Montag, 28. September 2009

Absatzförderung im Antiquariat durch ein gemeinsames Verkaufsportal


(...und wieder grüßt das Murmeltier...)


Absatzförderung im Antiquariat, die dauerhaft gelingen soll, erstreckt sich immer auf den gesamten Markt, sie umfaßt alle Händler, alle Webseiten, alle Verkaufsdatenbanken.


Melker und ihre Milchkühe > Gewinnorientierte Bücherportale

Die gewinnorientierten Bücherdatenbanken sind in einer schwierigen Lage. Sie dürfen eine allgemeine Verkaufsförderung nur insoweit wünschen, als sie selber davon profitieren können, ohne daß andere Bücherdatenbanken oder andere Vertriebswege daraus mehr als unbedingt notwendig Nutzen ziehen. Die gewinnorientierte Bücherdatenbank, das Bücherportal, klopft deshalb jede Verkaufsförderung daraufhin ab, ob sie ihr (und nur ihr) nützt.


Die Lösung > Das genossenschaftliche Bücherportal

Um 1998 hatte ich, ganz am Anfang der erweiterten Hess-Runde, erstmals den Genossenschaftsgedanken auf unsere zu erwerbende Bücherdatenbank angewendet. Das lag, wie es oft vorkommt, in der Luft, und auf den Monat zeitgleich, von uns völlig unbemerkt, hatte TomFolio in den USA die gleiche Idee parallel zu verwirklichen begonnen.

Ich hatte noch auf der ersten Gründungsversammlung eine niedrigschwellige Organisation für a l l e Antiquare gefordert. Das wurde abgelehnt, mit den bekannten Folgen.

Wir sind nun wieder am gleichen Punkt. Einige der damaligen Grundbedingungen sind die nämlichen geblieben.

Der deutschsprachige Buchmarkt ist fast völlig abgeschottet vom Rest der Welt. Kein Schwein liest außerhalb unserer Sprachgrenzen heute noch Deutsch. Diese besondere Ausgangslage ermöglicht es uns, unseren Absatzmarkt *monopolartig und vollständig unter unsere eigene Kontrolle zu bringen.

Um dies zu erreichen, nützt uns vor allem e i n Werbeargument: Nämlich daß die eindeutige Mehrheit, potentiell a l l e Buchantiquare im deutschen Sprachgebiet, T r ä g e r des Verkaufsportals ist/ sind.

Das bedeutet, daß wir zur Bewerbung unseres eigenen Portals fast kein Werbegeld brauchen, denn das beste Werbeargument

*sind wir selbst.


Die "Individualisten"

Da ich selber ein reichlich individueller Antiquar bin, habe ich großes Verständnis für das Grundgefühl, "meine hübsche eigene Firma" zu besitzen, sie auszubauen, in Odnung zu halten und zur Blüte zu führen. Aber man kann mit einer Gruppe von N u r - "Individualisten" keine Absatzförderung auf die Beine stellen, die diesen Namen verdient. Wir können eben nicht, wie andere Verkaufsringe und Geschäftsbündnisse, Waren gemeinsam einkaufen, Absatzwerbung für standardisierte Artikel gemeinsam gestalten, auch werden wir keine Apothekenrundschau in Millionenauflage verteilen.

Ich hatte bis vor 10 Tagen, als ich vor dem E i n z e l - Webseitentest stand, noch die Idee einer korporativen Zusammenarbeit, einer Art Ringtausch, für möglich gehalten - Ideen, die Kollege RFMeyer vorträgt, sind eben zunächst einmal überzeugend. Dann kam mein (Einzelwebseiten-)Test, und von Tag zu Tag war ich mehr enttäuscht und bestürzt über das Resultat. Wie zum Hohn begrüßten mich dort auch die letzten, außerordentlich schäbigen Reste genossenschaftlicher Arbeit in den Vermerken zur "Qualitätsseite".

Dieses traurige Ergebnis hatte ich nicht erwartet - die Antiquare sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zu einer Gruppen- und Ring-Zusammenarbeit mit Hilfe eines Verbunds ihrer eigenen Webseiten nicht fähig. Das geht einfach nicht. Bescheiden wir uns mit dieser Erkenntnis.


Das Portal als beste Chance zur Absatzförderung

Der Kollegen-Webseitentest war für mich persönlich sehr wichtig. Es mag auch Trotz dabeigewesen sein, denn an die Aufgabe, die Portale zu testen, hätte ich mich sonst nicht herangewagt. Jetzt aber war mir klar geworden: Wenn es nur die Portale sind, die uns im Absatz weiterbringen können, dann muß ich mir diese Portale näher anschauen!

