Dienstag, 14. Mai 2013

Untertitelprobe 24x36 cm 24,00 €

Dienstag, 30. April 2013

Echte, verfälschte und kopierte Holzstiche - eine Klarstellung


Holzstiche kennt nicht nur der Liebhaber älterer Bücher. Wer sich um Heimat- und Ortskunde, um Firmen-, Technik- oder Wissenschaftsgeschichte bemüht, stößt immer wieder auf diese besondere Reproduktionstechnik. Manch einen packt es dann, er fängt an, sich in die unendlich mühsam hergestellten Kunstobjekte zu verlieben, sie zu sammeln. Holzstiche haben ihren eigenen Reiz, sie sind - von einigen Übergängen um 1900 abgesehen - ganz unverwechselbar.


Nach zwei Jahrzehnten der Flaute - dem allgemeinen Preisverfall bei Graphik geschuldet - beginnt nun wieder eine bescheidene Konjunktur der Holzstiche. Sie erreichen wieder das Preisniveau, das sie um 1990 schon einmal innegehabt hatten, mit dem wichtigen Unterschied, daß die Quellenblätter seither viel seltener geworden sind und der Nachschub an alten Illustrierten und anderen Holzstichwerken knapp wird.

Denn Holzstiche kommen fast nur in den illustrierten Wochenzeitungen etwa zwischen 1850 und 1905 vor, von den großen Lexikonreihen und bestimmten gut bebilderten Monographien abgesehen. Einige Jahrgänge der "Gartenlaube" freilich oder das spätere "Über Land und Meer" sind, auch über Ebay, noch preiswert zu erwerben, aber jenseits der bekannteren Blätter wird der Nachschub knapp, der Markt verengt sich. Dem Sammler kann das nur Recht sein, denn so werden seine gekauften Blätter jetzt seltener, sie behalten ihren Wert.

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Soviel zur Marktlage. Was die Bereitstellung, das Anbieten der Holzstiche angeht, mag ich hier nicht zuviel aus der Schule plaudern. Es gibt im Vorfeld, also schon vor der Einstellung in die eigene Webseite, zu ZVAB- Abebooks und/ oder in den Ebay-Shop eine Reihe kleiner Berufsgeheimnisse - es hat seinen guten Grund, daß größere Holzstichsortimente nur von einer Handvoll Firmen angeboten werden. Ich werde ab sofort auch dazu gehören, nach langer Vorbereitungszeit.

Der Entschluß dazu ist nicht einfach. Neben dem Sammeln der Illustriertenbände, bei mir eine Arbeit von gut zwanzig Jahren, ist es vor allem der Aufwand an Arbeitszeit, der Sorgen bereitet. Anfänger kommen zu fürchterlich schlechten Zeitwerten, sie können, gemessen an den bescheidenen Absatzprozenten, nie zu einem befriedigenden Stundenlohn gelangen. Man muß schon sehr systematisch arbeiten und eiserne Ordnung halten, um auf diesem zähen, mühsamen Feld sein Auskommen zu finden. Der Laie mag es nicht glauben, aber dreiviertel des Reinertrags geht zu Lasten der Arbeitszeit, der Erwerb der Quellenblätter ist das sekundäre Problem.

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Im Bereich der Holzstiche wiederholt sich seit Neuestem ein Problem, das den Briefmarken-Markt vor vierzig Jahren erschüttert - und in der Folge fast zerstört hatte: N a c h d r u c k e  und  V e r f ä l s c h u n g e n.

Es scheint mir, daß die damit befaßten Kollegen sich  E b a y  als idealen Tummelplatz für solche düsteren Methoden ausgewählt haben. Während Ebay durch kleine, aber hochwirksame Zusatzmodule im Briefmarkenbereich inzwischen für einige Ordnung gesorgt hat - ich meine die Zwangsrubriken "echt" usw., die in jedem Einzelfall bestätigt werden müssen -, liegt bei den Holzstichen noch alles im Argen.

Soweit ich sehe, sind es zwei bedeutende Kollegen, die "Kopien", "Neudrucke" oder ähnlich benannte fotomechanische oder photoelektrische  Holzstich-N a c h d r u c k e  anbieten. Während sie, mit dem nötigen blumigen Schmus garniert, in den Angebotstexten immerhin klar zugeben, daß es sich um Kopien handelt, feiert die Täuschung in den Überschriften fröhliche Urständ: Das Wort "Original" wird teilweise in der Artikelüberschrift benutzt, wohl wissend, daß der getäuschte Holzstichkunde dann z u n ä c h s t  annehmen muß, es handle sich um  e c h t e  Holzstiche und den Artikel daraufhin anklickt. Weil  Google, das ist wichtig, ebendiese Ebay-Überschriften unverändert und prominent übernimmt, wird die anfängliche Täuschung in ihrer Wirkung auf den Kunden vervielfacht.

Man mag nun über das Anbieten von Kopien denken, wie man will. Ich halte es für falsch und, vom Standpunkt des Sammlers aus, für ein wenig unmoralisch. Will man es aber trotzdem tun, dann muß in der Überschriftenzeile das Wort "Kopie" oder "Neudruck" erscheinen. Wenigstens aber darf das Wort "Original" dort nicht hineingemogelt werden, unter welchem Vorwand auch immer.

