Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Mittwoch, 29. April 2009
RFMeyer : Holzwege im Grunewald
Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt. Wie man sieht, hatte ich ferner die Bedeutung des "Webseitenbündnisses" zunächst gar nicht erkannt.
Die Idee unseres verehrter Kollegen RF Meyer ist
*egoistisch und unkollegial,
weil sie ein Grüppchen der Kollegen bevorzugt, heraushebt, ihnen Sonderbedingungen, eine Extrawurst bescheren will. Daran ändert auch nichts, daß Meyer gelobt, sich dem Zuzug weiterer Antiquare nicht zu verschließen.
In diesen Zeiten ist gemeinsames Handeln im Interesse aller Kollegen angesagt. Wenn die Schweinegrippe grassiert, richtet man nicht Hospitäler für einzelne Bevölkerungsgruppen ein, sondern für alle.
Seine Idee ist fernerhin
*dumm,
da sie die Grundregeln des Internet verkennt. Denn die gewählte Struktur des Verbunds von Webseiten wird viel zu langsam publik, sie ist nicht an ein großes Portal gebunden und hat keine zündende Spitzmarke. Die Sache geht, so organisiert wie jetzt, im Internet ganz einfach unter.
Seine Idee ist unprofessionell,
weil die Antiquare seit jeher wissen, daß Preissenkungen dieser Art von den Kunden kaum oder gar nicht angenommen werden. Sie verletzen eine Grundtatsache des antiquarischen Büchersammelns: Der Kunde sucht in aller Regel *bestimmte* Titel, für die er einen guten Preis dann auch zahlt. Biete ich ihm eine Vielzahl anderer Titel - die er eigentlich nicht so unbedingt will - preisermäßigt an, ist sein Interesse höchst gedämpft.
Seine Idee ist kurzsichtig,
weil sich diese Methode des Vorgehens nicht zu einem allgemeinen Absatz-Erweiterungsinstrument für das Antiquariat ausbauen läßt. Sie ist mithin kein Beitrag zu dem dringend notwendigen grundsätzlichen Renovieren der Absatzsituation im deutschen Antiquariat, sie entspringt vielmehr kurzatmigen und kurzsichtigem Insel- und Grüppchendenken und ist insgesamt nicht nur töricht, sondern schädlich.
Das hübsche Foto verdanken wir /www.psychotherapiepraxis.at. Wird auf formlose Anforderung hin entfernt.
Samstag, 25. April 2009
Eine publizistische Lücke im Antiquariatsbereich
Liebe Kollegen,
das "Anti-Börsenblatt" hat seine Schuldigkeit getan und erscheint nicht weiter. Wie ein entfernt ähnlicher Vorgänger aus meiner Feder diente er mir als Versuchsballon. Ich will Ihnen gern sagen, worum es dabei ging - und worum nicht.
Der seltsame Familienkrieg zwischen Redakteur Biester und seinem treuesten Leserbriefschreiber hier im Anti-Börsenblatt ist von mir her fast immer mit einem heimlichen Lächeln geführt worden - nur in der Zensurfrage war es mir bitter ernst. Ich habe nämlich durchaus Erfahrungen aus längst vergangenen Tagen, wie ein Forum zu leiten sei. Ich kann einschätzen, wann der Admin eine bestimmte Grenze der Fairneß zu überschreiten im Begriff ist. Es ist zuzugeben, daß die Situation für Biester mit Redakteur Casimir und dem wachsamen Bösenverein im Nacken ungleich schwieriger ist als vieles, was man sonst im Forenbereich zu leisten hat. Dennoch - diesmal war mangelnde Gerechtigkeit mit im Spiel, und deshalb stehe ich zum "Anti-Börsemblatt" und habe nichts zurückzunehmen.
Weitaus wichtiger aber als diese eher kleine Rechnung zwischen Redakteur Biester und mir war und ist für mich der Versuch, welche Art von Informationen in welcher F o r m die Antiquare eigentlich brauchen. Lassen Sie mich vorausschicken, daß ich ein großer Freund der "special interest"-Berichterstattung im Netz bin. Schwer übersetzbar übrigens, denn das Wort "Nischen-Charakter" hat einen anderen Nebenklang im deutschen Sprachgebrauch.
Der Nutzer eines special-interest-Dienstes ist besonders dankbar und treu, weil man ihm die sehr mühsame Arbeit des Zusammensuchens verstreuter Nachrichten abnimmt. Hier arbeitet Redakteur Biester recht gut, aber offenbar mit einem katastrophal knappen Zeitbudget. Seine Berichte sind so quälend kurz, daß sie eigentlich gar nicht auswertbar erscheinen für den informationshungrigen Praktiker des Berufs.
Hier ist börsenblatt.net offenbar in einer bösen Zwickmühle - denn das ganz ausgezeichnet redigierte Papier-Börsenblatt ist eine publizistische Größe, neben der ausgewachsene Netzberichterstattung für Neubuchandel und Verlagswesen keinen Platz hätte. Anders im Bereich des Antiquariats.
Ich sags salopp: Was im Sektor Neubuchhandel und Verlagsproduktion das Papier-Börsenblatt "ist", das kann das Papier-"Aus dem Antiquariat" in gar keiner Weise für das Antiquariat sein. Nicht nur formal, auch inhaltlich gibt es kaum eine Vergleichsschiene zwischen den beiden Papiermedien. - Aus Gründen eines unklugen, kurzsichtigen Formalismus wollte und will man aber vom Börsenverein her bei den Netz-Diensten das Antiquariat und den Neubuchhandel/das Verlagswesen über einen Leisten schlagen. Und so kommt es, daß börsenblatt.net für den Neubuchhandel gute Dienste leistet in seiner jetzigen Form - für das Antiquariat aber nicht.
Warum mache ich hier die Schulaufgaben für den Börsenverein? Zunächst weiß die Redaktion dort das hier nur Angedeutete viel besser, als ich es je formulieren könnte. Sie kann und darf das aber ihren Lesern so nicht sagen. Ich darfs als freier Mann von außen her diagnostizieren, ohne daß ich den Frankfurter Maulkorb umhätte. Und dann, ich gestehe es, wittert der journalistische Instinkt des alten Krokodils immer dann Morgenluft, wenn er, wie hier, eine publizistische Lücke entdeckt.
Schlagen wir die Brücke zu diesem kleinen Forum: Auch diesmal brachte mein Selbstversuch ein Hauptresultat: So geht es nicht. Der eine oder andere polemische Bericht hier mag sich ja ganz vergnüglich lesen, aber irgendwie wird die Form der Sache nicht gerecht.
Noch weniger freilich tun es Redakteur Biesters oft allzu kurze, bierernste und leider nicht immer neutrale Berichte. Wenn er schlecht drauf ist, schreibt Biester liebedienerisch gegenüber höhergeordneten Instanzen, er katzbuckelt vor den Größen unseres Gewerbes, ist blind gegenüber häßlichen Mißgeburten wie dem Verhehlen und Verschachern der Auktionsergebnisse, er verschläft die Faulheit des wohledlen Verbands, er läßt sich von Prolibri einwickeln und tadelt mit keinem Sterbenswörtlein die AG im Börsenverein. Von seiner empörenden Art der Messeteilnahme in einem semi-diktatorischen Familienclan-Drohnenstaat lasset uns schweigen.
Am Ende bleibt die Gretchenfrage: Gibt es einen Mittelweg zwischen meinen viel zu aggressiven Parforcetouren gegen Gott und die Welt im Bereich des Altbuchhandels - und den Biesterschen Bulletins am Vorabend seiner Weihe zum Trappisten-Ordensoberen?
Das Bild oben zeigt Redakteur Biester und die Antiquare beim Verfassen und Lesen von "börsenblatt.net" - wie der Redakteur sich das beim morgendlichen Weg zum Börsenverein vorstellt.
Donnerstag, 23. April 2009
Die unbotmäßigen Frauen, zeitlos
Anbei ein kleiner Nachtrag für den unbekannten Blogautor von "cavendum a meretricibus" und seinen hübschen gender studies. Diesen kleinen Sammelband hab ich vor drei Wochen über Ebay verkauft, nicht ohne damit zuvor einige unterhaltsame Stunden zugebracht zu haben. Freundlichen Gruß!
Glanz und Elend der Spitzenantiquare
Die schöne heile Welt der Edelantiquare
Da hat man noch Zeit für geistreiche Spielchen in den opulent gedruckten Katalogen, die man sich und den Kunden zur Freude herausbringt, sogar mit besonderen Varianten für den stets verdächtig freundlich dreinblickenden Vorsitzenden; da schwadroniert man von einem angeblich begeistert aufgenommenen, tatsächlich aber längst bestgehaßten Verhehlungs- und Abkassierinstrument namens "Auktionspreise online"; da zeigt sich jene heile Welt der Geldprotzen und Ästheten, von der Redakteur Biester so gern träumt, im hellen Licht.
Nirgendwo als in den Biographien der Antiquare dieses Schlages zeigt sich deutlicher, welche traurige Lebensauffassung bei den oberen 50 unseres Gewerbes vorherrscht - Liebedienerei, Scharwenzeln um potente Käufer, Dienstleistung für die Meistbietenden, Besorgungen und Eroberungen für einflußreiche Raffkes aus Wirtschaft und Gesellschaft. Das ist gefährlich nahe an Servilität und Prostitution.
Diese Kollegen merken das alles nicht oder tun wenigstens so. Die Instrumente der Eigenvernebelung, der Selbsttäuschung sind bekannt: Umfangreiche Handbibliotheken, die sich in aller Regel dadurch auszeichnen, daß in ihnen zwar eifrig nachgeschlagen wird, um T i t e l zu ermitteln, um ihren Geldwert festzustellen - in denen aber kaum oder gar nicht geforscht wird. Nichts ist quälender als der Gegensatz zwischen einer noch so bescheidenen Instituts- oder Gelehrtenbüchersammlung und den Handapparaten der Edelkollegen. Wer dem Gelde dient, wer weitgehend Lese- und Forschungsverbot hat, dessen Umgebung trägt den Stempel des Ungeistigen. Das ist in den Antiquariaten mit Händen zu greifen.
Aus welchem Grund die wenigen, freilich eindrucksvollen weißen Raben des Gewerbes, die sich zu einer wissenschaftlichen oder doch ernsthaft sammelnden Arbeit aufraffen konnten, dann pathetisch "sein Lebenswerk" genannt, als Gallionsfiguren des Antiquariats in meist peinlicher Weise vorangetragen und gepriesen werden. Solang man das tut, kann man die eigene Leere und das Erbärmliche der antiquarischen Tagesarbeit für einen Augenblick vergessen.
Die meisten Antiquare wissen durchaus um das Trostlose ihres Tuns - je klüger sie sind und je einsichtiger, desto mehr leiden sie unter dem Forschungs-, ja oft genug sogar dem Leseverbot, das ihnen auferlegt ist, im Dienste des Gewerbes.
Weit mehr nervend als das engere Arbeitsmilieu des Spitzenantiquariats ist jene halbblinde Entourage der Kunden, der Lobhudler und Seligpreiser, die aus dem raffend-bibliographisch-schachernden Tun der Antiquare ein weihevolles Mysterium zu schaffen sich nicht entblöden. Diese Zeitgenossen sonnen sich auf Messen jeder Art, sie nehmen stimmungsvolle Schwarzweißportraits alter Antiquare auf und heben ihr Lebenswerk hervor. Von der unendlich trostlosen Alltagspraxis des Edelantiquars nehmen sie einfach keine Notiz.
Die oberen 50 unseres Gewerbes leiden viel stärker unter dem Verbot, mit der von ihnen zusammengetragenen Literatur nicht arbeiten zu dürfen, als wir restlichen 950. Denn sie sind, Ausnahmen bestätigen die Regel, wirklich unsere klügsten Köpfe, und je mehr es Herz und Geist zu den alten Büchern zieht - desto mehr schmerzt der Refrain des Schlagers aus dem goldenen Berlin der 20er Jahre: "Keine Zeit, keine Zeit, keine Zeit".
