Mittwoch, 15. April 2009

Was wir wollen

ANTI - Börsenblatt.net

Die Netzzeitung des angesehenen Börsenblatts für den deutschen Buchhandel betreibt in jüngster Zeit eine willkürliche, unerträgliche und unfaire Z e n s u r der ihr zugehenden Forenbeiträge. War in vergangener Zeit eine Eingrenzung solcher Beiträge, die persönliche Angriffe gegen Kollegen oder Institutionen enthalten mochten, unter der Spitzmarke "Bewahrung des Forenfriedens" noch verstehbar, mitunter sogar zwingend notwendig - so setzt Redakteur Biester neuerdings nackte p o l i t i s c h e, insbesondere gesellschaftspolitische Zensur durch. Im Stil metternichscher Geheimdiplomatie werden längere Beiträge o h n e B e g r ü n d u n g ganz gelöscht, nach außen hin wird dieses unedle Tun, wenige Meter von der Frankfurter P a u l s k i r c h e entfernt, schamhaft verschwiegen, v e r h e h l t.

Nun ist es nicht meine Sache, einer Redaktion ins Gewissen zu reden, auch dann nicht, wenn ich politische Zensur für besonders v e r ä c h t l i c h halte, insoweit die Trägerschaft, hier der Börsenverein, von ihrer Satzung her zur gesellschaftspolitischen Neutralität verpflichtet ist. Ich weigere mich, unter diesen demütigenden Umständen in einer Netzzeitung zu schreiben, die ihren Redaktionssessel mit Metternichschen Spiegelkabinetten verwechselt. Von Fall zu Fall nehme ich dennoch zu einzelnen Fragen Stellung, die dort im Kommentarforum angeschnitten werden.

Zu diesem Zweck habe ich das "ANTI-Börsenblatt" eingerichtet. Wer sich als Redakteur verhält, als hätten wir das Jahr 1848, dem kann und darf mit gleicher, zugegebenermaßen etwas altmodischer Münze heimgezahlt werden.

Um Mißverständnisse zu vermeiden: Hier nehme ich, ganz im alten Stil meiner Zuschriften, zu bestimmten S a c h fragen des Antiquariats Stellung, gerade so, als ob ich weiterhin Leserbriefe schreiben würde.

Unter "Quelle" wird immer "börsenblatt.net" verstanden.


1.
Quellenzitat Anfang:)
(Hervorhebungen von mir. Meine Antwort bezieht sich auf die hervorgehobenen Textstellen)

Antiquariat
Zersplitterung im Netz oder Stimmenvielfalt?

Antiquare und das Web 2.0.

Seit ein paar Tagen gibt es neben einer neuen Antiquariatsguppe bei Facebook ("Antiquaria") ein weiteres einschlägiges Weblog, begründet von dem Berliner Antiquariatsbuchhändler Rainer Friedrich Meyer.

Die beiden bislang von Meyer eingestellten Beiträge – kritische Anmerkungen zur Lage des Online-Antiquariatshandels – stehen unter der Überschrift "Normierung versus Individualität" und "Ach, diese Plattformen".

Aus dem zweiten Text, heute publiziert, sei hier ein längerer Abschnitt zitiert: "Wenn die Antiquare nun auf Web 2 setzen müssen, dann ist das durch eben diese Plattformen bedingt: sie haben sich von der technischen Entwicklung und den gestalterischen Möglichkeiten überholen lassen. […] Kundenanbindung gleich Null. Jeder hiesigen Plattform kam es einzig darauf an, viele Bücher in sich zu versammeln und die über ihren Warenkorb zu manövrieren. Daß Kunden Antiquare vorziehen, mit denen sie ein- oder mehrmals gute Erfahrungen gemacht haben – wer dächte soetwas? Also, all die schönen Möglichkeiten wie eigener Laden in der platten Form, Rundschreiben zu Sonderangeboten, Neuerwerbungen, Katalogen und Listen etc. das gibt es – aber nicht hierzulande. Man sollte Zitronen ausloben als Preise für Innovationsfeindlichkeit. Was blieb den Antiquaren anderes übrig, als sich auch im Netz mit eigener Präsenz selbständig zu machen?"

Die Beiträge können von Leserinnen und Lesern kommentiert werden.

