Samstag, 19. September 2009

Verirrungen und Notlösungen > Webseitenkritik Nr.5




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Antiquariat Rainer Friedrich Meyer



Liebe Kollegen!

Wiederholungen sind nicht besonders unterhaltsam. Deshalb übergehe ich in den nun folgenden Besprechungen diejenigen Punkte, auf die wir zu Beginn der Serie ausführlich eingegangen sind. Es ist also von Vorteil, wenn Sie unsere Webseitenkritiken von Anfang an lesen und kennen.

Besuchen wir nun also den geschätzten Kollegen und Erzphilosophen unseres Gewerbes, RF Meyer. Ich bin entschlossen, jegliche Befangenheit abzustreifen. Für den Webseitentest kennen wir uns nicht.

Vorbemerkung: Manche der im folgenden bemängelten Punkte erhellen sich, wenn man mehrfach geduldig über einzelne Worte mit der Maus fährt - dann erscheinen nämlich gespensterhafte Overlays in blasser Schrift, blödsinnig angeordnet, typographisch unglücklich und auch vom Inhalt her nicht immer lichtvoll. Solche Techniken empfinde ich als scheußlich - auch weil man dadurch als Kind behandelt, bevormundet und auf Tritt und Schritt am Patschhändchen genommen wird. Dies ist die erste (und hoffentlich einzige) Kollegenseite, die durch solch abstoßende Praktiken vermüllt wird. Solche Tricksereien führen zu massiver Abwertung.

Der Namenszug geht allzu groß und breit über den Kopf der Eingangsseite. Wir wollen aber nicht die (überragende) Bedeutung erfahren, die sich der gute Herr selber zumißt, sondern seine Bücher kennenlernen. Der selbstbewußte Satzspiegel führt dazu, daß der originelle Baum (des Wissens?) unten notorisch abgeschnitten wird und wir die Hauptseite herunterscrollen müssen. So büßt jeder Besucher für den Namensstolz des RF Meyer.

Die Registerkarten im Kopf der Startseite, auch sie sind etwas zu groß geraten, erscheinen unübersichtlich und unlogisch. Kraut und Rüben sind aneinandergefügt, wie es RF Meyer gerade in den Sinn kam. Texte(?) ... Wissenschaften (nanu?) ... Einbände (ohne Bücher?) ... "Suche" (bitte?) ... (das unwichtige) Impressum und die (blöden) AGB, (die keine Seele interessieren, kommen gleich am Anfang, undsofort.) Kollege, "ordnen Sie sich". So geht das nicht.

Mit der doppelten Moppelung der Registerkarten oben und den netten Gezweigen im Baum mag ich mich nun gar nicht anfreunden, einfach weil die (oben ohnehin unklaren) Registerkarten hier unten im Baum verändert, in neuer, teils feinerer Gliederung wieder aufgenommen werden.

Solche Labyrinthe für den ungeduldigen Antiquariatskunden einzurichten ist gefährlich - in aller Regel sind unsere Kunden hastig und ihr Sinn für schwarzen Humor ist unterentwickelt.

"Samstag, 19. September 2009. Guten Abend, ich freue mich, Sie auf meiner Seite begrüßen zu dürfen" - Derartige Späßchen, durch die man das aktuelle Datum automatisch einfügen und damit einen stupenden Begrüßungssatz "von heute" konstruieren kann, wirken peinlich altbacken. Lassen Sie doch die Mätzchen.

"Dies ist eine unabhängige, völlig eigenständige Seite; hier werden keine Provisionen an irgendeine Plattform abgeführt." Dieser Satz, groß gedruckt in der Eingangsseite, ist mißverständlich. Es gibt zahlreiche Formen der Nicht-Abhängigkeit und Nicht-Eigenständigkeit, nicht nur die der Provisionszahlung. Ich würde das weglassen.

Auch "Personalbibliographien" sind Bibliographien, nicht wahr? Und "Künstler" meint hier nicht immer "Artists", nicht jeder versteht, daß ein Hinweispfeil im Text einen anklickbaren Link meint... Weitere Unklarheiten dieser Art sind munter über die ganze Seite verteilt.

Auf fast allen Seiten, die man, nachdem man sich von der Startseite erholt hat, bei RF Meyer anklicken darf, sind die Texte in der Randleiste links mehrfach abgeschnitten. Das wirkt kurios und sehr naiv - Webseitenbau in Weißrußland 1998. Wo lassen Sie bauen, werter collega?

Zu Ihrer Schlagwortliste ist, wie unlängst schon bei einem Kollegen, hier aber noch deutlicher anzumerken, daß man Schlagworte überblicken will. Bei Ihnen muß man sich von A-Z zu Tode scrollen - und hat dann erst noch keinen Überblick. Wieso so große Typen, warum so unchristlich weite Abstände, warum Ihre Furcht vor mehrspaltigem Satz? Sehen Sie sich da gestern mal die Sachgebietsliste der pfiffigen Frankfurter an! Die Schmuckleiste, die Sie rechts anpappen, kann Ihre Misere nicht zukleistern.