Nun geht es ja Bibliothekaren ähnlich. Aber sie dürfen doch das schöne Bewußtsein haben, für die Allgemeinheit, für alle Menschen, da zu sein. Der Edelantiquar dagegen, das macht sein Tun auch vor ihm selbst so verächtlich und minderwertig, arbeitet nahezu gegenläufig - für Geld, für die Raffer ererbten, ergaunerten oder sonst recht- oder unrechtmäßig ihnen zugefallenen Geldwertes. Das Geld vergiftet die Tagesarbeit der Edelantiquare. Es ist eine fürchterliche, demütigende Aufgabe, sich und seine schönen Bücher prostituieren zu müssen für jene "Auserwählten", die, wie auch immer, zu Geld gekommen sind.
Wer, wie die Edelantiquare, geistige und künstlerische Werte durchaus gut einschätzen und präsentieren kann - sie dann aber für schnöden Mammon verschachern muß an Kunden, die er nach keinem anderen Kriterium als dem ihres Kreditkartenlimits beliefern muß - dem geht es nicht anders als der Edelhure im Bordell.
Nur daß die eher ihren Körper verkauft , der Antiquar aber seinen Geist und ein Stück seiner Seele.
Nur gut, daß Redakteur Biester, daß die Kreise um den Verband so tun können, als wüßten sie das alles nicht.
Nachsatz: Ich schreibe diesen Text nicht aus Gehässigkeit oder weil ich heute früh mit dem linken Fuß aufgestanden bin. Mir ist vielmehr aufgefallen, daß wir so ziemlich alle Faktoren auf der Verkaufstechnik- und der Kundenseite einbeziehen in die Überlegungen zu einer neuen Absatzerschließung - uns selbst aber ausklammern aus allen Reformüberlegungen. Das kann nicht gutgehen. Die inneren, seelischen Probleme unseres Berufsstands , von den Nöten des kleinen Kistenschiebers bis zum Fachantiquar, müssen benannt und in die Gesamtgleichung, die wir hoffentlich erarbeiten können, mit einbezogen werden. Um das zu erreichen, müssen wir uns streckenweise selber Erbsen in die Wanderschuhe tun. Das schmerzt, aber es befördert die Erkenntnis und die guten Werke.
Mittwoch, 22. April 2009
Bringt ein Netzwerbeportal der Antiquare neue Käuferschichten?
1)
Unser verehrtes stomchen schreibt in seinem besuchenswerten Blog
"Immer wieder wird in den diversen Foren, Runden und Blogs der Antiquare die Frage nach ehrenamtlicher oder hauptamtlicher Arbeit von Branchenfunktionären gestellt. Die Funktionäre selbst heben ihre aufopferungsvolle Arbeit hervor, die andere Seite beklagt fehlende oder falsche Öffentlichkeitsarbeit etc. Wie soll nun ein Kollege neben seiner eigentlichen Arbeit als Antiquar auch noch ein erfolgreicher Lobbyist sein? Er wird es zeitlich unmöglich schaffen können, selbst wenn er über ausreichende Kenntnis in den für die Lobbyarbeit wichtigen Bereichen hat. (Von Büchern braucht er dazu nämlich nicht viel zu wissen) Wir brauchen also dringend einen hauptamtlichen Lobbyisten für unsere Branche"
Er kommt dann im weiteren Verlauf aber auf ironische Abwege - das Thema entgleitet ihm unter der Hand. Die Anregung gilt.
2)
In Redakteur Biesters erznüchterner, bierernster, preußisch-ordentlicher und gänzlich humorloser Netzzeitung für Trappistenmönche und rationalistische Antiquare schreibt ein sehr begabter Newcomer, Chinaski, zur gleichen Stunde dies:
"...doch fehlt mir in der Diskussion ein für die Zukunft vielleicht ebenso wichtiger Punkt, der bisher nur am Rand erwähnt wurde: Die Sichtbarkeit, und das Bewusstsein für unser Angebot. Das antiquarische, das schöne, seltene, und rare Buch ist in der Welt da draußen kein Thema, und dadurch schwindet es zunehmend aus dem Bewusstsein der Menschen. Und dadurch nimmt unsere Käuferschicht immer mehr ab. Was dem Objekt unseres Handels fehlt ist ein Platz auf dem es präsentiert, zur Schau getragen und gefeiert wird...."
"Ein weiterer Punkt der mir am Herzen liegt ist der schwere Zugang zum „Sammelgebiet“ Buch. (...) Etwas derartiges fehlt mir beim Buch. Eine Richtschnur, wenn auch eine wage, die mir aufzeigt das die Bücher die ich sammele auch für andere von Wert sind. Sicher gibt es derartiges in der ein oder anderen Form, aber es ist mir nichts bekannt das für den Einsteiger geeignet wäre. Und natürlich ist mir klar das ein derartiger Katalog, oder eine derartige Datenbank für Bücher sehr viel schwerer zu realisieren ist als für den relativ überschaubaren Comic Bereich. Trotzdem denke ich das ein Katalog unserem Handel von nutzen wäre, jedes andere Sammelgebiet besitzt einen...".
http://www.boersenblatt.net/317163/template/b4_tpl_antiquariat/#comments
++++++++++
Bei soviel richtigen Frage kann ich mich kurz fassen mit der richtigen Antwort:
Natürlich müssen wir uns, angesichts der dauernd unverkäuflichen Altbuchwalze von gefühlten 10 Millionen Titeln im deutschen Sprachbereich, zuerst Gedanken machen über die Erfassung neuer Käuferschichten. Alle Probleme lösen sich dann, wenn wir wieder zum Standard vor der Internetzeit zurückkommen, als etwa 20 %, also ein gutes Fünftel, aller regelmäßigen Neubuchkäufer auch alte Bücher gewohnheitsmäßig erwarben. Am Beispiel der für den Bundesdurchschnitt recht typischen Universitätsstadt Freiburg und seinen Antiquariaten kann ich diese Schätzung einigermaßen belegen, bin ich hier doch seit 30 Jahren tätig.
Wir sind also von etwa 20 % auf 5 % zurückgefallen, haben 3/4 unserer früheren Kunden verloren. Diese Aussage gilt natürlich für den heutigen Laden- u n d den Netzverkauf.
Es gibt, von dem schwierig einzuschätzenden Faktor der kontinuierlich abnehmenden Lesefreude an der Fraktur einmal abgesehen, keinen Grund, warum wir nicht wieder den alten Gewöhnungsgrad, die frühere Bekanntheit unter den Neubuchkäufern zurückerobern könnten. Das Internet sollte es uns eigentlich sehr leicht machen - mit dem Rückgang der Ladengeschäfte hat das absolut nichts zu tun.
In einer Zeit, wo selbst tatterige Klosterschwestern und zahnlose Oberlehrergreise mit Lust stundenlang im Internet surfen, kann der Weg dahin nur lauten:
wir brauchen ein gemeinsames, gutes Portal.
Dieses Portal muß in jeder nur denkbaren Hinsicht für das alte Buch werben. Es muß neutral einherkommen und darf weder mit Fremdwerbebotschaften noch mit Verbandspropaganda zugemüllt sein. Es muß Hilfestellung geben, was den Buchwert, die Arten des Büchersammelns, die bibliographischen Hilfsmittel angeht, es muß eine Vielzahl von Aktionen starten, um im Netz Aufmerksamkeit zu erregen. Es darf keineswegs zu seriös sein - das Netz liebt Skandale.
Propaganda für das alte Buch, in jedem nur denkbaren Sinn, das bringts. Wäre Redakteur Biester nicht so knochentrocken, dann würde er diese Aufgabe in seiner Postille zur Diskussion stellen und im Hinterkopf haben, daß natürlich nur eine allgemeine Berufsvereinigung, dem Börsenverein nachgebildet, solches leisten könnte.
Oder muß ein Einzelner daherkommen und uns vormachen, wie das geht? Eins sage ich gleich - die kommerziellen Geschäftemacher sollten hier keine Pfründe wittern. Unsere Kunden, auch die potentiellen, sind äußerst klug, wach und kritisch eingestellt. Bei Äußerlichkeiten fängts an: Einige Grammatikschnitzer à la Prolibri, und man kann das Ganze vergessen.
Wie auch immer, eine interessante Frage. Ich danke Stormchen und Chinaski herzlich für ihre Anregungen.
Das Bild gehört worldofwarcraft.com. Es wird auf formlose Aufforderung hin entfernt.
Dienstag, 21. April 2009
Orangenbaum: Kaufleute an die Front?
Das ist eine Persiflage! Leider sehe ich, daß zwei erboste Leser den Text für bare Münze genommen haben - o Gott. Leute, ein privater Blog ist keine weihevolle Webseite.
Orangenbaum sagt heute in RFMeyers interessantem Blog, ich zitiere:
"(...)Hätten diese Kollegen, hätte wenigstens einer dieser Kollegen jemals in einer größeren marktwirtschaftlichen Struktur gearbeitet, jemals nennenswerte Budgets verwaltet, jemals Marketing- oder Einkaufsverantwortung in nennenswerten Bereichen der “normalen” Wirtschaft getragen, dann gäbe es weder dieses arme Pflänzlein von Datenbank, noch diese ewig gleiche, durch alle Foren, Blogs und sonstigen Sümpfe mäandernde Diskussion über das Datenbänklein.
Denn: wenn ein kaufmännisch ausreichend gebildeter Mensch es in die Führungsreihen geschafft hätte, dann sähe die Datenbankwelt heute anders aus! Entweder prolibri wäre der Marktführer, oder prolibri wäre geschlossen worden.
Eine Datenbank, eine Genossenschaft, bei der sich die in Verantwortung stehenden etwas darauf einbilden ehrenamtlich tätig zu sein, diese Datenbank, diese Genossenschaft hat heute das Schicksal zu tragen, das sie verdient! Es ist eine völlige Torheit eine Datenbank, eine Genossenschaft ehrenamtlich führen lassen zu wollen. Das Ehrenamt ist in diesem Falle das uneffektivste und damit teuerste Instrument, das nur vorstellbar ist. Diese Art von Ehrenamt dient ausschließlich der Eitelkeit der Protagonisten! (...)."
Ende des Zitats.
Dagegen kann man Argumente ins Feld führen.
Ich war immer wieder überrascht, daß solche Kollegen, die sich als "Kaufleute" verstehen und auf ihre kaufmännische Fachausbildung einigen Wert legen , in strategischen Fragen unseres Gewerbes besonders instinktunsicher sind.
Der Beruf des Antiquars setzt ein tiefes Einfühlen voraus in die Seele des Bücherkäufers und Büchersammlers. Wir erinnern uns an Kollegen Plochers gar nicht so unebenen Aufsatz über die "Erotik im Antiquariat", es ist wohl noch mehr dahinter; eine
*Psychoanalyse des Antiquariats,
der Antiquare und der Büchersammler muß geleistet werden.
Davon hat die eher kaumännische Gilde unter uns wenig Ahnung.
Büchersammler sind streckenweise Spinner, Neurotiker, Halbirre, verdrehte, oft schier zerstörte Menschen, sie sind nicht selten Fehlentwickelte, Problematische. Das Sammeln alter Bücher geht einher mit Selbstmord, tiefer Depression, krankhafter Besitzgier. Insgeheim wird das alte Buch gestreichelt wie eine Frauenbrust, man beobachte nur einmal echte Bücherliebhaber beim Betasten eines Buchs. Es wird an ihm gerochen wie an einer schönen Frau, das Buch im Regal zuhause hat Qualitäten des hochhackigen Frauenschuhs, aus dem der Einsame Sekt schlürft, es kann aber auch (bei mir zum Beispiel) Züge annehmen von der zugemüllten alten Frau und ihren aufgetürmten alten Zeitungen und Plastiktüten.