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(Antworten)

Nr. 4
4. Verfasser = Klaus Medeke 15.04.2009 08:03h http://www.antiquariat-ffm.de

Es wird vielen Kollegen sicher ähnlich gehen wie mir: weder habe ich die Zeit noch die Lust, von Blog zu Blog und von Twitter zu Twitter zu hetzen, um aus oftmals nur aus wenigen Worten bestehenden "Anreißern" auf den Inhalt der sich dahinter verbergenden Information schließen zu können und häufig dann eben doch zu erleben, dass mal wieder persönliche Empfindlichkeiten bedient wurden und der Informationsgehalt (wenigstens für mich) gleich Null war.

Daher meine (womöglich irrtümliche) Erwartung, dass es hier (Börsenblatt) um existentielle Probleme der Antiquare geht. Und die Abhängigkeit, in die sich unsere Branche von den großen Plattformen gebracht hat, erscheint mir bei weitem nicht so randständig wie vieles Andere, das hier zur Veröffentlichung gebracht wird.

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Nr. 5
(Verfasser = Redakteur Biester)

@4 "Zersplitterung im Netz oder Stimmenvielfalt?" ist ja gerade die Überschrift dieses Eintrags, mit dem Fragezeichen stellen wir das Thema ausdrücklich zur Diskussion. Meyer hat die Frage für sich auch schon beantwortet – ich meine: in sehr treffender Weise. Andere gehen in eine ähnliche Richtung; ich halte das für ein Gebiet von größter Bedeutung, deshalb behandeln wir es hier.
Einen Teil der Antwort auf Ihre Anfrage geben Sie übrigens anderer Stelle selbst. Zitat aus Ihrem Firmenporträt: "1996 haben wir begonnen, einen Teil unseres Angebots ins Netz zu bringen. Die eingehenden Bestellungen ermutigten uns dazu, diesen Weg konsequent weiter zu verfolgen. Ende 2001 haben wir unser Ladengeschäft geschlossen. Seitdem verkaufen wir unsere Bücher nur noch übers Netz und erstellen in unregelmäßigen Abständen Kataloge."
Kann man sich aus dieser Abhängigkeit wieder befreien? Ich bin da ziemlich pessimistisch.
(Ende der Quellenzitate)


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Werte Antiquare,

wieder einmal darf ich die Kollegen bitten, systematisch zu denken. Wir sollten uns vor jeder konkreten Planung mit den G r u n d f r a g e n auseinandersetzen. Ich führe heute einmal vor, wie das geschehen kann (es gibt viele andere Vorgehensweisen): Man kann versuchen, "Gesetze" zu formulieren und sie dann auf ihren Wahrheitsgehalt gemeinsam abklopfen.


A.
Gesetz von der sinnlosen Qualitätseinrede

Die großen Bücherverkaufsplattformen, hier ZVAB, Abebooks und (demnächst) Amazon sind s e h r gut organisiert. Die dort geforderten Gebühren sind, solang die gegenwärtige Konkurrenzsituation im deutschen Sprachbereich anhält, vertretbar und nicht überhöht. Äußere Gestaltung und gebotene Zusatzdienste erscheinen auch dem kritischen Auge gut bis voll befriedigend.

Es hat überhaupt keinen Sinn, über angebliche oder tatsächliche Qualitätsmängel bei den drei erwähnten Häusern zu diskutieren. Die gibt es zwar immer wieder einmal, aber sie können vernachlässigt werden, ob es um unsägliche Titelaufnahmen kleiner Kollegen geht, um kurzzeitige Serverausfälle oder um ungeschickten Umgang der Dienstleister mit uns Antiquaren.


B.
Gesetz von der Unfähigkeit der GIAQ

Nach meiner in der Vergangenheit in vielen Beiträgen begründeten persönlichen Einschätzung ist die Genossenschaft der Antiquare mit ihrem unaussprechbaren Namenskürzel aus noch unerforschter Ursache einfach nicht in der Lage, zufriedenstellend zu arbeiten. Weder gelingt ihr die dringend notwendige, ganz massive Erweiterung ihres kümmerlichen Häufleins der beteiligten Genossen, noch kann sie, weiterhin nach meiner Einschätzung, eine ordentlich daherkommende Datenbank bauen - meine letzte werbetechnische und ästhetische Portalkritik von Prolibri ist dermaßen schlecht ausgefallen, daß ich sie um des lieben Friedens willen erst gar nicht veröffentlicht habe. So geht es nicht - zumal der beste ihrer Einfälle, die Erweiterung der Buchabbildungen, an dem nicht zu leistenden Zeitaufwand für den einstellenden Antiquar scheitern mußte.

