Das ist eine Persiflage! Leider sehe ich, daß zwei erboste Leser den Text für bare Münze genommen haben - o Gott. Leute, ein privater Blog ist keine weihevolle Webseite.
Orangenbaum sagt heute in RFMeyers interessantem Blog, ich zitiere:
"(...)Hätten diese Kollegen, hätte wenigstens einer dieser Kollegen jemals in einer größeren marktwirtschaftlichen Struktur gearbeitet, jemals nennenswerte Budgets verwaltet, jemals Marketing- oder Einkaufsverantwortung in nennenswerten Bereichen der “normalen” Wirtschaft getragen, dann gäbe es weder dieses arme Pflänzlein von Datenbank, noch diese ewig gleiche, durch alle Foren, Blogs und sonstigen Sümpfe mäandernde Diskussion über das Datenbänklein.
Denn: wenn ein kaufmännisch ausreichend gebildeter Mensch es in die Führungsreihen geschafft hätte, dann sähe die Datenbankwelt heute anders aus! Entweder prolibri wäre der Marktführer, oder prolibri wäre geschlossen worden.
Eine Datenbank, eine Genossenschaft, bei der sich die in Verantwortung stehenden etwas darauf einbilden ehrenamtlich tätig zu sein, diese Datenbank, diese Genossenschaft hat heute das Schicksal zu tragen, das sie verdient! Es ist eine völlige Torheit eine Datenbank, eine Genossenschaft ehrenamtlich führen lassen zu wollen. Das Ehrenamt ist in diesem Falle das uneffektivste und damit teuerste Instrument, das nur vorstellbar ist. Diese Art von Ehrenamt dient ausschließlich der Eitelkeit der Protagonisten! (...)."
Ende des Zitats.
Dagegen kann man Argumente ins Feld führen.
Ich war immer wieder überrascht, daß solche Kollegen, die sich als "Kaufleute" verstehen und auf ihre kaufmännische Fachausbildung einigen Wert legen , in strategischen Fragen unseres Gewerbes besonders instinktunsicher sind.
Der Beruf des Antiquars setzt ein tiefes Einfühlen voraus in die Seele des Bücherkäufers und Büchersammlers. Wir erinnern uns an Kollegen Plochers gar nicht so unebenen Aufsatz über die "Erotik im Antiquariat", es ist wohl noch mehr dahinter; eine
*Psychoanalyse des Antiquariats,
der Antiquare und der Büchersammler muß geleistet werden.
Davon hat die eher kaumännische Gilde unter uns wenig Ahnung.
Büchersammler sind streckenweise Spinner, Neurotiker, Halbirre, verdrehte, oft schier zerstörte Menschen, sie sind nicht selten Fehlentwickelte, Problematische. Das Sammeln alter Bücher geht einher mit Selbstmord, tiefer Depression, krankhafter Besitzgier. Insgeheim wird das alte Buch gestreichelt wie eine Frauenbrust, man beobachte nur einmal echte Bücherliebhaber beim Betasten eines Buchs. Es wird an ihm gerochen wie an einer schönen Frau, das Buch im Regal zuhause hat Qualitäten des hochhackigen Frauenschuhs, aus dem der Einsame Sekt schlürft, es kann aber auch (bei mir zum Beispiel) Züge annehmen von der zugemüllten alten Frau und ihren aufgetürmten alten Zeitungen und Plastiktüten.
Zwischen alten Büchern wird geliebt (sie isolieren gut und Frauen empfinden Bücherstapel als Unterlage erotisch ), es wird dazwischen gestorben, bis sich die langen weißen Käfer in die Wohnung darunter ringeln. Oder der heilige Bücherschrank wird angebetet, kniend verehrt unser Kunde den Schrein mit Goethes Erstausgaben, erregt schnuppert er an Düsseldorfer Gazellenleder aus Schäfers neuem Einbandkatalog. Einsame sind unsere Kunden, Besessene, Maniker jeder Sorte hinter ihrer Fassade des Unauffälligen, der stillen grauen kulturvollen Maus.
Weil sich das so verhält, kommen wir mit den uns von Ihnen, lieber Orangenbaum, angeratenen Kaufleuten nicht weit. Wir brauchen weit eher Künstler jeder Couleur und immer wieder Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeuten als Ratgeber im Verkauf und zur Absatzstrategie-Planung alter Bücher.
Deshalb tadle ich bei Fehlplanungen im Antiquariat zuallererst immer unsere Instinktlosigkeit. Wir müssen uns in die verquere, verstaubte, kranke Seele unserer Kunden hineindenken, hineinfühlen - und dann nicht anders vorgehen als der Rauschgifthändler, der sein Narkotikum an die vor Begierde zitternde Kundschaft vertickt.
Nur wenn wir sensitiv planen, als Konsilium gestandener Psychologen pfeiferauchend am runden Tisch unserer eigenen Landesklinik sitzen - dann kann es etwas werden mit unserer Verkaufsdatenbank.
Es ist uns wegen der Besonderheit unserer Klientel nicht möglich, unsere Kernaufgaben einfach zu delegieren an ein kaufmännisches Management. Überall dort, wo wirs tun, kommt Widersinniges, Unnützes heraus , ob es sich um jene finsteren Gestalten handelt, die ebenso frech wie gefühllos Versteigerungsergebnisse verhehlen und verscherbeln - eine Mordtat an der Seele des echten Büchersammlers - oder um Messefachleute, die in Linz und anderswo vom Antiquariat wenig, vom Geschäft aber um so mehr Ahnung haben.
Wie das Problem lösen? Ich würde anregen, Antiquare mit reichlich Berufspraxis teilweise freizustellen und sie für ihre Arbeit an Datenbank- und Absatzprojekten stundenweise ordentlich zu entlohnen. Bei Biesters Schulunterricht wirds ja wohl so gehandhabt, ähnlich müßte auch die neue Datenbank geplant und unterhalten werden.