Ebenso bedenklich und schädlich für das schöne Sammelgebiet ist jene Verschönerung, in Wahrheit aus der Sicht des Sammlers jene  V e r f ä l s c h u n g  der Holzschnitte durch Kolorierung. Es gibt eine ganz verschwindend kleine Zahl im Druck kolorierter Holzstiche, meist 1895-1905, die jeder Kenner schnell aufgezählt hat; ferner ganz wenige Holzstichwerke, die ankoloriert wurden. Das sind nicht einmal 1 % der Holzstiche insgesamt.

Mit wenigen Ausnahmen sind aber sonst alle als "koloriert" bei Ebay offerierten Holzstiche in neuester Zeit  n a c h koloriert, je nach Gusto läßt man das in China, in Rumänien oder vom künstlerisch begabten Neffen durchführen, mit etwas Geschick kommt man unter einem Euro zum Ziel. Die Farben sind entsprechend schrecklich. Aber auch wenn sie schön wären: Für den Sammler ist der kolorierte Holzstich vollkommen wertlos; Weiterverkäufe sind später einmal nur an "Dumme" oder gar nicht möglich.

Ich sprach oben von einer verhängnisvollen Parallele zum Briefmarkenmarkt. Dort waren es zwei gut angesehene große Firmen, eine in München, die andere in Braunschweig, die ohne jeden Anstand und völlig unschuldig-naiv ganze Markenalben als "Facsimile" herstellten oder sie von minderwertigen Falzmarken zu richtig vollgummierten Prachstücken "bearbeiteten" - China war übrigens damals schon unter den Fabrikanten. Die Dinge wiederholen sich.

Aus Ärger über die traumatischen Erlebnisse beim Wiederverkauf und Tausch sprangen viele Briefmarkensammler in der Folge von ihrem Hobby ab und bis heute lebt ein Heer halbverzweifelter Prüfer vom Erkennen und Signieren solcher Massenfälschungen und -verfälschungen.

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Gottseidank ist beides, die Nachkolorierung und die Ganzkopie, weitaus leichter zu erkennen. Dennoch ist die Täuschungsgefahr für Laien groß und ich fordere Ebay hierdurch auf, zusätzlich zum Verbot einer Irreführung in der Hauptüberschrift eine Zwangskennzeichnung bei Holzstichen einzuführen, indem entweder "echt" oder "Nachdruck" einerseits und "nachkoloriert" andererseits angekreuzt werden  m u ß.

So kommt wieder Klarheit in das schöne Sammelgebiet.
Peter Mulzer aka "alteskrokodil"


Diesen Beitrag schrieb ich heute als Ratgeber-Text für das Ebay-System. Wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung für den kleinen Holzstichmarkt setze ich ihn in Kopie hierher. Das Thema wird uns weiterhin beschäftigen, da hier ein (wenn auch vergleichsweise unbedeutender) Handelszweig im Antiquariat unbedingt geregelt werden muß. Ich hoffe, daß das ohne die von mir bestgehaßten Abmahnungen zu machen sein wird - an meiner Bereitschaft, darauf zu verzichten, solls nicht fehlen. Die Ereignisse im Briefmarkenbereich 1960-1980 - von mir unmittelbar miterlebt - sind als Menetekel an der Wand zu lesen: Was geschieht, wenn ein Sammlermarkt fahrlässig zerstört wird... Inzwischen betrifft das Kolorierungsproblem auch ZVAB, Abebooks usw. - aber Ebay ist da federführend.

Hoffen wir das Beste!

Mittwoch, 6. Februar 2013

Heuchelei und schöne Träume - das Märchen vom gelehrten Antiquar






Die werte Genossenschaft hat schon oft vergessen, wie unterschiedlich unser Gewerbe gegliedert ist - und sie überspielt diesen Punkt ein weiteres Mal, wenn sie nun das Thema "Handbibliothek im Antiquariat" locker vom Hocker durch Vorträge sachkundiger Kollegen in Lübeck erhellen möchte.

Was soll das? Einige würdige Herren des besseren Antiquariats lassen die goldene Uhrkette auf der Weste blitzen oder, um den Gegentyp nicht zu vergessen, hauchen vergeistigt ihre letzten Erkenntnisse in die ergriffene Zuhörerschaft - das  V o l k  aber sitzt leise da in der Kirche, gähnt hinter vorgehaltener Hand, denkt ans Mittagessen und ist in aller Regel ganz unbeteiligt.

Das ist auch gar nicht anders möglich und hätten die edlen Spitzenkräfte unseres Gewerbes besser überlegt, würden sie Thema und Veranstaltung anders geplant haben. So aber sehe ich einen Markt der Eitelkeiten voraus, eine Tagung, bei der sich wenige Auserwählte vor einer noch nicht und vermutlich auch in Zukunft nie berufenen Schar von Minderbrüdern spreizen.

Ich gönne es den Berufenen ja und würde mich in ähnlicher Lage nicht anders verhalten. Es macht eine natürliche und unschuldige Freude, die Unwissenden zu belehren. Das kann ihnen nur nützen. Nur darf ich nicht vergessen, daß es vorgegebene Strukturen und Zwänge gibt, in denen das Fußvolk gefangen ist. Ich muß mit meiner Hilfe dort ansetzen, wo die Armen der Schuh drückt.

Im deutschsprachigen Antiquariat gibt es, locker vom Hocker geschätzt, dreißig bis vierzig Kollegen, die ihre Handbibliothek, die Auskunftsregale der nahen Unibücherei und die Auskunftsquellen des Netzes über "Titel und Preis" hinaus wirklich brauchen und praktisch nutzen.

