Mittwoch, 1. Februar 2012

Der Webseitenverbund der Antiquare im deutschen Sprachraum (Freiburger Modell)



1.
Der Webseitenverbund muß  a l l e   Antiquariate im deutschen Sprachraum umfassen.

Das ist zwingend, weil nur so

- das Werbeargument in vieler Hinsicht ausgenutzt werden kann, "die" Antiquariate darzustellen.

Was gibt es da bisher? Ich habe mich fürchterlich aufgeregt über Kollegen Höfs Methode, nur ausgewählte Antiquariate darzustellen, schon weil er das nicht klar geschrieben hat auf seiner Webseite. Juristisch, will sagen wettbewerbsrechtlich kommt jedes Vorhaben, das nur Auswahlen darstellt, schnell in des Teufels Küche. Deutlicher formuliert Biester im Börsenblatt-Netzdienst seine Auswahlkriterien, die Auflistungen der Genossenschaft und des Verbands verstehen sich von selber. In der Praxis greift man übrigens gern auf das ZVAB-Antiquariatsverzeichnis zurück. Google-Abfragen liefern überwiegend Datenmüll, weil dort immer noch der Unterschied zwischen Buchantiquariat und Antiquitätengeschäft nicht begriffen wird. Das gilt auch für die sonst so nützliche Kombination von Regional-Kartierung bzw. Stadtplänen (Google-Maps) mit den Google-Brancheneinträgen.

Bis zu meinem Frankfurter Antiquariatsmesse-Erlebnis hatte ich mich damit abgefunden, daß man wegen der (vermeintlichen) großen Qualitätsunterschiede im Antiquariat Adressenauswahlen rechtfertigen könnte und müßte, schon weil die Zusammenarbeit unter den "Edel- und Spitzenantiquaren" viel einfacher und ertragreicher sein würde als die mit kleineren Kollegen. Ich bin inzwischen gründlich geheilt von dieser Auffassung. Wir finden auch im oberen Feld unseres Gewerbes hochaktive, interessierte und aufgeschlossene Antiquare unmittelbar neben engstirnigen, ängstlich beschränkten und mitunter leider auch egoistischen Kollegen. Qualitätvolle Titelbeschreibungen und tadelloser Bestandsaufbau sagen noch nichts aus über die Kooperationsbereitschaft und Intelligenz des jeweiligen Antiquars.

Es ist daher, zu dieser neuen Erkenntnis stehe ich, nicht möglich, nach der "Qualität" der Antiquariate Auswahlgruppen zu bilden. Schon weil es typischerweise im Antiquariat gute Leute gibt, die aus irgendwelchen Gründen an den Rand von Hartz 4 abgesunken sind, die aber energisch einen Wiederaufstieg anstreben und ihn vom Fachwissen her auch schaffen können. Solche Leute auszugliedern wäre mehr als unfair.

Nun ist es aber notwendig, der guten Öffentlichkeitsarbeit halber, eine Grenze nach unten hin zu ziehen. Ein Webseitenverbund ist ja im besten Fall immer auch eine Selbstdarstellung des Antiquariats par excellence und bestimmte Erscheinungsformen würden uns schaden. Wir werden uns darüber noch den Kopf zerbrechen müssen. Als Beispiel erwähne ich die Wohltätigkeitsläden, auch in ihren verkappten Formen, wie sie sich zur Zeit krebsartig in der Schweiz ausbreiten. Die Formel könnte hier lauten: Wer sein Antiquariat nicht zur Gewinnerzielung betreibt in einer herkömmlichen Ankauf-Verkauf-Beziehung, der bleibt außen vor.

Im Umkehrschluß müssen wir dann allerdings An- und Verkaufsbetriebe wie Momox aufnehmen, da hilft alles nichts. Auch sind reine Ebay-Antiquariate ab einer bestimmten Mindestgröße durchaus klassische Kollegen. Wenn Fachantiquariate nur als Nebenerwerb betrieben werden, etwa von Lehrern, hindert das die Aufnahme auch nicht.

