Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Freitag, 3. Juli 2009
ABAA - strategy : bad marks
1.
"books, maps, autograph letters, and printed matter"
Jetzt wissen wir wenigstens, wo die verunglückte Formulierung im GIAQ-Grufti-Katalog herkommt - schlecht übersetzt aus dem Vorwort zum ABAA-Katalog. Abschreiber haben kurze Beine. Und sie müßten mal nachforschen, was "printed matter" auf deutsch hier meint.
2.
"Users can browse and purchase...with the confidence that they are buying from knowledgeable booksellers at a venue that is easy and safe to navigate."
Es ist schon fatal mit der Angeberei. Auf mich wirkt das schamlos, mit der Vielfalt der beteiligten Kollegen im Hinterkopf pauschal von "kenntnisreichen" Antiquaren zu sprechen, wobei, das muß man da einrechnen, der US-Begriff im Anklang "viel wissen" mitbringt, also etwas anspruchsvoller daherkommt als unser deutsches "kenntnisreich". - Diese verkorkste, vermurkste Portal als "easy to navigate" zu bezeichnen ist angesichts der grauenvollen Präsentation der einzelnen Datensätze - - etwas keck.
3.
"It is an essential part of our marketing plan to try to persuade our members to upload to ABAA before they go to ABE or elsewhere. It's in our members' interest because our site will charge no commission. And it will be the most effective way to get the news out that ABAA is where the best books go first, and is therefore a site to watch and a site where collectors should enter their wants."
Wohin gebührenfreie ehrenamtliche Arbeit führt, wissen wir inzwischen. ABAA sollte sich mal bei der GIAQ umhören... Die Grundidee ist übrigens nicht durchdacht, das kann einfach nicht klappen auf dem US-Datenbankmarkt, wie wir ihn kennen. Hier haben Idealisten einen schönen Plan aufgestellt, der - wenn überhaupt - nur unter Anspannung aller Kräfte eine Chance haben würde.
Das erinnert natürlich fatal an die GIAQ, die ihre Datenbank auch mit hohen Zielen befrachtet hatte, dann aber durch klägliche Fehler in Taktik und Strategie seither zum Dahindümpeln verurteilt ist. Halten wir fest: Der Elitegedanke "the best books first" ist an und für sich überdenkenswert - - womit wir übrigens beim aktuellen ILAB-Skandal sind.
Sagen wir mal so: Für das ABAA-Projekt wären die besten Kräfte, die genialsten Portalbauer gerade gut genug gewesen. Läßt man aber blutige Stümper dran, dann ist das Scheitern von vornherein besiegelt.
4.
"We are working to create a system whereby subscribers to our new site can upload their books and have them subsequently -- with a delay of each subscriber's choosing -- uploaded to commercial bookselling sites. "
Auch hier alte Bekannte - wie sich die Dinge doch gleichen auf beiden Seiten des Ozeans. Der Grufti-Katalog der Quack, jenes Groschengrab der besten Kollegen, soll ja auch "nach einer gewissen Zeit" hochgeladen werden ins Netz. Nur ist diese Idee allemal fragwürdig. Es muß um die Grundfrage der Alleinstellung überhaupt gehen. Bekomme ich nur Titel in meine Datenbank, die auf kurze Frist allein bei mir, dann aber im weiten Netz zu finden sind, dann führt das zu gar nichts.
Was mir gerade mal so einfällt: Kann es sein, daß wir in Deutschland in solchen strategischen Fragen weiter sind?
5.
" And wasn't it only a few years ago that everyone was all abuzz about selling on e-Bay? Now with that site seeming largely a dumping ground for unsaleable and often-defective retail or, as e-Bay calls them, "Buy it Now" items, the percentage of sales to listings, which seems to be a closely-guarded e-Bay secret, can't, as far as I can tell, be much more than twenty percent. "I'm tired of getting burned," is a complaint I regularly hear."
Wer so halbverdautes Zeug schreibt über die aktuelle Situation bei Ebay-USA, der kann allerdings auch sonst keine Absatzstrategie auf die Beine stellen. Dieses statement ist teils Wunschdenken, teils stimmt es einfach nicht.
6.
Ich vermisse in den ABAA-Überlegungen schmerzlich ein viel direkteres und offensiveres, punktgenaues strategisches Einbeziehen von Abebooks und von Amazon. Nochmals: Hier sind wir in Deutschland offenbar viel weiter in den strategischen Planspielen.
Ich vergesse nicht, daß es bei uns im deutschsprachigen Bereich grundsätzlich anders zugeht, hab ich doch selber seit über einem Jahrzehnt herausgestellt, daß unser spezieller deutscher Absatzmarkt weltweit einmalige Eingrenzungen im Absatz hat. Ich sage nicht "leidet unter", denn das ist auch eine Riesenchance für uns deutschsprachige Antiquare, wenn wir sie nur ergreifen.
Abschließend, ich mag die neue alte ABAA-Webseite nicht länger zerpflücken, ein Blick auf Tomfolio -
http://www.tomfolio.com/
wir bewundern eine geniale Gestaltung des Portalbereichs . Beachten Sie nur einmal vermeintliche "Kleinigkeiten" wie links den Streifen "other areas", die hübschen tagesaktuellen Beiträge, die zum regelmäßigen Wiederkommen einladen (viel geschickter übrigens als im ZVAB), genießen Sie aber vor allem Farben und Formen. - Und dann sehen Sie sich den graphisch-lesetechnisch nahezu perfekten Titelsatz-Aufbau auf der Suchergebnisseite an.
Das ist große Webseitenkunst!
Was soll da die kindische Portal- und Datensatzstümperei bei ABAA?
We are not amused.