Montag, 2. November 2009

Sinnlose und sinnvolle Kundenbefragungen im Antiquariat

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Redakteur Biester erfreut uns im Börsenblatt mit folgender Anfrage:

"Wie soll eine Buch- bzw. Katalogbeschreibung idealer Weise aussehen? Wie soll die Kommunikation zwischen Kunden und Antiquariaten ablaufen? Wie soll die Vermittlung von Informationen aussehen? Schauen Kunden auf Antiquariats-Homepages oder meist nur auf die bekannten Plattformen? Werden Bücher mittels der großen Suchmaschinen gesucht? Wünschen Kunden gedruckte Angebote, also Listen und Antiquariatskataloge, oder lieber elektronische Newsletter und individuelle Ansprache? Möchten Kunden ihre Büchersuchlisten an Antiquariate weitergeben, um nicht selbst im Internet oder anderswo suchen zu müssen?"

Die Umfrage richtet sich ausdrücklich an die Kunden, nicht die Händler sind gefragt, sondern private und institutionelle Käufer, gelegentliche und regelmäßige.

Zu erhoffen sei dadurch, ich zitiere weiter, eine Lösung der großen Rätselfrage, die uns Antiquare so sehr auf den Nägeln brennt: " ...wissen Antiquariate eigentlich, was Büchersammler und Gelegenheitskäufer antiquarischer Bücher vom Antiquariatsbuchhandel erwarten?"

Nun kann man sich die Lobpreisungen und Mängellisten, die Ärgernisse und Wünsche aus dem Kundenkreis nicht einfach durch hurtig angeleierte Pseudo-Befragungen einholen. Es gilt doch, einige Anfängerregeln in Marktforschung, Soziologie und Psychologie wenigstens im Wiki-Maßstab anzuwenden. Das lernen Gymnasiasten heute im Leistungskurs der 12. Klasse.

Für den besonderen Fall des Antiquariatsbuchhandels sind die wichtigsten Überlegungen dazu, auf Konzeptpapier flüchtig notiert, in etwa diese:

1.
Durch einen seriösen Katalog muß ich das weite Feld der möglichen Fragestellungen aufgliedern und damit im Umfang überhaupt erst deutlich machen. Der Kunde ist überfordert, wenn ich ihn einfach frage "was willst Du", denn er überblickt die komplizierten Zusammenhänge in aller Regel nicht. Das Börsenblatt tippt wenigstens einige mögliche Fragestellungen an, aber das reicht in dieser Form absolut nicht aus.

Ich muß dem Kunden, den ich befragen will, verdeutlichen, daß er sich zur Frage brauchbarer Sachindizierungen, zur Aufgliederung der Buchthemen, zur formalen Gestaltung von Katalogen und Listen, zur graphischen Benutzbarkeit der Datenbanken, zur Art der Zustandsbeschreibung, zum wünschbaren Umfang von Scans ebenso äußern kann und soll wie zum Umgang des Antiquars mit telefonischen Nachfragen, mit Suchwünschen, Mängelrügen und Preisnachlässen, zum Verhältnis Ladenbesuch zu Internetkauf, zum Stil der Ladengestaltung, zur Zusammenarbeit der Antiquare aus der Sicht des Kunden, zur Idee von Webseitenbündnissen aus der Sicht des Kunden, zum Problem der Digitalisierungen älterer Titel ... ...

Das alles sieht er, der befragte Käufer, zunächst nur in eher zufälligen persönlichen Ausschnitten und antwortet auch nur punktuell, es sei denn, daß ich ihn durch einen geschickten Fragenkatalog auf die Vielzahl von Ideen bringe, zu denen er sich äußern könnte.

2.
Sogar als eingefleischter Werbefeind - die ganze Branche ist mir höchst zuwider - ärgere ich mich über jene fern jeder Werbepsychologie agierenden Leute, die da glauben, man würde gratis und gern an Umfragen teilnehmen. Habe ich denn meine Zeit gestohlen? Ist denn meine Zeit nichts wert? Das wird sich der angesprochene Kunde fragen, insoweit wir ihm nicht ein kleines Geschenklein, einen bescheidenen, aber doch deutlichen Vorteil gewähren als Ausgleich für seine Mühe. So sind wir Menschen konstruiert.

Also muß ich bei Umfragen, vor allem wenn es sich nicht um Fachkollegen, sonern um Kunden handelt, etwas anbieten. Das kann - nicht die schlechteste Idee - ein Büchlein sein mit dem Gesamtregister der Antiquare oder die bescheiden, aber sorgfältig hergestellte Digitalkopie eines alten Antiquariatsführers um 1870 oder sonst was kleines Nettes, das der Kunde für seine Umfrage im Gegenzug erhält, Versand als Büchersendung.

3.
Dr. Biester garantiert Anonymität. - Soweit ich das überblicke, sind nur wir Antiquare mit dem Anonymitäts-Tick behaftet. Ansonsten hassen die Leute, zurecht, "Anonymisierungen", sie wollen mit ihrem guten Namen bürgen für das, was sie schreiben. Nur persönlich verantwortete Stellungnahmen von Kunden gehen wirklich in die Tiefe. Wir dürfen nicht Zwangsneurosen wie die des "abgeschotteten" Xing-Kreises auf die Kunden übertragen.

4.
Die Umfrage darf in den Formulierungen keine expliziten F r a g e n l i s t e n enthalten. Man schildert z.B. mit knappen Worten typische Situationen, Sachverhalte, Ereignisse und bittet den Kunden, dazu dann Stellung zu nehmen.

Die Grundidee einer solchen Umfrage ist richtig, auf die Ergebnisse wäre ich sehr gespannt. Aber Redakteur Biester sollte so vorgehen, daß er diese Aufgabe mit halbwegs der gleichen Sorgfalt überdenkt und verwirklicht, wie er das mit Schickimicki-Messen in Abu Dhabi und Hongkong tut oder mit Handschriftenausstellungen in München.