Zwischen alten Büchern wird geliebt (sie isolieren gut und Frauen empfinden Bücherstapel als Unterlage erotisch ), es wird dazwischen gestorben, bis sich die langen weißen Käfer in die Wohnung darunter ringeln. Oder der heilige Bücherschrank wird angebetet, kniend verehrt unser Kunde den Schrein mit Goethes Erstausgaben, erregt schnuppert er an Düsseldorfer Gazellenleder aus Schäfers neuem Einbandkatalog. Einsame sind unsere Kunden, Besessene, Maniker jeder Sorte hinter ihrer Fassade des Unauffälligen, der stillen grauen kulturvollen Maus.
Weil sich das so verhält, kommen wir mit den uns von Ihnen, lieber Orangenbaum, angeratenen Kaufleuten nicht weit. Wir brauchen weit eher Künstler jeder Couleur und immer wieder Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeuten als Ratgeber im Verkauf und zur Absatzstrategie-Planung alter Bücher.
Deshalb tadle ich bei Fehlplanungen im Antiquariat zuallererst immer unsere Instinktlosigkeit. Wir müssen uns in die verquere, verstaubte, kranke Seele unserer Kunden hineindenken, hineinfühlen - und dann nicht anders vorgehen als der Rauschgifthändler, der sein Narkotikum an die vor Begierde zitternde Kundschaft vertickt.
Nur wenn wir sensitiv planen, als Konsilium gestandener Psychologen pfeiferauchend am runden Tisch unserer eigenen Landesklinik sitzen - dann kann es etwas werden mit unserer Verkaufsdatenbank.
Es ist uns wegen der Besonderheit unserer Klientel nicht möglich, unsere Kernaufgaben einfach zu delegieren an ein kaufmännisches Management. Überall dort, wo wirs tun, kommt Widersinniges, Unnützes heraus , ob es sich um jene finsteren Gestalten handelt, die ebenso frech wie gefühllos Versteigerungsergebnisse verhehlen und verscherbeln - eine Mordtat an der Seele des echten Büchersammlers - oder um Messefachleute, die in Linz und anderswo vom Antiquariat wenig, vom Geschäft aber um so mehr Ahnung haben.
Wie das Problem lösen? Ich würde anregen, Antiquare mit reichlich Berufspraxis teilweise freizustellen und sie für ihre Arbeit an Datenbank- und Absatzprojekten stundenweise ordentlich zu entlohnen. Bei Biesters Schulunterricht wirds ja wohl so gehandhabt, ähnlich müßte auch die neue Datenbank geplant und unterhalten werden.
Orangenbaum sagt heute in RFMeyers interessantem Blog, ich zitiere:
"(...)Hätten diese Kollegen, hätte wenigstens einer dieser Kollegen jemals in einer größeren marktwirtschaftlichen Struktur gearbeitet, jemals nennenswerte Budgets verwaltet, jemals Marketing- oder Einkaufsverantwortung in nennenswerten Bereichen der “normalen” Wirtschaft getragen, dann gäbe es weder dieses arme Pflänzlein von Datenbank, noch diese ewig gleiche, durch alle Foren, Blogs und sonstigen Sümpfe mäandernde Diskussion über das Datenbänklein.
Denn: wenn ein kaufmännisch ausreichend gebildeter Mensch es in die Führungsreihen geschafft hätte, dann sähe die Datenbankwelt heute anders aus! Entweder prolibri wäre der Marktführer, oder prolibri wäre geschlossen worden.
Eine Datenbank, eine Genossenschaft, bei der sich die in Verantwortung stehenden etwas darauf einbilden ehrenamtlich tätig zu sein, diese Datenbank, diese Genossenschaft hat heute das Schicksal zu tragen, das sie verdient! Es ist eine völlige Torheit eine Datenbank, eine Genossenschaft ehrenamtlich führen lassen zu wollen. Das Ehrenamt ist in diesem Falle das uneffektivste und damit teuerste Instrument, das nur vorstellbar ist. Diese Art von Ehrenamt dient ausschließlich der Eitelkeit der Protagonisten! (...)."
Ende des Zitats.
Dagegen kann man Argumente ins Feld führen.
Ich war immer wieder überrascht, daß solche Kollegen, die sich als "Kaufleute" verstehen und auf ihre kaufmännische Fachausbildung einigen Wert legen , in strategischen Fragen unseres Gewerbes besonders instinktunsicher sind.
Der Beruf des Antiquars setzt ein tiefes Einfühlen voraus in die Seele des Bücherkäufers und Büchersammlers. Wir erinnern uns an Kollegen Plochers gar nicht so unebenen Aufsatz über die "Erotik im Antiquariat", es ist wohl noch mehr dahinter; eine
*Psychoanalyse des Antiquariats,
der Antiquare und der Büchersammler muß geleistet werden.
Davon hat die eher kaumännische Gilde unter uns wenig Ahnung.
Büchersammler sind streckenweise Spinner, Neurotiker, Halbirre, verdrehte, oft schier zerstörte Menschen, sie sind nicht selten Fehlentwickelte, Problematische. Das Sammeln alter Bücher geht einher mit Selbstmord, tiefer Depression, krankhafter Besitzgier. Insgeheim wird das alte Buch gestreichelt wie eine Frauenbrust, man beobachte nur einmal echte Bücherliebhaber beim Betasten eines Buchs. Es wird an ihm gerochen wie an einer schönen Frau, das Buch im Regal zuhause hat Qualitäten des hochhackigen Frauenschuhs, aus dem der Einsame Sekt schlürft, es kann aber auch (bei mir zum Beispiel) Züge annehmen von der zugemüllten alten Frau und ihren aufgetürmten alten Zeitungen und Plastiktüten.
Zwischen alten Büchern wird geliebt (sie isolieren gut und Frauen empfinden Bücherstapel als Unterlage erotisch ), es wird dazwischen gestorben, bis sich die langen weißen Käfer in die Wohnung darunter ringeln. Oder der heilige Bücherschrank wird angebetet, kniend verehrt unser Kunde den Schrein mit Goethes Erstausgaben, erregt schnuppert er an Düsseldorfer Gazellenleder aus Schäfers neuem Einbandkatalog. Einsame sind unsere Kunden, Besessene, Maniker jeder Sorte hinter ihrer Fassade des Unauffälligen, der stillen grauen kulturvollen Maus.
Weil sich das so verhält, kommen wir mit den uns von Ihnen, lieber Orangenbaum, angeratenen Kaufleuten nicht weit. Wir brauchen weit eher Künstler jeder Couleur und immer wieder Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeuten als Ratgeber im Verkauf und zur Absatzstrategie-Planung alter Bücher.
Deshalb tadle ich bei Fehlplanungen im Antiquariat zuallererst immer unsere Instinktlosigkeit. Wir müssen uns in die verquere, verstaubte, kranke Seele unserer Kunden hineindenken, hineinfühlen - und dann nicht anders vorgehen als der Rauschgifthändler, der sein Narkotikum an die vor Begierde zitternde Kundschaft vertickt.
Nur wenn wir sensitiv planen, als Konsilium gestandener Psychologen pfeiferauchend am runden Tisch unserer eigenen Landesklinik sitzen - dann kann es etwas werden mit unserer Verkaufsdatenbank.
Es ist uns wegen der Besonderheit unserer Klientel nicht möglich, unsere Kernaufgaben einfach zu delegieren an ein kaufmännisches Management. Überall dort, wo wirs tun, kommt Widersinniges, Unnützes heraus , ob es sich um jene finsteren Gestalten handelt, die ebenso frech wie gefühllos Versteigerungsergebnisse verhehlen und verscherbeln - eine Mordtat an der Seele des echten Büchersammlers - oder um Messefachleute, die in Linz und anderswo vom Antiquariat wenig, vom Geschäft aber um so mehr Ahnung haben.
Wie das Problem lösen? Ich würde anregen, Antiquare mit reichlich Berufspraxis teilweise freizustellen und sie für ihre Arbeit an Datenbank- und Absatzprojekten stundenweise ordentlich zu entlohnen. Bei Biesters Schulunterricht wirds ja wohl so gehandhabt, ähnlich müßte auch die neue Datenbank geplant und unterhalten werden.
Wirtschaftswoche/Stölzel: Ein Verriß in 16 Teile(n)
http://www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/gefangen-im-netz-394178/
1.
"Bisher waren Buchauktionen unspektakuläre Vormittags-Veranstaltungen, die hauptsächlich Antiquare anlockten, die ihre Bestände auffüllen wollten."
Völliger Unsinn.
2.
"Bieten Sammler mit, geht der Preis oft in Höhen, bei denen als Zwischenhändler bietende Antiquare nicht mithalten können"
Das ist seit 100 Jahren so. Eine selbstverständliche Quisquilie.
3.
"Allen hochpreisigen Antiquariaten droht aus einer weiteren Ecke Konkurrenz: von den Auktionshäusern."
Schon seit OIims Zeiten. Was bitte ist daran neu?
4.
"Gewinner des Internet-Zeitalters sind vor allem die Spezialisten. Dazu gehört das Ex-Zentralantiquariat der DDR in Leipzig – mit 165.000 Titeln, elf Mitarbeitern, einer Million Euro Jahresumsatz"
Die Grundaussage stimmt so nicht. Das Zentralantiquariat ist weniger ein "Spezialist", als vielmehr einfach nur groß. - In der Folge wird dann wieder die "Spezialisten"-These verquickt mit der Ladenfrage (Laden vs. Internet). Beides hat aber nix miteinaner zu tun.
5.
"Die Marktplatz-Plattform Amazon etwa kassiert meist drei Euro für den Versand. Einen Euro behält der Portalbetreiber, zwei bekommt der Händler. Abzüglich der tatsächlichen Kosten für Verpackung und Porto bleiben so 35 bis 40 Cent je Buch. Leben kann davon nur, wer viele Hundert Bücher am Tag verkauft."
Es gibt nur ganz wenige berufsmäßige Antiquare, die von/mit diesem Modell leben. Die Branche selber berührt das fast gar nicht.
6.
"Den Portalbetreibern sind die Massenverkäufer, die ihnen reichlich Einstellgebühren bringen, willkommen."
Das Gegenteil stimmt. Der Kampf der Antiquariats-Portale gegen Billig-Masseneinsteller ist schon alt und sehr beständig (siehe schon Wölki versus ZVAB).
7.
"Denn Hochpreishändler verkaufen Bücher nicht selten an den Portalen vorbei, um die Umsatzprovision – bei teuren Büchern bis zu 30 Euro – zu sparen. Da das Antiquariat im Web-Angebot meist genannt wird, können Bücherfreund und Antiquar das Geschäft direkt abwickeln."
Das sind Einzelfälle. Die Portale haben natürlich Test- und Kontrollkäufer. Jeder Antiquar riskiert Probleme mit der Datenbank, von der der auf Gedeih und Verderb abhängt. Überdies sind die Gebühren nach obenhin gedeckelt.
8.
„Sind sich die Händler bei bestimmten Werken einig, nicht unter Wert zu verkaufen, funktioniert das Geschäft“, sagt Wolfgang Höfs.
Hätte er besser nicht sagen sollen. Wir sind nicht im Hotel Drouot in Paris. Absprachen dieser Art sind in Deutschland selten, aus mehreren Gründen.
9.
"In den USA erzielen Antiquare so Traumpreise. Eine Erstausgabe von Herman Melvilles Roman „Moby Dick“ beispielsweise gibt es nicht unter 28.000 Dollar"
Vergleiche des deutschen mit dem US-Altbuchmarkt gehen fast immer völlig in die Irre. So auch hier.
10.
"Doch nicht alle können es sich leisten, im teuren Segment aktiv zu sein. Manche Bücher liegen Jahre, ehe sie verkauft werden. Das bindet Kapital. Für viele Anbieter bleibt daher nur das zweite Extrem: Sie mieten Lager, um den Markt mit Massen an Billigbüchern zu fluten."
Das eine Argument hat mit dem anderen absolut nichts zu tun. Das ist ganz skurril um die Ecke gedacht.
11.
"Denn seltene Bücher sind anders als Nachkriegsliteratur im Internet-Zeitalter teurer geworden."
Vollkommener, lustiger Unsinn. Absolut falsch!
12.
