Absatzförderung und Arbeitstechnik im Altbuchhandel, einer werten Kollegenschaft auseinandergesetzt von Peter Mulzer
Dienstag, 23. Juni 2009
Warum ich so gern Antiquar bin
Wir Buchantiquare sind Leichenfledderer mit Leseverbot und Schacherzwang.
1)
Wir siedeln nah am Reich der Toten, den Aasgeiern und den dicken weißen Würmern verwandt.
2)
Wir dürfen die Texte, die durch unsere Hand gehen, nur in Ausnahmefälle lesen, fast nie mit ihnen arbeiten.
3)
Wir müssen am Baalstanz ums goldene Kalb teilnehmen; nicht der Würdige erhält unser Buch, sondern der, der am besten zahlt.
Wir sind schlimmer dran als Bibliothekare, weil wir Schacherer sein müssen. Wir sind stärker belastet als Neubuchhändler, weil wir abgelegte Strümpfe und Unterhemden aufstapeln - Modergeruch, Trödler Abraham. Es geht uns schlechter als den Antiquitätenhändlern, weil die Bücher reden, weil sie uns auffordern zum Lesen, zum, Verstehen, zum Denken, sie sind nicht still wie Möbel und Bilder.
Indem das so ist, regt mich unsäglich auf die ästhetische Philosophie des Kollegen RF Meyer, kann ich die naive soziale Blindheit von Redakteur Biester im Börsenblatt, nicht ausstehen, werde ich fuchsteufelswild bei sogenannten guten Kaufleuten in Köln, Düsseldorf. Undsoweiter.
Was gibts Positives? Auch dreierlei:
1)
Das Jagdfieber besonders auf Einkaufsreisen. Da wird ein uralter Männerinstinkt befriedigt. Trouvaillen machen!
2)
Pfiffige, findige Beschreibungen, Bewertungen schwieriger Bücher. Sie recht eigentlich erst erschließen.
3)
Sammler, die man glücklich machen kann, die uns ihr Glück mitteilen.
Ansonsten: Kanalräumer und Toilettenwächter sind glücklicher als wir Antiquare - Leichenfledderer mit Leseverbot und Schacherzwang.