Zumal das Ergebnis der Umfrage diesmal auch Edelantiquare interessieren kann...


Für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos danken wir welt.de, das die Rechte besitzt. Bild wird auf einfache Aufforderung hin entfernt.

Samstag, 31. Oktober 2009

Ein Register der retrospektiven Erwerbungsprofile der Bibliotheken im deutschen Sprachgebiet




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Auch Bibliotheken haben ihre Intimbereiche. Zum innersten Kreis der diskret behandelten Verwaltungstechniken gehört eine Frage, die uns Antiquare als Verwalter und Anbieter der alten Bücher brennend interessiert:
In welchem Umfang, nach welchen Voraussetzungen und in welcher Abgrenzung zu Nachbardisziplinen, wann und mit welchem Etat werden fehlende Titel zur retrospektiven Bestandsergänzung von den Büchereien gesucht und gekauft?

Bei persönlicher Nachfrage in den Zimmern der Sachbearbeiter - in kleinen Bibliotheken tuts schon ein Plausch mit der Sekretärin - erfährt man in der Regel bereitwillig Einzelheiten, schließlich würde sich der freundliche und in aller Regel grundgescheite Referent des Fachgebietes genieren, dem Antiquar gegenüber Versteckspiele zu inszenieren. Gespräche in Bibliotheken gehören zu meinen erfreulichsten Erinnerungen.

Ganz anders sieht es aus, wenn man auf schriftlichem Weg oder gar mit der Ankündigung einer Veröffentlichung um Daten zur Erwerbungspolitik im engeren Sinn bittet - gewundene, nebelhafte Drückebergereien sind noch das beste zu erhoffende Ergebnis, meist kommen saugrobe, in ihrer Kürze beleidigende Ablehnungen per Email zurück, auf Briefe in der Regel - garnichts, Schweigen.

Ich beziehe mich hier auf eigene kleine Testserien, die ich vor einigen Jahren unternommen hatte. Heute könnten wir hoffen, daß ein vorsichtig und wohlüberlegt angeleiertes Arbeitsvorhaben dieser Art etwas mehr Erfolg haben wird.

Die Gründe für das Aufrechterhalten eines Sperrbezirks in allen Erwerbungsfragen liegen auf der Hand. An erster Stelle steht dabei eine gewisse S c h a m, wohl hier das Haupthindernis für freie Informationspolitik. Viele Bibliotheken haben, man weiß es, nolens volens ihren Etat zusammenstreichen müssen. Wenn etwa im Bereich von Naturwissenschaft und Medizin internationale Drohnenverlage Zeitschriften- und Serienabonnements mit Jahresansätzen von 20.000 Euro und höher vertreiben - die Arbeiten sind wie zum Hohn oft genug staatlich finanziert worden - , dann bleibt der letzte Posten, an dem noch etwas Geld einzusparen ist, der Erwerb antiquarischer Titel.

Das merkt man nicht so (wer überblickt schon den retrospektiven Bestandsaufbau von außen?), und zur allfälligen Beruhigung einer kulturell interessierten Öffentlichkeit kauft man den einen oder anderen spektakulären Titel, der womöglich zu einer kleinen Pressemeldung führt. Dann schaut schon gar keiner mehr nach, ob die Bibliothek ihrer Pflicht zum retrospektiven Bestandsaufbau in der Breite und Tiefe nachgekommen ist.

Die großen Budgetsummen kann man ja allerorten nachlesen, in der Regel kennen wir also den oft beachtlichen Gesamtetat. Aber wie schäbig es in Einzelbereichen manchmal zugeht, das mag man nicht schwarz auf weiß herausgeben.

Ein weiterer Grund zur Informationsverhehlung besteht in der technischen Schwierigkeit, mit den großen Bücherdatenbanken umzugehen. Man muß, will man es sich einfach machen, im deutschen Sprachbereich zumindest mit zwei Suchmaschinen arbeiten, dem ZVAB und mit bookfinder. Wegen den lächerlichen, völlig unzureichenden und in jeder Hinsicht unbrauchbaren Sacherschließungen in allen Verkaufs-Bücherdatenbanken könnte die erwerbungswillige Bücherei nur so vorgehen, daß sie ihren eigenen Kanon der gesuchten Bücher in den beiden Datenbanken abfragen würde.

Das ist schon von der schieren Zeit her ein Ding der Unmöglichkeit, ganz zu schweigen davon, daß eine retrospektive Gesamtliste in aller Regel nicht erstellt worden sein dürfte, man also, von Ausnahmen abgesehen, aus dem Stegreif gar nicht angeben kann, was einem fehlt. - Diese Misere gibt man aber nicht gern zu, sie enthüllt eine peinliche Lücke im Betriebssystem.

Ein Drittes darf nicht verschwiegen werden. Die Bibliothek fürchtet, nicht ganz zu Unrecht, daß die Antiquare, sind die fehlenden Titel einmal ermittelt, diese für sie erfreuliche Lage ausnutzen und Apothekenpreise berechnen. Soweit ich die Situation überblicke, kann solche Sorge aber nur bei den wirklich seltenen und hochwertigen Zimelien gelten. Nicht zuletzt durch das Internet hat sich für untere und mittlere Titel ein vernünftiges Preisniveau eingependelt, es ist "durchgesagt", was ein nicht gerade exorbitantes Buch ungefähr kosten arf.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir dürfen, wenn wir mit Auskunftsersuchen im delikaten Bereich der Erwerbungspolitik an Bibliotheken herantreten, keinen sprudelnden Quell der Auskunftsfreudigkeit erwarten.

