twitter in die tägliche Redaktionsarbeit einzugliedern, böse Streiche.

Ich muß weit zurückdenken in die Anfänge des Internets, als ich mein Studienfach zu verbinden gedachte mit einer Netzzeitschrift. Hätte ichs nur getan - das Thema ist seither auf der ersten Seite aller Schmuddelblätter und es wäre sinnvoll gewesen, eine neutrale publizistische Plattform dafür auf die Beine zu stellen. Aber es fehlte mir das Konzept, ich hatte keine durchdachte Grundplanung.

Von daher fühle ich mit Redakteur Biester und meine Zeilen hier sind nicht gehässig gemeint. Besonders unglücklich hat er sich in die Idee verrannt, solche Themen, die jedem Kollegen auf den Nägeln brennen, feuilletonistisch abhandeln zu lassen.

In Klammern: Beratungsresistent ist er auch. Wenn Mulzer sagt - siehe etwa 5 Blogs weiter unten - , daß der Rubrikentitel "Von der Bücherwand" völlig unmöglich, peinlich und doppelsinnig ist, dann sollte er sich das ruhig ins Notizbuch schreiben. Ich kann ja sonst nicht viel, aber schiefe Namensgebungen entlarve ich mit links.


Nun habe ich gegen feuilletonistische Arbeiten nichts. Im Gegenteil, sie sind das Turnierfeld der höheren Schreiberei, und was etwa Kollege RF Meyer-Berlin im Ton etwas zu kanzelhaft-philosophisch herüberbringt, das wird bei ihm ausgeglichen durch die erstaunliche Treffsicherheit und den Tiefgang seiner Überlegungen.

Ich warne Redakteur Biester nicht vor der Form des Feuilletons an sich, sage nur, daß sie in der beruflichen Situation der Jetztzeit den Antiquaren absolut nicht nahezubringen ist. Es klingt wie Spott und Hohn, wenn Biester die Nöte und Anliegen unseres Gewerbes "feuilletonistisch" abhandeln will. Denn das bedeutet immer auch "unverbindlich", "spielerisch", "mit leichter Hand", "friedlich", "tatenlos", zuletzt im hier unentbehrlichen Femdwort kontemplativ zusammenzufassen.

Das könnte ihm so passen! Ich nenne diesen redaktionellen Ansatz, so er denn einer sein soll, feige, verhuscht, unverbindlich und beliebig.

Auf diese Weise verrät man die Antiquare in ihren Grundanliegen.

Der Börsenverein macht es, nach meiner persönlichen Einschätzung, im Grunde nicht anders.

Grundfrage bleibt: Was bitte soll die Verkitschung, Ver-Feuilletonierung und Herabwürdigung des Börsenblatt-Netzteils zu einem Nachrichtenmedium, das einerseits (meist nebensächliche) Neuigkeiten berichtet, dazu aber keine Stellung bezieht - und andrerseits idyllisch-affirmative Feuilletons dort verbreitet, wo publizistisch äußerst kritische Hinterfragung und Planung notwendig wäre.

Das ist, wenn meine persönliche Ansicht zutrifft, Verrat an einer Berufsgruppe, und die einstigen Parteilichkeiten, denken wir an unendlich peinliche Werbetexte der GIAQ oder den Wetscherek- Skandal, waren mir hundertmal lieber als das blasse, feige, farblose - - und feuilletonistische Taktieren jetzt.

Das Netzblatt des Börsenvereins (Antiquariat) könnte ein ideales Forum und meinungsbildendes, täglich mit Hingabe gelesenes und diskutiertes Medium sein; der Börsenverein könnte sich zur perfekten, hilfreichen Dachorganisation auch für die Antiquare mausern - wäre da nicht der fürchterliche Frankfurter Stillstand, die malaise am Main.

Feigheit, Furchtsamkeit und Konzeptionslosigkeit sind keine guten Berater.


Aktueller Nachtrag:
Wie führe ich ein "kulturvolles", unverbindliches Interview, in dem ich auch nicht mit einem Nebensatz auf den Rattenschwanz von echten, wirklich interessierenden Fragen eingehe? Als wollte Redakteur Biester unter meine Vorwürfe gegen ihn eine feierliche Unterschrift setzen, veröffentlicht er, während ich den obigen Text schreibe, dies:

Gemeinschaftskatalog der Antiquare – ein Gespräch mit den Redakteuren
http://www.boersenblatt.net/323725/

Es ist vorwiegend peinlich. Lesen Sie bitte diesen Meilenstein des kritischen Journalismus, nochmals :
Gemeinschaftskatalog der Antiquare – ein Gespräch mit den Redakteuren, mit wachen Sinnen, halten Sie sich die Handvoll aktuellster Fragen vor Augen, die alle zur Zeit bewegen, die Planer, Belieferer und die Redakteure des Grufti-Katalogs - - und dann ziehen Sie sich Biesters Text rein...

Merke: Die Gefragten antworten meist nur auf solche Fragen, die man ihnen stellt. Auf solche, die man ihnen nicht stellt, nur gelegentlich. Auf solche, die man ihnen nicht stellt und die ihnen unangenehm sind - gar nie.





Die Graphik, vermutlich von A. Paul Weber, ist nicht frei, sie gehört den Rechteinhabern. Ich entnahm sie der lesenswerten Seite http://www.bleisetzer.de. - Wird auf einfache Anforderung hin sofort entfernt.