2.
Es gibt keine aktive, sondern nur eine  p a s s i v e  Mitgliedschaft im Webseitenverbund.

Diese Festlegung tut weh, besonders mir als altem Pfadfinder und 68er, sie ist aber unbedingt notwendig. Wenn wir nun auch aus dem Desaster von RFMeyers Webseitengrüppchen nichts gelernt haben, dann kann uns nicht mehr geholfen werden. Wir können nicht erwarten, daß in unserem Gewerbe irgendeine aktive Bereitschaft aller oder auch nur einer deutlichen Mehrheit in der Teilnahme an irgendwelchen Projekten erreicht werden kann. Lassen wir die Gründe dahingestellt, lernen wir einfach aus den Erfahrungen.

Was bedeutet "passive" Mitgliedschaft im Verbund?  Jedes Antiquariat muß es sich gefallen lassen, unter Maßgabe seiner öffentlich zugänglichen Daten in Verzeichnisse aufgenommen zu werden. Die wenigen Ausnahmen von dieser Regel, anstößige oder kriminelle Verzeichnisse etwa, betreffen uns nicht. Allerdings muß man bei passiver Aufnahme sehr genau darauf achten, nichts, aber auch rein gar nichts zu behaupten über einen Willen, eine Absicht oder Tendenz des ins Verzeichnis Aufgenommenen. Beachtet man das nicht, stehen die Anwälte mit schönen Kostenrechnungen schon morgens um 8 Uhr Schlange vor der Tür des leichtsinnigen Webseitenplaners.

Was wir unter Umständen, die aber genau abzuklären sein werden, machen dürfen, ist eine sachverständige Einordnung der jeweiligen Firma in ein Größen- oder Warenwertschema, das aber dann nachvollziehbar, für alle Teilnehmer gleich standardisiert und ähnlich wie bei einem Test "beweisbar" sein muß.

Wir werden sehen, daß die Verwendung einer dynamischen  G o o g l e - Karte als Grundlage des Webseitenverbunds eine Reihe von Vorteilen bietet. Google ist in der Adaption seiner Karten so großzügig, daß sich auch graphisch eine schöne, praktisch nutzbare Karte zuhanden des Kunden bauen läßt, die sowohl die Antiquariate in Berlin-Kreuzberg als auch die im Bayerischen Wald zeigt, mit gleicher dynamischer Genauigkeit.

Passive Mitgliedschaft im Webseitenverbund bedeutet auch den Verzicht auf aktive Information des Antiquars über seine Öffnungszeiten und andere grundlegende Geschäftsdaten. Schaue ich mir die schauerlich veralteten, aktiv eingeholten Firmendaten in Höfs Listen an, dann weiß ich, warum ich hier desillusioniert zum passiven Verfahren rate - n i c h t s  planen also, was eine aktive Mitwirkung der Antiquariate voraussetzt.

3.
Im Webseitenverbund werden zunächst bereits bestehende Antiquariatsseiten  i n t e l l i g e n t  vernetzt.

Darunter verstehen wir, daß soweit immer möglich das grundlegende Sachgebietsschema bei der Verlinkung berücksichtigt wird. Dieses stellt eine Kombination aus Sammel- und Sachgebieten her, etwa 100 Gliederungspunkte. Wenn ich also innerhalb der Webseite des Kollegen Stöberhai einige interessante alte Kursbücher mit guten Scans finde, auch eine Aktie der Oberharz-Schmalspurbahn von 1890, dann verlinke ich diese "innere" Seite direkt zum Sachgebiet "Eisenbahn" (in dem natürlich Kollege Dumjahn dominiert). Ich werde auch die Sachgruppe "Verkehr" beim Auktionshaus Kiefer verlinken, die für die kommende Versteigerung vorbereitet ist.

Das alles geschieht, ich wiederhole mich, vom Antiquariat her passiv. Der Antiquar wird weder gefragt noch über die Verlinkung informiert.