Vielleicht gibt es einen Weg, mit dem wir den gordischen Knoten durchtrennen können? Ich denke schon. In den Bibliotheken sitzen bewährte Praktiker, mancher Sachbearbeiter würde mit links ein exzellentes Fachantiquariat betreiben können. Aus der Tagespraxis heraus können wir Antiquare den erwerbenden Bibliotheken folgendes Modell anbieten:

Der Antiquar stellt eigenständig fest, welche Titel der Bücherei fehlen. Dazu braucht er natürlich ein sehr genaues Erwerbungsprofil, er sollte nicht mit den ausführlichen, aber vielfach veralteten oder real stillgelegten Merkblättern des IuD-Systems oder gar der SdD-Unternehmung abgespeist werden. Sagen wir es deutlich -

Wenn der Antiquar seine eigene Zeit, die er auch nicht gestohlen hat, zu aktiven Recherchen im Interesse einer Bibliothek anwendet, dann ist es das Mindeste, daß diese Bibliothek ihn mit *genauen* Erwerbungsprofilen versorgt.

Solang die Bibliothek diese Forderung der Antiquare nicht erfüllt, kann sie von keinem Kollegen erwarten, daß er stundenlang seine Angebote mit ihren Beständen abgleicht.

Dagegen verstehen wir gut und nehmen es hin, wenn der Fachreferent uns weder mit genauen Etatzahlen für seinen Ankauf versorgt noch gar Regeln übermittelt, was denn seine Kauflust steigern könnte. Wir müssen dem Referenten bzw. der Erwerbungsstelle also die volle Freiheit - auch die Informationsfreiheit - belassen, dürfen von ihnen also nur die notwendigsten Rahmendaten erbitten.

Wir Antiquare könnten das rein theoretisch auch durch Serienabfragen etwa mit dem KVK leisten. Aus einer Reihe von Gründen, die darzustellen hier der Raum fehlt, ist es aber unumgänglich, daß mit

*Einzelabfrage und *Einzelangebot, bezogen auf jeweils nur eine bestimmte Bibliothek,

gearbeitet wird.

Die Bibliothek übermittelt uns neben ihrem möglichst genauen retrospektiven Erwerbungsprofil auch die Zugangsdaten der für sie jeweils vollständigsten Datenbank. Das sind keineswegs immer die großen überregionalen Sammelkataloge.

In einer sehr wertvollen Zusatzrubrik sollte uns die Bibliothek Besonderheiten ihres Bestands, von der Erwerbung derzeit ausgeschlossene Gebiete usw. mitteilen. Sonst sind Irrwege und Alpträume für den Antiquar nicht zu vermeiden. Wenn z.B. Tübingen, ein aus dem Gedächtnis herbeigezogenes Beispiel, beim Sammelgebiet Theologie die volkstümliche Theologie, Volksfrömmigkeit also, ausschließt, dann muß der Antiquar genau wissen, was darunter fallen soll und was nicht, ehe er freudestrahlend hunderte alter Andachts- und Gebetbücher anbietet und dann nur Absagen erhält. Oder, um auf die Besonderheiten zu kommen, ich besitze etwa 1000 deutschsprachige Titel mit elsässischer Provenienz, die in der Deutschen Bibliothek fehlen, oft in ganz Deutschland überhaupt, die sie in Leipzig aber - entgegen ihrem Sammelauftrag - nicht zu erwerben wünschen. Solche Besonderheiten und Einschränkungen zu erfahren ist sehr wichtig, damit sich der Kollege nicht umsonst abzappelt.

Die Gegenleistung des Antiquars für die Auskunftswilligkeit der Bibliothek muß darin bestehen, daß er seine Angebote mehr oder minder exklusiv an die Bibliothek richtet. Man kann keinem Sachbearbeiter zumuten, er solle - in der Regel sehr zeitaufwendige - Bestellungen ausfertigen, die sich dann zur Hälfte als schon verkauft erweisen. Der Bibliothekar wird verstehen, wenn der Antiquar, wiederum im Gegenzug, eine deadline für die Bearbeitung seiner Angebote festschreibt.

Fazit: Ich halte es für sinnvoll, Bibliotheken, insbesondere auch Fachbüchereien jeder Art, Archive und Museen um Erwerbungsprofile und Hinweise zur jetzt oder später bestehenden Ankaufswilligkeit zu ersuchen. Das macht man heute mit Email-Anfragen. Die dabei dann üblichen Spam- und anderen Untergangsszenarien lohnt es sich in Kauf zu nehmen, da die Portobelastung sonst mehrere tausend Euro betragen würde. Auch kann die Abfrage nur nach und nach geschehen.

Ich sehe folgende Bereiche:

1.
Die großen Bibliotheken, Landes- und Universitätsbibliotheken. Hier gilt es, die vielen kleinen Sondererwerbungsfelder der komplizierten Einrichtungen, die oft Labyrinthen gleichen, sozusagen herauszukitzeln. Ob das gelingt, muß sich zeigen.

2.
Die Stadt- und Gemeindebüchereien. Ein von uns in der Regel sträflich vernachlässigtes Feld. Erstaunlich viele auch kleinere Büchereien haben lokal bedingte Erwerbungswünsche, die weit über den "Heimat"-Begriff hinausgehen.

3.
Universitätsinstitute, auch solche ohne gesondert ausgewiesene Bibliothek. Hier wäre zu überlegen, ob nicht die vorhandenen Hochschulverzeichnisse, ausgezeichnete Instrumentarien, fürs erste ausreichen.

4.
Fachbibliotheken, Firmen- und Behördenbibliotheken außerhalb der Universitäten. Ein ganz wichtiger Sektor, der von den Antiquaren leider meist als zu sekretierendes Kassenschrankwissen behandelt wird. Hier ist Transparenz zu schaffen.