"Ein Teil der Händler, darunter das Düsseldorfer Heinrich Heine Antiquariat, zieht sich aus dem Internet zurück und druckt wie früher wieder Antiquariatskataloge und Listen für Sammler"
Das ist nicht "ein Teil der Antiquare", sondern sind extreme, einsame Ausnahmen, insoweit damit der "Rückzug aus dem Netz" verbunden ist. Den Kollegen möchtre ich mal sehen!
13.
"Andere Händler nehmen nur noch um die 1000 sehr hochkarätige Bücher ins Programm, um sie im Laden, per Katalog, auf Antiquariatsmessen oder online anzubieten"
Das war schon immer so. Was soll das als "aktuelles" Argument?
14.
„Zum Teil erzielen wie nicht mal unsere Einkaufspreise“, berichtet der Berliner Antiquar Manfred Gast."
So gesagt und als Argument verwendet ist das Schwachfug. Schon mal was von der Mischkalkulation, gerade beim Einkauf, gehört?
15.
"Die meisten Mitspieler der Branche, die nach Schätzungen 300 Millionen Euro im Jahr umsetzt"
Nimmt man die Versteigerunghäuser, den Kunsthandel und die Ebay-Laien einmal weg, ist das eine groteske Mondzahl. Die Wirtschaftswoche sollte besser rechnen können.
16.
"Mitunter senkt eine Software automatisch den Preis, sobald die Konkurrenz ein billigeres Angebot einstellt. Preisstürze sind die Folge."
Das gilt absolut nicht generell, im Gegenteil. Interessant wird es erst dann, wenn Sie uns sagen, wo und warum - und wo und warum nicht.
Der gesamte Artikel ist seltsam konfus, nur punktuell recherchiert und leidet darunter, daß praktisch keine Fachquellen verwendet worden sind. Wenigstens Redakteur Biesters Börsenblatt-Netzdienst hätte man gelesen haben können.
Das aussagekräftige Foto von Kerkeling als "Journalist Schlämmer" stammt von der stets lesenswerten Netzseite des Spiegel / dpa. Es wird auf einfachen Aufforderung hin hier sofort entfernt.
Warum wir Prolibri so lieben - Kritik eines Portals
Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt
Die Empfangsseite präsentiert sich ungeschickt. Datenbanken werden oft und wiederholt genutzt, nach dem dritten Mal ärgert sich der Nutzer über "Herzlich willkommen" und den nachfolgenden Sermon. Man möchte als Nutzer einfach beginnen. Wirte, die den Gast auch nach dem x-ten Besuch mit langen Reden empfangen, nerven nur noch. Wenn aber schon die Anrede sein muß, dann wenigstens nicht "Herzlich willkommen bei prolibri.de, dem Verkaufsportal für antiquarische Bücher, Graphik und andere Artikel aus dem Umfeld des Antiquariats.".
"Andere Artikel..." und "Umfeld des Antiquariats" sind ungeschickte Formulierungen. Was mag man im Antiquariat noch an "Artikeln" suchen? WC-Papier, das Antiquariatsbüsi, Mottenpulver, Pfändungssiegel, alte Socken?
"Wollen Sie mehr über prolibri.de erfahren, klicken Sie bitte → hier", auch das wollen wir höchstens einmal erfahren und nicht bei jedem neuen Aufruf. Folgt man dem Pfeil, eröffnet sich ein grotesk zusammengestoppelter Text voller schiefer Bilder in einem Deutsch, das sich auf Hilfsschülerniveau bewegt . Jeder Deutschlehrer greift da nervös zuckend zum roten Kuli. Leute, was denkt Ihr euch eigentlich?
Zurück zur Portalseite.
"Suchen Sie beliebige Begriffe im gesamten Angebotstext". Nein, nicht so! Der Nutzer muß, wenn das schon nötig erscheint, ganz kurz aufgeklärt werden über Stich- und Schlagworte, die er suchen kann. "Beliebige Begriffe" ist Unfug. Warum nicht Verfasser- oder Worte aus dem Haupttitel vorschlagen? "Gesamtes Angebot" liest sich schwurbelig, siehe oben. Zuallererst handelt es sich um Bücher und Graphiken. - Im übrigen reicht das Wort "Volltextsuche" aus. Es ist deutsch und klar und deutlich.
"Verfeinern Sie die Suche durch genauere Angaben", hier ist das Wort "Angaben" nicht glücklich. - Der Link zu den "Tip(p)s" führt in ein unsägliches Dickicht von Argumentationen, verqueren Formulierungen und abstrusen Satzkonstruktionen.
Unter der Spitzmarke "Navigation Sitemap" beginnt das G r a u e n.
Zurück zur Eingangsseite.
Unter "Sortierung" voreingestellt den Fachbegriff "Relevanz" zu bringen, ist nicht gut - er gehört zu den weniger bekannten Fachtermini. Das schreckt nur ab.
"Suche starten" ist insoweit nicht glücklich formuliert, als der Nutzer ja mit der Eingabe bzw. Auswahl seiner Parameter schon, von sich her gesehen, die Suche "gestartet" hat. Sie wird jetzt ja nur "ausgeführt" oder "verwirklicht", notfalls reicht auch ein "Los!" oder sonstwas.
"Nach oben" ist blödsinnig, weil die Eingangsseite so kurz geraten ist, offenbar in einer Überanpassung an auch mittelalterliche Ur-Browser, daß der Kunde hier immer "oben" ist. Noch blödsinniger der interne Link zur "Startseite" - wir befinden uns auf der Startseite!
Der Ausdruck "Kontakt" ist nicht gut, denn der Kunde ist ja auf der Startseite schon in sehr engem "Kontakt" mit der Datenbank. Gemeint sind natürlich Emails. Die Funktion des Briefeschreibens/ der Anfragen ist zu wichtig, als daß man sie mit diesem mißverständlichen, flapsigen Modewort abtun sollte. "Datenschutz" gehört als Parallelgruppe neben die "AGB", wenn diese weitgehend unnötigen AGBs schon einmal heruntergebetet werden sollen. Der normale Benutzer will den juristischen Unfug möglichst kurz und knapp lesen (müssen), die Welt besteht nicht nur aus Anwälten. Normalerweise reichen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesttexte völlig aus, weitergehende AGBs für Antiquare sind Kokelores. Aber stellen wir das dahin. "Alle Rechte vorbehalten" ist juristisch Schwachfug.
Die "Links" sind zum Teil ganz pfiffig ausgewählt. Um aber irgendwelchen Nutzen daraus zu ziehen, müssten sie in eine sachliche Dienstleistungsseite eingebaut werden. Soviel Zeit muß sein. Sie wie Kraut und Rüben untereinanderzuknallen bringt gar nix.
Die Farben sind ganz scheußlich ausgewählt, die Startseite wirkt depressiv. Das Gelb der Kopfleiste geht ja noch an, die Grautöne des Hauptfelds sind unmöglich, so etwa war die graue Wandfarbe im Tränenpalast, Bahnhof Friedrichstraße. Sapienti sat. "Neueingänge, Sachgebiete" verschwindet optisch in hellgrauem Band, wäre aber hervorzuheben gewesen, dagegen dominieren die unnützen Kategorien "Bücher", "Graphiken" das Bild in einem Rotbraun, das hilflos zwischen Schokolade und hier nicht näher zu benennenden Ausscheidungsprodukten oszilliert.
Optischer Gesamteindruck des Eingangsportals der Datenbank: D e p r e s s i v.
Natürlich läuft die Seite ziemlich breit, aber das ist noch lang kein Grund, sie vollzumüllen mit Werbetexten, Werbebildchen und hilflos-großsprecherischem Eigenlob. Das "umfangreiche Hilfesystem" ist, wen wunderts, ein grotesker Irrgarten. Wer immer sich dieses Kabinett des Grauens ausgedacht hat, gehört dort täglich eine Stunde eingesperrt, bis er schreiend im Kreis läuft. Die fürchterlich kleine Schrift (eine Frechheit gerade auf Hilfeseiten) kombiniert mit viel zu weitem Zeilenabstand und einer dummfrechen, graphisch nicht gestützten Seiten"aufteilung" vervollständigen das hilflose Bild.
Die Buchdeckelabbildungen sind recht putzig, kommen aber, nur Prolibri kennt den Grund, allesamt in blassem Grau daher. Das wirkt so erbärmlich billig. Armselig.
Beim Aufruf des einzelnen Bücherdatensatzes entwickelt sich das volle Grauen. Hier ist nichts richtig, nahezu alles falsch gemacht. Die Braunfärbung der Verfassernamen, an sich nicht ungeschickt, wird beeinträchtigt durch weitere Braunfärbungen: Listennamen, Namen der Antiquariate, AGB (!) kommen gleichfalls braun einher. Warum nicht wenigstens in einem freundlichen Grün - die ideale Komplementärfarbe zum braun? So wird der Leser nur verwirrt. - Auch nicht uneben wäre an sich die kleinere Schrittype für Anmerkungen. Aber das alte Erbübel - die Antiquare können Kommentare und Haupttext der Titelaufnahme einfach nicht trennen. haben sie noch nie gekonnt, und deshalb geht es nicht an, "Anmerkungen" in kleinerem Schriftgrad zu bringen. Das Querlesen der Titelaufnahmen wird zur optischen Qual.
Zur haptischen Qual wird es durch viel zu viel Durchschuß in und zwischen den (Zeilen der) Datensätze(n) - der Nutzer scrollt sich mühsam nach unten oder quält sich mit hurtig springender Zeilentaste von (abgeschnittenem) Datensatz zum (abgeschnittenen) nächsten. Solang wir keine Funktion besitzen, wenigstens nur "ganze Datensätze" beim Durchscrollen der Seite zu sehen, müssen wir dem Nutzer soviel Datensätze je Bildschirmseite bieten wie irgend möglich. Das wird hier sträflich vernachlässigt. Vielleicht ist mein Zeigefinger besonders sensibel - aber schon solche Scrolltortur würde mich dieser Datenbank entfremden.
Bei Durchsicht einiger AGBs erfaßte mich das schiere Grauen (aber meine eigenen sind auch nicht besser). " Frage zu diesem Angebot stellen" ist kreuzunglücklich formuliert.
Das Einführen mehrerer Absätze innerhalb der Datensätze in dieser Form ist ungemein leseunfreundlich, überdies ganz unnötig. Der weiße Hintergrund ermüdet die Augen. - Kurios die Funktion der Pünktchen-Unterstreichung - mal führt sie weiter, als Link, etwa beim unterstrichenen Verfassernamen; bei unterstrichenen Haupttitelwörtern nicht. Beispiel:
GOETHE, J.W. v: Willkomm und Abschied. Gedichte des jungen Goethe.
Bei GOETHE führt der Link zu allen Goethes, bei Gedichte und dem zweiten Goethe - - nirgendwohin. Das ist irgendwie absurder Kokelores, es verwirrt.
Gesamtwertung (im Vergleich mit unseren anderen Portalen):
Eingangsseite: ganz ungenügend, psychologisch verheerend, Note 4
Der gesamte "Beratungs", Erklärungs- und Benutzerhilfetext: Unter aller Kritik, nur noch peinlich, Note 5
Gestaltung der Titelaufnahmeseiten (Datensätze): Wegen starken Lesemängeln, unerträglicher Scrollanforderungen und der kurios-blödsinnigen Unterstreichungspraxis erhebliche Abwertung, Note 4
Mechanische Funktionalität mitsamt der Bilddarstellung: Gut bis sehr gut, Note 2.
Es ergibt sich eine Gesamtnote "4+".
Fazit: Prolibri ist mit großem Abstand die schlechteste Portalseite im deutschen Altbuchangebot.
Dank für das Foto an Lothar Sauer. Bild wird nach formloser Aufforderung sofort entfernt.
Montag, 20. April 2009
Zwischenruf: Hat dieser Blog eine Tendenz?