Wie der Kunde von der allgemeinen Sachgruppenübersicht zur Rundwanderung durch die Links und dann wieder zurückgeführt wird, wie die Querverbindungen zur - allgegenwärtigen - zentralen Google-Verkartung gestaltet werden, darüber sollen sich andere den Kopf zerbrechen.

Sehr gern werde ich es aber zu meiner Aufgabe machen, als Schmankerl, als Zusatznutzen für den Kunden (und auch für manchen Antiquar) die wichtigsten zum Sachgebiet gehörenden  A u ß e n - Fundstellen verlinken. Die Bibliothek des technischen Zentralamts der Bahn in Minden  muß ebenso anklickbar sein wie die Suchmaske "Railroad" der Kongreßbibliothek. Denn wenn der Kunde in unserem Webseitenverbund schnell und einfach Zusatzlinks finden kann, dann wird er auch, so hoffen wir, die Links zu den Antiquariaten beachten.

4.
Das Credo vom beim Kunden angeblich beliebten W a r e n k o r b - Kauf wird von uns als falsch entlarvt und bleibt unbeachtet.

In einer Mischung aus Betriebsblindheit und Naivität sind wir Antiquare seit Jahren dem Irrglauben auf den Leim gegangen, unsere Kunden würden den "bequemen" Warenkorbkauf schätzen und stünden hilflos und verärgert der Zumutung gegenüber, nach althergebrachter Weise direkt zu bestellen und nach Rechnungserhalt überweisen zu sollen.

Für wie blöde halten wir eigentlich unsere Antiquariatskäufer? Und wie meschugge sind wir selber, daß wir nicht erkennen: Hinter der Warenkorbmentalität steckt nur das Interesse der großen Bücherverkaufsportale, die uns per Warenkorb-Dienst in die Hand bekommen?

Hinter der Warenkorb- und Vorauszahlungsmanie, hinter der so "nützlichen" Warenwirtschaftssystematik verbirgt sich allein das Interesse unserer Amazon-, ZVAB- und anderen Zwingherren! Wir sind doch als Klein- und untere Mittelbetriebe ohne weitreres in der Lage, unsere Warenwirtschaft mitsamt dem Rechnungswesen halbautomatisiert selber zu erledigen - und 99,5 % aller unserer Kunden zahlen gern und flott nach Erhalt des Buchs über Bank und Paypal.

Warum ist das so wichtig? Weil sich ein Einbau des Warenkorbsystems in einen wie immer auch gearteten Webseitenverbund nicht machen läßt. Das ist aber auch gar nicht nötig!


5.
Beim Korrekturlesen der Abschnitte 1-4 fällt mir auf, wie skeptisch und desillusioniert ich an die Thematik herangehe. So nüchtern muß man das planen, gewiß - aber am Ende dieses Grundrisses wollen wir doch einen optimistischeren Ausblick wagen.

Ein Webseitenverbund dieser Art ist nur in wenigen Wirtschaftsbereichen möglich. Die große Schwäche des Buchantiquariats, seine Vereinzelung und Vielfältigkeit, wird hier zur Stärke. Als Gesamtbild erhalten wir ein faszinierendes Spektrum des Altbuchhandels zwischen Bern und Greifswald. Die unübersichtliche Zersplitterung unserer Schwerpunkte wird im Gesamtbild zu einem überraschenden, abenteuerlichen Kaleidoskop.

Den Antiquaren selber ist das zunächst ganz egal, da mache ich mir keine Illusionen. Es sind aber unsere  K u n d e n, die sich nach einigem Stutzen und Zögern mit Begeisterung auf das neuartige Informationsmittel einlassen werden. Nach solchen Rundwanderungen durch die Antiquariate kann man süchtig werden...