5.
Museen und Archive. Ein weites, gerade bei retrospektiven Angeboten sehr lohnendes Feld. Hier ist wichtig zu erfragen, inwieweit die EDV-Aufnahme der Buch-Bestände durchgeführt worden ist.

Weitere interessante Fragen schließen sich an, etwa die Bedienung des Zeitschriftenbereichs - die Zeitschriftendatenbank ist eines der bestfunktionierendsten Instrumente des Bibliothekswesens, ihre Nutzung durch die Bibliotheken bei der Erwerbung aber geradezu schauerlich desorganisiert, inkonsequent und für den anbietenden Antiquar beleidigend, exempla docent.

Das derart entstehende Verzeichnis muß, das ist überhaupt die erste Voraussetzung dafür, daß wir von den Bibliotheken Auskünfte erhalten, für jedermann zugänglich sofort nach Erhalt der jeweiligen Daten ins Netz gestellt werden, gratis und werbefrei.



Für die Nutzungsmöglichkeit des cartoons danken wir gliderrider.com.

Freitag, 30. Oktober 2009

Grundriß einer neuen Antiquariatszeitschrift (Vorschlag)





1.
Die Zeitschrift berichtet für und über

a) Büchersammler und Nutzer gedruckter Informationen überhaupt,
b) Buchantiquare mit Schwerpunkt "mittleres Antiquariat"
c) allgemeine und Fachbüchereien, Archive, Dokumentationsstellen, Museen und andere korporative Altbuchkäufer

Sie hat dabei immer wechselseitige Information im Auge. Die Fachbücherei und der Privatsammler sollen über Vorgänge im Antiquariatswesen ebenso informiert werden, wie der Buchantiquar unterrichtet werden soll über für ihn wichtige Ereignisse und Überlegungen im Bibliothekswesen und in den Organisationen und Foren der Sammler.

Teil dieser gegenseitigen Informationspflicht ist auch eine unparteiische, neutrale Ombudsman-Funktion. Die gerade in Antiquariatskkreisen übliche, beckmesserische Abqualifikation der Kunden, das einseitige Vertreten der Buchhändlerinteressen muß ein Ende haben und sorgsamer Abwägung der Anliegen beider Seiten Platz machen.

Die Erweiterung des Berichtskreises auf Bibliotheken und Archive ist für die Antiquare von großer Bedeutung. Hier liegen bedenkliche Informationswüsten zutage, kaum ein Kollege kennt die Etats, Ankaufswünsche und Sammelpflichten etwa der Museen oder der Fachbibliotheken.

2.
Kontinuierlich bearbeitet die Zeitschrift, auch in den Leitartikeln, einige für die Antiquare und ihre Kunden dringliche Aufgaben und Themenbereiche. Das sind insbesondere

a) Katalogisierungstechniken, bibliographische Erschließung, die Propagierung einer verbindlichen Sachgliederung für die Altbestände,

b) Portal- und Datenbankfragen, damit verbunden Absatzförderung, Rationalisierung im Versand, Lagerhaltung, Monopolbekämpfung, Reform der Bücherdatenbanken, ZVAB, Abebooks, Amazon

c) Verbesserung, teils auch Normierung, vor allem aber systematische Darstellung und Erschließung der überwiegend unsäglich schlechten Kollegenwebseiten

d) Einwirkung auf Bund und Länder dahingehend, daß das personell unterbesetzte, unzureichend finanzierte Bearbeiten der diversen *retrospektiven* Sammelaufgaben im Bereich der alten Bücher durch öffentlich geförderte Bibliotheken, Archive, Museen usw. endlich besser in den Griff genommen wird,

e) Förderung der Zusammenarbeit mit dem Neubuchhandel

f) Kritische Beleuchtung und neutrale Diskussion der überwiegend peinlichen, untätigen, verqueren Gruppierungen innerhalb der Antiquare,

g) Propagierung neuer Generallösungen im Antiquariat, Erörterung des zentralen Katalogisierungsbetriebs mit Auslieferungslager insbesondere für Unter- und Mittelware, Propagierung des "Hauses der Bücher" auf Ortsebene, um dem Ladensterben Einhalt zu gebieten

3.
Der Redaktionsbetrieb soll im Kern nicht in der Entgegennahme von Informationen aus "interessierten" Quellen bestehen, vielmehr müssen eigenständig Informationen aus dem Internet eingeholt werden. Dies ist in aller Regel *nicht* möglich durch Google-Stichwortabfragen etwa nach dem Suchwort "Antiquariat", vielmehr muß sowohl das örtliche Zeitungswesen über die tagesaktuellen Portale ausgewertet werden, wie auch die Fachzeitschriften, Portale und Foren der für das Antiquariat wichtigen Fach-(besser: Sach-)gebiete durchgesehen werden sollten.

Dabei gilt, daß die Probleme der Antiquare und Büchersammler weltweit identisch sind - es gibt kein "deutsches" Antiquariat mehr. Die Sorgen des Kollegen in Brisbane sind auch unsere.

In der ersten Phase der nichtkommerziellen Nutzung kann ziemlich freizügig mit Teilzitaten umgegangen werden. Es muß berücksichtigt werden, daß Quellenangaben (Links) im Netz, nicht nur in der Tages- und Wochenpresse, sondern auch in Blogs usw. oftmals schon nach wenigen Wochen nicht mehr greifbar sind. Texte von Bedeutung müssen also immer im Rahmen der Zeitschrift dokumentiert werden.

4.
Täglich sollten zwei Texte im Kopf der Webzeitschrift *zweispaltig* angeboten werden, einer in der Regel ein Leitartikel als persönlich gestalteter Kommentartext, der andere ein interessanter Fund aus dem Internet. Unterhalb dieser zweispaltigen Rubrik wird in *drei* Spalten in sachlicher Anordnung weiteres Material geboten, das dann zeitlich wie in Blogs von oben nach unten wandert und nach 2-3 Tagen aus der Titelseite verschwindet.