Die anderen, es dürften beim rapiden Verfall des Gewerbes noch etwa 450 sein, können mit den Begriffen der Bucherschließung, der Sachgebietsbearbeitung, der bibliographischen Recherche nichts, aber auch gar nichts anfangen - es sei denn, ein seltener Titel ist ihnen zugeflogen und nun wollen sie, über jene berüchtigte Versteigerungspreis-Verhehlungs-Schröpfmaschine, die der Verband zu verantworten hat, hinaus Näheres über diesen ihren Rara Avis wissen.

Wir müssen das noch deutlicher sagen: Sie  d ü r f e n  und  s o l l e n  mit Handbibliothek und Bucherschließung nichts am Hut haben.

Wenn ich es ihnen trotzdem nahebringen will und aufgeregt gackernd edle Veranstaltungen in Szene setze, dann mache ich mich als Kollege der Heuchelei schuldig.


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Um eine Handbibliothek und andere Auskunftsquellen zur Bucherschließung wirklich nutzen zu können, muß ich entsprechende Buchbestände haben, auf die ich solche Instrumente anwende. Der durchschnittliche Antiquar bekommt ab und zu ein seltenes Buch unter die Hand, das kann er aber schnell mit den einfacheren Netzmitteln beschreiben. VD16, VD17, die mit ihren Paginierungen immer noch unersetzbaren Radtkes, meinethalben noch die Schröpfagentur - und das wars.

Mehr  s o l l  und darf nicht geleistet werden, wenn ich nicht zusammenhängende größere Bestände am Lager oder im Einkauf habe. Man sehe sich doch nur einmal die Versteigerungshäuser, jene Großmeister der geistlosen Buchvereinzelung, von innen an. Wie arbeiten sie dort? In riesigen Sälen mit exquisiten Handbibliotheken wird so schludrig und flüchtig gearbeitet, daß es Gott erbarm - erst ab etwa fünfthuntert Euronen nimmt sich der Bearbeiter mehr als zehn Minuten Zeit zur Beschreibung des Titels.

Wenn ich nicht ein ehrwürdiges, sehr gutes Lager geerbt oder sonstwie übernommen habe, erhält die Bucherschließung erst Sinn beim Aufbau eines eigenen  S a c h g e b i e t s.

In Ansätzen kennt das jeder Kollege von dem, was sich fast immer durch regionale Ankäufe ergibt: von der Heimatsammlung. Weil aber das übliche Mümmeln und Miefen der Greise der Spezies "Heimatforscher" nicht jedermanns Sache ist, haben die meisten Antiquare wenig Lust, diesen Sachbereich zu erschließen. Ich kann sie verstehen, auch wenn ich aus eigener Erfahrung sagen darf, daß es ab einer bestimmten Bestandsgröße dann eben doch Spaß machen kann (und kein einfaches Unterfangen ist).

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Ich darf gar nicht daran denken, die kleineren Kollegen belehren zu wollen in Sachen Bucherschließung und Handbibliothek, ehe ich ihnen nicht zu den  S t r u k t u r e n  verholfen habe, die ihnen den Aufbau von Sachgebietsbeständen ermöglichen. Fast alle Fragen unseres Gewerbes auf allen Ebenen hängen mit dieser Kernfrage zusammen: Wie kommen wir von der scheußlichen Vereinzelung der Titelaufnahme und Titelverzeichnung in unseren Datenbanken und Portalen wieder weg?

Ich kann es einfach nicht mehr hören, wenn unser aller Dr.Biester  wieder empfiehlt, doch einfach hübsche Gemeinschaftskataloge zu gestalten oder vom Niederrhein her die satte und selbstzufriedene Lehre erschallt, man sitze auf vollen Lägern bester Ware, verkaufe emsig und sei vergnügt, was das ewige Gejammere denn solle?

Die Strukturen müssen verändert werden, ehe über Bucherschließung und Handbibliothek, über Zugänge zu einem Fachwissen des Antiquars diskutiert werden sollte. Wie kann der kleine Antiquar oder der mittlere Berufseinsteiger sich  F a c h g e b i e t e  aufbauen? Wenn ihm das gelingt, dann wird seine Arbeit erst sinnvoll.

Neben bestimmten anderen Ankaufstechniken ist es heute Ebay und, mit deutlichen Abstrichen, auch das Gewusele der kleineren Verkaufsportale, über die zu lohnenden Margen gute bis sehr gute Titel zusammengekauft werden können. Ein halbes Jahr tägliche Internet-Arbeit im Ankauf, ein Portefeuille von zehntausend Euronen - und ein tadelloser Fachbestand zu jedem Thema, das denkbar ist, steht im Regal.  D a n n  erst kann der Kollege über Fachbibliothek und Bucherschließung nachdenken.

Noch wichtiger als solche neuen Wege ist aber der ehrwürdige Pfad des  A u s t a u s c h e s  von Beständen unter den Kollegen. Einzelankäufe bei Antiquaren lohnen sich heute nicht mehr, wenn man Sachgruppen aufbauen will, das geht über das Netz einfacher. Wohl aber muß ein System zum Blockaustausch unter  möglichst allen Antiquaren gefunden und eingerichtet werden.

Jeder sein eigener Fachantiquar! Damit lösen wir auch den durch die Amazonkrake (Abebooks-ZVAB-Amazon) geschaffenen Portal-Alptraum. Und dann, aber erst dann, machen Bucherschließung und Handbibliothek wieder Spaß.