C.
Gesetz von der Arroganz und Trägheit des Verbands (der Antiquare)

D.
Gesetz von der wunderbaren Untätigkeit der AG (der Antiquare im Bösenverein)

E.
Gesetz vom rätselhaften Verschwinden der Internet-Antiquare (Höfs)

F.
Gesetz von der unheilvollen Lähmung des Börsenvereins

Die Begründungen zu den Punkten D bis E. dürfen bei regelmäßigen Lesern meiner Zeilen als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden. Was aber hat es mit dem Börsenverein und den Antiquaren auf sich?

Eine erstaunliche Betriebsamkeit entfaltet Börsenblatt.net immer dann, wenn es um Nebenfragen geht. Das ist ganz hübsch und wir hören tatsächlich recht gern etwas über Ladendetails, über Verkaufsmessen, über Absatztrends und das Ergehen unserer Kollegen in Tasmanien. Und ich ziehe den Hut vor der Art, in der die Fortbildung der Antiquare im Börsenverein derzeit angegangen und durchgezogen wird.

Irgendwie aber erinnert mich das ganze Tun im Börsenverein, Abteilung Antiquariat, an die lauthalsen Rufe eines Einbrechers, der sich zum Fenster hinauslehnt und schreit "Haltet den Dieb". Mit der durchaus löblichen Betriebsamkeit soll die bittere Wahrheit übertüncht werden, daß

*der Börsenverein die gegebene Trägerschaft wäre für eine allgemeine Berufsorganisation der Antiquare,

daß er in einer seltsamen L ä h m u n g aber genau diese Aufgabe nicht übernehmen will. Wenn die Buchhändler vor 150 Jahren auch schon so unbeweglich gewesen wären, würden sie ihre Selbstorganisation nie zuwege gebracht haben.

Die Gründe, vorgebliche und tatsächliche, sind ja bekannt, im Kern (Beitragsfrage) erscheinen sie angesichts der Chancen und der Ausgangslage geradezu kafkaesk, lächerlich und peinlich.


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Aus diesen Gesetzen, zu denen noch viele weitere kommen, ergibt sich für den Augenblick ganz klar:

Die Berufsgruppe der Antiquare kann ihre Probleme nur über eine allgemeine O r g a n i s a t i o n lösen.

Wir sind wieder angekommen an der Grundfrage, die vor 10 Jahren zur Gründung der Genossenschaft geführt hatte.

Über Grundfragen, verehrter Kollege Medeke, muß diskutiert werden, Sie haben unbedingt Recht. Was mir noch einfällt:

1.
Eine starke Berufsorganisation der Antiquare sollte Dinge nicht mehr "selber machen". Wir haben am Beispiel der Genossenschaft gesehen, daß das irgendwie nicht geht. Vielmehr kann und muß sie, die Berufsorganisation, d e l e g i e r e n oder, genauer formuliert,

*Macht ausüben.

Es kommt darauf an, daß e i n e Datenbank von den Antiquaren kontrolliert wird. Sie kann uns dann weder weggenommen noch zu Pressionen mißbraucht werden. Unser abgeschotteter deutscher Lesebereich ermöglicht ein Vorhaben dieser Art.

2.
Wir müssen endlich unsere Hausaufgaben machen, was die

*Verkaufsförderung

angeht. Redakteur Biester sieht das ganz richtig, wenn er beim Antiquaria-Programm, also der Zusammenarbeit mit dem Neubuchhandel, Diskussionsbedarf ausmacht. Hier sind neue Bündnisse möglich! Der Neubuchhandel ist in einer ganz fürchterlich gefährlichen, zugleich aber auch belebenden Umbruch-Situation, in der wir mitreden können - und wie!

3.
Über irgendeine Art der Preisregulierung und der gemeinsamen Arbeitserleichterung im Versand sollte man mindestens diskutieren. Tausend Kollegen wuseln brav vor sich hin, als gebe es keine Alternative zum Päckchenpacken in der Wohnküche und zum schamhaft-diskreten Preisunterbieten der Konkurrenztitel. .

Undsoweiter....

Das soll eine Leserzuschrift bleiben, darum sehe ich die äußere Form meiner Beiträge hier ganz locker. Ab und zu gibts einen neuen Kommentar, mehr ist nicht beabsichtigt.