Artikel, die aus der Titelseite zeitlich herausfallen, werden auf thematisch streng geordneten Archivseiten gesammelt. Die Anordnung in den Archivseiten sollte nicht in zeitlicher Abfolge, sondern nach Umfang oder Bedeutung erfolgen.

Systematische Verweise auf andere Medien oder Blogs durch Links ("Linksammlungen") unterbleiben. Die Zeitschrift stellt sich die Aufgabe, alle Informationen selbst zu bringen und sie zu gewichten. Auf genaue Quellenangaben ist natürlich immer zu achten.

5.
Am Monatsende werden Meldungen und Kommentare nach Sachgruppen locker geordnet in Zeitschriftenform ausgedruckt. Die Sachordnung tritt hier, wie schon in den Archivseiten des Webportals, an die Stelle der blösinnigen "alphabetischen Register", "Themenwolken" und was andere Spielereien mehr sind. Es zählt immer nur die schnelle und praktische Information.

In der ersten Phase wird auf fehlende Lesefähigkeiten der Nutzer in den zwei Fremdsprachen Englisch und Französisch keine Rücksicht genommen.

6.
Der "Clou" der Zeitschrift dürfte in der konsequenten Zusammenführung der Interessen und Themen der Käufer mit denen der Verkäufer bestehen. Davon profitieren beide Seiten.



Unser Dank für die Verwendungsmöglichkeit des Fotos vom Brand der Anna-Amalia-Bibliothek geht an den Fernsehsender RBB.

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Die Angst der Antiquare vor dem alten Krokodil


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Kollege stormchen hat sich als Grabspruch für sein hoffnungsvolles, trotzdem jäh beerdigtes Medienunternehmen eine kuriose Zwangsvorstellung ausgedacht, ich zitiere:

"Ausschlaggebend für unsere Entscheidung war letztendlich eine Absagebegründung, die als Grund die Angst vor einem öffentlichen Verriss des Beitrages durch den Freiburger Antiquar Peter Mulzer (alteskrokodil) auf dessen Internetblog nannte. Es wirft ein erschreckendes Bild auf den Zustand einer so altehrwürdigen Branche, wenn sie sich derart vor einem Kollegen fürchtet, dass sie vor Angst ihre eigenen Marketinginteressen zurückstellt."

Hier äußert Kollege Paulitz s e i n e Vorstellung davon, wie es in den Seelen der Antiquare aussieht. Mit der Wirklichkeit hat das nach allem, was ich erfahren kann, herzlich wenig zu tun.

An und für sich kümmere ich mich wenig darum, was die Opfer meiner Tests, Untersuchungen und Kritiken denken - ich darf mich nicht darum sorgen. Denn Rücksichtnahme auf Personen und Gruppen würde meine neutrale Haltung beschädigen. Nur dann glaubt man mir, wenn ich wirklich ohne Ansehen der Person hinschaue und argumentiere.

Nur solche Zielpersonen, von denen so gut wie jeder Leser weiß, daß ich im Dauerclinch mit ihnen liege, pflege ich parteiisch zu mißhandeln, dazu gehört etwa ein niederrheinischer Qualitäts- und Edelantiquar und ein Frankfurter Redakteur, vielleicht noch die Quack und ihr Datenbänklein, das (Lateinfehler:) Prolibri. Ansonsten aber bin ich neutral.

Es hat darum wenig Sinn, wenn mich stormchen zu einem Bumann der Branche hoch- oder vielmehr niederstilisiert. Ich muß im Gegenzug leidvoll feststellen:

Da dieser Blog von allen einschlägigen Webseiten und Blogs mit peinlichster Sorgfalt verhehlt und verschwiegen wird, mich die Kollegen, die von meinem Blog wissen, also Dritten gegenüber systematisch und feige abschotten (und damit jegliche Nettiquette gröblichst verletzen), da ich selber auch aus verschiedenen Gründen absolut keine Werbung dafür betrieben habe - - bin ich mitsamt dem Blog praktisch unbekannt.

Stormchen verwechselt das kleine Häuflein des Kreises um den Quack-Kern, um Kollegen RFMeyer-Berlin und um einige alte Börsenvereins-Mitdiskutanten mit dem Gros der anderen Antiquare. Dieser kleine Kreis kennt mich "irgendwie vom Hörensagen", oft aber nicht einmal meinen Blog.

Macht sich stormchen also was vor? Ganz sicher! Ich habe im Blog, soweit ich das mit Googles Zählern rekonstruieren kann, etwa 5 Antiquare als Leser und dann noch 5 Interessierte von außerhalb. Das wars dann. Wer wird sich davor etwa fürchten? Hier baut Kollege Paulitz ein Potemkinsches Dorf auf.

Er verschweigt, welche brutale und unaufrichtig-tückische Macht im Gewerbe inzwischen die Xing-Gruppe ausübt, wie die Unheilige Inquisition nur g e h e i m verleumdend und rufschädigend, ohne daß sich ihre Opfer wehren können. Alles dies gibt es bei mir nicht. Ich schreibe mit offenem Visier.

Fazit: Angesichts der hier lesenden durchschnittlich 5 Antiquare und 5 anderweitig Interessierten kann und wird kein Antiquar Angst haben vor meinen Blogtexten. Mein Blog ist publizistisch gesehen einfach "nicht da", kann also stormchen auch nicht als Alibi dienen für ein Medienprojekt, das er vorschnell aufgegeben hat.

Wenns nach mir ginge, würde er es fortsetzen.