Dienstag, 5. Februar 2013

Antiquare: Börsenverein - stellen Sie unsere Handbibliothek ins Netz!


(Zur Frage der Handbibliothek des Antiquars - und seiner Kunden) 





Es gibt eine ganz erstaunliche Fülle an retrobibliographischen Schriften. Bei vielen bücherkundlichen Arbeitsvorhaben wird man den Eindruck nicht los, daß die aufgewendete Mühe des Forschens, Zusammenstellens und Druckens in keinem Verhältnis steht zur Bedeutung des behandelten Gebiets. Während Schriften zum tieferen Sinngehalt mager gesät sind, drängen sich bibliographische Sammelwerke, mehr oder minder mechanische Kompilierungen, auf engem Raum.

Uns Antiquaren ist die zugrundeliegende Mechanik nicht fremd. Menschen, besonders Männer, neigen zum Sammeln aus Freude am Tun, jenseits tieferer Erkenntnisse. Man kann Bücher, Verfasser, Beschreibungen von Druckwerken genauso gut in Schächtelnchen packen wie Bierdeckel oder Briefmarken. Ich würde hier nicht einmal Freud bemühen, sondern mir den Menschen der Urzeit vorstellen, der für den Winter  in seiner Höhle ansammelt, was er im Sommer erjagen konnte. Der hat sich am Anblick seiner Hasenfelle und Honigtöpfe ähnlich gelabt wie wir heute an den Regalen unserer bibliographischen Handbibliothek.

Abgesehen von solcher Sammelfreude sollten wir uns aber schon vor Augen halten, daß die Mehrzahl der bibliographischen Facharbeiten im Antiquariat unbedeutend, weitgehend selbstzweckhaft und aus einigem Abstand gesehen  s i n n l o s  erscheint. Auch deshalb, weil die modernen elektronischen Auskunfts- und Sammelsysteme von Tante Google über Worldcat bis zu den nationalen Sammelkatalogen im Netz immer besser und tiefer auch die Recherche kleingestrickter Sammel- und Interessensgebiete ermöglichen.

Ich gehe so weit zu sagen, daß viele der klassischen bibliographischen Werke nur noch im Regal stehen, weil die Nutzer noch nicht gelernt haben, mit schon vorhandenen anderen, meist übergreifenden elektronischen Netzsystemen umzugehen. Hätten sie die dazu notwendige Arbeitstechnik intus, könnten sie die fraglichen Handbibliotheksbände entsorgen, natürlich übers ZVAB zuhanden naiverer Gemüter.

Man wird die Frage der größeren Bibliographien in Buchform einzeln entscheiden müssen. Soweit sie  k o m m e n t i e r t  sind, gewichtet, ergänzt oder nach Untergruppen geschickt gegliedert, bleiben sie wertvolle Arbeitsmittel. Das dürfte unbestritten sein. In solchen Fällen wird man auch in der Titelbeschreibung des Antiquariatskatalogs auf die Fundstelle hinweisen, wenn (eine wichtige Einschränkung) das Werk in der betreffenden Bibliographie nicht schnell durch Register aufzufinden ist. Katalogverweise in Antiquariatslisten sollen nicht das rasche Nachschlagen in Registern erleichtern. Ich möchte einfach nicht damit aufgehalten werden, daß mich ein Antiquar belehrt, ein Titel von Sven Hedin oder Rilke sei in dieser oder jener Fachbibliographie aufgeführt.

*

Eine betrübliche Rolle spielt bei der Frage "Handbibliothek des Antiquars / des Büchersammlers" die Raffgier bestimmter Verleger. Ich habe mir eine Freude daraus gemacht, solche Produkte in den letzten Jahren etwas näher anzusehen, wenn Dr. Biester im Börsenblatt sie wieder einmal arglos vorgestellt hatte. Wer ganz überwiegend von der öffentlichen Hand finanzierte bibliographische Fachtitel kleinen bis mittleren Umfangs zu 150 oder 200 Euronen glaubt anbieten zu sollen als Verleger, der verdient kein Lob.

Ich vertiefe dieses betrübliche Kapitel nicht. Es vergiftet den Bereich unserer antiquarischen Hilfsmittel auch anderswo - mit dem ausdrücklichen Segen des Verbands der Antiquare verhökert eine Agentur die - in der Quelle öffentlich zugänglichen - Versteigerungserlöse zu hohen Abonnementspreisen im Netz. Antiquare und ihre Kunden als Milchkühe zu mißbrauchen, das ist nicht gut.

*

Ebenso spannend wie schwierig wird unser Thema, wenn wir zum Urheberrecht kommen. Viele der bibliographischen Hilfsmittel würden im Netz stehen und hurtig benutzt werden können, wäre da nicht ein viel zu lang laufendes, zu kompliziertes und mühsam abzugrenzendes Urheberrecht zu beachten. Es fehlt hier der Raum, um nur einmal auf jene Einzelheiten einzugehen, die mit der Tatsache verknüpft sind, daß urheberrechtsfreie, verwaiste, abgelaufene Titel nicht genau ermittelt werden. Eine gute Hälfte aller kleineren bibliographischen Schriften im Antiquariat, die jetzt noch pauschal als urheberrechtsgebunden behandelt werden, sind es juristisch und genau besehen nicht mehr, sie sind urheberrechtsfrei.

