Mittwoch, 1. Juli 2009

Ein jugendliches Image für das Antiquariat schaffen!




Irgendwo wird der Feldzug eröffnet. In aller Regel steht das auslösende Ereignis in keinem Verhältnis zum späteren Ausmaß des Krieges, wohl aber ist es meistens symptomatisch für die Grundtöne des Konflikts, ob es sich nun um die Emser Depesche, die Schüsse in Sarajewo oder den getürkten Überfall auf den Gleiwitzer Sender handelt.

Antiquare dürfen schon auch einmal historisch-feierlich argumentieren, sind sie doch die Hüter der zuständigen Literatur. Und so betrachte ich den Imprimatur-Skandal, auf dessen Ausfechtung ich übrigens mit alemannischer Zähigkeit bestehen werde, als Beginn einer Operation, die im gesellschaftlichen Maßstab nahezu bedeutungslos erscheint, für unser Gewerbe aber entscheidend werden könnte:

Wir beginnen nun mit dem Umbau unseres Images.

Jenseits aller fachlichen Einzelgründe, deren wir uns von Fall zu Fall ja liebevoll angenommen haben, fehlte bisher die große Linie. Wir beobachten seit Jahren einen Rückgang unseres Absatzes, einen großflächigen Preisverfall und das Wegbrechen ganzer Sachbereiche, etwa der deutschen Literaturgeschichte, der Theologie, der Kunstgeschichte. Die nun ja schon "alte" Dame Ebay hält uns gnadenlos den Spiegel vor, numeriert unsere kariösen Zähne, verschweigt uns aber die Adresse guter Zahnärzte.

Die große Linie - sie muß bestimmte Kriterien erfüllen. Schon ein flüchtiger Blick auf unser Gewerbe zeigt dem Betrachter, daß die geradezu peinliche Separierung, die Auftrennung und Einkästelung des Antiquariats in sich teilweise überschneidende Organisationen unbedingt hinderlich, schädlich sein muß. Die schüchternen Versuche, Meta-Gruppen zu bilden, ein Verfahren, das uns Altbuchhändlern von den Meta-Suchmaschinen her ja vertraut sein sollte, sind gottsjämmerlich gescheitert, nicht zuletzt dadurch, daß sich der Börsenverein bisher fast allen Chancen und Möglichkeiten verschloß, seinerseits die Mittlerrolle zu übernehmen und Meta-Einrichtungen für das Antiquariat zu schaffen. Wo er es in Ansätzen geleistet hat, etwa im Schulungswesen, blieb er eher zaghaft.

Die große Linie muß allen Zweigen und Betriebsarten des Antiquariats gerecht werden, sie muß jedem immer nur denkbaren Antiquariat nützen können! Damit ist ein großes Wort ausgesprochen, scheint diese Forderung doch bisher unerfüllbar.

Nun sind wir, dies danken wir dem Imprimatur-Jahrbuch, ein Stück vorangekommen. Denn der damit verbundene Skandal ist in seiner Schädlichkeit für unser Gewerbe derart offenkundig, wir bekamen die damit verbundenen Dreistigkeiten dergestalt mit dem Holzhammer übergezogen, daß wir alle aufgewacht sind. So schlimm also steht es mit den wertvollsten Arbeitsmitteln, mit den besten Werbeträgern des Antiquariats, - mein Gott! Wie konnte es so weit kommen?

Und in diesem Augenblick wurde uns klar: Unser Image ist offensichtlich durch diese und ähnliche Praktiken, noch mehr aber durch Unterlassungen, seit längerer Zeit schwer beschädigt.

Ich habe die hinter dem Imprimatur-Skandal stehende Tendenz als "greisenhaft" gebrandmarkt. Das ist nicht zwingend - es gibt auch bornierte, eigensüchtige und arrogante "junge" Zeitgenossen. Wir tun gut daran, uns nicht auf negative Ziele einzuschießen, sondern sogleich und von Anfang an einen positiven, schönen Horizont ins Auge zu fassen.

Deshalb formuliere ich:

Das Image des Antiquariats - vom kleinen Lädelchen bis zum Edelkollegen mit Messeware - muß sofort und in einer großen Kraftanstrengung umgewandelt werden vom Greisenhaften zum Jugendlichen.

Die erste, ganz einfache Begründung dafür liegt in dem unmittelbar bevorstehenden Strukturwandel, den wir verachtete Ebay-Billighuber viel früher spüren und ausmachen konnten als die anderen Kollegen: Es vollzieht sich die Umgestaltung des Antiquariats zum reinen Sammlermarkt.

Das alte Buch wird demnächst nicht mehr "gebraucht". Wer alte Bücher "braucht", der erhält sie elektronisch. Diesen Wandel können wir uns nicht schnell genug denken. Was an urheberrechtlich geschützter (und nicht trotzdem übers Netz greifbarer...) Literatur bleibt, das wird gebraucht derart billig, daß sich herkömmliche Antiquariatstechniken zu seiner Bearbeitung nicht mehr lohnen. Im Grunde sind wir heute schon so weit.

Fazit: Wir werden zu Agenten eines Sammlermarktes. Das ist nicht schlecht, denn Sammler sind sehr treue und dankbare Kunden. Die Sache ist nur die - wir müssen den Sammlermarkt "Altes Buch" erst einmal richtig ankurbeln.

Dazu brauchen wir vor allem ein Image, das jüngere Menschen anspricht. Dieses junge, neue Image des Antiquariats, bezogen auf Büchersammeln (nicht Bücher nutzen oder brauchen) muß vom Start an völlig anders aufgebaut werden.

Dazu gehört auch, daß wir dafür sorgen, die Erschließungsmittel, die Sekundärliteratur unter unsere Kontrolle zu bringen. Arbeitsmittel wie das Imprimatur-Jahrbuch müssen zum Preis wissenschaftlicher Taschenbücher verbreitet werden. Das darf anders überhaupt nicht sein. Auf Autoren wie Verbände ist hier einzuwirken.

Aber täuschen wir uns nicht - es genügt nicht, so zu tun, als würden wir uns ein neues Image aufpappen, es uns auftünchen. Die Wandlung zur Jugendlichkeit muß von innen her kommen.

Ein Beispiel für die zu lösenden Kernaufgaben ist ein jugendliches, neues, allgemeines Logo für das Antiquariat. Seit C.G. Jung kennen wir die tiefere Bedeutung solcher Symbole, solcher Zeichen.



Oben stellvertretend ein jugendliches Logo aus ganz anderem Zusammenhang, das leider heute fast nur noch - - Greisen vertraut ist.