Die Antiquare müssen sich, und hier liegt wirklich ein spannendes Moment, zu neuartigen Verkehrsformen mit unbekannten Kunden bequemen. Sie werden feststellen, daß der Versand auf Rechnung, die direkte Beratung, der Verzicht auf Warenkorbmechanismen  S p a ß  macht. Das erinnert mich an die Wiedereinführung der Gruppenarbeit bei Volvo, ein soziales Experiment also, die Abschaffung des Warenkorbs entsprechend der des Fließbands.

Die Antiquare werden anfangen, spezielle Web-Unterseiten - über Google gratis in unbegrenzter Anzahl zu bekommen - einzurichten, wenn sie geeignete Ankäufe mit Schwerpunktbeständen erlangen konnten, wenn sie ihre Uraltlager nach der Systematik des Webseitenverbunds neu geordnet haben und nun gesondert anbieten. Spaß kann es auch machen, die längst vergessenen eigenen ZVAB-Bestände wieder in Sachgruppenlisten zurückzuverwandeln und sie, mit einigen guten Scans, als Sonder- oder Unterseiten in der eigenen Webseite einzustellen, damit sie gefunden werden im Webseitenverbund.

Überhaupt ermöglicht erst unser Webseitenverbund - nicht etwa Amazon oder ZVAB - das Veröffentlichen vieler guter Fotos und Scans. Alle Sonder- und Unterseiten können, etwa mit Links zu den vorzüglichen Großbildern des Picasa-Webseitensystems, nahezu gratis tausend- und zehntausendfach veröffentlicht werden. Der Kunde kann durch Bildergalerien geleitet werden, Textabschnitte sollen ihm unterbreitet werden. Kostenfaktor: Etwas Zeitbedarf, praktisch keine Internetkosten, Vermittlungs- oder Verkaufsgebühr  k e i n e.

Die Teilnahme ist für ganz große Versteigerungshäuser wie für kleinste arme Fachantiquariate möglich, und zwar mit fast der gleichen optisch-organisatorischen Wirksamkeit. Das gilt vor allem für die Arbeit mit  B i l d e r n  und Textausschnitten, die wir radikal intensivieren und ausweiten müssen. Ein gut gescanntes Buch, mit zwei, drei geschickten Großaufnahmen, ist schon halb verkauft. Anleitungen wird der Webseitenverbund vor allem den kleineren Antiquaren ins Netz stellen, die sich aus Kostengründen an Googles Gratisdienste anschließen müssen. Auch Netz-Laien können das schaffen.

Die engere Verzahnung und Verlinkung unserer Webseiten, verbunden mit vielen Bildern, wird vor allem für eine sehr gute Google-Plazierung unserer Titel sorgen. Darin besteht vermutlich der größte Nutzen des Unternehmens.


Das Foto ist möglicherweise geschützt (de.academic.ru). Wir danken für die Ausleihe.

Aber wer soll denn das alles lesen?



Die Normalgestalt des Blog ist die Ruine. Das gilt inzwischen auch für den Blog, in dem Sie gerade lesen.

Baustellen, die irgendwo zwischen Fundament und erstem Stock eingestellt worden sind, berühren mich in ihrem seltsamen Zustand immer sehr - was für Schicksale verbergen sich dahinter, traurige (Tod, Offenbarungseid) oder erfreuliche (Auswanderung, große Liebe), und wie wird es weitergehen?

Ein gutes Vierteljahr Bedenkzeit hatte ich mir eingeräumt, das habe ich eingehalten. Nun sind die alten Gespenster wieder da, grüßen mich freundlich, als sei nichts gewesen. Keines ihrer Probleme ist inzwischen gelöst, sie sind nur etwas älter geworden.

Mein  F r a n k f u r t - E r l e b n i s   im Herbst 2011 wirkt natürlich nach. Ich komme aus der alten Schule der Journalisten, für die naive, emsige, möglichst fleißige teilnehmende Beobachtung erste Voraussetzung ist. Du sollst einen Zeit-Artikel schreiben, 1970, Abteilung "Modernes Leben", zehn Seiten A4, getippt auf der braven Monica.