Wie betrüblich sich in Sachen "Handbibliothek" das Urheberrecht auswirkt, sehen wir an einem uns allen vertrauten Beispiel. Die Zeitschrift des Börsenvereins "Aus dem Antiquariat" hat vor einiger Zeit eine zwar unglücklich geordnete, dennoch aber hochinteressante Zusammenstellung der Aufsätze der letzten Jahrzehnte in diesem wichtigen Hausblatt des deutschsprachigen Antiquariats veröffentlicht, sie - die Zusammenstellung und  n u r  sie - ist mit einiger Mühe auch im Netz zu finden.

Hier haben, gegen bescheidenen Anerkennungslohn, hunderte exquisiter Sachkenner meist vorzügliche, oft sogar allzu wissenschaftliche, immer aber wichtige und gute Aufsätze zu bibliographischen Sachfragen des Antiquariats niedergelegt - eine einmalige Fundgrube. Denn hier sind keine öden Listen erstellt worden, sondern lebendige Zusammenhänge wurden aufgezeigt, der neueste Stand der Forschung bemüht, manche der Beiträge hätten unter der Hand gewisser Dokumentationsverleger zu Hundert-Euro-Büchern aufgeblasen werden können - wie auch immer, ein Schatz für den Antiquar und seine Kunden.

Die Bibliographie wurde erstellt, aber die zugehörigen Titel wurden nicht ins Netz gestellt. Die Situation des hungrigen Passanten, der die Torten zwar im Schaufenster sehen, sie aber nicht essen darf, ist einfühlbar. Wer hat schon die Reihe in seiner Handbibliothek stehen? Ich habe mit einigem Grauen gesehen, daß die komplizierte Erscheinungsweise unseres Berufsblatts - zunächst intermittierender, nicht auszutrennender Teil einer anderen Zeitschrift ("Börsenblatt"), dann sowohl separat zu beziehende wie auch weiterhin Bestandteil der Mutterzeitschrift seiende Unterzeitschrift, dann endlich zum selbständig erscheinenden Fachblatt mutierend -  dazu geführt hat, daß "Aus dem Antiquariat" in vielen Bibliotheken nur lückenhaft, problematisch oder gar nicht zu benutzen ist.

Schauerlich wird die Sache besonders dort, wo die Bibliothek uns einlädt, aus den gefühlten zehn Metern der - unglaublich schwergewichtigen - Mutterzeitschrift die schmalen Teile unseres Fachblatts "auszuheben". Wie auch immer, es ist eine praktisch-bibliographische Tragödie.

Welcher Segen, welcher Reichtum für alle antiquarischen Belange, wenn die mittleren und größeren Beiträge dieses Fachblatts separat abrufbar, nutzbar, kopierbar wären, wobei ich schnell hinzufüge, daß dies nicht als Abzock- und Schröpfmodell , sondern mit bescheidener Werbezugabe finanziert werden sollte.

Noch trauriger sieht es mit den Zugangsverhältnissen aus, wenn wir die Jahrzehnte seit 1900 betrachten - welche Fülle bibliographischer Aufsätze liegt brach, verborgen unter dem Schutt riesiger Neubuchhandels-Zeitschriften und/ oder behindert durch "dokumentarisch arbeitende" Verlage, eine besondere Spezies, wie wir oben schon gesehen haben.

Warum ist das so tragikomisch? Weil es nicht so sehr die großen, bekannten Buchwerke sind, die  I m p u l s e  für die Handbibliothek der Antiquare und ihrer Kunden geben könnten - nein, die guten, hochqualifizierten fachbibliographischen  A u f s ä t z e  der letzten hundert Jahre könnten weite Bereiche des Büchersammelns heute wieder neu beflügeln. Es wäre Sache des Börsenvereins des Buchhandels, hier mit gutem Beispiel voranzugehen und "Aus dem Antiquariat" im Netz freizugeben.

 

Die Urheberrechts der Bilder liegen bei faz.net bzw. taz.de und Disney. Ich danke für die Ausleihe. Bilder werden auf formlose Anforderung hin entfernt.

Montag, 4. Februar 2013

Reformieren wir unsere Titelaufnahme?

oder:
 
Neues aus Lübeck







Die Bilder zeigen an einem beliebigen Buchbeispiel jene 4 Grund-Scans, von denen im Text die Rede ist.

Halten zu Gnaden - dies ist eine Plauderei, keine Abhandlung.




Die bibliographischen Kenntnisse unserer Kunden sind äußerst gering. Von wenigen Ausnahmen abgesehen können sie gar nicht unterschätzt werden.

Dies gilt für alle Bereiche der Bücherkunde. Die Vorstellungskraft des Kunden, sich anhand der formalen Titelaufnahme klassischer Art ein B i l d  vom angebotenen Buch, seiner Brauchbarkeit, seinem Wert, von seiner Bedeutung zu machen, ist heute weitgehend verlorengegangen.

Die formale Titelaufnahme, wie sie bisher verwendet wird im Antiquariat, ist lesetechnisch eine monströse Unmöglichkeit.

Sie verzichtet auf die Verwendung von  S y m b o l e n  und  B i l d e r n  in einem tieferen Sinn und macht dadurch das Querlesen unserer Titellisten zur Qual.

