Montag, 5. Oktober 2009

Sammlung und Darstellung von Sachfragen im Antiquariat




Manchmal muß man seine journalistischen Antriebe unterdrücken. Das fällt gar nicht leicht, ist es doch so hübsch darstellbar, geht es doch so flott von der Hand, stattgefundene Ereignisse zu dokumentieren, anderswo gedachte (oder auch unterbliebene) Überlegungen zu referieren und am Munde bedeutender Kollegen zu hängen, um ihre Weisheitsworte zu vernehmen.

Ein Aufsatz wie der von David Mason, Sie kennen ihn vermutlich, ist ganz typisch für die bessere Sorte der angelsächsischen Kollegenarbeiten, ganz ausgezeichnet geschrieben, persönlich gehalten, nicht ohne Emotionen und nicht auf jene beleidigende Kürze beschränkt, in der sich deutsche Antiquare - warum eigentlich? - zu äußern pflegen.

Allerdings krankt die Arbeit am Erbübel aller Beiträge dieser Art, es werden hundert Themen angesprochen, ernsthaft diskutiert, dann aber wieder im Rohbau verlassen, um zum nächsten Bereich zu eilen. Der Leser bleibt angeregt, aber verwirrt zurück. Irgendeine tiefere Wirkung wird nicht erzielt, die vielen guten Gedanken sind vergeudet.

Zum gleichen Problembereich gehört jene unerträgliche Redundanz, also das ewige Wiederholen der ewig gleichen Themen, mit bescheidenen Variationen und in aller Regel nur bis zum halben Weg durchdacht, die wir im deutschen Antiquariat mit Bestürzung oder, je nach Temperament, mit gelangweiltem Gähnen beobachten müssen - seit vielen Jahren. Es ist nun ja nicht so, daß die deutschen Antiquare nicht denken könnten. Aber sie sind nicht in der Lage, g e o r d n e t zu denken, und was schwerer wiegt, es geht ihnen kein Medium zur Hand, das ihre eigenen Überlegungen nach Sachgruppen einordnet und nachschlagbar macht.

Bitte werfen Sie noch einmal einen Blick auf den Aufsatz des Kollegen Mason: Sind hier nicht exemplarisch vier, fünf brandwichtige Themen im Antiquariat angesprochen? Lassen sich die nicht ganz einfach separat herauslösen und verbuchen, bereitstellen also zum Weiterdenken?

Sie sehen: Es ist ein methodisches Problem. Ich frage mich, von der weitgehenden Nutzlosigkweit der bereits bestehenden Medien in unserem Gewerbe überzeugt (Börsenblatt/Antiquariat, Antiquariatsanzeiger, alle Blogs mitsamt dem meinigen), wie denn nun in drei Teufels Namen ein

*nützlicher Nachrichtendienst

für Antiquare auszusehen habe?

Vor allem muß gedacht werden. Eine Meldung, ein Ereignis, ein Kollegenstatement für sich allein genommen ist noch gar nichts wert. Erst wenn es analysiert und in den Gesamtzusammenhang der Überlegungen gestellt wird, erst dann beginnt es von Nutzen zu sein. Dazu ist das Medium da.

Mit einer fleißigen Einordnung in Sachkästchen ist es aber nicht getan. Wir brauchen vermutlich eine Hierarchie der Sacheinteilung. Die muß w e r t e n und gewichten. Sonst wird das alles nichts.

Auszugehen hat die Systematik nach meiner Einschätzung von der Absatzförderung, von der Frage einer Erweiterung und Neuschaffung von Kundenkreisen. Es gibt Wege, um die Idylle der vielen putzigen Lädchen, um das Getriebe auf den Edelmessen und Versteigerungen, um die Bemühungen der fleißigen Fachantiquare und das geduldige Titeleingeben der Allround-Versandkollegen in e i n e Schiene der Aktivitäten zu bringen.

Wenn wir eine Strategie hin zu neuen Dimensionen der Kundengewinnung finden wollen, brauchen wir, davon bin ich überzeugt, nur die Äußerungen der Kollegen *weltweit* zu sammeln. Darin besteht die Kunst. Irgendwelche Berührungsängste sind dabei nicht angebracht; mir hat gerade der Portal-Test gezeigt, daß im Ausland noch weit mehr als bei uns mit Wasser gekocht wird, nur in allem etwas extremer auseinanerliegend - die beste und die schlechteste Datenbank liegen dort nahe beieinaner.

Soweit, so einsichtig. Das Problem besteht nun für mich darin, eine Gestaltungsform zu finden, irgendein Mittelding zwischen Wiki, Blog und Content-System, das die sachliche Ein- und Unterordnung besser ermöglicht als bisher.



Das Bildchen gehört den Erben von Pierre Joubert