Die allgemeine Buchmesse der Fachbesuchertage kennst du ja von früher her, eine anregende, nahezu heitere, aktive Stimmung, viele kluge Menschen, aufgeschlossen und neugierig, man möchte Tage dort zubringen und mit fremden Leuten plaudern. Dann aber der große Augenblick: Nach zwei Jahrzehnten der bewußten Abstinenz wieder einer geordneten Vielzahl von Antiquaren zu begegnen im Rahmen einer besonderen Messe. Was spürst du, was siehst du?

Ich hatte das Erlebnis in diesem Blog geschildert, frisch von der Pfanne. Damals konnte ich mir noch keine Rechenschaft geben über das Verhältnis meiner Erwartungen aus jahrelanger aktueller Blogarbeit und meiner Erinnerungen aus wochenlangen Rundreisen durch europäische Antiquariate vor 30 Jahren - zur Wirklichkeit im Herbst 2011. Solche komplexen Erfahrungen werden erst aus dem Abstand deutlich.

E n t t ä u s c h u n g  ist der Schlüsselbegriff, der aber sofort erläutert werden muß, sonst wird alles falsch verstanden. Ich bin einer überwiegend farb-, ideen- und einfallslosen Vielzahl von Antiquaren begegnet, die ebenso in anderen Verlegenheitsberufen hätten tätig sein können - was sich halt so anbietet in unserem Wirtschaftssystem.

Unter ihnen suchst du meist vergeblich  P e r s ö n l i c h k e i t e n, Originale, willensstarke, meinethalben verwirrte, böse oder hilfreiche, hyperaktive oder lukullisch-bequeme - nichts ist sichtbar, wenig erkennbar. Darin besteht der schmerzlichste Unterschied zur Antiquariatslandschaft vor 30 oder 40 Jahren.

Eine andere Sorte Antiquare scheint mehr und mehr zu dominieren, der kaufmännisch-kleinliche, ängstlich-genaue Buchhalter. Man kennt das vom Neubuchhandel her, dort ist ja sehr viel Registratur und Prozentrechnung unabdingbar, der Kreativität sind enge Grenzen gesetzt. Aber solche kaufmännische Grundgesinnung und Lebenseinstellung in das Reich der alten Bücher zu übertragen ist eine ganz schreckliche Sache. Der meiste Blödsinn in unserem Gewerbe wird von Kollegen "mit solider kaufmännischer Ausbildung" produziert, halten zu Gnaden. Da stehen und sitzen sie nun, die farblosen Männlein und verwalten die Objekte des Geistes, der Phantasie, der Kunst...

Inwieweit dieser Eindruck untrennbar verwoben ist mit dem Peinlichen des Messegedankens im Antiquariat überhaupt, sei dahingestellt. Wie es so geht im Leben, die letzten Beiträge aus meiner Feder, die dann zur Abwürgung des Kommentarteils in "börsenblatt.net/Antiquariat" geführt hatten, waren wirklich punktgenau - ich war auf den Trichter gekommen, wie verquer der Messegedanke in unserem Gewerbe durchexerziert wird.

Das Ausstellen der Antiquare in persona vor ihren mickrigen kleinen Holzgestellchen oder den nicht minder lächerlichen pseudoperfekten Messestellagen, mit einigen Trouvaillen garniert, das alles erscheint mir in der Rückschau als ein ganz unmögliches Verfahren. Es entwürdigt die Antiquare, die zu Mitwirkenden einer ärmlichen Zirkusschau (Berlin, Gewerbeausstellung 1897) werden:

"Hottentotten, die die Erzeugnisse ihrer Handwerkskunst vorzeigen "

Diese Frankfurter "Besichtigung" wirkt in mir nach, besonders wenn ich sie vergleiche mit jenen Möglichkeiten einer modernen Internet- und Videopräsentation, die ich als Alternative zu unserem Messewesen in den letzten Börsenblatt-Kommentaren vorgestellt hatte. Ich sage gleich, daß das anderswo im Netz längst Selbstverständlichkeiten sind, der Kronzeuge dafür, unser Soloantiquar, steht Gewehr bei Fuß. Aber bei uns ist das  alles noch Hekuba.