Nun einige Beispiele, wobei der erste Punkt nicht der Wichtigste ist:

Der Begriff der "Seitenzahl", eines der heiligen und (bei der selbständigen Titelaufnahme) lästigen Elemente, ist, von Einzelfällen abgesehen, so exakt nicht notwendig. Vielmehr reicht es fast immer aus, den  U m f a n g  des Buchs durch Symbole anzudeuten. In Abstufungen von je 50 Seiten könnten Kästchen gesetzt werden, viereckige schmale Symbole, die es ermöglichen, auf einen Blick den ungefähren Seitenumfang des Buchs zu erfassen.

Ähnliche Symbole verwenden wir für Abbildungen, die Einbandart und den  Z u s t a n d  des Buchs. Auch zum letzten Punkt keine Schulnoten als Ziffern, nein - sofort,  i n t u i t i v  erkennbare Symbole.

Das sind nur kleine Schritte hin zu einer längst überfälligen Generalreform der Titelaufnahme. 


 
Gehen wir nun ans Eingemachte!

Mir persönlich erscheint es wichtig, möglichst jeden Verfasser direkt zu v e r l i n k e n  zu einem Wiki- oder anderen Aufsatz im Netz, der seine Biographie und andere Angaben/ Wertungen liefert. Das bedeutet, in ungewohnter Weise mit Verlinkungen bei der Titelaufnahme zu arbeiten. Die alten Bibliotheksleute haben das im Ansatz schon so gehalten, noch heute ruht etwa die Französische Staatsbibliothek nicht, bis sie die Lebensdaten jedes Autors erfaßt hat und in ihrem Datensatz vermerkt (eine formalistische Praxis, aber immerhin).

Die Titelaufnahme sollte, so meine ich, in möglichst vielen Elementen mit Sachinformationen im Netz  v e r l i n k t  werden. nicht etwa nur mit den dazugehörigen Wiki-Texten, oft sind ja private Webseiten weitaus ergiebiger und interessanter.

Ist das nicht Mehrarbeit für den Antiquar? Ich habe  vor einigen Monaten mit älteren Titeln die Probe aufs Exempel gemacht. In der Mehrzahl der Fälle konnte ich so die  B e d e u t u n g  des Buchs viel besser einschätzen. Der Kunde wird oft durch eine kluge Verlinkung der Personen- und Sachthemen ins Netz hinein ebenso bereichert wie der Antiquar.

Natürlich wird man Doppel- und Mehrfacharbeiten vermeiden. Es ist kein "Klauen", wenn ich Vorarbeiten meiner Kollegen übernehme - die dürfen auch meine eigenen Titelaufnahmen abkupfern. Wollen wir das gierige, kleinliche Hyänentum unserer Verleger in die tägliche Antiquariatsarbeit hineinwuchern lassen? Da sei Gott vor.


*

Wichtiger als das bis zu dieser Stelle Gesagte und überdies ganz schnell zu verwirklichen ist mein zweiter Reformvorschlag zu einer neuen Titelaufnahme:

Wir nutzen bisher kaum die Möglichkeit, durch  B i l d e r  den Inhalt zu erschließen, die Bedeutung des Buchs zu erkennen.

Nun folgt ein Kraftausdruck: Jener Unglücksrabe, der vor etlichen Jahren auf die Idee kam, das (o grausiges Schandwort:) C o v e r  eines Buchs, genauer gesagt den Vorderdeckel zu scannen/ abzulichten und dieses Coverbild zum Regelfall zu erklären, der war - ein Idiot. Ich kann das nicht anders sagen.

Denn auf den Deckel / das Deckelbild / den Einband kommt es meist recht wenig an, wenn es darum geht, zu einer neuen Erschließung unserer Bücher im Netz zu finden.

In Zukunft müssen wir scannen

- das Inhaltsverzeichnis (bei umfangreichen eine ausgewählte Doppelseite des Inhaltsverzeichnisses, gibt es keines, entfällt dieser Schritt),
- zwei geschickt ausgewählte Probe-Doppelseiten aus dem Inhalt, wobei der Stolperstein umgangen werden sollte, nur besonders "schöne" oder eindrucksvolle Doppelseiten zu bringen. Der eine Doppelseitenscan wird  t y p i s c h  sein im Sinne einer Durchschnittlichkeit, den anderen wird man etwas eindrucksvoller mit Bild, Karte oder Tabelle wählen.
- ein Flachauflagebild des  Einbands bzw. des Vorderdeckels (also wie bisher)

Die Bilderstrecke umfaßt mithin 4 Einheiten, die als anklickbare Bildchen neben der Titelaufnahme stehen.

Alle diese Angaben gelten für das klassische Antiquariat. Bei Titeln ab etwa 1970 gelten andere Regeln, sie wird man mit Recht automatisch bearbeiten.



 

Es gibt mehrere Voraussetzungen für die Bildertechnik. Erstens kommen Pixelkameras nicht in Frage, nur Scans. Zweitens muß die Scanmaschine sehr schnell sein, sonst dauert die Anfertigung der Scans zu lange. Drittens muß der Scan auf "200" eingestellt werden, sonst kann die Schrift später nicht gelesen werden. Hier im Google-Blog kann ich die notwendige Auflkösung zum Lesen nicht darstellen, aber technisch ist das sonst gar kein Problem. - Das Webhosting der Bilder muß sehr schnell, sehr billig (fast gratis) und absolut zuverlässig möglich sein. Das geht zur Zeit wohl nur mit Googles Picasa-Webseiten.