Bei jeder kritischen Äußerung erreichen mich hastige Mails, die mir drohen, mich auffordern, bestimmte Textstellen zu streichen, Verlinkungen zu unterlassen, in anderen Blogs nicht zu schreiben, meine sozialistischen Tendenzen ins Klo zu spülen, dem armen Redakteur Biester endlich seinen Frieden zu gönnen. Ich soll der Wirtschaftswoche nicht nahetreten und Weinbrenner nicht beleidigen, die Quack nicht Qack nennen und Prolibri nicht graphisch und werbepsychologisch mißlungen; statt im Schnutz herumzuwühlen und krude Gedanken hierherzusudeln, soll ich lieber brav schaffe, schaffe, Titel eingeben.
Solche Mahnungen nutzen nix. Ich habe am Tag nur eine gute halbe Stunde Zeit für diesen Blog, die Texte schreibe ich ohne Konzept und fast ohne Korrektur frei herunter. Morgens, wenn ich unter der kalten Dusche stehe, denke ich mir aus, was ich an diesem Tag abhandeln will. Mit anderen Worten: Dies ist ein mit lockerer Hand geführter Gelegenheits-Blog - aber keine finstere Schlangenhöhle, kein ausgetüftelter Irrgarten mit Fallgruben und Windharfen, keine Staatsaktion findet statt. Vielmehr tue ich nichts anderes, als jeder Antiquar unternehmen könnte, wenn er es nur wollte - ich schreibe ein flapsiges Ideen-Tagebuch.
Hege ich Lieblingskinder, berge ich Tendenzen im Busen? Schön, es gibt Mitspieler, die sich auf äußerst kritische Beobachtung gefaßt machen dürfen. Dazu gehört ganz vorn Weinbrenner mit seinem verhuscht-unaufrichtigen Xing-Zwangssystem, in dem Antiquaren quasi verschwiegen wird, daß sie die kostenlose Verwertung aller ihrer Texte durch Xing zu erlauben haben - ein Skandal, den ich bei passender Gelegenheit ebenso publik machen werde, wie ich das seltsame Gebaren des sich der Branche anschmusenden Werbefachmanns Weinbrenner den naiven Antiquaren gegenüber mit Argusaugen zu beobachten vorhabe. Ich werde den teils lustigen, teils traurigen Ehekrieg mit Redakteur Biester weiterführen, immer in der Hoffnung, daß ihm das im Verhältnis zum Arbeitgeber, dem Börsenverein, so unlieb gar nicht sein kann.
Die Schuldigen für den Verrat an meiner Genossenschaftsidee werde ich weiterhin benennen, schlechte Kollegenseiten werde ich tadeln, dem ZVAB und seinem Hirten Rheinbaben auf die Füße treten, wo immer es von der Sache her gerechtfertigt erscheint.
Damit sind solche Haltungen, die man Tendenzen nennen könnte, auch schon am Ende. Ich wünsche mir aufmerksame, erfreute, amüsierte Leser, noch lieber sind mir die Verärgerten und Beleidigten.
Es ist so nett, sich zu streiten.
Solche Mahnungen nutzen nix. Ich habe am Tag nur eine gute halbe Stunde Zeit für diesen Blog, die Texte schreibe ich ohne Konzept und fast ohne Korrektur frei herunter. Morgens, wenn ich unter der kalten Dusche stehe, denke ich mir aus, was ich an diesem Tag abhandeln will. Mit anderen Worten: Dies ist ein mit lockerer Hand geführter Gelegenheits-Blog - aber keine finstere Schlangenhöhle, kein ausgetüftelter Irrgarten mit Fallgruben und Windharfen, keine Staatsaktion findet statt. Vielmehr tue ich nichts anderes, als jeder Antiquar unternehmen könnte, wenn er es nur wollte - ich schreibe ein flapsiges Ideen-Tagebuch.
Hege ich Lieblingskinder, berge ich Tendenzen im Busen? Schön, es gibt Mitspieler, die sich auf äußerst kritische Beobachtung gefaßt machen dürfen. Dazu gehört ganz vorn Weinbrenner mit seinem verhuscht-unaufrichtigen Xing-Zwangssystem, in dem Antiquaren quasi verschwiegen wird, daß sie die kostenlose Verwertung aller ihrer Texte durch Xing zu erlauben haben - ein Skandal, den ich bei passender Gelegenheit ebenso publik machen werde, wie ich das seltsame Gebaren des sich der Branche anschmusenden Werbefachmanns Weinbrenner den naiven Antiquaren gegenüber mit Argusaugen zu beobachten vorhabe. Ich werde den teils lustigen, teils traurigen Ehekrieg mit Redakteur Biester weiterführen, immer in der Hoffnung, daß ihm das im Verhältnis zum Arbeitgeber, dem Börsenverein, so unlieb gar nicht sein kann.
Die Schuldigen für den Verrat an meiner Genossenschaftsidee werde ich weiterhin benennen, schlechte Kollegenseiten werde ich tadeln, dem ZVAB und seinem Hirten Rheinbaben auf die Füße treten, wo immer es von der Sache her gerechtfertigt erscheint.
Damit sind solche Haltungen, die man Tendenzen nennen könnte, auch schon am Ende. Ich wünsche mir aufmerksame, erfreute, amüsierte Leser, noch lieber sind mir die Verärgerten und Beleidigten.
Es ist so nett, sich zu streiten.
Das Antiquariat in Uni und Schule: Werbung junger Kunden
http://www.boersenblatt.net/317163/#comments
Lieber Herr Steinbeiser,
Sie sprechen ein wichtiges Thema sehr zutreffend an: Wie können wir eine Verkaufsförderung, genauer: die Gewinnung neuer Kundenkreise,im Bereich der Jugend und der jungen Erwachsenen erreichen?
Eine Einschränkung sollten wir da, um realistisch zu bleiben, schon machen. Es kann sich nur um Höhere Schüler und um Studenten handeln. Alle anderen Gesellschaftsschichten sind zwischen 15 und 40 Jahren völlig unansprechbar für alte Bücher, mit einer Ausnahme vielleicht, die in Hobby-Sachgruppen Engagierten. Wer sich als junger Mensch für "Feuerwehr", "Automobil" oder "Heimat-Sammeln" interessiert, den könnten wir mobilisieren auch außerhalb der höheren Bildungswege.
Die große Linie aber muß sich beschränken auf die Oberstufe unserer höheren Schulen und auf die Universitäten.
Im Universitätsbereich gab es früher eine interessante, breitgefächerte und vielfältige Zugangsschiene, nämlich jene Antiquare und Gebrauchtbuch-Kleinhändler mit, wohlgemerkt, universell durchgemischtem, echtem Antiquariatsangebot, die sich an allen Mensen, in bestimmten Innenhöfen der Universität, in Nischen von Eingangshallen ansiedeln durften, in beständigem Abwehrkampf gegen mißgünstige Hausmeister und ängstliche Uni-Verwaltungen zwar, aber doch sehr beständig.
Das hat sich leider fast allerorten gewandelt. Wo Antiquariate noch im Unibereich arbeiten, bieten sie fast nur gebrauchte Standardlehrbücher, Modernes Antiquariat oder sonst neueste Gebrauchtbücher an. Sie sind dadurch optisch eher der Billigableger von Neubuchhandlungen; wenig vom Flair der Antiquariate kommt da über den Klapptisch.
Gar nichts wurde und wird getan im Höheren Schulbereich. Gerade dort aber wird das Leseverhalten entscheidend gesteuert.
Ihre Anregung, werter Herr Steinbeiser, ist sehr wichtig. Wir Antiquare könnten uns das Leben sehr erleichtern, wenn wir den Gremien unseres kommenden Börsenvereins der Antiquare - oder wie sonst die allgemeine Berufsorganisation heissen wird - eine
Arbeitsgruppe Gymnasien und Universitäten
zugesellen würden. Von gemeinsamen Werbemaßnahmen bis zu Musterverträgen mit Liegenschaftsverwaltungen der Universitäten wäre da viel zu machen.
Bitte weiter solche interessanten Anregungen!
Anmerkung:
Das Thema der Zusammenarbeit von Antiquariaten mit Universitäten gehört nicht hierher, es ist das ein sehr weites, wichtiges (und seit einigen Jahren betrüblich eingeschränktes) Feld; auch sind nicht jene Antiquariate, die sich in der Nähe von oder gar in Universitätsgebäuden fest eingemietet haben, gemeint. Vielmehr sprechen wir vom Imagetransfer, der sich ergibt, wenn Antiquariate ambulant, als Teil des Erlebnisfeldes Universität, als täglicher Beitrag zur Auflockerung des Studienalltags aktiv in den akademischen Bereich kommen, gewissermaßen ein "Happening" im besten Sinn veranstalten.
Das Foto mit Dank an Universität Bielefeld. Wird auf formlose Aufforderung hin entfernt. Es gibt die Atmosphäre eines aufgeschlossenen akademischem Lehrkörpers von heute gut wieder.
Kampf den Nostalgikern - es führt kein Weg zurück
http://www.boersenblatt.net/317163/#comments
Otto W. Pl. und Roman He. verbreiten im Börsenblatt-Webdienst wieder einmal Nostalgie. Sie verteilen bunte Andachtsbildchen und singen poetische Abendliedlein. Ringsum aber geht die Entwicklung weiter. Ehrwürdige Nostalgiker vom Schlage der Kollegen He. und Pl. behindern und lähmen unsere berufliche Fortentwicklung, sie torpedieren dringend notwendige Reformen.
In Klammern muß es Otto W. Pl. einmal gesagt werden, daß seine ganz überwiegend völlig unnötigen Fremdwörter, seine exquisiten Fachbegriffe aus Philosophie und Kulturwissenschaften viele Antiquare verärgern. Ich halte Herrn Pl. für einen wohlmeinenden Mann, aber merkt er denn nicht, wie seine Fremdwörtelei wirkt auf jene 950 von gefühlten 1000 Antiquaren, die sein Universitätsvokabular nicht beherrschen?
Das sind nicht nur Äußerlichkeiten. Die ewige Abgrenzerei und Grüppchenbildung in unserem Gewerbe muß ein Ende haben, sonst kommen wir überhaupt nicht weiter.
Inhaltlich sind beide, He. wie Pl., auf dem Ladentrip. He. sitzt saturiert in seinem Kölner Edelantiquariat und finanziert mithilfe einer jahrzehntelang zusammengetragenen guten Kundschaft die Ladenmiete, die ihm gewöhnliche Bücher ganz gewiß nicht einbringen könnten. Und Pl. träumt von seinem alten Laden, in den er ätherische Kunden hineinzaubert, die in der Wirklichkeit auch beim besten Willen Zeit und Weg nicht fänden, um zu ihm zu kommen.
Der Ladengedanke ist eine der zahlreichen Holzwege, auf die uns auch Redakteur Biester in regelmäßigen Abständen (ver)führen will. Sagt an, ist er nicht putzig und idyllisch, dieser oder jener "betretbare" Laden mit "haptisch" zu ergreifenden Büchern darin? Ohne auf Einzelheiten einzugehen - mein Kampf gegen das fürchterliche Mißverständnis, ein Antiquariat müsse so sauber und geordnet sein wie eine Neubuchhandlung, ist ja bekannt - , bitte ich einfach nur die große Linie einzuhalten und nüchtern zu rechnen.
Wir erinnern uns an jene Kollegin, die uns freudestrahlend aus einem friesischen Luftkurörtchen berichtete, daß ihre Mixtur aus Postkartenecke, Neubuchlädchen und Antiquariat die Miete sehr wohl trage und auch noch Gewinn abwerfe. Ansonsten haben wir Gegenrechnungen fast nur von Edelantiquariaten in sehr großen Städten.
Ich meine aber nicht (nur) die saubere Ertragsrechnung im Einzelfall, sondern das Rechnen mit der großen Linie. Wir werden, davon bin ich überzeugt, zu jener großen einheitlichen Datenbank kommen, die den deutschen, von der Welt abgeschotteten Altbuchmarkt beherrschen wird. Entweder ist das unsere eigene - oder die des von Amazon aufgekauften ZVAB, via Abebooks oder unter diversen Etikettierungen auf direktem Weg. Der Name ZVAB dürfte fürs erste dann sogar bleiben.