Ihre Titelaufnahmen sind in der Form ein Ding der Unmöglichkeit (die Inhalte sind ausgezeichnet). Weshalb quälen Sie die Kunden derart? Eine Titelaufnahme, die locker in 10 cm Bildschirmhöhenmaß darzustellen wäre, bläst sich bei Ihnen zu einer ganzen Bildschirmseite auf. Das ist unpraktisch und, verzeihen Sie, dem Kunden gegenüber unanständig. Wer bei Ihnen lesen und bestellen will, hat am Ende vom Rädchendrehen der Maus oder vom Herunterziehen der Randleiste todmüde Finger. Quälen Sie ihre Kunden gern?

Die Zeichen im grauen Kästchen neben dem Preis sind völlig ungebräuchlich, sie erzeugen überraschende Effekte! Ich sag ja, Sie spielen gern Katz und Maus mit den Lesern. "Bestellen" dreisprachig, bei jedem Titel, erscheint mir affig. Gefährlich und unseriös wirkt das Ebay-Erbübel "Preis vorschlagen". Sowas darf der junge Kistenschieber aus Marzahn-Plattenbau III einbringen, aber nicht Sie als guter Antiquar.

Ihr Herumkokeln mit plötzlich erscheinenden Hinweisen, nachdem man erstmal zwei Sekunden blödsinnig mit dem Kursor auf Ihren kryptischen Vermerken wie z.B. , ich zitiere, ???, verweilt hat, ist einfach nur noch lächerlich und affig.

Die "Sachgebietsliste" ist in dieser Form ein Unding. Nichts mehr dazu.

Der tiefere Sinn hinter der Registerkarte "Texte" erschließt sich erst nach langem Studium. Wieder zermatscht Ihr unglücklicher Tick mit verderbter Typographie und meschuggenen Zeilenabständen jedes Verständnis. Was Sie anbieten wollen, ist bei näherem Hinsehen dann interessant und verdienstlich - aber bitte, welcher Kunde kämpft sich da durch? Bei dieser äußeren Gestaltung?

Der Leser denkt bestenfalls: Na ja, scheints ein alter Herr, etwas kurzsichtig, taub und lahm scheint er zu sein, aber die Bücher sind ja in Ordnung. - Wollen Sie diesen Eindruck vermitteln?

T a g e s - "Aktuelles" in dieser verborgenen Form anzubieten, dürfte bei hochwertigen Stücken eher sinnlos sein. - "Lingua latina" und noch mehr "lingua graeca" pflege ich den Schreibern um die Ohren zu hauen. Lateinische Texte - Griechische Texte, wie wärs eigentlich damit?

Klickt man auf die Registerkarte "Wissenschaften", dann erst entfaltet sich eine bis dahin völlig unsichtbar gebliebene reichhaltige Roll-Liste. Das sind ganz lächerliche, ärgerliche Spielchen, höchst kontraproduktiv, weil der Betrachter der Webseite in einer so schwierigen Materie den Überblick sucht und braucht - und nicht derartige peinlich-geschmäcklicherische "Überraschungen" (siehe auch meine Eingangsbemerkung). Um mit Björn Biester zu sprechen: "Das ist nicht gut!".

Fazit: Eine an Haupt und Gliedern reformbedürftige, verwinkelte Webseite, die sich selbst im Weg steht. Ich würde herzlich dazu raten, sie mit Stumpf und Stiel auszurotten und neu zu pflanzen. Alles, von der Sachgliederung bis zum letzten typographischen Detail, erscheint uns vermurkst.

Da der Autor ein ausgewiesener Fachmann seines Gewerbes ist, stimmt der Inhalt. Also rege ich an, diesen Inhalt auf altmodische Papierseiten zu tippen, die ganze schreckliche Seite zu löschen - und dann neu anzufangen. Die guten Texte auf den Papierseiten sind ja, gottlob, noch da.

Benotung der Webseite: Äußere Gestaltung/ Eingangsseite ... 4
Einführungs-, Vorstellungs- und Erklärungstexte ... 3
Titeldarstellung, Titelaufnahmen ... 4

Zur Ermittlung der Gesamtnote zählen jeweils

Äußere Gestaltung/ Eingangsseite ... 40 %
Einführungs-, Vorstellungs- und Erklärungstexte ... 20 %
Titeldarstellung, Titelaufnahmen ... 40 %

Damit kommt die Webseite des Kollegen RFMeyer auf die schon betrübliche Gesamtnote 4+

Ich meine das ernst mit dem "Abriß" der ganzen Seite. Da gibts nichts zu retten. Und wer immer Ihnen dabei geholfen hat - werfen Sie ihn raus. Sie verdienen eine bessere Seite!




Antiquariat Ruth Jäger


Guggemal dahin - ein kostenloser Google-Blog als Geschäftsseite und Verkaufsliste - originelle Idee! Ich hatte das auch überlegt für mein Antiquariat. Sehen wir mal, was die Kollegin daraus gemacht hat.