Hinter diesen schnell notierten Einzelpunkten versteckt sich ein Rattenschwanz von Folgerungen. Der wichtigste Grundsatz ist: Gedruckte Kataloge/ Listen gibt es ab sofort nicht mehr! Der Komfort durch die neue Listen- und Katalogerstellung ist so immens, so verführerisch, daß auch der konservativste Pirckheimer-Uropa mit fliegenden Fahnen zur Netzliste überlaufen wird und grummelnd zugeben muß: Es ist schon was dran an der neuen Erschließungstechnik unserer alten Bücher


Bis bald Ihr
Peter Mulzer




Nachschrift: Die Kommentarfunktion in diesem Blog hat sich als wenig hilfreich erwiesen, sie ist jetzt abgeschaltet. Wer mir schreiben möchte, bitteschön, bittegleich, Kellner kommt schon: 

mulzerbooks (at) googlemail.com





Samstag, 2. Februar 2013

Ein gemeinsames Portal für Antiquare und ihre Kunden





Die deutschen Antiquare machen sich Gedanken über ihre Handbibliothek - brav, brav.

http://www.boersenblatt.net/592952/template/bb_tpl_antiquariat/

Ich fürchte nur, daß dabei nicht besonders viel herauskommen wird.

Die Frage hängt ja doch in Wahrheit eng zusammen mit Sinn und Unsinn der gegenwärtigen Titelerfassung und Buchbeschreibung. Bei näherem Hinsehen ist beides angesichts der heutigen Möglichkeiten im Internet einfallslos umgesetzt. Die Interessen der  K u n d e n  werden von den Antiquaren hier - wie sonst auch nur allzuoft - nicht berücksichtigt. Kennen die Antiquare eigentlich ihre Kunden?

Unsere werte Genossenschaft, seit zehn Jahren Hort des Kleinmuts und der zu spät gekommenen Einsichten,

http://www.giaq.de/

exerziert zusammen mit dem Verband der deutschen Antiquare, der leicht arroganten Hochburg des Edelantiquariats

http://www.antiquare.de/

jene erzkonservative Antiquariatskultur, die endlich einmal kritisch überdacht werden muß.

Immer noch steht die mechanische  T i t e l a u f n a h m e  im Vordergrund, werden die Nutzungsmöglichkeiten des Internets nicht gekannt, nicht eingesetzt.

Dahinter verbergen sich wahre Tragödien.

Die bisher erschienene Sammelkataloge der Genossenschaft sind abschreckende, geradezu traumatisierende Dokumente aus Sicht des Kunden, der doch längst vom Netz her modernste Bild- und Textinformation gewohnt ist. Sie sind aber zugleich, vergessen wir das nicht, das Ergebnis vieler Stunden ernsthafter Kollegenarbeit, die in den Sand gesetzt wurden. Anstatt visueller Darstellung in langen Bilderfolgen, die uns das wertvolle Buch lebendig  v o r s t e l l e n, wird jener verlogene Affentanz aufgeführt, der voraussetzt, daß der Kunde jenes Sachwissen hat, jene Umgangsfertigkeit mit schriftlichen Titelbeschreibungen, die der Antiquar seinerseits zu besitzen - - vorgibt.

Beide Teile lügen sich an, unter Federführung der Funktionäre unseres Berufs.

Von unten her, wenn ich bei der Berufspyramide bleiben darf, räkelt sich ein ganz anderes Monster im See - weit über die Hälfte aller Kollegen hängt am Tropf der "automatisierten Titeleingabe" des Hauses w+h

http://www.whsoft.de/

Welche gefährliche Rolle w+h nach meiner persönlichen Einschätzung im Antiquariat spielt, ist aus meinen alten Blogs ja wohl bekannt

Das gilt auch für die absolut nicht innovative Art der Titelaufnahme, die dort festgeschrieben, gewissermaßen für alle Zeiten zementiert wurde und wird.

Fazit: Von oben wie von unten her eine katastrophale Rückschrittlichkeit, ein Weiterwursteln nach alten Standards im wohl wichtigsten Bereich unseres Berufs, in der Buchbeschreibung.

So, wie wir im Netz heute

*eine ganz neue Art der Darstellung unserer alten Bücher

brauchen, muß auch unsere Zeit- und Arbeitstechnik im Antiquariat revidiert und neu berechnet und gewichtet werden. Die bisherigen Buchbeschreibungen, ob von unten (jene Millionen von Titeln im ZVAB oder in Abebooks) oder von oben (Edelkataloge und Zimelienlisten der gehobenen Kollegen) sind angesichts unserer heutigen Möglichkeiten, es anders und besser zu machen, schierer  U n f u g.

Was aber will der Kunde denn dann wirklich, was können wir Antiquare ihm anderes, besseres bieten?

Darüber will ich hier in den nächsten Wochen einiges schreiben. Ausgangspunkt ist

mein Arbeitspapier für ein neues Portal, das ich im - leider weiterhin zugangsbeschränkten - Forum

www.geizmonster.de

vorgestern so dargestellt hatte:

Offener Brief an eine unternehmungslustige Kollegin.

Ihre Idee, ein F o r u m für Antiquare einzurichten, ist nicht gut. Ich selber war ja lange Zeit auch auf dem Forums-Trip, wurde aber schon letztes Jahr in einem kurzen Dialog quer über die Tische mit Dr. Biester auf der Frankfurter Buchmesse von solchen Ideen geheilt. Niemand kennt die Antiquare besser als er, und er erklärte kategorisch, das sei mit den deutschen Antiquaren - aus verschiedenen Gründen - nie und nimmer zu bewerkstelligen.