Ich danke "Ortenau-Kultur" für die Verwendungsmöglichkeit des - hier ausgezeichnet in den Kontext passenden - Szenenbilds aus "Der Schimmelreiter".

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Lieber Antiquariats-Anzeiger! Nachruf auf einen Frühverblichenen


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1.
Graphisch war er keiner der Schönen im Lande. Wir wußten aber als Antiquare, die wir unsere "Wilhelmine Buchholz" im Regal haben, daß das mangelhafte Outfit "ja nur äußerlich" war und Dr. Frenzchen frohgemut in die Zukunft blicken konnte. Und richtig hatte Kollege Paulitz einige gute Ideen (z.B. das Einbinden von Videos) und eine sehr gute, nämlich die Einholung umfangreicher Kollegen-Interviews.

Das war um so erfreulicher zum Lesen, als sich dort die Antiquare ja vor sachverständigem Publikum entblättern mußten. Die Schwächen und Stärken ihrer Persönlichkeit und ihres Geschäftsbetriebs kamen zwischen den Zeilen deutlich zum Ausdruck, wovor aber verständige Antiquare keine Angst zu haben brauchten, denn in jedem Fall, wie immer sie sich auch darstellten, ihre Offenheit kam gut an im Kollegenkreis und das Ergebnis war unter dem Strich sehr positiv für den jeweiligen Autor.

Das Referieren von einschlägigen Presseberichten hätte fleißiger vor sich gehen können, auch hätten wir gern mehr aus der eigenen Werkstatt des klugen Redakteurs gelesen. Etwas deutlicher hätten Roß und Reiter benannt werden sollen, ich weiß heute noch nicht, wer welcher Kater war. Unter Antiquaren wimmelt es nur so von Büsis.

Ich hatte das Unternehmen anfangs sehr kritisch beäugt, wurde ihm aber in der letzten Zeit wohlgesonnen, schrieb auch einige für meine Verhältnisse ungemein brave Leserzuschriften. Das plötzliche Ende trifft mich hart, Sie werden gleich sehen weshalb.

Wer so viel Zeit investiert in ein Vorhaben dieser Art, der gibt es nicht leichten Sinnes auf. Daher versuche ich erst gar nicht, stormchen zu einer Fortsetzung zu bewegen, denn das ist die Art nicht an der Nordsee, sich wankelmütig hin- und herbewegen zu lassen. Roma locuta, causa finita.


2.
Bei der Entscheidung des Kollegen scheint eine, nun sagen wir, gewisse ungeklärte Haltung gegenüber Dr. Biester und seinem Börsenblatt-Ableger nicht unbeteiligt gewesen zu sein. Es besteht ja immer die Gefahr, daß ein neues Medium sich auf das alte, bisher tonangebende einschießt, daß ein "Anti-Börsenblatt" entsteht. Sowas kann man nur durchziehen, wenn man Mulzer heißt und Spaß daran hat, den Börsenverein und Dr. Biester zu demontieren. Ansonsten wäre es, da hat stormchen sicher Recht, ein trauriges Geschäft, nur der Antipode des Börsenblatt-Netzdienstes zu sein.

Er beklagt jetzt vermutlich - weißgott ganz zurecht - die Eigensüchtigkeit und Faulheit der Kollegen, von denen Unterstützung nicht zu erwarten sei. Es war in der Tat betrüblich, daß nicht mehr Leserzuschriften aus dem Kreis der Antiquare hereinkamen, auch hätte ich von denjenigen Kollegen, die eifrig Blogs schreiben, etwas mehr Mitarbeit erwartet.

Freilich hat stormchen zu wenig Geduld gehabt. Bei raschen Nachsehen in Google hätte er sich über sein Ranking schon freuen dürfen und feststellen können, daß diese Suchmaschine zeitschriftenartige, täglich nachgeführte Spezialmedien außerordentlich hoch positioniert, mit längerer Puste hätte er sichbald unter dem Stichwort "Antiquariat" ganz vorn bei Google gesehen und wäre zu einem begehrten Werbeträger geworden.


3.
Mit seiner Entscheidung, den Antiquariats-Anzeiger einzustellen, hat mich stormchen in eine schwierige Lage gebracht. Ich halte ein Medium für Antiquare und ihre Kunden für sehr wichtig. Der Antiquariats-Ableger des Börsenblatt-Netzdienstes erfüllt diese Aufgabe nicht, ich hatte das ja in diesem Blog ausführlich begründet. Bei näherem Hinsehen ist die ganze buchhistorische Konzeption der gedruckten Ausgabe von "Aus dem Antiquariat" seit vielen Jahren völlig verfahren, richtig müßte der Titel lauten "Wissenschaftliches Organ für Spezialfragen der Buchgeschichte". Auch darüber habe ich ja genug geschrieben.

Wenn nun weder der Netzdienst noch das gedruckte Monatsheft den praktischen Ansprüchen der Antiquare und der Büchersammler genügen, dann kann es nur eine Entscheidung geben bei der Planung einer neuen Antiquariatsmediums - die Texte des neuen Netzdienstes müssen geordnet, aber wenig verändert auch als Monatszeitschrift gedruckt werden.

Ich hatte gehofft, stormchen würde nach einiger Anlaufzeit auf ebendiese Idee kommen. Schließlich drängt sich das ja auf. Jeder Bibliotheksbesucher weiß, daß "Aus dem Antiquariat" neben der Zeitschrift für Alt-Aramäisch zu den am wenigsten gelesenen Fachorganen gehört, stets sind die Hefte blütenweiß und ohne jede Knitterspur. Kein gutes Zeichen... Das Niveau ist einfach viel zu abgehoben, die Themen höchst reizvoll (wenn Biester nicht gerade alle 1933 hinausgeekelten Kollegen zu "Auswanderern" erklärt, aber lassen wir das), aber schwierigst zu lesen. Was dann an "Antiquariatspraxis" dazwischengestreut wird, liest sich um so unpassender und plumper.