Linker Hand recht gute Blogbeiträge, überwiegend eigenformuliert. Ruth Jäger vertritt offenbar eine unorthodox-moderne Anthroposophie, mir als zwischen Christengemeinschaft und Dornacher Malzkaffe aufgewachsenem einst streng erzogenen Anthroposophen (meine Großtante kannte den Altmeister noch persönlich) erscheint das etwas unfeierlich, auch, und das wiegt schwerer, unharmonisch und gar nicht im Sinn der Kunstlehre und Ästhetik Steiners.

Der Trennungsstrich rechts von den Blogtexten ist potthäßlich. Grundregel: Linien aus Trennungsstrichlein wirken weitaus störender als bescheidene durchgezogene Linien. Meidet Punkt- und Strichlein-Linien, wo Ihr könnt! Sie stören immer.

Booklooker ist nun für alles Esoterische graphisch und farblich so ungeeignet wie nur möglich. Die jungen Portalwächter dort sind persönlich sympathisch - aber das kitschig-aufdringliche arterielle Blutbad, das sich über alle ihre Booklooker-Seiten ergießt, ist völlig unmöglich, zwischen Dada und Sade - eher Sade.

"Wir arbeiten in Kooperation mit dem Zweig am Rudolf Steiner Haus Hamburg und mit dem Priesterseminar der Christengemeinschaft in Hamburg." Solche Rennomistereien sind für Geschäftsleute, die wir Antiquare doch allemal auch sind, brandgefährlich. Was sagen die Kollegen vor Ort dazu? Und, vor allem, erstens der gute Geschmack, zweitens die anthroposophische Bescheidenheit, drittens Ihre Kinderstube muß Sie von solchen Anschmusungen fernhalten. Das brauchen Sie nicht! "Ich arbeite in Koperation mit dem Heiligen Stuhl"... ja, ja...

"Wie unser Service von Booklooker-Kunden bewertet wird, sehen Sie hier: Bewertungen." - das geht in die gleiche Richtung - bitte etwas mehr Schamgefühl. Beweihräucherungen können schaden.

Der Vorstellungstext über "Unsere Sachgebiete" ist mit seiner heillosen Mischung aus Fließtext und Links ziemlich unklar, auch vermisse ich ein gutes Deutsch. - Die Sachgebietsliste mit der ewigen Wiederholung von "Anthroposophie / " ist denkbar ungeschickt angelegt und, gestatten Sie die Bemerkung, auch vom Anthroposophischen her nicht recht durchdacht.

Die Registerkarte "Anthro-Links" ist inhaltlich sehr gut, formal-graphisch noch recht ordentlich - aber im Deutsch grauslich, Mischung aus Stummelsätzchen, hineingequetschten Verlinkungswörtern und lieblosen Formulierungen.

Recht amüsant, wenn auch wenig nützlich in der Praxis, sind die "Schlagworte aus dem Blog", die sogenannte "Wolke". Man sieht das mit Vergnügen . Ansonsten ist die rechte Blattseite zum Schluß hin etwas überladen. Man muß nicht alle Webseitenfunktionen "anbieten".

Bei Ihrem mengenmäßig doch sehr übersichtlichen Fachtitelangebot ist man geneigt, den Verzicht auf eigene statische Webseiteneinträge mit etwas mehr Geduld zu ertragen. Der Notenabzug, den ich deswegen auch bei Ihnen vornehme, hält sich in Grenzen. Kleine Fachantiquariate, die sehr spezialisiert arbeiten, können tatsächlich mit Gewinn "einfach" nur Portalzugänge anbieten. Trotzdem ist die Portal-Mogelei eben nicht das, was der Webseiten-Besucher von einer Antiquariatsseite im Netz erwartet.

Die Benotung ist in Ihrem Fall nicht einfach, da Sie einen Sonderweg gegangen sind. Insgesamt bewährt er sich *nicht*. Man kann wegen der vielfältigen Beschränkungen, die die Blogs dem Inhaber auferlegen, keine wirklich gute Webseite daraus basteln. Es geht nicht.

Was zu machen geht, das haben Sie recht tapfer unternommen, als Notlösung erscheint es uns gar nicht mal so übel. Die "Titelaufnahmen" werte ich vor allem wegen des potthäßlichen, kindlich-blöden Booklooker-Erscheinungsbilds ab.

Benotung der Webseite: Äußere Gestaltung/ Eingangsseite ... 3
Einführungs-, Vorstellungs- und Erklärungstexte ... 1-2
Titeldarstellung, Titelaufnahmen ... 4

Zur Ermittlung der Gesamtnote zählen jeweils

Äußere Gestaltung/ Eingangsseite ... 40 %
Einführungs-, Vorstellungs- und Erklärungstexte ... 20 %
Titeldarstellung, Titelaufnahmen ... 40 %

Damit kommt die Webseite der Kollegin Jäger = Anthro-Antiquariat auf die doch erträgliche Gesamtnote 3-