Recht hat er. Es gibt mehrere Gründe, die ich so sehe: Die wirtschaftliche Lage vieler Kollegen ist so schlecht, daß sie jede freie Minute in Titelaufnahme und Versand malochen müssen und sich die Zeit zur Forumsschreiberei abknapsen müßten. Sie leiden wie die Hunde unter der geistlosen Arbeit, die Titelaufnahme nun einmal darstellt. Sie haben fast alle insgeheim andere Interessen und betrachten "Antiquariat" nicht als ihre Berufung, sondern als Fron, die ihnen auferlegt ist.

Für die Bücherkunden gilt das nicht. Ich sehe am Beispiel der Literaturforen, auch der kleinen, daß Büchersammler schreibfreudig sind. Das sehen wir ja in jedem Ladenantiquariat: Die Stammkunden reden stundenlang miteinander, während der zugehörige Antiquar recht zugeknöpft daneben sitzt.




Sie, die Kunden, haben das Bedürfnis, ihre großen und kleinen Nöte, die sie mit uns Antiquaren haben, irgendwo zu diskutieren. Umgekehrt sehe ich da kaum Schreibbedarf, es sei denn, die Antiquare warnen ihre Kollegen vor faulen Kunden.

Das ist also der erste Punkt. Man darf nicht ein Forum aufmachen (nur) für die, die n i c h t diskutieren wollen.

Ein zweiter Punkt ist noch wichtiger. Wir Antiquare sind ganz offenbar unfähig, unsere Lage zu verbessern. Es fehlt uns an den elementaren Techniken. Ich muß zur Zeit in dem doch nicht ganz schlechten ZVAB jeden Tag hunderte von Titelaufnahmen durchforsten und sehe neben den guten Aufnahmen bewährter Kollegen einen Rattenschwanz hundsmiserabler, geradezu peinlicher, lächerlicher Titelaufnahmen. Ich sehe, daß das in der Regel neuere Einträge sind. Insbesondere aus den neuen Ländern schwappt eine Welle schauerlich-mieser Titelaufnahmen herüber.

Eine andere Beobachtung zur Ergänzung. Viele Kollegen plagen sich in Webseiten, bei Ebay und anderswo mit umständlichen, schlechten Scans, mit absurden und ärgerlichen Bildhostern, sie beherrschen keine Techniken, kennen keine Netzadressen für ihre fachliche Arbeit. Was mir seit nun 5000 Verkäufen über Ebay (was etwas anderes bedeutet als Datenbank-Verkäufe) vertraut ist, der Umgang mit Googles Bilderdiensten, wird von den wenigsten Antiquaren beherrscht. Ähnlich s c h a u e r l i c h ist der Umgang mit den Quellen für gute, zu übernehmende Titelaufnahmen aus dem Netz. Undsoweiter... bei den grotesk-täppischen Versandtechniken hört das noch lang nicht auf.

Ehe eine böse Kollegin gleich wieder zuspringt: Nein, ich bin gar kein Vorbild in diesen Dingen. Ich kann mir's erlauben, nonchalant vor mich hinzuschlampen, da ich eine besondere (freilich auch schwierigere) Ware verticke. Aber, und darauf kommt es an, ich w e i ß, wie mans machen kann, sollte und müßte.

Ein ähnliches, schieres Grauen überfällt mich, wenn ich mit jüngeren Büchersammlern rede oder emaile. Ihre bibliographischen, bibliothekskundlichen, retrobibliographischen Kenntnisse sind völlig verfallen gegenüber dem Stand vor noch zehn Jahren. Da ist fast nicht mehr präsent!

Fassen wir mal zusammen:

1. Die Antiquare wollen nicht und nimmermehr aktiv in Foren schreiben; sie haben ihre Gründe dafür.
2. Die Kunden der Antiquare dagegen sind durchaus schreibfreudig.

3. Das technisch-praktische und das theoretische Wissen und Können der älteren Antiquare bedarf dringend der Überholung - das vieler jüngerer Antiquare ist schauerlich dürftig, oft geradezu lachhaft.
4. Die Grundkenntnisse, die unsere Kunden noch vor einem Jahrzehnt hatten, sind rapide im Verfall begriffen.

Daraus resultiert was? Viel wichtiger als ein mühsam zusammengestoppelter "Dialog" in einem "Forum" ist ein P o r t a l - als Zentrale der Wissensvermittlung, der Bereitstellung von Techniken und Taktiken unseres Berufs. Für die hunderte von peinlichen, strunzdummen Anfänger im Antiquariat, die sich in den Datenbanken breitmachen, muß das bis auf stures Kurs-Niveau heruntergefahren werden. Unsere Kunden dagegen brauchen hochkarätiges Faktenwissen.

Also: Nicht ein Forum, da sei Gott vor, sondern ein kombiniertes P o r t a l . Für uns und unsere Kunden. Auch mit Dialog, am Rande. Finanziert durch Bannerwerbung. Auch wenns am Anfang nur Cents bringt, es ist eine gute Qualitätskontrolle.



Das obere Bild zeigt die Ankunft des GIAQ-Vorsitzenden bei der Tagung am 27. und 28. April in Lübeck. In der Mitte die Buchbeschreibung neuen Stils, wie sie nach Vorstellung der Genossenschafts- und Verbandskollegen in Zukunft (wieder) aussehen sollte (mit Dank an den Altmeister Tanconville)