Die Zeitschriftenform ist für jedes Antiquariatsmedium deshalb so wichtig, weil die Goodwillträger unseres Gewerbes in ganz hohem Maß auch in großen und kleinen Bibliotheken zu finden sind.

Die Druckform ist aber auch wichtig für jenen Bereich, den Biester qua Gesamtkonzept seines Netzblatts nur wenig bearbeitet: Ich spreche von der Einbeziehung unserer Kunden in Erörterung und Diskussion. Das neue Medium müßte versuchen, eine echte Ombudsman-Funktion zwischen Antiquariat und Kunde einzunehmen.

Haben wir erst einmal ausreichend Leser unter den Sammlern für die Netz- und die Druckausgabe, dann wird das Inserieren für die Kollegen interessant. Als weitere Brückenfunktion möchte ich die Mitberücksichtigung des Bibliotheks- und Archivwesens verstehen. Wir sind dort als Antiquare in Zukunft eher noch mehr eingebunden, als das heute schon der Fall ist. Wir müssen auch mitreden, etwa im IuD-Programm.


4.
Wer sich an einer solchen kleinen Medienunternehmung beteiligen möchte, der ist freundlich eingeladen, mit mir in Briefwechsel zu treten. Ich bräuchte *dringend* Kollegen, die fließend Texte in

*Italienisch und in
*Spanisch

lesen und gelegentlich aus dem Ärmel übersetzen wollten.

Im Übrigen müssen wir halt mal sehen, was wir aus der Situation machen können. Technische Probleme reduzieren sich, da ich mich einigermaßen auskenne im Reiche der Rechner, auf das Finden eines *leicht verständlichen* Content-Systems. Die sind mir bisher alle zu kompliziert und zu anspruchsvoll. Wir brauchen was für Taubenzüchtervereine oder so.

Wir wollen stormchen aufrichtig danken für seine Arbeit!

Nun müssen wirs halt selber richten. Irgendwie.


Unser Dank für die Verwendungsmöglichkeit des Bilds geht an interstein.de, der das Foto gehört.

Dienstag, 27. Oktober 2009

Regionale Darstellung von Antiquariaten: Wie es nicht geht!



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Kooperationen: Antiquariate im Rhein-Main-Gebiet

(Kooperationen im Antiquariatsbuchhandel,Folge 2).




Das Börsenblatt stellt uns heute ein "Kooperations"-Projekt im Rhein-Main-Raum vor. Der Grundton ist wohlwollend-konstruktiv, ein Anlaß, genauer hinzusehen. Das Börsenblatt lobt bekanntlich jedes noch so törichte Projekt, wenn es nur dazu dient, die Antiquare ruhigzustellen, sie mit kindlichen Planspielen zu beschäftigen und sie von ihrer Hauptaufgabe abzulenken, sich von der Monopolkrake ZVAB endlich zu befreien.

Reden wir Tacheles: Das heute vorgestellte Unternehmen ist sowohl dumm als auch frech.

Frech ist es und unkollegial, weil es eine ganz selektive, grotesk lückenhafte Auswahl der Antiquariate im interessanten Bücherkreis rund im Frankfurt darstellt. Hier haben sich einige Kollegen zufällig gekannt. Das ist eine gute Motivation für den Start eines gemeinsamen Arbeitsvorhabens. Aber: Sozioal denkenden Antiquaren sträubt sich das Nackenhaar beim Gedanken, die kleineren Kollegen links liegen zu lassen, wenn es um regional eng begrenzte Arbeitsvorhaben geht. Oder ist das die neue soziale Kälte, Schwarzgelb läßt grüßen?

Dumm ist das dahingestümperte Webvorhaben in mehrfacher Hinsicht. Erstens deshalb, weil Bezeichnungs- oder besser Benennungs-Frechheit, die an Roßtäuscherei grenzt, von den Kunden mit Mißvergnügen registriert wird und keineswegs zu erhöhter Kaufbereitschaft führt. Formal stimmt natürlich alles, da nur von (einigen) Antiquariaten und nicht von "den" Antiquariaten die Rede ist. Psychologisch aber hören wir die Nachtigall trapsen.

Das Mindeste - mit Google Maps in einer Stunde herzustellen - wäre eine Karte des Rhein-Main-Gebiets mit Eintrag *aller* Antiquariate gewesen. Dann wäre immer noch die Möglichkeit geblieben, in die Datenbank Bestände nur ausgewählter, interessierter Kollegen aufzunehmen, das zu begründen und auch farblich hervorzuheben.

Sehen wir hier eine vernünftige Planung in absatzstrategischen Sinn? Das Vorhaben ist ganz fürchterlich in den Sand gesetzt worden. Welchen Nutzen soll denn, bitte, die regionale Verzeichnung solcher Datenbanktitel haben, die ich üblicherweise und mit gutem Erfolg übers Internet bestelle, mir als Päckchen schicken lasse?

Regionale Vernetzungen und Selbstdarstellungen sind *nur* sinnvoll, wenn die Bestände am Ort als Ganzes greifbar und durchschaubar sind, wenn ich als Kunde also kommen kann und soll zum Stöbern.

Wo aber Bücher nach Nummern stehen, wegen der erfolgten Katalogisierung streng geordnet stehen müssen, dort verliert das Stöbern, die persönliche Präsenz des Kunden, weitgehend allen Reiz. Das Stöbern in einem Versandantiquariat ist absolut nicht anregend, sondern eine nüchterne und gequälte Sache. Das weiß man doch.

Welcher Teufel der Blödheit reitet also das kleine Häuflein der also Auserwählten im Rhein-Main-Bereich?