Das Ergebnis ist noch viel niederschmetternder als der Blick auf die Kollegenwebseiten. Gerade weil ich auf formale, eigentlich ganz selbstverständliche Kriterien wie klare, schnelle Lesbarkeit usw. höheren Wert gelegt hatte als auf das Beiwerk, das gemeinhin an unseren Portalen kritisiert oder gelobt wird, ist das Testresultat eindeutig überwiegend schlecht bis sehr schlecht.

Ich habe keinen Zweifel daran, daß die "Entscheider" unter unseren Kunden eine wirklich gute Datenbank als wohltuend empfinden, daß sie durch mittelmäßige Datenbanken wie etwa das ZVAB ziemlich geärgert werden und daß sie aus schlechten Portalen angeödet schnell wieder fortgehen.

Das wichtigste Argument, das für ein gemeinsames Bücherportal spricht, ist dies:

Nur hier können wir, sozusagen gratis, ein entscheidendes Werbeargument im Wert vieler 10.000 Euro geschenkt bekommen: Daß dieses Portal "unser" Portal ist, daß es die Datenbank der deutschen Antiquare ist.


Die "Entscheider" sitzen im Kulturbetrieb. Das sind die Feuilletons, die Kulturabteilungen der Fernsehsender, die Sprecher der Bibliophilengesellschaften usw. Auf sie wirkt das Argument "Unsere Datenbank" dann geradezu elektrisierend und faszinierend, wenn dahinter ein ziemlich einstimmig auftretender Berufsverband der Antiquare steht.

Der sollte, nach den desaströsen Erfahrungen mit dem deutschen Genossenschaftsrecht, nur locker gewoben sein, am besten in Vereinsform.

Wer genauer hinsieht, entdeckt bei ZVAB wie bei Abebooks in der Werbung (übrigens am Rand des rechtlich Zulässigen), daß und wie sehr diese privaten Datenbanken von der Sehnsucht erfüllt sind, für "die deutschen Antiquare" zu sprechen, d a s "deutsche Antiquariat" zu sein. Sie haben erkannt, welcher ungeheurer Goodwill im Kulturbereich durch diese Formulierung zu mobilisieren sein k ö n n t e.


Eine solche Planung kann nur unabhängig von den inzwischen 5-6 bestehenden Gliederungen der Antiquare geschehen. Sie läßt parallel zu ihnen durchführen, locker vom Hocker. Die Kollegen sind da wie scheue Rehe, die man schon durch hastige Bewegungen ins Gebüsch jagen würde. Eine lockere Vereinsform genügt, mit minimalen Pflichtbeiträgen, um die große, neue Werbung zu ermöglichen.

Ich bin, nachdem ich dieses Wochenende gesehen habe, wie schlecht in den meisten unserer Portale gearbeitet wird, davon überzeugt, daß eine wirklich gute Datenbank werbepsychologisch ein Sehen wäre. Sie besitzt das, was ich eine "natürliche Autorität" nennen möchte.

Deshalb schlage ich folgenden Weg vor:

Alles konzentriert sich auf die neue Datenbank. Es geht n u r um die neue Datenbank.

Die neue Datenbank berechnet nur die Selbstkosten. Viel billiger als in den anderen Datenbanken kanns wohl aufs erste nicht werden - das kann sich aber ändern und w i r d sich ändern, wenn die abebooks-Amazon-ZVAB-Monopolzange zugekniffen hat.

Namenswahl und Werbung sind vom ersten Tag an auf das große Ziel einzustellen (was eine wettbewerbsrechtliche Gratwanderung ergibt -läßt sich aber durchziehen) - d a s Portal d e r Antiquare in D, CH, A zu sein..

Nun erst kommen wir zum entscheidenden Punkt.

Wir können, wenn es sich erst einmal um "unsere" Datenbank handelt, in ganz anderer Form für dieses unser Absatzinstrument w e r b e n und uns dafür engagieren. Dabei hilft uns das größte, mit Geld kaum zu bezahlende Werbeargument im Kulturbereich - nämlich "die" Datenbank "der" Antiquare zu sein.



William Cooper hält das Murmeltier Phil in Gobbler's Knob, einem Waldstück bei Punxsutawney (Pennsylvania), auf seinem Arm. - Das Filmfoto gehört dpa, wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.