Wenn diese große Datenbank da ist, wird sie noch mehr als heute dazu führen, daß buchstäblich jeder Altbuchkäufer "erst einmal" im ZVAB nachsieht, nach welchem Buch er auch immer suchen mag. Und wenn die Datenbank einige Leseerleichterungen (siehe mein gestern geschildertes System der annotierten Gesamtdatenbank) und ein verbessertes Abbildungsmaterial enthält, vor allem auch eine bessere Sachgliederung zum Stöbern, ein schnelleres Liefersystem, kritische Kollegenbewertungen usw. - dann schmilzt das Häuflein der Ladenkäufer noch schneller dahin...
Es ist ein ganz unverantwortliches Bramabardisieren, mir kommt die Bibelstelle vom Mühlrad in den Sinn, wenn angesichts dieser Perspektive heute noch vom netten Einrichten netter Läden geschwärmt wird. So reitet man Kollegen nostalgisch in ihr Unglück!
Freilich könnte ein Berufsverband in Zusammenarbeit mit dem Neubuchhandel eine ganz neue Form des Ladenantiquariats auf die Beine stellen. Bis das aber gelingt, ist der durchschnittliche Ladenantiquar pleite.
Das Foto des Altkleiderhändlers verdanken wir der besuchenswerten Seite www.israelportraits.com. Bild wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
Sonntag, 19. April 2009
Der Börsenverein der Antiquare und seine Wiki-Bücherdatenbank
1.
Jede Aktion im Bereich des Antiquariats mit seinen komplizierten Strukturen, den vielfältigen möglichen Aufgaben und der sehr unterschiedlichen Größe der Betriebsformen bedarf einer zuvor aufgestellten Organisation.
Auf die schon bestehenden Vereine, Genossenschaften und AGs kann nicht gut zurückgegriffen werden, weil sie teils abstimmungs- und beratungstechnisch unglücklich organisiert sind, teils sich hinderliche juristische Fesseln angelegt haben, vor allem aber weil sie unterschiedliche Schwerpunkte unseres Gesamt-Berufsfelds bedienen.
Da die Übergänge vom Laden- zum Internetantiquariat, vom Fach- zum Allgemeinbetrieb, vom Seltenheits- und Messeantiquar zum Allesverwerter fließend sind und auch weiterhin fließend sein werden, geht es nicht an, auf Internet oder Laden/ Messe konzentrierte Einzelgruppierungen als allgemeine Vertreter des Berufsstands zu küren. Gewaltsame Trennungen nach dem Motto "die Ladenantiquare", "die Internetantiquare", "das Edelantiquariat" sind unpraktisch und machen eine gemeinsame Absatzförderung zugunsten des alten Buchs fast unmöglich.
2.
Was immer die zu schaffende Organisation, die die Antiquare brauchen, an Aufgaben zu erledigen haben wird - es ist anzuraten, von der bewährten und in ihrer Art eindrucksvollen Struktur des Börsenvereins des Buchhandels soviel zu übernehmen, sagen wir getrost "abzukupfern", wie es irgend geht. Ich sehe auch gar kein Hindernis, einen ähnlichen Namen zu wählen.
Da die Sorgen des ganz rigoros gegenüber der restlichen Welt abgeschotteten deutschen Lesebereichs die gleichen sind wie in Österreich und in der Schweiz, meine ich, es sei gut, von Anfang an nicht als "deutsche Antiquare", sondern als "Antiquare im deutschen Sprachraum" zu firmieren.
Anders als der Börsenverein der Buchhändler, dessen Mitglieder von Anfang an gestandene Firmen mit einer gewissen Mindestgröße waren, hat eine Arbeitsgemeinschaft der Antiquare auch kleine Kistenschieber, nebenberufliche Liebhaber-Fachantiquare und zaghaft, aber ernsthaft beginnende Internet-Einlieferer zu betreuen. Deshalb muß zunächst in einer Art korporativem Denken jeder Antiquar, auch ohne Beitragsforderungen, aufgenommen werden, sozusagen "enthalten sein". Die Beitragsfrage kann dann später, sozusagen im fahrenden Zug, angegangen werden.
Ungemein wichtig ist die schnelle Herstellung einer Internet-Demokratie: Über alle Fragen kann und muß sofort diskutiert und dann kontrolliert abgestimmt werden, in dieser Hinsicht können wir formal-parlamentarische Vorgehensweisen etwa aus den USA übernehmen (Gründungsphase von "Tomfolio"), sogar der große Börsenverein wird da etwas lernen.
3.
Der Börsenverein der Antiquare oder provisorisch "das Gebilde" muß sehr wohl seine eigene Datenbank schaffen und unterhalten.
Die eigene Datenbank der Antiquare kann nur eine annotierte Datenbank sein. Sie führt zunächst, das ist an sich kein Wunderwerk, die bisher bestehenden bibliothekarischen Bücherdatenbanken für den deutschen Sprachbereich zusammen, also eine Mischung aus Worldcat, Kvk = Digibib und Googlebooks. Die juristischen Probleme werden durch das damit verbundene Wiki-Berichtigungs-System gelöst, siehe unten.
Die Datenbank der Antiquare (übrigens kein schlechter Name) bringt das gesamte deutschsprachige Schrifttum, ohne Rücksicht darauf, ob ein Antiquar gerade bestimmte Titel daraus anbietet oder nicht. - Die Titelaufnahme durch den Antiquar entfällt weitgehend, vielmehr annotiert er seinen Bestand, er merkt ihn an:
Trine, Ralph Waldo
Der Geist in dir sei dein Berater
Lichtstrahlen aus seinen Schriften in 52 Wochenbetrachtungen
Übersetzung aus dem Englischen von Dr. Max Christlieb
Stuttgart: Engelhorn 1912 f.
216 S.
- Kart., stärker benutzt, Titelblatt mit Stempel
18,00 Eur
Antiquariat Brecht, Kaufbeuren
- Hln., frisch, Widmung auf Vorsatz
22,00 Eur
Antiquariat Schönfuß, Köln
- - 3. Aufl. 1916 , Brosch., etwas stockfleckig
16,00 Eur
Antiquariat Tollkirsch, Aachen
(die graphische Anordnung wird natürlich ganz anders sein. Das ist nur ein Textbeispiel, halten zu Gnaden)
Der Vorteil einer weitaus schnelleren Lesbarkeit und besseren Übersicht liegt auf der Hand. Darüber hinaus werden auch die Lücken im Angebot klar, denn da alle je erschienenen Titel aufgezeigt werden, ergibt sich ein faszinierendes Bild des Soll- und Istbestands, des Zuviels und des Mangels im deutschen Antiquariat.
Für den Antiquar bedeutet das: Er arbeitet immer online. Titel schreibt er grundsätzlich nicht mehr selber, sondern er annotiert die vorgegebenen Titeldaten. Wohl aber gibt es eine Berichtigungs- und Ergänzungsfunktion, in der er, ähnlich wie in der klassischen Wiki-Methode, Ergänzungen und Berichtigungen vornehmen kann und soll. Diese Ergänzungen hochzuladen ist Ehrensache des Antiquars. Er ist, wie bei Wiki, jeweils als Autor zu erkennen. Die Bibliothekare sind sehr interessiert an solchen Berichtigungsarbeiten, die der Antiquar ja immer anhand des ihm vorliegenden Buchs selber vornehmen kann, die also einen hohen Kontrollwert haben.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Sachgliederung / Stichwortvergabe, die jetzt erstmals "für immer" vorgenommen werden kann, auch sie natürlich durch den Antiquar fortwährend ergänzt und berichtigt.
Ich halte diese Umgestaltung der Datenbank für sehr wichtig. Einmal ist sie eine Abhilfe gegen das völlig stupide, zeittechnisch und auch geistig unzumutbare Aufnehmen der Titel, wie es jetzt noch geschieht. Die Titelaufnahmezeit wird dramatisch verringert, durch die Online-Annotierung ergibt sich - endlich - wieder ein organisches, ganzheitliches Arbeiten.
Da diese Gestaltung der Datenbank vom Goodwill der mitarbeitenden Antiquare abhängt und ihre Ergebnisse zur gewerblichen Verwendung nicht abgekupfert werden dürfen, erlangt der neue Wiki-Katalog automatisch und sehr schnell einen Marktvorteil gegenüber den bestehenden Verkaufsplattformen.
4.
Soweit die Antiquare im Ladenbereich weiterarbeiten möchten, wozu man sie derzeit, mit Ausnahme der Edelware-Kollegen, nur ausnahmsweise ermuntern sollte, brauchen sie endlich eine gute gemeinsame Internetpräsenz, auch hier ist eine Zusammenarbeit mit Google angesagt. Bis auf die Handy-Ebene herunter muß der Länder-, Regionen- und Ortsabruf der Standorte aller Antiquariate möglich und zur Selbstverständlichkeit werden, kartographisch bis auf die Häuserebene herunter. Das dies noch nicht gemacht wurde, ist eine Schande. Notabene ist das nur sinnvoll, wenn wirklich alle, auch die kleinen, Antiquare erfaßt werden.
5.
Natürlich gibt es eine Vielzahl weiterer Arbeits- und Reformmöglichkeiten. Aber - auch wenn uns allen das Thema nachgerade zum Halse heraushängt - nur über eine neue, gemeinsame Datenbank, die ein entscheidendes "Alleinstellungsmerkmal" und eine dramatische Arbeitserleichterung für die Antiquare mit sich bringt, kann den Antiquaren geholfen werden.
Die vielfältigen Aktionen, die wir - vor allem zugunsten der überfälligen verbesserten Zusammenarbeit mit dem Neubuch-Ladenbuchhandel - in Angriff nehmen sollten, können sich allesamt nur um eine zentrale eigene Verkaufsdatenbank gruppieren. Man muß auf dem Erdboden bleiben - es sollen Bücher verkauft werden. Und das Nachweisinstrument, die Seele des Ganzen, ist im Internet-Zeitalter die Webadresse unserer Datenbank.
Folgende Konsequenz darf nicht übersehen werden:
Es gibt keine Mehrfacheinstellungen in xy Bücherdatenbanken mehr. Der Eintrag in die Datenbank der Antiquare (mitsamt den Stammdaten, die man angemerkt hat) ist zwar zum Herunterladen "eigener" Kataloge und auf der selbständigen Webseite des Antiquars möglich. Er kann jedoch nicht in andere Bücherdatenbanken übertragen werden. Der Antiquar geht also eine Ehe auf Dauer ein mit der Verbandsdatenbank. Auch deshalb ist es wichtig, von vornherein wasserdichte demokratische Mitbestimmungsstrukturen zu verabschieden.
Werbetechnisch ist die Wiki-Datenbank das Ei des Kolumbus. Sie kann auf ein ungeheuer fruchtbares good-will im deutschsprachigen Kulturleben rechnen. Schon die Schaffung eines (dem Börsenverein des Buchhandels vergleichbaren) Börsenvereins der Antiquare ist werbetechnisch hunderttausend Euros wert, wenn das wirklich demokratisch, gemeinnützig und umfassend angegangen wird.
Dank für das Bild an Denis QUILLERIER. Wird nach einfacher Aufforderung sofort entfernt.
Samstag, 18. April 2009
Absatzförderung im Antiquariat: E i n e Datenbank
Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt
Vorbemerkung:
Redakteur Biester stellt uns ein neues Konzept der Bücherplattform Abebooks vor, in dem den Mitgliedern einige Muster für eigene Webseiten zur Verfügung gestellt werden. Ich gehe nicht näher darauf ein, erwähne nur der Vollständigkeit halber, daß ich per Zufall schon vor einigen Monaten ein ganz überraschendes Webseitenkonzept für Mitglieder-Homepages dieser Plattform entdeckt und diese Beobachtung im Börsenblatt veröffentlicht hatte, im Rahmen einer kleinen Antiquariats-Webseitenkritik, Buchstabe A-B. Mir fiel auf, daß mindestens ein Kollege eine solche sehr gute, in jeder Hinsicht erfreuliche und pfiffige Abe-Vorlagenseite für seine eigene Homepage verwendet hatte. Das ist also offenbar nicht so neu, wird in Deutschland aber bisher nur zögernd ausprobiert. Abebooks hat ja auch in der Tat den Zugangslink zu seinem Homepage-Webseitenangebot so kunstvoll verborgen, formuliert den zugehörigen Text so verhältnisblödsinnig, daß er außerhalb des Mitgliederbereichs gar nicht entdeckt und innerhalb - kaum verstanden werden kann.