Das unsympathische Selbstlob auf der Startseite links unten (beste niederrheinische Quack-Schule) stößt den sensibleren Käufer ab.

Das Datenbänklein selber macht, abgesehen von der im Börsenblatt bereits erwähnten Langsamkeit, auf den ersten Blick einen aufgeräumten Eindruck. Aber um solche Qualitäten geht es dort überhaupt nicht, wo eine Benutzung wegen völlig verfehlter Strategie so gut wie nicht erfolgen wird, nicht erfolgen kann.

Hier waltet eine wohltuende Gerechtigkeit: Das unsoziale eigensüchtige Verhalten der beteiligten Kollegen führte zu weitgehend sinnfreiem Tun. Selten wurden strategische Blödheit und unkollegiale Herzensarmut so prompt bestraft.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

www.iobabooks.com - ein heuchlerisches, benutzerquälendes Bücherportal

Vorsicht: Dieser Beitrag wurde inzwischen - Mitte 2011 - schon weitgehend von der Entwicklung überholt (Neugestaltung der IOBA-Webseite)


Der Einführungstext ist ein dreistes Stück hoffärtiger Überheblichkeit.

Was zunächst auffällt, ist die unsägliche Arroganz, gepaart mit Schlechtmachen der "anderen", der minderwertigen Kollegen. Dafür mußten wir IOBA schon immer tadeln - nicht zuletzt auch deshalb, weil in den Vereinigten Staaten ansonsten unter Antiquaren eine freundliche, tolerante Hilfsbereitschaft vorherrscht, geht man nach den Forenbeiträgen.

Gewisse deutsche Kollegen haben solche hoffärtigen Unsitten, die der Kunde übrigens höchst mißvergnügt und sehr präzise registriert, ja inzwischen übernommen, auf Deutsch heißt das dann "Qualitätsoffensive". Mir wird jedenfalls übel, wenn mir auf der Startseite, noch ehe ich positive Statements lesen darf, an den Kopf geknallt wird:

"to make sure that traditional bookselling values were not abandoned in the brave new world of online selling, where buyers are purchasing books sight unseen and seller inexperience and fraud are not uncommon."

Der Leser stöhnt gequält, wenn dann folgender peinlicher Schmus folgt:

"Online booksellers who are accepted into IOBA are dedicated to maintaining high ethical and professional standards, and to promoting trust between customers and booksellers by providing a safe online environment for the sale and purchase of books."

Merken diese Leute denn nicht, daß hier mit "Ethik" Schindluder getrieben wird? Es gibt genug Kollegen in unserem immer etwas anrüchigen Gewerbe, die bei "trust" und "safe" ironisch und wissend grinsen... Ich möchte recht verstanden werden: Wir bemühen uns alle, und schwarze Schafe müssen wir belehren und zurechtweisen. Aber solche widerlichen Selbstlob-Heucheleien stehen uns nicht an. Jedenfalls nicht auf der Startseite.

"IOBAbooks was developed by IOBA as a safe harbor alternative to some of the larger and more well-known bookselling and online auction services that have abandoned the traditional values which have served our noble profession so long and so well."

P f u i ! Das ist nun widerliche Kollegenbeschimpfung, schleimiges Pharisäertum. Mein Gott, Kollegen jenseits des Ozeans, seid Ihr denn von allen guten Geistern des Geschmacks und der Selbstbescheidung verlassen?

Ich fliehe aus diesem Tümpel lauwarmer, seichter Schmuserei und Selbststreichelei. Wenn Antiquare glauben, sich aufführen zu sollen wie eifersüchtige Prediger in einer kleinen Methodistenkirche des Mittelwestens, dann sollen sies meinethalben tun. Sie müssen nur wissen, wie das nach außen hin wirkt:

Eingebildet, pharisäerhaft, arrogant und diskriminierend.

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"The Internet can feel like a savage jungle, but you deserve a civilized experience when buying books online". - Davon kann überhaupt keine Rede sein. Die großen Datenbanken üben ein recht strenges Regiment aus über die einliefernden Antiquare. Unsere wenigen schwarzen Schafe rechtfertigen jedenfalls keine großen Moralpredigten. Ich sagte das schon immer in Sachen (Sprachfehler:) "Prolibri" - es ist nicht möglich, es ist geradezu kontraproduktiv und schädlich, sich profilieren zu wollen durch ein angebliches "bessersein" als andere Kollegen, andere Datenbanken. Das läuft nicht, von Extremfällen, etwa in Frankreichs unsäglichem Datenbankelend, abgesehen.

Die graphische Darstellung der Datenbank im engeren Sinn ist inzwischen noch schlechter geworden. Rufen Sie zur Probe "Hitler, Kampf" auf. In fürchterlicher Platzverschwendung, mit blödsinniger Titel- bzw. Verfasserhervorhebung, einer geradezu dummfrechen, quälenden Anordnung von "more information" wird der arme Leser zu wahren Scroll-Orgien gezwungen. Ich bezeichne diese Datenbank als völlig unausgegoren, schlimmer - als unbenutzbar.

Es kommt bei mir nur selten vor, aber hier sage ich: Jedes weitere Eingehen auf graphische und datenbanktechnische Details wäre hier verschwendete Liebesmüh. Machen Sie einfach die Gegenprobe mit "Tomfolio"!

Fazit: Eines der miesesten, unausgegorensten, dummfrechsten Bücherportale weltweit, getragen von Hochnäsigkeit, gepaart mit widerlicher Kollegenschelte, in der Praxis dann ein wahres Finger-Folterinstrument für den armen Benutzer.




Dies ist ein Meinungsbeitrag. Er versteht sich im Zusammenhang mit dem großen Portaltest, den Sie hier an gleicher Stelle (Mitte September) nachlesen können