Montag, 6. Juli 2009

Twitter-Telegramm und Videovortrag - zwei ungleiche Geschwister




Twitter ist nicht alles.

Die modernen Kommunikationsformen sollten so genutzt werden, daß alle inhaltlichen und technischen Möglichkeiten und Verbindungsarten zum Einsatz kommen.

Beim "Twittern" wird eine ebenso reizvolle wie gefährliche Beschränkung auf extrem wortarme Sofort-Kommunikation kultiviert. Das kommt dem Trend der Zeit zur Schreibfaulheit entgegen, freilich nur scheinbar - denn die Sprache schlägt zurück, sie rächt ihre Vernachlässigung durch ein tückisches Bumerang-Manöver: Um sich auch nur halbwegs wirkungsvoll in knappster Wortbeschränkung ausdrücken zu können, braucht man ein besonders gutes Sprachempfinden.

Twitter zwingt also zu mehr Nachdenken und Nachfühlen über unsere Sprache, sie (es?) läßt die eher Sprachlosen rat-los zurück. Ich wette, daß viele Zeitgenossen verzweifelt vor dem knappen Twitter-Textfeld sitzen.

Dennoch ist die quantitative Spracharmut des neuen Kommunikationssystems für den Liebhaber der deutschen Sprache bedauerlich. So können Einseitigkeiten entstehen.

Die gleiche Grundtechnik, unser Internet, ermöglicht aber auch das geschwätzige, wortreiche Gegenteil - die ausführliche Kommunikation mit Videos. Inzwischen ist die Länge, in der Videos ins Netz gestellt werden können, praktisch unbegrenzt. Es zeigt sich bei näherem Hinsehen, daß das Medium "Video-Sequenz" für einen kürzeren Vortrag, der sich an fachlich interessierte Laien wendet, besonders geeignet ist.

Die technische Seite löst jeder Unterprimaner mit links. Ein Dreibein, wie wir es vom Fotografieren her kennen, eine Videokamera auch nur der billigeren Ausführung, ein ordentliches Mikrofon - das wars dann.

Der Vortrag wird ohne jegliche Kosten ins Netz gestellt und bleibt dort auf Dauer. Man kann gerade um Videovorträge herum gute, anschauliche, fachbezogene Webseiten bauen, in die die Links zu den Videos eingebaut werden.

Besonders gut eignen sich, wie schon erwähnt, semiprofessionelle Veranstaltungen. Redakteur Biester erinnert heute an die Vorträge der "Freien geselligen Vereinigung DIE MAPPE". Wie hübsch wäre es, wenn man diese Veranstaltungen hinterher auf Video noch Jahre später mitverfolgen könnte!

Ähnliches gilt von Einführungsvorträgen für Antiquariatsmessen, für ausführliche Statements jeder Art, die von Kollegen, vom Börsenverein, von der Antiquariatsschule usw. auf Video mitgeschnitten würden. Anfängliche Hemmungen bei den Vortragenden verlieren sich rasch.

Freilich denken wir nicht an Kurz-Stellungnahmen. Hier muß, schon um die Archivierung, Sammlung und Bereithaltung zu rechtfertigen, ein Zeit-Mindestmaß von 5-10 Minuten angesetzt werden.

Dies wäre ein Beispiel dafür, wie Einseitigkeiten in der Nutzung moderner Medien vermieden werden können. An die Seite der Kürzest- und Sofortmitteilung im Twitter-System tritt die langlebige, ausführliche Videosequenz.



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