Wenn Sie sich bis hierher durchgearbeitet haben, können Sie sich in die Grundstimmung versetzen, in der mein Schweigevierteljahr, die Freiburger Klausur, verlaufen ist.

Heute Mittag überlas ich, lustlos und wenig motiviert, aus alter Anhänglichkeit die neuesten Meldungen des Börsenblatt-Netzdienstes. Christian Hesse wurde zum neuen Vorstand des in letzter Zeit erstaunlich untätigen Verbands Deutscher Antiquare gewählt - alles kann nur besser werden.

Einen neuen Schatzmeister hat der Verband auch. Ich versage mir das Bild vom Augias-Stall, der hier beim Verband nach meiner Einschätzung zu säubern ist; sein Vorgänger hatte die Verhehlung der Auktionspreise gegen schweres Geld - und manch anderen Fehler mit zu verantworten. Werter Verbandsschatzmeister Meinhard Knigge - könnten Sie zur Abwechslung vielleicht mal wieder  s o z i a l  denken und handeln?

Noch mehr - das Börsenblatt raffte sich zu einem Kurzinterview mit dem neuen Schatzmeister auf. Was lesen wir dort:

"Ich erstaune immer wieder über den Einsatz der Blogger-Kollegen. Aber wer soll denn diese vielen Blogs alle lesen? Lest Bücher und ihr bleibt gesund!"

Das sagt der geschätzte Kollege Knigge (wir verdanken ihm manchen guten Text in "Aus dem Antiquariat"), obgleich er besser als andere weiß, wie miserabel es mit der Kommunikation in unserem Gewerbe bestellt ist.

Die Gespräche in den viel zu selten angesetzten Versammlungen des Verbands und der Genossenschaft sind völlig unzureichend strukturiert, echte Sachdiskussionen sind dort kaum möglich, Arbeitskreise gibt es nur wenige. Die einst so offene Hess-Runde ist zu einem verzankten Geheimforum verkommen, ein Debitorenmelde- und Intrigantenstadel, unbeleckt von den modernen Erkenntnissen einer offenen Netzkultur, ob "Hoefs" oder "intern", das gleiche Strickmuster.

Wenn da allerlei Blogs der Kollegen in ihren Übergangsformen zu Melde- und Diskussionssystemen (wie es sich Soloantiquar vorgenommen hatte) geschrieben werden und die werten Kollegen eingeladen sind, die Texte zu überfliegen - dann kommt uns Kollege Knigge mit dem plattesten aller Hausfrauen-Argumente, wenn der Mann wieder eine gefüllte Büchertasche aus dem Antiquariat mitbringt: Erstens haben wir keinen Platz mehr, und dann: Wer soll das alles lesen?

Bei dieser Gelegenheit: Antiquar Knigge möge nicht meinen Fehler nachmachen und auf eine eigene Webseite verzichten. Es gibt viele gute Gründe, eine  r i c h t i g e  Antiquariatsseite im Netz zu haben. Vorausgesetzt, sie ist sinnvoll vernetzt und verlinkt, gut indiziert und getag(g)t, reich bebildert und nicht nur ein Schwindelauszug aus einer großen Datenbank.

Wobei wir an dem Punkt meiner Planungen von einst angekommen  wären, der mir nach wie vor am Herzen liegt - eine bedienbare, durchwanderbare, "erlebbare" Vernetzung aller Antiquariatsseiten, die Umstellung unseres Buchverkaufs von der Datenbank zum  g e m e i n s a m e n  Verkaufsraum-im-Internet.

Aber wer will davon schon was hören?



Für das Hottentotten-Bild danke ich http://www.ne-koelsche-jung-harry.de/