Die Öffentlichkeitsarbeit von Abebooks Deutschland ist unsäglich schlecht.
Wie auch immer: Das Webseitenkonzept von Abebooks für Homepages der einzelnen Mitglieds-Antiquariate zeugt graphisch-ästhetisch wie auch werbetaktisch von absoluter Spitzenklasse und ist offenbar in den USA von ersten Fachleuten entworfen worden. Das merkt man.
Bei dieser Gelegenheit darf ich Redakteur Biester daran erinnern, daß er nicht irgendwelche kryptischen Ankündigungen von Abebooks fast unkommentiert übernehmen und sie den verdutzten Lesern an den Kopf knallen sollte - es ist seine Aufgabe, die Meldungen selber zu hinterfragen und ihnen nachzugehen. Halten zu Gnaden, soviel Zeit muß sein, auch am Freitag Nachmittag. Mit ähnlich verwickelten "Ankündigungen" meiner lieben Tante Ebay hat er es gestern genauso gehalten. So geht das nicht. Die Frage "und was halten Sie davon, lieber Leser?" kann nicht an die Stelle eigener Recherche treten.
Ende der Vorbemerkung. Und nun zur Sache.
*******************************************************************
Von Zeit zu Zeit entwickelt sich unter den Antiquaren eine emsige Plattformen-Diskussion. Das erinnert uns an leichtere Grippe-Anfälle, die periodisch auftreten, aber keinen tieferen Sinn haben als den, uns abzulenken von der Kernfrage, die hinter den Verkaufsplattformen lauert.
Was Wunder, daß die notorischen Unterhalter, Vernebler, die Interessierten, die unglücklichen Genossenschaftsbastler, die Puppenköche mit ihren rührenden Miniaturdatenbänklein, die traurigen Ritter von den unbekannten Meta-Datenbanken, die vernebelnden und verhehlenden Abkassierer vom Schlage (nein, ich benenne die Softwareschmiede hier nicht), die ängstlich ihr längst staatlicherseits zu unterbindendes Quasimonopol kaschierenden ZVAB-Leute, der stündlich nach u n g e f ä h r l i c h e m Spielmaterial für seine Antiquare suchende Redakteur Biester - - daß sie alle begierig darauf eingehen. Und von dem hochfahrenden Schwadronierern der Quack mit ihrer Qualitätsmanie bis zur eiskalten, naiv-tüchtigen Masseneinstellerin rühren sie alle emsig im Kochtopf.
Kann man das unter "erfreulicher Teilnahme" eintüten und ablegen? Jene beiden Kollegen, die dann immer, mit tödlicher Präzision, gegen Ende der Diskussion mit ihrem "eigentlich ist es doch gut so, wie es ist - viele kleinere Plattformen bringen ein gutes Marktgefüge - jeder Kollege muß sich seinen Absatzweg selber suchen, jeder Kunde findet schon seine ihm zusagende kleine Datenbank" den genasführten Leser zur Weißglut bringen - - sie führen uns schließlich auf den rechten Weg.
Denn irgendetwas kann an der ganzen Plattformen-Reformdiskussion nicht stimmen!
Wie so oft liegt auch hier das erlösende Zauberwort im Begriff der A b s a t z f ö r d e r u n g.
Wenden wir diese Kernfrage unseres Gewerbes einmal auf unsere kleinkarierten Plattformen-Reformdiskussion an. Die Voraussetzungen sind rasch zusammengezählt. Wir haben einen Bestand von etwa 10-12 Millionen gebrauchter deutschsprachiger Bücher in unseren Datenbanken. Wegen der ebenso grotesken wie - ein spannendes Kapitel! - tückisch-absichtlich herbeigeführten Zumüllung insbesondere des ZVAB mit weiteren Millionen fremdsprachigen Bücher (die dort keine Seele sucht oder gar kauft), ist die Zahl nur zu schätzen.
Von diesen geschätzten 10-12 Millionen deutschsprachigen Titeln sind gut 95 % dauernd unverkäuflich, worunter wir einen Null-Absatz in einem bestimmten Zeitraum, zwei Jahre würde ich ansetzen, verstehen wollen. Der gesamte Umsatz über die Plattformen generiert sich also aus 5 % verkäuflicher Titel, wozu noch die in der Alltagspraxis des Antiquars gar nicht so unwichtigen Zufallstreffer aus "entdeckten" Altbeständen kommen. Aber es bleibt dabei - - eine ungeheure Altpapierwalze von etwa 10 Millionn Büchern m ü l l t die Plattformen dauerhaft zu.
Wir wissen, welche Tragödie sich dahinter verbirgt. Unzählige Arbeitsstunden der Kollegen, irrwitziger Platzbedarf zur Bereitstellung des Bücherbergs, blödsinnige Logistik bei den meisten Antiquaren, quälende Probleme bei Inventur, ein geradezu zynisches Abzocken seitens der Datenbanken à conto "Grundgebühren" - der Büchermüll kostet mehrfach, bei uns zuhause und bei den müllverwaltenden Plattformen.
Was tun? Jedes andere Gewerbe, schon Fischweiber und Besenbinder machen es besser, würde sich organisieren und gemeinsam nur eine Sorge haben: A b s a t z f ö r d e r u n g.
Soweit, so einsehbar, viel diskutieren kann man über die Notwendigkeit nicht, sich Gedanken zur Verkaufsförderung zu machen. 10 Millionen dauernd unverkäuflicher Bücher sprechen eine unüberhörbare Sprache, oder besser gesagt, sie müffeln unüberriechbar vor sich hin.
Wir haben vorgestern angedeutet, daß wir ein Reservoir von 90 % der Neubuchkäufer haben, die noch nicht einmal auf die I d e e gekommen sind, ein antiquarisches Buch zu kaufen. Das ist eine ungeheure Chance, und nur wir (nicht aber Fischweiber etc., siehe oben) bringen es fertig, solch wundervolle Chancen zur E r w e i t e r u n g unseres K ä u f e r k r e i s e s ungenutzt zu lassen.
Womit wir, haben Sie es gemerkt, flugs wieder bei der Plattformenfrage angekommen sind. Abgesehen von der hochwichtigen Frage einer Kundengewinnung für das Antiquariat über die Neubuchhandungen ist die eiserne Vorbedingung jeder Kundengewinnung im Netz die Bewerbung e i n e r zentralen Datenbank, die a l l e lieferbaren Titel führt.
Jede Zersplitterung des Angebots ist werbetechnisch tödlich, besonders wenn wir uns, was wir tun müssen, um jene 90 % der Neubuchkäufer mühen wollen, die noch nicht einmal auf die I d e e gekommen sind, sich (auch) einmal ein antiquarisches Buch zu kaufen.
An sich sollte es klar sein, daß wir nur dann neue Käuferschichten aufschließen können, wenn wir im Netz mit e i n e r Datenbank a l l e s anzubieten in der Lage sind. Die Begründung dafür muß ihrerseits ausdiskutiert werden (wo? wie organisiert?), ich gehe aber davon aus, daß es unmittelbar einsichtig ist, wenn wir den Blickwinkel des vom Antiquariat bisher unberührten Neubuchkäufers einnehmen.
Wenn dem so ist, dann erscheint die Diskussion über einzelne Plattformfragen äußerst läppisch - solang wir nicht die wirklich wichtige, die Gretchen- und Herzensfrage des Antiquariats diskutiert und gemeinsam gelöst haben, die des ZVAB mitsamt den dahinterstehenden Monopol-, Werbe- und Absatzfragen.
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Freitag, 17. April 2009
Neubuchhandel und Antiquariat im "Haus der Bücher"
Eine geschickte Form der kommenen engeren Zusammenarbeit des Antiquariats mit dem Neubuchhandel ist das Stockwerks- oder Etagenmodell.
Die Neubuchhandlung braucht seit jeher eine gute Lauflage im Erdgeschoß, sie muß ohne Hindernisse betretbar sein. Ohnehin ist die stets vorhandene, wenn auch nicht eingestandene Schwellenangst vieler Menschen vor Bücheransammlungen, vor lesenden, schweigenden Menschen und vor Buchhändlern, vor denen man vielleicht die eigene Unbildung entblößen müßte, eine Hauptsorge des Ladenbuchhandels - da darf es nicht auch noch körperliche Zugangshindernisse geben.
Im Gegensatz dazu kann das Antiquariat seit jeher darauf rechnen, daß es von den Kunden auch mit einiger Mühewaltung aufgesucht wird. Hier läßt man leider (unterstützt vom üblichen Unwillen der Börsenblatt-Redaktion, konkrete und kritische Ratschläge zu geben) naive Kollegen seit Jahren ins offene Messer laufen, indem von der Mietbelastung her ganz offensichtlich irrwitzige Antiquariatsläden mit Schaufenster in guter Lauflage gelobt und gepriesen werden.
Der mittlere Buch-Ladenantiquar, wofern er nicht für die Miete wirtschaften will, kommt sehr gut ohne ebenerdigen Zugang aus, er muß sich gottseidank nicht nach den Werbe- und Zugangsmaßstäben eines Telefon-Shops, eines Designerladens oder einer Dönerbude richten.
Dies im Sinn habend kommen wir schnell zu einem ebenso altmodischen wie bewährten Modell, dem E t a g e n - Antiquariat. Es befindet sich, das ist nun freilich die Voraussetzung, in guter bis sehr guter Lauflage, hat auch den bescheidenen Teil eines Schaufensters zur Verfügung, aber zugänglich ist es über eine Treppe, es befindet sich im 1.OG. Unten ist - natürlich - die Neubuchhandlung!
Damit haben wir das ganz natürliche Modell der Zusammenarbeit zwischen Buchhandlung und Antiquariat gefunden. Wir sagten gestern schon, daß sich der Antiquar zurückzunehmen und dem Neubuchhandel anzupassen hat. Er ist und bleibt immer der kleinere Bruder. - Er führt sein Etagenantiquariat absolut selbständig. Anders kann ein Antiquariat nicht betrieben werden, übrigens (nach meinem Verständnis) auch eine Neubuchhandlung nicht - dem Antiquar sind Kettenbuchhandlungen mit angestellten Neubuchhändlern, die nicht mehr ihr eigener Herr sein dürfen, ein Greuel vor dem Herrn. Auch von daher könnte die kommende Allianz der selbständigen Buchhändler mit dem Antiquariat äußerst glücklich werden.
Werbetechnisch treten sodann Antiquariat und Neubuchhandlung immer(!) Hand in Hand auf. Das Antiquariat läuft graphisch und psychologisch stets wie ein kleines, treues, hin und wieder kläffendes Hündchen hinter der großen Neubuchhandlung her, beide werden so für den örtlichen Kunden zu einer Einheit.
In der Praxis, das wird jeder bestätigen, der eines der bisher eher wenigen Modelle dieser Art kennt, bereitet die Zusammenarbeit in den gegenständlichen Berührungspunkten keine Probleme: Man wird eine interne Absprache über das Anbieten und das Preisniveau gebrauchter, noch lieferbarer Bücher herstellen und die Frage des Modernen Antiquariats ein für allemal untereinander klären.
Daß und wie sich beide Firmen, die Neubuchhandlung wie auch das obenliegende Antiquariat, ideal ergänzen in allen Werbefragen, gerade auch der Kundenbindung in tieferem Sinn, brauche ich ja doch nicht näher auszuführen. Wo immer möglich, wird man beiden Firmen den gegebenen werbetechnischen Sammelbegriff zuordnen - Neubuchhandlung und Antiquariat bilden das
H a u s d e r B ü c h e r.
Für den örtlichen Bücherkunden entsteht so das Bild einer Stätte, an der er "alle" Bücherkaufen kann. Dort ist man für Bücher zuständig.
