Samstag, 25. April 2009

Eine publizistische Lücke im Antiquariatsbereich





Liebe Kollegen,

das "Anti-Börsenblatt" hat seine Schuldigkeit getan und erscheint nicht weiter. Wie ein entfernt ähnlicher Vorgänger aus meiner Feder diente er mir als Versuchsballon. Ich will Ihnen gern sagen, worum es dabei ging - und worum nicht.

Der seltsame Familienkrieg zwischen Redakteur Biester und seinem treuesten Leserbriefschreiber hier im Anti-Börsenblatt ist von mir her fast immer mit einem heimlichen Lächeln geführt worden - nur in der Zensurfrage war es mir bitter ernst. Ich habe nämlich durchaus Erfahrungen aus längst vergangenen Tagen, wie ein Forum zu leiten sei. Ich kann einschätzen, wann der Admin eine bestimmte Grenze der Fairneß zu überschreiten im Begriff ist. Es ist zuzugeben, daß die Situation für Biester mit Redakteur Casimir und dem wachsamen Bösenverein im Nacken ungleich schwieriger ist als vieles, was man sonst im Forenbereich zu leisten hat. Dennoch - diesmal war mangelnde Gerechtigkeit mit im Spiel, und deshalb stehe ich zum "Anti-Börsemblatt" und habe nichts zurückzunehmen.

Weitaus wichtiger aber als diese eher kleine Rechnung zwischen Redakteur Biester und mir war und ist für mich der Versuch, welche Art von Informationen in welcher F o r m die Antiquare eigentlich brauchen. Lassen Sie mich vorausschicken, daß ich ein großer Freund der "special interest"-Berichterstattung im Netz bin. Schwer übersetzbar übrigens, denn das Wort "Nischen-Charakter" hat einen anderen Nebenklang im deutschen Sprachgebrauch.

Der Nutzer eines special-interest-Dienstes ist besonders dankbar und treu, weil man ihm die sehr mühsame Arbeit des Zusammensuchens verstreuter Nachrichten abnimmt. Hier arbeitet Redakteur Biester recht gut, aber offenbar mit einem katastrophal knappen Zeitbudget. Seine Berichte sind so quälend kurz, daß sie eigentlich gar nicht auswertbar erscheinen für den informationshungrigen Praktiker des Berufs.

Hier ist börsenblatt.net offenbar in einer bösen Zwickmühle - denn das ganz ausgezeichnet redigierte Papier-Börsenblatt ist eine publizistische Größe, neben der ausgewachsene Netzberichterstattung für Neubuchandel und Verlagswesen keinen Platz hätte. Anders im Bereich des Antiquariats.

Ich sags salopp: Was im Sektor Neubuchhandel und Verlagsproduktion das Papier-Börsenblatt "ist", das kann das Papier-"Aus dem Antiquariat" in gar keiner Weise für das Antiquariat sein. Nicht nur formal, auch inhaltlich gibt es kaum eine Vergleichsschiene zwischen den beiden Papiermedien. - Aus Gründen eines unklugen, kurzsichtigen Formalismus wollte und will man aber vom Börsenverein her bei den Netz-Diensten das Antiquariat und den Neubuchhandel/das Verlagswesen über einen Leisten schlagen. Und so kommt es, daß börsenblatt.net für den Neubuchhandel gute Dienste leistet in seiner jetzigen Form - für das Antiquariat aber nicht.

Warum mache ich hier die Schulaufgaben für den Börsenverein? Zunächst weiß die Redaktion dort das hier nur Angedeutete viel besser, als ich es je formulieren könnte. Sie kann und darf das aber ihren Lesern so nicht sagen. Ich darfs als freier Mann von außen her diagnostizieren, ohne daß ich den Frankfurter Maulkorb umhätte. Und dann, ich gestehe es, wittert der journalistische Instinkt des alten Krokodils immer dann Morgenluft, wenn er, wie hier, eine publizistische Lücke entdeckt.

Schlagen wir die Brücke zu diesem kleinen Forum: Auch diesmal brachte mein Selbstversuch ein Hauptresultat: So geht es nicht. Der eine oder andere polemische Bericht hier mag sich ja ganz vergnüglich lesen, aber irgendwie wird die Form der Sache nicht gerecht.

Noch weniger freilich tun es Redakteur Biesters oft allzu kurze, bierernste und leider nicht immer neutrale Berichte. Wenn er schlecht drauf ist, schreibt Biester liebedienerisch gegenüber höhergeordneten Instanzen, er katzbuckelt vor den Größen unseres Gewerbes, ist blind gegenüber häßlichen Mißgeburten wie dem Verhehlen und Verschachern der Auktionsergebnisse, er verschläft die Faulheit des wohledlen Verbands, er läßt sich von Prolibri einwickeln und tadelt mit keinem Sterbenswörtlein die AG im Börsenverein. Von seiner empörenden Art der Messeteilnahme in einem semi-diktatorischen Familienclan-Drohnenstaat lasset uns schweigen.

Am Ende bleibt die Gretchenfrage: Gibt es einen Mittelweg zwischen meinen viel zu aggressiven Parforcetouren gegen Gott und die Welt im Bereich des Altbuchhandels - und den Biesterschen Bulletins am Vorabend seiner Weihe zum Trappisten-Ordensoberen?



Das Bild oben zeigt Redakteur Biester und die Antiquare beim Verfassen und Lesen von "börsenblatt.net" - wie der Redakteur sich das beim morgendlichen Weg zum Börsenverein vorstellt.