Daß beide Partner eines solchen Werbemodells in Sachen Buchbeschaffung (von bei ihm nicht vorhandenen Titeln, von außerhalb) mit dem Kauf im Internet gleichziehen können, dafür müssen sie Sorge tragen. Für den Antiquar bedeutet das, daß er über ein schnelles, dem Bücherwagensystem des Neubuchhandels vergleichbares Lieferinstrument verfügen muß. Kann er das (noch) nicht bieten, dann hat er sich gefälligst beim Neubuchhandel umzusehen und von ihm zu übernehmen, was nützlich ist.
Davon später mehr.
Das Bild "die Brüder" verdanken wir der ansprechenden Webseite von www.hansbunge.de. Es wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
Donnerstag, 16. April 2009
Neue Zusammenarbeit Buchhandel + Antiquariat
Redakteur Biester stellt, wiederum in seinem pfiffigen "Twitter"-Dialog, die Frage:
"Anhaltender Umsatzrückgang im Sortimentsbuchhandel. Und die Antiquare? "
Wir wollen eine Beantwortung versuchen, der Übersichtlichkeit halber in knapper Thesenform. Jeder der folgenden Punkte sollte und könnte ja besser ausführlich gemeinsam diskutiert werden - hätten die Antiquare denn eine eigene Berufsvertretung oder wenigstens ein zentrales Forum.
A.
Wir dürfen davon ausgehen, daß die Beteiligten am Medium "Neu-Buch" seit Jahren ihre Kundenkreise erfaßt und ausgeschöpft haben und weiterhin optimal bearbeiten werden. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, von außen, in diesem Fall vom Antiquariat her, Verlegern und Buchhändlern Ratschläge geben zu wollen. Einige Überschneidungen bestehen zum Neubuchbereich, etwa im Modernen Antiquariat oder in Urheberrechtsfragen, dort kann man mitreden, aber nur dort.
Ganz anders aber sieht die Markterfassung und (o schreckliches Wort:) Marktdurchdringung bei unseren antiquarischen, alten Büchern aus.
Gedankenexperiment: Wir stellen uns zu guter Geschäftszeit am Ausgang einer mittelgroßen Buchhandlung auf und lassen 100 Bücherkäufer an uns vorüberziehen. Wieviele dieser Neubuchkäufer sind bereits regelmäßige Kunden auch im Buchantiquariat, wieviele haben wenigstens einmal ein altes Buch erworben, wieviele könnten es sich v o r s t e l l e n, irgendwann ein altes Buch zu kaufen?
Die Zahlen werden ziemlich erschreckend sein. Ich schätze, daß nur etwa
3 % der regelmäßigen Neubuchkäufer auch mindestens hin und wieder alte Bücher erwerben,
5 % irgendwann wenigstens ein altes Buch gekauft haben,
10 % sich vorstellen können, alte Bücher zu kaufen.
Ich gehe hier mit Absicht von den Neubuchkäufern aus, die eine Buchhandlung betreten haben; bei Neubuchkäufern im Internet sehen die Zahlen wesentlich anders aus, aber darum soll es uns hier nicht gehen.
B.
Denn die Kernfrage, die wir uns stellen, bezieht sich auf den Ladenbuchhandel.
Es wäre nicht sinnvoll, die ausgewählten 100 Neubuchkäufer am Eingang der Buchhandlung nach den G r ü n d e n zu fragen, aus denen heraus sie bisher nicht an den Erwerb antiquarischer Titel gedacht haben. Wir würden ganz falsche Antworten erhalten, denn, so meine These, die Schamschranke, die Notwendigkeit, ein Unwissen, ein Nichtvertrautsein, ein Nichteingeübthaben zugeben zu sollen, ist schier unüberwindbar. Was liegt da vor?
Die Neubuchkäufer können mit dem antiquarischen Buch nicht umgehen, weil es sich verhält wie folgt.
1) Einschätzung: überholtes, veraltetes Wissen. Der Gedanke einer retrospektiven Erfassung ihres Themas liegt ihnen ganz fern (nur das Aktuelle kann gut sein, zwar wußten unsere Großväter auch schon was, aber das ist ja dann "veraltet", nicht wahr?). Der Kunde traut sich das Übertragen, das Transponieren des alten Wissens in seine moderne Gegenwart nicht zu.
2) die bibliographischen, genauer: die retrobibliographischen Hilfsmittel sind für ihn Hekuba. Darüber darf man sich nicht wundern, geht es doch sogar gestandenen Antiquaren oft nicht anders. Seit wenigen Jahren oder sogar erst Monaten gibt es nun endlich ganz hervorragende, einfach zu bediende Hilfsmittel zur weltweiten retrospektiven Bibliographie - - die aber kaum einer kennt oder gar eingeübt hat. Google-Books, Worldcat, Digibib, KvK...
3) die Fraktur stellt ein unüberwindliches Hindernis dar. Da unsere Lehrerschaft seit 1945 auf diesem Gebiet so jämmerlich versagt hat - eine echte Schande für jeden Deutschlehrer, eine Schmach für jede Kultusverwaltung, ein Armuts- und Minderwertigkeitszeugnis für das deutsche Bildungswesen - , kann man nur pragmatisch darauf hinweisen: Nach Überwindung einer freilich mühsamen Anfangsphase liest man sich sehr schnell ein und lernt die Fraktur zu lieben. Während dieser Anfangsphase aber sammelt man Verwünschungen auf die Häupter aller Deutschlehrer, die man kennt - das wirkt befreiend.
4) das Schmuddel- und Armeleuteimage verbietet den Erwerb antiquarischer Bücher. Gerade Frauen gegenüber ist das ein sehr ernstzunehmendes Argument. Antiquare befördern solche törichten, schädlichen Haltungen noch, indem sie ihre Läden krampfhaft auf Sauberkeit und Ordnungswahn der Neubuchhandlung trimmen. Das Antiquariat ist gerade auch atmosphärisch eben keine Neubuchhandlung, darf auch nicht so wirken (aber davon ein andermal).
5) die Unsicherheit in der Preisgestaltung, etwa im ZVAB oder bei Ebay, dagegen die wohltuende Preissicherheit, die den Neubuchhandel kennzeichnet, wirkt verwirrend und qualitätsmindernd. Das Neubuch - ein edler Markenartikel // das alte Buch - ein Objekt des Feilschens und Verramschens im Istanbuler Teppichmarkt?
Dies sind nur einige der Faktoren, die v o r einer Zusammenarbeit des Neubuchhandels mit dem Antiquariat bedacht sei wollen. Das Antiquaria-Programm, dies sei in Klammern angemerkt, hat seine Meriten, scheint mir aber aus mehreren Gründen nicht ausbaufähig, ein totes Gleis.
Da ich nicht so gern mit mir allein diskutiere, deute ich nun einfach den Lösungsweg an, den ich sehe:
Der Altbuchhandel muß sich dem Neubuchhandel anpassen, nicht umgekehrt. Der Neubuchhandel ist in fast jeder Hinsicht viel bedeutender, umsatzstärker, bekannter als wir Antiquare das sind. - Wegen der Ungeübtheit des Neubuchkäufers mit den Gegenständen des Antiquariats muß das H a p t i s c h e , das in die Hand-nehmen-dürfen, das Betrachten, das Sehen ermöglicht werden - - indem die Neubuchhandlung eine Antiquariatsabteilung erhält. Auch braucht der Neubuchkunde, soll er denn auch regelmäßiger Antiquariatskunde werden, ein grundlegend reformiertes Bestell- und Liefersystem. Im Idealfall wäre das die Lieferung über ein Großhandelshaus der Antiquare, mit Bücherwagensystem. Der Antiquariatsbetrieb kann sich, wenn er sich im unteren und mittleren Buchwertbereich weitestgehend
*dem Neubuchhandel anpaßt,
konzentrieren auf die teuren, seltenen, wertvollen Stücke. Im Antiquariat erfolgt somit eine Schwerpunktverlagerung auf das
*Seltenheitsantiquariat,
wohingegen alle Gebrauchtstitel, im besten Sinne verstanden, in e n g e r Zusammenarbeit mit dem Neubuchhandel abgesetzt werden.
Daß dabei Sonderbündnisse mit dem selbständigen Ladenbuchhandel möglich sind in der gegenwärtigen Situation, das braucht ja nicht betont werden. Die Planungsarbeit aber obliegt weitgehend uns Antiquaren.
Ans Werk also!
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Das Foto ist Eigentum der Buchhandlung Macht in Uelzen. Wird auf einfache Anforderung hin entfernt.
Mittwoch, 15. April 2009
"Antiquar und Sport" - die Re(d)aktion marschiert
Die Wege und Umwege, die sich unser verehrter Redaktor Biester einfallen lassen muß, um die Antiquare zu unterhalten, nehmen immer lustigere Formen an. Im "Twitter"-Fach, das er geschickt als Teil seines "Börsenblatt-Net" verkauft, legt er sich und uns heute die bedeutsame Frage vor: "Antiquare und Sport, da weiß niemand was drüber, oder?"
Nicht daß mancher altgedienter Kollege, so auch ich, nicht allerlei Geschichten zu erzählen wüßte über bergsteigende, segelnde und fliegende Kollegen, in Zürich stellte ein - kluger und sachkundiger - Antiquar zum Beweis besonderer Sportlichkeit sein Foto in Netz "FKK im Laden". Aber die Rolle des Sports in unserem Gewerbe ist äußerst unwichtig, auch Redaktor Biester weiß das.
Geht es ihm nur um (neudeutsch:) Entertainment? Humoristisch oder gar ironisch kann ers nicht gemeint haben, denn auf Gottes Erdboden ist mir, nach der Lektüre von mehreren hundert Beiträgen aus seiner Feder, noch kein derart humorloser und der Ironie fernstehender Journalist vorgekommen wie er. Diese Gaben wurde ihm nicht in die Wiege gelegt, so gut und sachkundig er sonst auch schreibt. Sachlich sind die meisten seiner Texte mit Genuß zu lesen. Aber der T o n bedarf dringend der Aufhellung - schwermütig, ernst, siehe die Loriot-Szene (in Ödipussi) "mausgrau, aschgrau, taubengrau - oder doch lieber steingrau?".
Will er für uns Themen an den Haaren herbeiziehen? Das erinnert mich an meine Studentenzeit, die ich mit allerlei künstlich geschaffenen Aktualitäten per Zeilenhonorar finanzierte, nach dem Motto "Die Malermeister der Zentralschweiz und die neuen Alpentunnels" oder "Hundertfünf Jahre strategische Eisenbahn Waldshut-Immendingen - ein bedeutsames Jubiläum".
Das wäre ja dann alles recht ehrenwert. Leider aber scheint mir die Sache anders zu laufen. Seit vielen Monaten drückt sich die Redaktion von börsenblatt.net um eine wirklich offene, freimütige, vorurteilsfreie Diskussion nahezu aller Fachthemen, die für die Antiquare wirklich wichtig sind.
Im Buchhändler-Teil scheint es ähnlich zu laufen, anders kann ich mir die duckmäuserische, schieche, halblaute, kirchenmausbrave Haltung von Redaktion und Lesern zum Skandal der Kettenladen-Kraken und zum quälend langsamen Tod der freien Buchhändler nicht erklären.
Sicher bin ich mir aber im Antiquariatsteil mit meinem Urteil: Die Redaktion ist bestrebt, fast alle brisanten, wichtigen Fragen aus einer ernsthaften Diskussion herauszuhalten. Redakteur Biester verhält sich nicht nur in Zensurfragen so schofel wie Metternich - er betreibt eine so fürchterliche Beruhigungspolitik, eine Besänftigung und Verhehlung der brennenden Sorgen unseres Gewerbes, daß die ganze R e a k t i o n des Vormärz vor unseren Augen wiederersteht.
Das Börsenblatt als reaktionäres, zensierendes Netzportal?
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Den Scan verdanke ich Antiquariat Hochgrebe. Wird auf einfache Aufforderung hin sofort entfernt.
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